Verwaltungsrecht

Beim Bayerischen Roten Kreuz eingerichtete Schiedsgerichte sind keine im Sinne der ZPO

Aktenzeichen  101 Sch 104/20

Datum:
3.12.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 35358
Gerichtsart:
BayObLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
ZPO §§ 1025 ff.
BRK-Gesetz Art. 4

 

Leitsatz

1. Die beim B. R. K. eingerichteten Schiedsgerichte entsprechen Vereinsoder Verbandsgerichten; die Entscheidungen der beim Bayerischen Roten Kreuz eingerichteten Bezirksschiedsgerichte und des Landesschiedsgerichts sind keine Schiedssprüche im Sinne des Zehnten Buches der Zivilprozessordnung. (Rn. 36 – 52)
2. Dem von einer Ausschlussentscheidung betroffenen Mitglied steht nach dem Abschluss des internen Verfahrens der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten zu dem Zweck offen, die verbandsinterne Entscheidung einer sachlichen Überprüfung durch die staatliche Gerichtsbarkeit in den durch die Verbandsautonomie gesetzten Grenzen zu unterwerfen. (Rn. 53)
3. Die erstinstanzliche Zuständigkeit innerhalb der ordentlichen Gerichtsbarkeit für Streitigkeiten dieser Art wird durch den Streitwert des Verfahrens bestimmt. Eine Zuständigkeit des Bayerischen Obersten Landesgerichts besteht nicht. (Rn. 62 – 69)

Tenor

I. Das Bayerische Oberste Landesgericht ist für den Rechtsstreit sachlich nicht zuständig.
II. Der Rechtsstreit wird auf Antrag des Klägers an das sachlich (und örtlich)
zuständige Amtsgericht München verwiesen.

Gründe

I.
Mit seiner gegen das Bayerische Rote Kreuz gerichteten und zum Verwaltungsgericht München erhobenen Klage wendet sich der Kläger gegen den vom Landesschiedsgericht bestätigten Ausschluss seiner Person aus einer RotkreuzGemeinschaft.
Das B. R. K. ist als Landesverband Mitglied des „D. R. K. e. V.“. Es besitzt aufgrund Landesrechts die Rechtsstellung einer Körperschaft des öffentlichen Rechts. Gemäß seiner Satzung besteht eine regionale Gliederung in Kreis- und Bezirksverbände sowie eine aufgabenbezogene Gliederung in RotkreuzGemeinschaften. Zu letzteren zählen unter anderem die sogenannten Bereitschaften als rechtlich unselbständige Gebilde auf Ortsebene.
Der Kläger war seit Mai 2017 Bereitschaftsleiter der Bereitschaft B. Mit Schreiben vom 22. Oktober 2018 eröffnete ihm der Kreisbereitschaftsleiter des Kreisverbands G. die Einleitung eines Disziplinarverfahrens wegen angeblich bekannt gewordener Verfehlungen im Bereich der Beleidigung in Form (Zitat:) „sexualisierter Gewalt“ und wegen sexueller Belästigung gegenüber weiblichen Mitgliedern des B. R. K. Ihm wurde die Absicht mitgeteilt, ihn wegen der Verfehlungen aus der Rotkreuz-Gemeinschaft Bereitschaften auszuschließen. Als vorläufige Maßnahme wurde ihm mit sofortiger Wirkung jegliche Dienstausübung als Bereitschaftsleiter der Bereitschaft B. sowie die Teilnahme am Gemeinschaftsleben der Bereitschaften B. und O. untersagt.
Mit Bescheid des Kreisbereitschaftsleiters vom 5. Dezember 2018 wurde der Kläger aus der Rotkreuz-Gemeinschaft Bereitschaften ausgeschlossen, was gleichzeitig die Beendigung seiner Tätigkeit als Bereitschaftsleiter bedeutete.
Die Widersprüche des Klägers gegen beide Bescheide wies das Bezirksschiedsgericht des Bezirksverbands Oberbayern mit Beschluss vom 6. September 2019 zurück.
Die hiergegen gemäß Belehrung eingelegte Beschwerde wurde vom Landesschiedsgericht mit Beschluss vom 6. April 2020 zurückgewiesen.
Mit seiner Klage vom 2. Juni 2020 möchte der Kläger die Aufhebung der vorgenannten Bescheide des Kreisbereitschaftsleiters sowie der Beschlüsse der Schiedsgerichte erreichen. Er beanstandet die Art und Weise der Tatsachenermittlung, rügt die Tatsachengrundlage der Entscheidungen als fehlerhaft, haltlos und unsubstantiiert sowie die Rechtsanwendung als grob unbillig, willkürlich und ermessensfehlerhaft aufgrund einer Verkennung verfassungsrechtlicher Wertgarantien. Er ist der Auffassung, die Satzung des Bayerischen Roten Kreuzes regele die Ausschlussgründe nicht in der erforderlichen Tiefe. Für die verhängte Ordnungsmaßnahme sei zudem der Kreisbereitschaftsleiter nach der Satzung nicht zuständig gewesen.
Das Verwaltungsgericht wies mit Verfügung vom 10. Juni 2020 unter Bezugnahme auf Entscheidungen des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs (vom 2. Mai 2016, Vf. 93-VI- 14) und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (vom 6. Oktober 2016, 21 C 15.2210) darauf hin, dass keine öffentlich-rechtliche Streitigkeit gegeben sei, so dass entgegen § 11 Abs. 6 der Satzung des Bayerischen Roten Kreuzes der Verwaltungsrechtsweg nicht eröffnet sei; deshalb sei beabsichtigt, die Streitsache an die ordentliche Gerichtsbarkeit zu verweisen. Zuständig sei „wohl das Oberlandesgericht München (§§ 1025 ff., § 1066, § 1062 Abs. 1 bis 3 ZPO)“.
