Verwaltungsrecht

Berufungszulassung bei selbstständig tragender Mehrfachbegründung

Aktenzeichen  6 ZB 17.956

Datum:
26.1.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 1350
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 124 Abs. 2

 

Leitsatz

Bei selbstständig tragender Mehrfachbegründung kann die Berufung nur zugelassen werden, wenn im Hinblick auf jeden Begründungsstrang ein Zulassungsgrund dargelegt wird und gegeben ist. Das gilt auch für den Fall der Klageabweisung als unzulässig und darüber hinaus als unbegründet (vgl. BayVGH BeckRS 2016, 51390). (Rn. 3) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

AN 11 K 16.00511 2017-03-29 Urt VGANSBACH VG Ansbach

Tenor

I. Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 29. März 2017 – AN 11 K 16.511 – wird abgelehnt.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 21.366,00 € festgesetzt.

Gründe

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nrn. 1, 4 und 5 VwGO greifen nicht durch.
Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt, die Beklagte zu verpflichten, „unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts (ihren) Antrag … auf fiktive Laufbahnnachzeichnung, hilfsweise Schadensersatz wegen pflichtwidrig unterlassener Beförderung zu verbescheiden.“ Das Verwaltungsgericht hat diese Klage aus zwei Gründen abgewiesen. Sie sei zum einen unzulässig, weil kein Rechtschutzinteresse für die „auf das Begehren des Erlasses eines Ausgangsbescheides durch eine Behörde der Beklagten“ reduzierte Klage bestehe. Sie sei zum anderen aber „auch insgesamt unbegründet“. Letzteres stellt trotz der einleitenden Formulierung im Konjunktiv („… sei … im Bemühen um eine Befriedung … auch auf folgende Aspekte hingewiesen“ und „die Klage wäre … auch insgesamt nicht begründet“) entgegen dem Verständnis der Klägerin keinen bloßen Hinweis dar. Es handelt sich vielmehr um einen eigenständigen, das klageabweisende Urteil allein tragenden zweiten Begründungsstrang, für den das Verwaltungsgericht seine Überzeugung zu Haupt- und Hilfsantrag abschließend gebildet hat. Das ergibt sich aus den unmissverständlich und im Indikativ formulierten Obersätzen („Die Klage scheitert jedoch im Hauptantrag …“ und „der im Hilfsantrag reklamierte Schadensersatzanspruch … scheitert bereits daran …“), die das Verwaltungsgericht zudem nicht nur ausführlich begründet, sondern auch anhand der nach seiner materiell-rechtlichen Ansicht einschlägigen Vorschriften abschließend beurteilt hat (S. 14 unten bis 18 des Urteils).
Ist die erstinstanzliche Entscheidung demnach selbstständig tragend mehrfach begründet, ist eine Zulassung der Berufung nur gerechtfertigt, wenn im Hinblick auf jeden der Begründungsstränge ein Zulassungsgrund dargelegt wird und gegeben ist (vgl. BayVGH, B.v. 29.6.2016 – 6 ZB 15.2786 – juris Rn. 3 m.w.N.). Das gilt auch für den Fall, dass das Verwaltungsgericht die Klage – wie hier – ausdrücklich als unzulässig und unbegründet abgewiesen hat (vgl. BVerwG, B.v. 9.4.2003 – 4 B 29.03 – juris Rn. 2; BayVGH, B.v. 15.8.2016 – 20 ZB 16.931 – juris Rn. 3 ff. Seibert in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 124 Rn. 100, § 124a Rn. 112 m.w.N.).
Daran fehlt es. Mit ihrem Zulassungsantrag wendet die Klägerin sich nur gegen den ersten Begründungsstrang des Verwaltungsgerichts (Klage unzulässig). Sowohl die Gehörsrüge (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 i.V.m. § 108 Abs. 2 VwGO Art. 103 Abs. 1 GG) als auch die Rüge ernstlicher Zweifel (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und der Divergenz (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) betreffen allein die Auffassung der Vorinstanz, der auf bloße Verbescheidung gerichteten Klage fehle das Rechtsschutzbedürfnis. Da aber der zweite, das Urteil ebenfalls selbstständig tragende Begründungsstrang (Klage unbegründet) nicht mit – über bloße Urteilskritik hinausgehenden – Zulassungsgründen angegriffen wird, muss die Zulassung der Berufung von vornherein ausscheiden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47, § 52 Abs. 1, Abs. 6 Satz 4 i.V.m. Satz 1 bis 3, § 47 Abs. 1 Satz 2 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit ihm wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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