Verwaltungsrecht

Beweislast bei der Anerkennung eines Dienstunfalls

Aktenzeichen  14 ZB 14.1016

Datum:
15.2.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 42596
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BeamtVG § 31 Abs. 1
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1

 

Leitsatz

1 Der Beamte trägt die materielle Beweislast für den Nachweis, dass ein eingetretener Körperschaden mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auf dem Dienstunfall beruht (stRspr, BayVGH BeckRS 2014, 50160). Kann er nicht den vollen Beweis erbringen‚ dass der Dienstunfall – gegebenenfalls neben einer festgestellten Vorschädigung – zumindest als annähernd gleichwertige Mitbedingung für den Gesundheitsschaden und nicht als bloße Gelegenheitsursache anzusehen ist‚ geht das zu seinen Lasten. (redaktioneller Leitsatz)
2 Die haftungsausfüllenden Kausalität zwischen dem Geschehensablauf („Hochziehen aus der Rückenlage“) und der festgestellten Verletzung fehlt, wenn eine derartige Handlung nicht geeignet ist, die Verletzung herbeizuführen. (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

11 K 13.01618 2014-03-12 Urt VGANSBACH VG Ansbach

Tenor

I.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III.
Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nr. 1, 2 und 5 VwGO sind nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Art und Weise dargelegt bzw. liegen jedenfalls nicht vor.
I.
Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit i. S. d. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind anzunehmen, wenn in der Antragsbegründung ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt werden (vgl. etwa BVerfG, B. v. 10.9.2009 – 1 BvR 814/09 – NJW 2009, 3642) und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen (BVerwG, B. v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – DVBl 2004, 838/839). Schlüssige Gegenargumente in diesem Sinne liegen dann vor, wenn der Rechtsmittelführer substantiiert rechtliche oder tatsächliche Umstände aufzeigt, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung im Ergebnis unrichtig ist (vgl. BVerfG, B. v. 20.12.2010 – 1 BvR 2011/10 – NVwZ 2011, 546/548). Welche Anforderungen an Umfang und Dichte der Darlegung zu stellen sind, hängt wesentlich von der Intensität ab, mit der die Entscheidung begründet worden ist (Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124a Rn. 64 m. w. N.).
Das Verwaltungsgericht hat die Verpflichtungsklage des Klägers auf Anerkennung eines Dienstunfalls mit einer SLAP-Läsion in seiner rechten Schulter als Dienstunfallfolge abgewiesen. Nach den von der Beklagten nicht bestrittenen Angaben des Klägers sei die Verletzung in der rechten Schulter am 17. Juli 2012 zutage getreten, nachdem ihn ein Kollege beim Dienstsport aus der Rückenlage hochgezogen habe. Damit stelle das Ereignis vom 17. Juli 2012 ein Unfallereignis dar. Ein Dienstunfall im Sinne des § 31 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG liege allerdings nicht vor. Zur Überzeugung des Gerichts sei nicht nachgewiesen, dass das vom Kläger als alleinige Ursache geltend gemachte Hochziehen aus der Rückenlage im Sinne der Theorie der wesentlich mitwirkenden Teilursache kausal für die bei ihm diagnostizierte SLAP-Läsion gewesen sei. Nach den schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen des Herrn Dr. L. in dessen gutachterlichen Stellungnahmen vom 24. Januar und 11. Juli 2013 und dessen Ergänzungen in der mündlichen Verhandlung sei das Heraufziehen aus der Horizontalen für den reklamierten Körperschaden bei einer nicht vorgeschädigten Schulter nicht geeignet. Der Kläger habe die Feststellungen des Gutachters nicht ansatzweise erschüttert. Der Kläger trage auch die materielle Beweislast für die haftungsausfüllende Kausalität. Ob im Falle des Klägers tatsächlich eine Vorschädigung vorgelegen bzw. der Sturz mit dem Mountainbike am 11. Juli 2012 zu einer Vorschädigung seiner Schulter geführt habe, sei aus Rechtsgründen unerheblich.