Beide Parteien äußerten ihr Einverständnis mit der angekündigten Verweisung.
Mit Beschluss vom 23. Juli 2020, beiden Parteien zugestellt am 30. Juli 2020, erklärte das Verwaltungsgericht den Verwaltungsrechtsweg für unzulässig und verwies den Rechtsstreit an das Bayerische Oberste Landesgericht. In der Begründung wird ausgeführt, eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit liege nicht vor. Der öffentlich-rechtliche Status des Beklagten bestehe nur im formellen Sinn, ändere aber nichts daran, dass der Beklagte weder Träger staatlicher Hoheitsrechte noch Teil der öffentlichen Verwaltung sei. Die von ihm und seinen Untergliederungen getroffenen Maßnahmen seien grundsätzlich dem Zivilrecht zuzuordnen. Die Schiedsgerichtsstellen des Beklagten seien keine Behörden. Mit den verbandsrechtlichen Ordnungs- und Schiedsverfahren sei keine hoheitliche Tätigkeit verbunden. Die mit der Klage angegriffenen Maßnahmen des Beklagten beträfen ausschließlich die interne Organisation, die der verbandsautonomen Gestaltung durch den Beklagten bzw. seine Untergliederungen unterlägen. Die Maßnahmen seien demzufolge dem Zivilrecht zuzuordnen, weshalb die Rechtsstreitigkeit vor die ordentlichen Gerichte gehöre. Der Rechtsstreit werde deshalb an das für sachlich zuständig erachtete Bayerische Oberste Landesgericht verwiesen.
§ 11 der Satzung des Beklagten besagt in Bezug auf „Ordnungsmaßnahmen, Schiedsgerichtsbarkeit“ (insoweit übereinstimmend in den Fassungen gemäß Bekanntmachungen vom 14. Februar 2020 [BayStAnz Nr. 7] und vom 11. April 2018 [BayStAnz Nr. 16]):
(1) Wer erheblich oder wiederholt seine Mitgliedspflichten verletzt oder das Ansehen des Roten Kreuzes schädigt, kann aus einer Rotkreuz-Gemeinschaft oder dem Bayerischen Roten Kreuz ausgeschlossen werden.
(…)
(6) Bei Widerspruch gegen eine Maßnahme nach Absatz 1 und … entscheidet das zuständige Schiedsgericht über die Rechtmäßigkeit der Maßnahme. … Der Verwaltungsrechtsweg gegen die Entscheidung des Schiedsgerichts ist, soweit zulässig, ausgeschlossen.
(7) Die Schiedsordnung ist Bestandteil der Satzung.
Die Schiedsordnung für das Bayerische Rote Kreuz, zuletzt geändert am 1. Dezember 2012, trifft folgende Regelungen:
㤠1 Geltungsbereich
Die Schiedsordnung gilt für alle Mitglieder des Bayerischen Roten Kreuzes und seiner Gemeinschaften.“
§ 2 Zuständigkeit der Schiedsgerichtsbarkeit
(1) Die Schiedsgerichte entscheiden über die Rechtmäßigkeit von Ordnungsmaßnahmen gem § 11 Abs. 6 der Satzung des Bayerischen Roten Kreuzes, sowie von Disziplinarmaßnahmen nach den Ordnungen der Gemeinschaften, und in weiteren in der Satzung geregelten Fällen.
(…)
(3) Rechtsstreitigkeiten, die über den Bereich des Landesverbandes hinausgehen, werden durch das Schiedsgericht des Bundesverbandes entschieden.
§ 3 Schiedsgerichte Schiedsgerichte werden bei den Bezirksverbänden und beim Landesverband des Bayerischen Roten Kreuzes gebildet.
§ 4 Zusammensetzung der Schiedsgerichte
(1) Das Schiedsgericht beim Bezirksverband besteht aus einem Vorsitzenden und zwei Beisitzern, das Schiedsgericht beim Landesverband aus einem Vorsitzenden und vier Beisitzern. Für die Vorsitzenden und Beisitzer ist je ein Stellvertreter zu bestimmen.
(2) Die Vorsitzenden und ihre Stellvertreter müssen die Befähigung zum Richteramt besitzen. Der Vorsitzende des Schiedsgerichtes beim Bezirksverband und sein Stellvertreter werden von der Bezirksversammlung, der Vorsitzende des Schiedsgerichtes beim Landesverband und sein Stellvertreter werden von der Landesversammlung auf vier Jahre gewählt. Wiederwahl ist möglich.
(3) Ist vom Verfahren ein Angehöriger einer Rotkreuz-Gemeinschaft betroffen, muss dem Schiedsgericht ein Beisitzer angehören, der auf Vorschlag der Gemeinschaft des Betroffenen gewählt wurde. Der oder die anderen Beisitzer dürfen nicht derselben Gemeinschaft angehören.
(4) Die Beisitzer des Schiedsgerichtes bei den Bezirksverbänden werden vom Vorstand des Bezirksverbandes, soweit sie Vertreter der Gemeinschaften sind, auf Vorschlag der Bezirksausschüsse, auf vier Jahre gewählt. Die Beisitzer des Schiedsgerichtes beim Landesverband werden vom Landesvorstand, soweit sie Vertreter der Gemeinschaften sind, auf Vorschlag der Landesausschüsse, auf vier Jahre gewählt. Wiederwahl ist in allen Fällen möglich.
