Verwaltungsrecht

Beschwerde der Beiladungsbewerberin gegen die Ablehnung der Beiladung

Aktenzeichen  15 C 22.735

Datum:
28.3.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 6517
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 65
VwGO § 146

 

Leitsatz

Verfahrensgang

Au 5 K 21.1642 2022-02-22 Bes VGAUGSBURG VG Augsburg

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Die Beiladungsbewerberin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

I.
Die Beiladungsbewerberin begehrt ihre Beiladung zum zwischenzeitlich eingestellten Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Augsburg (Az. Au 5 K 21.1642). Gegenstand dieses Verfahrens war die Anfechtungsklage des Klägers gegen den ihm gegenüber ergangenen Ergänzungsbescheid der Beklagten vom 8. Juli 2021, mit dem die ihm unter dem 6. November 2018 erteilte Baugenehmigung für die „Bauliche Änderung der Dachgeschosswohnung W05“ auf dem Grundstück FlNr. …10 der Gemarkung A. um standsicherheitsrechtliche Auflagen (Vorlage bestimmter Nachweise und Bescheinigungen zur Standsicherheit und zur Feuerwiderstandsfähigkeit) ergänzt wurde.
Im erstinstanzlichen Verfahren beantragte die Beiladungsbewerberin unter Verweis auf ihre Stellung als Miteigentümerin resp. Gemeinschafts- und Sondereigentümerin an der betroffenen baulichen Anlage sowie auf mögliche Schadensersatzansprüche ihre Beiladung. Das Verwaltungsgericht lehnte den Beiladungsantrag mit Beschluss vom 22. Februar 2022 ab. Der Tatbestand für eine notwendige Beiladung (§ 65 Abs. 2 VwGO) sei nicht erfüllt. Trotz Vorliegens der Voraussetzungen für eine einfache Beiladung (§ 65 Abs. 1 VwGO) werde im Rahmen des gerichtlichen Ermessens und der hiernach vorzunehmenden Interessenabwägung eine einfache Beiladung nicht für geboten erachtet. Ein Anspruch auf Beiladung bestehe gem. § 65 Abs. 1 VwGO nicht.
Mit ihrer am 24. Februar 2022 beim Verwaltungsgericht eingelegten Beschwerde verfolgt die Beiladungsbewerberin ihr Begehren weiter. Sie führt zur Begründung aus, dass sie selbst im Anwendungsbereich des § 65 Abs. 1 VwGO aufgrund einer Ermessensreduzierung auf null einen Beiladungsanspruch habe, da sie vorliegend in wesentlichen Interessen im Hinblick auf ihr Eigentumsgrundrecht betroffen sei. Durch die mutmaßlich fehlerhaften Baumaßnahmen des Klägers werde nicht nur das Gemeinschaftseigentum der baulichen Anlage, sondern auch ihr Sondereigentum beeinträchtigt. Eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts über den Streitgegenstand habe unmittelbaren Einfluss auf die Unversehrtheit ihres Eigentums und könne nur einheitlich ergehen. Darüber hinaus könne eine fehlerhafte Berechnung bei einem Einzelbaudenkmal auch zu einer Gefahr für Leib und Leben führen. Rissbildungen im Boden bzw. in der Decke ihrer Wohnung, die unmittelbar unter dem ausgebauten Dachgeschoss des Klägers liege, sprächen für überprüfungswürdige Umstände bezüglich der Standsicherheit.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 24. Februar 2022 hob der Vertreter der Beklagten den streitgegenständlichen Bescheid auf, worauf noch in derselben Verhandlung die Hauptbeteiligten den Rechtsstreit für erledigt erklärten sowie das Gericht durch Beschluss das Verfahren Au 5 K 21.1642 einstellte und der Beklagten die Kosten des Verfahrens auferlegte.
II.
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
Dabei kann offenbleiben, ob sie bereits mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig ist, weil die Beschwerdeführerin das mit ihr verfolgte Ziel ihrer Beiladung inzwischen nicht mehr erreichen kann (vgl. BayVGH, B.v. 7.11.2011 – 12 C 01.2501 – juris Rn. 5). Denn jedenfalls ist sie unbegründet (BayVGH, B.v. 19.2.2015 – 10 C 14.2119 – juris Rn. 14 ff.; B.v. 23.6.2015 – 10 C 15.772 – juris Rn. 18 ff.). Wie sich aus dem eindeutigen Wortlaut des § 65 Abs. 1 VwGO ergibt, setzt eine Beiladung – unabhängig davon, ob sie im Ermessen des Gerichts steht (§ 65 Abs. 1 VwGO) oder zwingend vorzunehmen ist (§ 65 Abs. 2 VwGO) – einen beim über die Beiladung entscheidenden Gericht anhängigen Rechtsstreit voraus, der noch nicht rechtskräftig abgeschlossen ist (BayVGH, B.v. 7.11.2001 a.a.O.; B.v. 19.2.2015 a.a.O. Rn. 15; B.v. 23.6.2015 a.a.O. Rn. 20; VGH BW, B.v. 13.9.1984 – 5 S 2049/84 – NVwZ 1986, 141; Czybulka/Kluckert in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 65 Rn. 54; Bier/Steinbeiß in Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, Stand: Juli 2021, § 65 VwGO Rn. 32; Hoppe in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 65 Rn. 24; Kintz in Posser/Wolff, BeckOK VwGO, § 65 Rn. 25; vgl. auch BSG, B.v. 4.6.2002 – B 12 KR 36/01 B – juris Rn. 9; LSG NW, U.v. 19.11.2001 – L 5 KR 137/01 – juris Rn. 10). Mit der übereinstimmenden Erledigungserklärung der Hauptbeteiligten in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 24. Februar 2022 wurde die Rechtshängigkeit des Verfahrens Au 5 K 21.1642 mit Rückwirkung beendet (BayVGH, B.v. 7.11.2016 – 10 BV 16.962 – NVwZ-RR 2017, 425 = juris Rn. 6; Schübel-Pfister in Eyermann a.a.O. § 161 Rn. 8). Der im Anschluss erfolgte (deklaratorische) Einstellungsbeschluss des Verwaltungsgerichts ist zudem in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 Satz 2 VwGO unanfechtbar (vgl. BVerwG, B.v. 7.8.1998 – 4 B 75.98 – NVwZ-RR 1999, 407 = juris Rn. 2 f.). Damit kommt zum gegenwärtigen Zeitpunkt der Entscheidung des Senats eine Beiladung nicht mehr in Betracht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Einer Streitwertfestsetzung bedarf es nicht, weil sich aus Nr. 5502 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG eine Festgebühr für das Beschwerdeverfahren ergibt.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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