Durch das Vorbringen des Klägers im Zulassungsverfahren werden diese Erwägungen des Verwaltungsgerichts nicht ernstlich in Frage gestellt und keine Gesichtspunkte aufgezeigt, die weiterer Klärung in einem Berufungsverfahren bedürften.
1. Mit seiner Rüge, das Verwaltungsgericht verstoße gegen zwingende Denkgesetze, wenn es – entgegen der Auffassung des Gutachters – feststelle, das „Ereignis vom 17. Februar 2012“ habe „die Qualität eines Unfalls im Sinne des § 31 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG“, greift der Kläger die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts an, ohne ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils aufzuzeigen.
Gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Soweit eine fehlerhafte Beweiswürdigung des Erstgerichts gerügt wird, liegt der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nur dann vor, wenn die tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts augenscheinlich nicht zutreffen oder beispielsweise wegen gedanklicher Lücken oder Ungereimtheiten ernstlich zweifelhaft sind. Derartige Fehler bei der verwaltungsgerichtlichen Überzeugungsbildung werden nicht aufgezeigt. Allein die Möglichkeit einer anderen Bewertung der Beweisaufnahme rechtfertigt die Zulassung der Berufung nicht (vgl. BayVGH, B. v. 18.2.2014 – 14 ZB 11.452 – juris Rn. 8 m. w. N.; B. v. 20.11.2013 – 10 ZB 13.827 – juris Rn. 4 m. w. N.).
a) Der Kläger geht bereits fehl, wenn er meint, das Verwaltungsgericht habe in der angefochtenen Entscheidung festgestellt, „das Ereignis vom 17. Februar 2012“ habe „die Qualität eines Unfalls im Sinne des § 31 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG“, wobei davon auszugehen ist, dass der Kläger mit „Ereignis vom 17. Februar 2012“ den von ihm als alleinige Ursache seiner SLAP-Läsion benannten Geschehensablauf „Hochziehen aus der Rückenlage in die Senkrechte/stehende Position“ (im Folgenden: „Hochziehen aus der Rückenlage“) meint, der sich am 17. Juli 2012 während des Dienstsports ereignet hatte.
Zutreffend ist zwar, dass das Verwaltungsgericht das Ereignis vom 17. Juli 2012 als Unfallereignis bewertet hat (UA S. 7). Das Vorliegen eines (Dienst-)Unfalls im Sinne des § 31 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG hat es aber ausdrücklich verneint, weil es an der hierfür erforderlichen haftungsausfüllenden Kausalität zwischen Unfallereignis und Körperschaden fehle. Zu seiner Überzeugung sei nicht nachgewiesen, dass das als alleinige Verletzungsursache geltend gemachte „Hochziehen aus der Rückenlage“ im Sinne der Theorie der wesentlich mitwirkenden Teilursache kausal für die beim Kläger diagnostizierte SLAP-Läsion gewesen sei (UA S. 8 f.).
b) Entgegen der Ansicht des Klägers setzt sich das Verwaltungsgericht mit seiner Einschätzung, das Ereignis vom 17. Juli 2012 stelle ein Unfallereignis dar, nicht in Widerspruch zu den Bewertungen des Gutachters und verstößt nicht gegen zwingende Denkgesetze. Auch verkennt der Kläger die Anforderungen an das Vorliegen eines Dienstunfalls und die Bedeutung des im Dienstunfallrecht maßgeblichen Ursachenbegriffs zwischen Dienstunfall und Schaden.
Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, setzt das Vorliegen eines Dienstunfalls im Sinne des § 31 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG einen ursächlichen Zusammenhang in zweifacher Hinsicht voraus: zunächst muss das Unfallereignis mit dem Dienst in ursächlichem Zusammenhang stehen (sog. haftungsbegründende Kausalität) und darüber hinaus muss das Unfallereignis bei dem Beamten einen Körperschaden verursacht haben (sog. haftungsausfüllende Kausalität). Als Ursache im Rechtssinne auf dem Gebiet der beamtenrechtlichen Dienstunfallversorgung sind nur solche für den eingetretenen Schaden ursächliche Bedingungen im naturwissenschaftlich-philosophischen (natürlich-logischen) Sinne anzuerkennen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg nach natürlicher Betrachtungsweise zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Beim Zusammentreffen mehrerer Ursachen ist eine als alleinige Ursache im Rechtssinne anzusehen, wenn sie bei natürlicher Betrachtungsweise überragend zum Erfolg mitgewirkt hat, während jede von ihnen als wesentliche (Mit-)Ursache im Rechtssinne anzusehen ist, wenn sie nur annähernd die gleiche Bedeutung für den Eintritt des Erfolgs hatte. Alle übrigen Bedingungen im natürlich-logischen Sinne scheiden als Ursachen im Rechtssinne aus. Wesentliche Ursache im Dienstunfallrecht kann demnach auch ein äußeres Ereignis sein, das ein anlagebedingtes Leiden auslöst oder (nur) beschleunigt, wenn diesem Ereignis nicht im Verhältnis zu anderen Bedingungen – zu denen auch die bei Eintritt des äußeren Ereignisses schon vorhandene Veranlagung gehört – eine derart untergeordnete Bedeutung für den Eintritt der Schadensfolge zukommt, dass diese anderen Bedingungen bei natürlicher Betrachtungsweise allein als maßgeblich anzusehen sind. Keine Ursache im Rechtssinne sind sog. Gelegenheitsursachen‚ d. h. Ursachen‚ bei denen zwischen dem eingetretenen Schaden und dem Dienst eine rein zufällige Beziehung besteht‚ wenn also etwa die krankhafte Veranlagung oder die durch Abnutzung degenerativ bereits vorgeschädigte Körperstelle zur Auslösung akuter Erscheinungen keiner besonderen‚ in ihrer Eigenart unersetzlichen Einwirkung bedurfte‚ sondern auch ein anderes‚ alltäglich vorkommendes Ereignis zum selben Erfolg geführt hätte. Eine solche untergeordnete Bedeutung ist insbesondere auch dann anzunehmen, wenn das Ereignis gleichsam „der letzte Tropfen“ war, „der das Maß zum Überlaufen brachte bei einer Krankheit, die ohnehin ausgebrochen wäre, wenn ihre Zeit gekommen war“ (st. Rspr., vgl. u. a. BVerwG‚ U. v. 30.6.1988 – 2 C 77.86 – DÖD 1988, 295 m. w. N.; U. v. 15.9.1994 – 2 C 24.92 – Buchholz 237.6 § 227 NdsLBG Nr. 1 S. 3 f. m. w. N.).
Hieran gemessen ist das Verwaltungsgericht auf der Grundlage der schriftlichen Stellungnahmen des Gutachters Herr Dr. L. vom 24. Januar und 11. Juli 2013 und dessen ergänzender Erläuterungen in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar davon ausgegangen, dass es an der haftungsausfüllenden Kausalität zwischen dem Geschehensablauf „Hochziehen aus der Rückenlage“ und der SLAP-Läsion fehlt. Herr Dr. L. war zu dem Ergebnis gelangt, dass ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der beim Kläger festgestellten Verletzung und dem behaupteten Unfall unwahrscheinlich sei. Die substantielle Schädigung von Teilen des Gelenks und der Rotatorenmanschette setze entweder eine entsprechende Entstehungsgewalt oder eine längerfristige Entstehungsgeschichte voraus. Das geplante Heraufziehen aus der Horizontalen sei hierfür nicht geeignet. Das verantwortlich gemachte Trauma vom 17. Juli 2012 reiche für die vorliegende komplexe Schädigung nicht aus. Diese Bewertung hat der Gutachter ausweislich der Niederschrift in der mündlichen Verhandlung erläutert: Wegen des geschilderten Trainingsgeschehens reiße keine gesunde Sehne, auch werde ein SLAP bzw. die Knorpellippe nicht traumatisiert. Es fehle bei diesem Geschehnis an der erforderlichen mechanischen Energie, die zum Sehnenzerreißen führen könne.