(5) Bei der Wahl der Beisitzer ist eine allgemeine Liste und je eine Liste für jede Gemeinschaft zu erstellen. Innerhalb der Listen ist die Reihenfolge festzulegen, in der die Beisitzer ihr Amt ausüben sollen.
(…)
§ 6 Einleitung des Schiedsverfahrens
Ein Schiedsverfahren wird eingeleitet durch:
(1) Einlegung von Widerspruch gegen eine Maßnahme nach … § 11 Abs. 6 der Satzung oder gegen eine Disziplinarmaßnahme nach der Ordnung einer Gemeinschaft.
(…)
§ 7 Verfahren
(1) Die Schiedsgerichte sind unabhängig; sie sind nur an die allgemeinen Gesetze und das satzungsgemäße Recht des Roten Kreuzes gebunden.
(2) Sie entscheiden in einem freigestellten Verfahren unter Beachtung der herrschenden Grundsätze rechtsstaatlicher Verfahren.
(3) In den Verfahren nach § 6 Ziff. 1 ist vor der Entscheidung in der Sache selbst, mündlich zu verhandeln (…)
§ 10 Zustellung der Entscheidung
Die Entscheidung des Schiedsgerichtes ist schriftlich auszufertigen, zu begründen, mit einer Rechtsbehelfsbelehrung:zu versehen und dem Betroffenen und dem Antragsteller (§ 6) durch Einschreiben mit Rückschein zuzustellen.
(…)
§ 13 Rechtsbehelfe
(1) Gegen die Entscheidung eines Schiedsgerichts beim Bezirksverband können der Beschwerdeführer oder die verfügende Stelle binnen einer Frist von einem Monat schriftliche Beschwerde zum Schiedsgericht beim Landesverband erheben. Die Frist beginnt mit dem Zugang der Entscheidung. Die Beschwerde muss innerhalb der Beschwerdefrist schriftlich begründet werden.
(2) Gegen die Entscheidung des Landesschiedsgerichts, das auf den Ausschluss aus dem Bayerischen Roten Kreuz oder einer Rotkreuz-Gemeinschaft erkannt hat, ist der Verwaltungsrechtsweg offen.
Im Verfahren vor dem Bayerischen Obersten Landesgericht sind die Parteien darauf hingewiesen worden, dass die Verweisung nur hinsichtlich des Rechtswegs bindet, innerhalb der ordentlichen Gerichtsbarkeit jedoch eine Weiterverweisung an das sachlich zuständige Gericht zulässig erscheine. Weil es sich bei den Bezirksschiedsgerichten und dem Landesschiedsgericht des Bayerischen Roten Kreuzes um Vereins- oder Verbandsgerichte handeln dürfte, nicht jedoch um „echte“ Schiedsgerichte im Sinne des Zehnten Buches der Zivilprozessordnung, komme eine Verweisung an das nach der Streitwertangabe sachlich zuständige Amtsgericht in Betracht.
Die Parteien haben Gelegenheit erhalten, sich hierzu und zum Wert der Streitsache zu äußern.
Mit Schriftsatz vom 1. Oktober 2020 hat der Kläger mitgeteilt, ein wirtschaftliches Interesse an der Durchführung des Verfahrens könne nicht in Euro angegeben werden. Ausgehend von einem allgemeinen Streitwert von 5.000 € sei der Wert mit 3.000 € benannt worden, weil es in der Sache lediglich um den Ausschluss aus einer RotkreuzGemeinschaft, nicht jedoch um einen Ausschluss aus dem Bayerischen Roten Kreuz gehe. Daher beantrage er die Verweisung des Rechtsstreits an das Amtsgericht München.
Nach weiterem Hinweis hat der Kläger mit Schriftsatz vom 27. November 2020 nochmals betont, sein Interesse sei namentlich dadurch begrenzt, dass er weiterhin Mitglied des Bayerischen Roten Kreuzes und sein Außenauftritt durch die angefochtene Maßnahme daher nicht beeinträchtigt sei. Ergänzend hat er vorgetragen, er sei bei dem Beklagten ehrenamtlich tätig und habe durch den Ausschluss aus der RotkreuzGemeinschaft Bereitschaft keinerlei finanzielle Einbußen erlitten. Zugrunde liege ein Streit im privaten Bereich. Strafrechtliche Verfahren seien nicht eingeleitet worden. Daher halte er an der Bezifferung seines Interesses mit 3.000 € fest.
II.
Innerhalb der ordentlichen Gerichtsbarkeit ist das Bayerische Oberste Landesgericht, bei dem der Rechtsstreit gemäß § 17b Abs. 1 Satz 1 GVG anhängig geworden ist, sachlich nicht zuständig, weil auf den Streitfall § 1062 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 5 Satz 1 ZPO i. V. m. § 7 BayGZVJu in der seit dem 1. Mai 2020 geltenden Fassung keine Anwendung findet. Denn die Klage zielt nicht auf die Aufhebung von Schiedssprüchen, § 1059 Abs. 1, §§ 1054, 1055, 1066 ZPO. Auf den Verweisungsantrag des Klägers ist der Rechtsstreit an das für die Streitsache erstinstanzlich zuständige Gericht zu verweisen. Der Verweisungsbeschluss des Verwaltungsgerichts steht einer Weiterverweisung an das sachlich zuständige Gericht innerhalb des ordentlichen Rechtswegs nicht entgegen.
