Verwaltungsrecht

Besetzung einer W2-Professur – Konkurrentenverfahren

Aktenzeichen  7 CE 16.683

Datum:
21.6.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 47762
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 123 Abs. 1

 

Leitsatz

1 Enthält eine Ausschreibung das Kriterium “einschlägige, mehrjährige Erfahrungen in der englischsprachigen Geschäftswelt” ohne Einschränkungen, ist diese Anforderung von den Bewerbern zwingend im Sinne eines konstitutiven Anforderungsprofils zu erfüllen. (redaktioneller Leitsatz)
2 Allein aus dem Vortrag eines Antragstellers, er erfülle die Anforderungen der Stelle besser als der ausgewählte Bewerber, ergibt sich keine Überschreitung des Beurteilungsspielraums bei der Auswahlentscheidung. (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

3 E 15.5592 2016-03-16 Bes VGMUENCHEN VG München

Tenor

I.
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000,– Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin begehrt, dem Antragsgegner vorläufig zu untersagen, die von ihm ausgeschriebene „W2-Professur für Business Communication and Intercultural Competence“ an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften in München (Fakultät für Tourismus) mit einer Mitbewerberin zu besetzen.
Die Antragstellerin wurde zwar als eine von 30 Bewerbern und Bewerberinnen zu einem Vorgespräch eingeladen, bei der Auswahl für das Abhalten einer Probevorlesung jedoch bereits nicht mehr berücksichtigt. Schließlich beschloss der Berufungsausschuss einstimmig einen Berufungsvorschlag – mit der Beigeladenen vor einem Mitbewerber an der Spitze. Der Antragstellerin wurde mitgeteilt, sie sei nicht in die Berufungsvorschlagsliste aufgenommen worden.
Das Bayerische Verwaltungsgericht München hat ihren Antrag gemäß § 123 VwGO, dem Antragsgegner die Besetzung der streitgegenständlichen Professur vorläufig zu verbieten, abgelehnt. Die Antragstellerin habe keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Sie sei nicht die bestgeeignete Bewerberin; sie erfülle bereits das Anforderungsprofil der streitgegenständlichen Professur nicht.
Mit der vorliegenden Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihr Rechtsschutzziel weiter. Sie macht insbesondere geltend, entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts entspreche sie nicht nur dem Anforderungsprofil der Ausschreibung in vollem Umfang und zwar auch hinsichtlich des Kriteriums „mehrjährige Erfahrung in der englischsprachigen Geschäftswelt“, bei dem es sich nicht um ein konstitutives Anforderungsmerkmal handele, sondern sie sei auch die bestgeeignete Bewerberin. Denn ihrer Ansicht nach verfüge die Beigeladene ausweislich verschiedener, im Internet zugänglicher Quellen nicht nur über deutlich weniger umfangreiche einschlägige Erfahrungen als sie selbst, sondern habe sich auch bereits mehrfach erfolglos um eine Professur an einer staatlichen Hochschule beworben. Unverständlich sei zudem die Entscheidung des Antragsgegners, einen Mitbewerber auf Listenplatz 2 zu setzen und zu der Probevorlesung zu laden, der, anders als sie, weder Englisch studiert habe, noch auf muttersprachlichem Niveau spreche. Vor diesem Hintergrund sei die Einschätzung des Antragsgegners unzutreffend, dass die Antragstellerin nicht „wie die geladenen Bewerber, alle Bereiche der vorgesehenen Anforderungen abdecken konnte“. Es entstehe vielmehr der Eindruck, dass Frau Prof. C., die auch an einem Berufungsverfahren in Regensburg, an dem die Antragstellerin nicht nur teilgenommen, sondern darüber hinaus einen Listenplatz erreicht habe, beteiligt gewesen sei, ihr gegenüber negativ voreingenommen sei und die jetzige Entscheidung dominiert habe.
Die Antragstellerin hat beantragt,
den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 16. März 2016 abzuändern und den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO vorläufig – bis zur bestandskräftigen Entscheidung über die Bewerbung der Antragstellerin – zu untersagen, die W2-Professur für „Business Communication and Intercultural Competence“ durch Aushändigung einer Ernennungsurkunde zu besetzen.
Der Antragsgegner hat beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen
und verteidigt den angegriffenen Beschluss des Verwaltungsgerichts.
Die Beigeladene hat sich nicht geäußert.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie die vorgelegten Akten der Hochschule für Angewandte Wissenschaften München Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg.
Das Beschwerdevorbringen, auf das sich die Prüfung des Senats beschränkt (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), begründet den geltend gemachten Anordnungsanspruch der Antragstellerin nicht. Das Verwaltungsgericht geht zu Recht davon aus, dass die Auswahlentscheidung des Antragsgegners an keinen Fehlern leidet und rechtlich nicht zu beanstanden ist. Der Senat folgt den Gründen des streitgegenständlichen Beschlusses und nimmt darauf Bezug (§ 122 Abs. 2 Satz 2 VwGO). Lediglich ergänzend ist im Hinblick auf das Beschwerdevorbringen zu bemerken:
1. Der Einwand der Antragstellerin, bei dem Kriterium „einschlägiger, mehrjähriger Erfahrung in der englischsprachigen Geschäftswelt“ in der Ausschreibung handele es sich nicht um ein zwingendes Erfordernis im Sinne eines konstitutiven Anforderungsprofils, sondern um ein fakultatives, lediglich beschreibendes, allgemeines Anforderungsmerkmal, was sich aus dem Wortlaut der Ausschreibung („möglichst“) ergebe, geht fehl: Denn anders, als von der Antragstellerin in ihrer Beschwerdeschrift vom 21. April 2016 dargestellt, wird mit dem Text der Ausschreibung nicht eine Persönlichkeit gesucht, die „möglichst“ einschlägige, mehrjährige Erfahrung in der englischsprachigen Geschäftswelt hat (so aber die Hervorhebung der Antragstellerin a. a. O.), sondern eine solche mit „einschlägiger, mehrjähriger Erfahrung in der englischsprachigen Geschäftswelt“. Von einer lediglich „möglichen“ Erfahrung oder „möglichst“ ist nicht die Rede. Das Erfordernis einer derartigen Erfahrung bzw. Praxis ist daher von den Bewerbern und Bewerberinnen zwingend im Sinne eines konstitutiven Anforderungsprofils zu erfüllen (vgl. dazu auch: BayVGH B.v. 5.1.2012 – 7 CE 11.1432, Rn. 22 f. – juris).
Die Bedenken der Antragstellerin, das Kriterium „mehrjähriger“ Erfahrung sei darüber hinaus „unspezifisch“ und damit ungeeignet, weil es nicht ausreichend erkennen lasse, was „zwingend“ von Bewerbern oder Bewerberinnen erwartet werde, teilt der Senat nicht. Der Begriff „mehrjährig“ bedeutet – laut Duden – „einen Zeitraum von mehreren Jahren umfassend“ (ein Synonym wäre zum Beispiel „langjährig“) und ist damit allgemein verständlich.
2. Soweit die Antragstellerin im Übrigen – unter Verweis auf nicht näher genannte und substantiierte Quellen bzw. Kenntnisse – sinngemäß meint, sie erfülle – insbesondere und u. a. aufgrund ihrer Englischkenntnisse („nearnative“) und Geschäftskontakte – die Kriterien sowohl hinsichtlich des konstitutiven, als auch des deskriptiven Anforderungsprofils für die Berufung auf die Professur bei objektiver Betrachtung besser als ihre Mitbewerberin und ihr Mitbewerber und passe besser auf die ausgeschriebene Stelle als die Beigeladene, setzt sie lediglich ihre eigene Einschätzung an die Stelle derjenigen des Berufungsausschusses bzw. der Berufungskommission. Eine Überschreitung des dieser Kommission oder dem Ausschuss zustehenden Beurteilungsspielsraums wird damit indes nicht dargelegt.
3. Schließlich ist die Auswahlentscheidung auch nicht deshalb fehlerhaft, weil Zweifel an der Unvoreingenommenheit von Frau Prof. C. bestünden. Abgesehen davon, dass solche während des Auswahlverfahrens nicht geltend gemacht wurden, sind Ablehnungsgründe im Hinblick auf ihre Person in keiner Weise substantiiert dargelegt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten gemäß § 162 Abs. 3 VwGO billigerweise selbst, da sie keinen Sachantrag gestellt und sich damit auch keinem eigenen Prozesskostenrisiko ausgesetzt hat (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO). Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der 2013 aktualisierten Fassung (abgedruckt bei Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014).
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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