1. Die Entscheidungen der beim Bayerischen Roten Kreuz eingerichteten Bezirksschiedsgerichte und des Landesschiedsgerichts sind keine Schiedssprüche im Sinne des Zehnten Buches der Zivilprozessordnung (§§ 1025 ff. ZPO). Erst recht gilt dies für die mit der Klage ebenfalls angefochtenen Bescheide des Kreisbereitschaftsleiters.
aa) Zwar ist es grundsätzlich möglich und zulässig, durch Vereinssatzung die auf das Mitgliedschaftsverhältnis bezogenen Streitigkeiten zwischen Vereinsmitgliedern oder zwischen einem Vereinsmitglied und dem Verein einem wirklichen Schiedsgericht zur Entscheidung zuzuweisen mit der Folge, dass deren verfahrensabschließende Schiedssprüche nur nach Maßgabe der §§ 1066, 1059 ZPO der Überprüfung und gegebenenfalls Aufhebung durch die staatlichen Gerichte unterliegen (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Mai 2018, I ZB 53/17, NJW-RR 2018, 1402 – Skatgericht Rn. 12; Urt. v. 23. April 2013, II ZR 74/12, BGHZ 197, 162 Rn. 17; Beschluss vom 27. Mai 2004, III ZB 53/03, BGHZ 159, 207 [211; juris Rn. 17]; Urt. v. 3. April 2000, II ZR 373/98, BGHZ 144, 146 [148; juris Rn. 8]; auch OLG Düsseldorf, Urt. v. 15. November 2017, VI-U [Kart] 8/17, juris Rn. 91).
In Anlehnung an § 1029 Abs. 1 ZPO ist das satzungsmäßig berufene sogenannte Schiedsgericht – unabhängig von seiner Bezeichnung – allerdings nur dann ein Schiedsgericht im Sinne der §§ 1025 ff. ZPO (i. V. m. § 1066 ZPO), wenn es nach den Satzungsbestimmungen als unabhängige und unparteiliche Instanz organisiert ist, der Rechtsstreitigkeiten unter Ausschluss des ordentlichen Rechtswegs zur Entscheidung zugewiesen sind. Um diesem Anspruch zu genügen, muss die Vereinssatzung einen paritätischen Einfluss der Streitbeteiligten auf die Besetzung der Entscheidungsinstanz gewährleisten, so dass das Vereinsgericht bei einer Streitigkeit zwischen dem Verein und einem Vereinsmitglied den Beteiligten als neutraler Dritter gegenübersteht (vgl. BGH, NJW-RR 2018, 1402 – Skatgericht Rn. 12; Urt. v. 7. Juni 2016, KZR 6/15, BGHZ 210, 292 – Pechstein/International Skating Union Rn. 24, 30; BGHZ 197, 162 Rn. 17; BGHZ 159, 207 [211 f., juris Rn. 18]; Urt. v. 25. Oktober 1983, KZR 27/82, BGHZ 88, 314 – Vereins-Schiedsklausel, Abonnentenwerbung [juris Rn. 13]; OLG München, Beschluss vom 28. Januar 2015, 34 SchH 16/14, juris Rn. 12 f.; OLG Braunschweig, Beschluss vom 12. Mai 2005, 8 Sc 1/04, SchiedsVZ 2005, 262 [juris Rn. 12]; Voit in Musielak/Voit, ZPO, 17. Aufl. 2020, § 1029 Rn. 19; Wolf/Eslami in BeckOK ZPO, 38. Edition Stand: 1. September 2020, § 1025 Rn. 8). Zudem ist erforderlich, dass sich der Wille, den Justizgewährungsanspruch durch den grundrechtlich gewährleisteten gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) zugunsten einer privaten Schiedsgerichtsbarkeit zurückzustellen, mit der erforderlichen Eindeutigkeit aus den Bestimmungen der Satzung ergibt (vgl. BGHZ 197, 162 Rn. 17 [“unter Ausschluss des ordentlichen Rechtswegs“]; OLG München, Beschluss vom 16. September 2016, 34 SchH 11/16, SchiedsVZ 2016, 346 Rn. 15; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 19. August 2002, 6 Sch 8/02, NJW-RR 2003, 142 [juris Rn. 6]; Münch in Münchener Kommentar zur ZPO, 5. Aufl. 2017, § 1066 Rn. 21 a. E. mit Vorbemerkung zu § 1025 Rn. 4 f.; Voit in Musielak/Voit, ZPO, § 1029 Rn. 19; Schütze in Wieczorek/Schütze, ZPO, 5. Aufl. 2020, § 1025 Rn. 66; Schlosser in Stein/Jonas, ZPO, 23. Aufl. 2014, vor § 1025 Rn. 11; Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, 3. Aufl. 2008, Rn. 27 f., 30 f.; zu Fällen der Unschädlichkeit eines „vereinbarten Rechtswegvorbehalts“: BGH, Beschluss vom 1. März 2007, III ZB 7/06, NJW-RR 2007, 1511 Rn. 19; OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 2. Februar 2017, 26 Sch 6/16, SchiedsVZ 2017, 150 Rn. 25 jeweils zu Schiedsvereinbarungen).
Für Verbandsgerichte, die in Streitigkeiten zwischen dem Verband und seinen Mitgliedern entscheiden, gilt nichts anderes (BGH, NJW-RR 2018, 1402 – Skatgericht Rn. 12 a. E.; BGHZ 210, 292 – Pechstein/International Skating Union Rn. 35). Dieselben Grundsätze sind für die rechtliche Beurteilung derjenigen Institutionen maßgeblich, die nach § 11 der Satzung des Beklagten sowie der darin in Bezug genommenen Schiedsordnung als Schiedsgerichte bezeichnet werden und als solche über die Rechtmäßigkeit von Ordnungsmaßnahmen entscheiden. Insofern ist es in rechtlicher Hinsicht ohne Bedeutung, dass der Beklagte gemäß Art. 1 des Gesetzes über die Rechtsstellung des Bayerischen Roten Kreuzes (BRK-Gesetz) vom 16. Juli 1986 (BayGVBl. S. 134) formell als öffentlich-rechtliche Körperschaft organisiert ist und die Kompetenz zur satzungsmäßigen Regelung unter anderem der Mitgliedschaft, des Aufbaus sowie der Organe auf der speziellen Vorschrift des Art. 4 BRK-Gesetz beruht.
bb) Die mit der Klage angegriffenen Entscheidungen des Bezirks- und des Landesschiedsgerichts stellen keine Schiedssprüche i. S. d. §§ 1054, 1055, 1066 ZPO dar; für die vom Kreisbereitschaftsleiter als Verbandsorgan ausgesprochene vorläufige und endgültige Disziplinarentscheidung gilt dies ohnehin.
(1) Für die rechtliche Einordnung haben die Satzung des Dachverbands Deutsches Rotes Kreuz e. V., dem der Beklagte gemäß § 1 Abs. 2 seiner Satzung sowie nach § 3 Abs. 2 der Satzung des Deutschen Roten Kreuzes als Mitgliedsverband angehört, und die Schiedsordnung für das Deutsche Rote Kreuz keine Bedeutung.
Zwar bestimmt § 3 (“Rechtsform, Name, Mitgliedschaft“) der Satzung des Deutschen Roten Kreuzes (in der zuletzt durch die Ordentliche Bundesversammlung am 30. November 2018 beschlossenen Fassung, eingetragen im Vereinsregister am 1. Juli 2019) in Absatz 3, dass die Mitgliedsverbände ihren Gliederungen sowie deren Mitgliedern die Mitgliedschaft im Deutschen Roten Kreuz vermitteln, die Selbständigkeit der Mitgliedsverbände durch „diese Satzung“ eingeschränkt wird und diese Satzung den jeweiligen Satzungen der Mitgliedsverbände vorgeht. Auch besagt § 30 (“Schiedsgericht“) der Satzung des Deutschen Roten Kreuzes, dass (unter anderem) alle Rechtsstreitigkeiten zwischen Einzelmitgliedern und Gliederungen (nachgeordneten Verbänden, Organisationen, privatrechtlichen Gesellschaften und Einrichtungen des Deutschen Roten Kreuzes), die sich aus der Mitgliedschaft im Roten Kreuz ergeben, durch „Schiedsgerichte im Sinne von §§ 1025 ff der Zivilprozessordnung entschieden“ werden (§ 30 Abs. 1 Buchst. c der Satzung), sowie, dass „die Schiedsgerichte … auch über die Rechtmäßigkeit von Vereinsmaßnahmen ordnungs- oder disziplinarrechtlicher Art gegenüber Mitgliedern (entscheiden), wenn der Schiedskläger geltend macht, in seinen Rechten verletzt zu sein und das Ordnungs- oder Disziplinarverfahren beendet ist“ (§ 30 Abs. 3).
Der Geltungsbereich der Schiedsordnung für das Deutsche Rote Kreuz (in der durch die Ordentliche Bundesversammlung am 30. November 2018 beschlossenen Fassung), die durch § 30 Abs. 4 der Satzung des Deutschen Roten Kreuzes zum Bestandteil der Satzung erhoben ist, ist jedoch gemäß der Regelung in § 1 (“Umfang der Schiedsgerichtsbarkeit“) beschränkt. Nach § 1 Abs. 5 dieser Schiedsordnung gilt sie nicht für den Landesverband Bayerisches Rotes Kreuz, soweit es sich um Rechtsstreitigkeiten zwischen seinen Einzelmitgliedern oder um Rechtsstreitigkeiten zwischen Einzelmitgliedern und der Körperschaft handelt.
Letzteres ist hier der Fall. Die in der Schiedsordnung für das Deutsche Rote Kreuz getroffenen Regelungen unter anderem über die Zusammensetzung der Schiedsgerichte, die rechtliche Stellung der Schiedsrichter, die Verfahrens- und Entscheidungsgrundsätze sind deshalb für die Einordnung der vorliegenden Beschlüsse des Bezirks- und Landesschiedsgerichts nicht maßgeblich.
(2) Nach den in § 11 der Satzung des Bayerischen Roten Kreuzes getroffenen Regelungen einschließlich der Bestimmung der dort in Bezug genommenen Schiedsordnung für das Bayerische Rote Kreuz ist die Tätigkeit des Bezirks- und des Landesschiedsgerichts in der vorliegenden Angelegenheit nicht als Rechtsprechung durch private Schiedsgerichte im Sinne der §§ 1025 ff. ZPO, sondern als Ausübung von Verbandsgerichtsbarkeit zu werten.
(aa) Die so bezeichneten Schiedsgerichte standen nicht als neutrale Institutionen den Streitparteien – dem Kläger als Mitglied einerseits und dem Bayerischen Roten Kreuz als Körperschaft andererseits – gegenüber. Die in der Satzung des Beklagten getroffenen Regelungen zur Bildung der Schiedsgerichte führen vielmehr dazu, dass die Organe des Beklagten maßgeblichen Einfluss auf die Besetzung der sogenannten Schiedsgerichte ausüben, während das streitbetroffene Mitglied weder direkt noch zumindest mittelbar über seine Stellung als Mitglied der Gemeinschaft, der er angehört, nennenswerten Einfluss nehmen kann; ein paritätischer Einfluss der Streitbeteiligten auf die Besetzung ist danach nicht gewährleistet.
Gemäß § 37 Nr. 5, § 14 Nr. 3 der Satzung i. V. m. § 4 der Schiedsordnung werden der Vorsitzende des Bezirksschiedsgerichts von der Bezirksversammlung, somit nach § 35 Nr. 1 der Satzung von einem Gremium des Bezirksverbands, gewählt und der Vorsitzende des Landesschiedsgerichts von der Landesversammlung, mithin nach § 12 Nr. 3, § 13 Abs. 1 der Satzung vom obersten Organ des Landesverbands.
Die Bezirksversammlung setzt sich gemäß § 36 der Satzung zusammen. Zu ihr gehören die Vorsitzenden und die Delegierten der Kreisverbände; jeder Kreisverband mit bis zu 10.000 Mitgliedern entsendet vier Delegierte, die mitgliederstärkeren Kreisverbände darüber hinaus je einen weiteren Delegierten pro angefangene 5.000 Mitglieder. Hinzu kommen die Mitglieder des Vorstands des Bezirksverbands, je eine Delegierte der Schwesternbeiräte der im Bereich des Bezirksverbands bestehenden Schwesternschaften sowie je ein Mitglied der Bezirksausschüsse, Bezirksleitungen oder Regionalleitung der Rotkreuz-Gemeinschaften.
Zur Landesversammlung gehören gemäß § 13 der Satzung die Delegierten jedes Kreisverbands; das sind die Vorsitzenden und je zwei weitere Delegierte jedes Kreisverbands mit bis zu 10.000 Mitgliedern sowie – für mitgliederstärkere Kreisverbände – je einem weiteren Delegierten pro angefangene 10.000 Mitglieder. Hinzu kommen die Vorsitzenden und vier weitere Delegierte jedes Bezirksverbands, bis zu 20 Delegierte jeder Rotkreuz-Gemeinschaft gemäß den Ordnungen der Rotkreuz-Gemeinschaften, die Oberinnen der Schwesternschaften und schließlich der Präsident des Bayerischen Roten Kreuzes, die beiden Vizepräsidenten, die Generaloberin, der Landesarzt nebst Stellvertretern, der Landesschatzmeister nebst Stellvertretern, der Justiziar und die Landesgeschäftsführer.
Gemäß § 4 Abs. 4 Satz 1 der Schiedsordnung werden die Beisitzer des Bezirksschiedsgerichts vom Vorstand des Bezirksverbands – gegebenenfalls auf Vorschlag der Bezirksausschüsse – gewählt, somit von einem Gremium des Bezirksverbands (§ 35 Nr. 2 der Satzung), dessen Zusammensetzung (Vorsitzender, Chefarzt, Schatzmeister jeweils nebst Stellvertreter, Justiziar, je zwei Vertreter der Rotkreuz-Gemeinschaften, Oberinnen u. a.) in § 39 der Satzung geregelt ist. Sofern vom Verfahren ein Angehöriger einer Rotkreuz-Gemeinschaft betroffen ist, muss dem Schiedsgericht ein Beisitzer angehören, der auf Vorschlag der Gemeinschaft des Betroffenen gewählt wurde (§ 4 Abs. 3 Schiedsordnung).
Die Beisitzer des Landesschiedsgerichts werden gemäß § 4 Abs. 4 Satz 2 der Schiedsordnung vom Landesvorstand – gegebenenfalls auf Vorschlag der Landesausschüsse – gewählt, mithin von dem Organ des Landesverbands (§ 12 Nr. 2 der Satzung), dessen Zusammensetzung (Präsident, verschiedene Funktionsträger, Vorsitzende und Delegierte der Bezirksverbände u. a.) sich aus § 16 der Satzung ergibt.
Die so bezeichneten Schiedsgerichte beim Bayerischen Roten Kreuz entsprechen daher Vereins- oder Verbandsgerichten (so auch VG München, Urt. v. 28. Oktober 2013, M 16 K 12.1065, juris Rn. 37 bis 39), also einem internen Gremium, dem in Ausübung der dem Bayerischen Roten Kreuz gemäß Art. 4 des BRK-Gesetzes zustehenden autonomen Befugnis zur inneren Selbstorganisation die Entscheidung über bestimmte streitbefangene Disziplinarmaßnahmen zugewiesen ist (vgl. BGH, NJW-RR 2018, 1402 Rn. 13 – zum Deutschen Skatgericht; BGHZ 197, 162 – zu einem deutschen Berufsboxsportverband; BGHZ 144, 146 – zu einem Tierzuchtverein; BGHZ 159, 207 – zu einem Hundezuchtverein; Urt. v. 28. November 1994, II ZR 11/94, NJW 1995, 583 – zur Reiterlichen Vereinigung; BAG, Beschluss vom 25. September 1996, 1 ABR 4/96, BAGE 84, 166 [juris Rn. 65 f.] – zu DGB- Schiedsstellen; OLG München, Beschluss vom 28. Januar 2015, 34 SchH 16/14, juris – Ausrichter einer Segelregatta; anders zum Schiedsgericht des hessischen Landesverbands des Deutschen Roten Kreuzes: OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 25. November 2015, 26 Sch 4/15, juris).
(bb) Dies hat zur Folge, dass die staatlichen Gerichte (grundsätzlich erst) nach Ausschöpfung der internen Rechtsbehelfe angerufen werden können (vgl. Ellenberger in Palandt, BGB, 79. Aufl. 2020, § 25 Rn. 13 ff.; Otto in Stöber/Otto, Handbuch zum Vereinsrecht, 11. Aufl. 2016, Kapitel XX Der Verein im Prozess Rn. 1044 und 1048; Münch in Münchener Kommentar zur ZPO, § 1066 Rn. 21 ff. sowie Vorbemerkung zu § 1025 Rn. 28; je m. w. N.). Dem von der Ausschlussentscheidung betroffenen Mitglied steht danach der Rechtsweg zu dem Zweck offen, die verbandsinterne Entscheidung einer sachlichen Überprüfung durch die staatliche Gerichtsbarkeit – in den durch die Verbandsautonomie gesetzten Grenzen (dazu allgemein: Otto in Stöber/Otto, Handbuch zum Vereinsrecht, Kapitel XIX Das Vereinsstrafrecht Rn. 1009 ff.) – zu unterwerfen.
Aus § 11 Abs. 6 der Satzung des Beklagten folgt nichts anderes.
Die Satzung ist nach objektiven Gesichtspunkten aus sich heraus unter Berücksichtigung von Zusammenhang und erkennbarem Zweck auszulegen (BGHZ 197, 162 Rn. 24 m. w. N.).
In § 11 Abs. 6 der Satzung, wonach der „Verwaltungsrechtsweg“ gegen die Entscheidung des Schiedsgerichts „soweit zulässig“ ausgeschlossen ist, kommt lediglich eine Beschränkung der Überprüfbarkeit im rechtlich zulässigen Rahmen zum Ausdruck. Eine Regelung dahingehend, dass die Entscheidungen der „Schiedsgerichte“ mit den Wirkungen eines gerichtlichen Urteils (§ 1055 ZPO) ausgestattet und deren Überprüfung nur nach Maßgabe des § 1059 ZPO statthaft sein sollen, ist der Bestimmung nicht zu entnehmen.
Zudem besagt § 12 Abs. 6 der zum Satzungsbestandteil erhobenen Schiedsordnung für das Bayerische Rote Kreuz, dass gegen eine Entscheidung, die auf den Ausschluss aus dem Bayerischen Roten Kreuz oder – wie hier – einer RotkreuzGemeinschaft lauten, der Rechtsweg (“Verwaltungsrechtsweg“) offensteht.
Es kommt deshalb auch nicht mehr darauf an, dass Satzungsklauseln, die den Rechtsweg zur staatlichen Gerichtsbarkeit für den von einer belastenden Vereinsmaßnahme Betroffenen ohne Gewähr einer echten Schiedsgerichtsbarkeit ausschließen, als unwirksam angesehen werden oder ihnen nur die Wirkung beigemessen wird, dass grundsätzlich der vereinsinterne Rechtsweg als Vorschaltverfahren erschöpft sein muss, bevor die staatliche Gerichtsbarkeit angerufen werden darf (BGHZ 197, 162 Rn. 23; BGH, Urt. v. 28. November 1994, II ZR 11/94, BGHZ 128, 93 [110; juris Rn. 30]; Urt. v. 6. März 1967, II ZR 231/64, BGHZ 47, 172 [174 f., juris Rn. 21]; KG, Beschluss vom 17. Juli 2020, 22 W 10/20, NZG 2020, 1113 Rn. 6 f.; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 27. Juli 2006, 2 BvR 1416/06, juris Rn. 3 f.).
2. Zuständig für den Rechtsstreit ist in erster Instanz das Amtsgericht.
aa) Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass Vereinsmaßnahmen grundsätzlich zur gerichtlichen Nachprüfung gebracht werden können und dabei die Feststellung der Unwirksamkeit einer Maßnahme Gegenstand des Antrags sein kann (vgl. BGHZ 197, 162 Rn. 20 m. w. N.).
Die staatlichen Gerichte können zwar Maßnahmen oder Entscheidungen der Vereinsoder Verbandsorgane weder aufheben noch abändern, sondern lediglich im Verhältnis zwischen Organisation und Mitglied feststellen, ob eine Maßnahme oder Entscheidung der Organisation dem Mitglied gegenüber wirksam oder unwirksam ist (vgl. BGHZ 197, 162 Rn. 32; OLG Düsseldorf, Urt. v. 15. November 2017, VI-U (Kart) 8/17, juris Rn. 194; je m. w. N.). Das Rechtsschutzziel der Klage ist aber offenkundig auf eine solche Überprüfung der Ausschlussentscheidung(en) gerichtet, wenngleich der Klageantrag derzeit nicht als Feststellungs-, sondern als Aufhebungsantrag formuliert ist. Für die Frage der sachlichen Zuständigkeit ist die wohl unsachgemäße Antragsformulierung allerdings ohne Bedeutung (§ 139 Abs. 1 Satz 2 ZPO).
bb) Die sachliche Zuständigkeit des Amtsgerichts folgt aus § 23 Nr. 1 GVG.
Der Wert des mit der Klage verfolgten Anspruchs (§ 23 Nr. 1 GVG) ist gemäß § 3 ZPO nach freiem Ermessen zu bestimmen. Er übersteigt den maßgeblichen Grenzwert von 5.000,00 € nicht.
Maßgeblich ist das anhand objektiver Gesichtspunkte zu beurteilende tatsächliche Interesse des Klägers. Ist der mit der Klage verfolgte Anspruch (wie hier) ausschließlich nicht-vermögensrechtlicher Art, so haben die in § 48 Abs. 2 GKG für den Gebührenwert namentlich maßgeblichen Kriterien (Umfang und Bedeutung der Sache, Einkommens- und Vermögensverhältnisse) gewichtige Bedeutung auch für die Bestimmung des Zuständigkeitswerts (vgl. Lückemann in Zöller, ZPO, § 23 GVG Rn. 3 f.; Herget in Zöller, ZPO, § 3 Rn. 16.175; Heinrich in Musielak/Voit, ZPO, § 3 Rn. 13 f.; Hüßtege in Thomas/Putzo, ZPO, 41. Aufl. 2020, § 23 GVG Rn. 6 f. und Rn. 8). Danach kommt es hier maßgeblich darauf an, in welchen Belangen der Kläger durch den Ausschluss aus der Rotkreuz-Gemeinschaft berührt ist und wie gewichtig diese Belange aufgrund ihrer Auswirkungen auf den Lebenszuschnitt des Klägers erscheinen (vgl. BGH, Beschluss vom 17. November 2015, II ZB 8/14, WM 2016, 96 Rn. 13 – zum Rechtsmittelstreitwert; Kurpat in Schneider/Herget, Streitwert-Kommentar, 14. Aufl. 2016, Ausschließung, Rn. 1481 – zum Gebührenstreitwert); auch die Bekleidung von Ämtern und Funktionen oder ein Ansehensverlust durch den Ausschluss können bedeutsam sein (vgl. Wöstmann in Münchener Kommentar zur ZPO, 6. Aufl. 2020, § 3 Rn. 134).
Mit Blick auf den die Ausschlussentscheidung tragenden Vorwurf und auf den Ansehensverlust, der mit dem Entzug des Amtes eines Bereitschaftsleiters verbunden ist, erscheint zwar der vom Kläger angesetzte Wert von 3.000,00 € zu niedrig bemessen. Andererseits sind gewichtige Auswirkungen auf die Lebensführung des Klägers nicht vorgetragen und auch nicht ersichtlich. In Anlehnung an § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG ist daher mangels genügender Anhaltspunkte für ein höheres oder geringeres Interesse von dem sich aus dieser Vorschrift ergebenden Wert auszugehen, den der Gesetzgeber für eine durchschnittliche nichtvermögensrechtliche Streitigkeit in der bis zum 31. Juli 2013 geltenden Gesetzesfassung mit 4.000,00 €, ab diesem Zeitpunkt mit 5.000,00 € vorgegeben hat (vgl. BGH, WM 2016, 96 Rn. 13 m. w. N.).
Der Senat bewertet das Interesse des Klägers an der Durchführung des Rechtsstreits aus diesen Gründen mit 5.000,00 €.
3. Deshalb hat sich das Bayerische Oberste Landesgericht als sachlich unzuständig zu erklären und den Rechtsstreit auf den Antrag des Klägers an das sachlich und örtlich zuständige Amtsgericht München zu verweisen.
aa) Die Verweisung beruht auf § 281 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Sie erfolgt innerhalb des ordentlichen Rechtswegs von dem für bürgerlich-rechtliche Streitigkeiten erstinstanzlich unzuständigen Prozessgericht an das für Rechtsstreitigkeiten dieser Art sachlich zuständige Eingangsgericht. Ein Fall des § 17a Abs. 6 GVG liegt nicht vor. Die örtliche Zuständigkeit des Empfangsgerichts folgt aus §§ 12, 17 ZPO, weil der Beklagte gemäß Art. 1 Satz 1 BRK-Gesetz seinen Sitz in München hat bb) Der Verweisungsbeschluss des Verwaltungsgerichts steht der Weiterverweisung nicht entgegen.
Für das Bayerische Oberste Landesgericht ist der Verweisungsbeschluss des Verwaltungsgerichts nur hinsichtlich des Rechtswegs bindend, § 17a Abs. 2 Satz 3 GVG (vgl. allgemein zur Bindungswirkung: BGH, Beschluss vom 11. August 2015, X ARZ 174/15, juris Rn. 9 ff.). Obwohl das Verwaltungsgericht auch die Frage der sachlichen Zuständigkeit innerhalb des ordentlichen Rechtswegs geprüft hat, wozu es nach § 17a Abs. 2 Satz 1 GVG verpflichtet war, und das Ergebnis seiner Prüfung in den Verweisungsbeschluss Eingang gefunden hat, kommt der Verweisung keine Bindungswirkung hinsichtlich der sachlichen Zuständigkeit des Empfangsgerichts zu; auf die Frage objektiver Willkür kommt es nicht an. Einer Weiterverweisung aus Gründen, die sich aus der sachlichen Zuständigkeit ergeben, steht die Rechtswegverweisung deshalb nicht entgegen (vgl. BT-Drs. 11/ 7030 S. 37 re. Sp.; BayVGH, Beschluss vom 28. Februar 2017, 22 C 17.375, juris Rn. 10 ff.; BGH, Beschluss vom 18. Mai 2011, X ARZ 95/11, NJW-RR 2011, 1497 Rn. 11 – zur funktionellen Zuständigkeit; BAG, Beschluss vom 14. Januar 1994, 5 AS 22/93, NZA 1994, 478 [juris Rn. 13]; Beschluss vom 17. Juli 1992, 5 AS 4/92, BAGE 70, 374 [juris Rn. 23] – jeweils zur örtlichen Zuständigkeit; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 4. Juli 1994, 2 VAs 5/94, juris Rn. 7 f. – auch zur sachlichen Zuständigkeit; Mayer in Kissel/Mayer, GVG, 9. Aufl. 2018, §§ 17-17b Rn. 43; Gerhold in BeckOK GVG, 8. Ed. Stand 1. August 2020, § 17a Rn. 9; Lückemann in Zöller, ZPO, § 17a GVG Rn. 12; Hüßtege in Thomas/Putzo, ZPO, § 17a GVG Rn. 12; zum Umfang der Bindung einer Verweisung innerhalb der ordentlichen Gerichtsbarkeit: BGH, Beschluss vom 26. November 1997, XII ARZ 34/97, NJW-RR 1998, 1219 [juris Rn. 11]).


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