Dass das Verwaltungsgericht – anders als der Gutachter – den Geschehensablauf vom 17. Juli 2012 als Unfallereignis bewertet hat, macht seine Beweiswürdigung nicht fehlerhaft. Es hat sich hiermit weder in Widerspruch zu den gutachterlichen Ausführungen gesetzt noch gegen Denkgesetze verstoßen. Denn die Frage, ob überhaupt ein Unfallereignis vorlag, betraf die haftungsbegründende, nicht die – davon zu unterscheidende – haftungsausfüllende Kausalität. Aus der Sicht des Verwaltungsgerichts war es nicht entscheidend, dass der Gutachter den vom Kläger für die SLAP-Läsion verantwortlich gemachten Geschehensablauf nicht als Unfallereignis qualifiziert hat. Im Übrigen ist nicht ersichtlich, inwieweit der Kläger durch die – für ihn positive – Annahme eines Unfalls belastet sein könnte.
2. Ernstliche Zweifel ergeben sich auch nicht aus den Rügen des Klägers, der Gutachter sei als Internist nicht ausgebildet, unfallanalytische Begutachtungen zu erstellen, und seine Bewertung entspreche nicht dem aktuellen wissenschaftlichen Stand der Unfallbegutachtung. Mit diesen Einwendungen hat der Kläger weder die Qualifikation des Gutachters noch die Richtigkeit des Gutachtens erschüttert.
a) Soweit der Kläger dem Gutachter unterstellt, als Internist keine Erfahrungen bei der Unfallbegutachtung zu haben, bleibt er nicht nur einen Beleg für diese Behauptung schuldig. Er lässt zudem außer Acht, dass Herr Dr. L. ausweislich seiner Angaben vor dem Verwaltungsgericht nicht nur Internist, sondern auch Arbeitsmediziner ist. In dieser Eigenschaft ist er als Betriebsarzt für den Arbeitsmedizinischen Dienst der Bundespolizei tätig. Zu den Aufgaben eines beim Arbeitsmedizinischen Dienst tätigen Arbeitsmediziners zählen auch Begutachtungen im Zusammenhang mit Unfällen im Bereich der Bundespolizei. Ausweislich seiner Angaben in der mündlichen Verhandlung verfügt Herr Dr. L. über eine langjährige Praxiserfahrung als Arbeitsmediziner und konnte sich während seines 6-jährigen Studiums Sachkenntnisse im vorliegenden Kontext verschaffen. Die daraus abzuleitende Befähigung hat der Kläger weder entkräftet noch mit seiner Rüge substantiiert in Frage gestellt. Zweifel an der Qualifikation des Gutachters wurden daher nicht aufgezeigt.
b) Auch mit seinem Einwand, der Gutachter gehe von einem falschen Sachverhalt aus, kann der Kläger die Richtigkeit des Gutachtens nicht erschüttern. Die in der Antragsbegründung zitierten Aussagen von Kläger und Gutachter werden bereits verkürzt wiedergegeben. Ausweislich der Behördenakten hatte der Kläger den Geschehensablauf wie folgt geschildert: „Nach der Abwehr des Würgeangriffs in der Bodenrückenlage befand ich mich auf dem Boden liegend in der Rückenlage. Um mir beim Aufstehen behilflich zu sein, reichte mir mein Trainingspartner die Hand. Ich reichte ihm die Hand. Als er mich in die Senkrechte/stehende Position ziehen wollte, gab es ein „knallendes“ Geräusch in meiner rechten Schulter. Ich fand das Geräusch als wenn ein Blatt Papier durchreißt. Daraufhin verspürte ich sofort sehr starke Schmerzen in der Schulter und hatte massive Bewegungseinschränkungen“. Eben diese klägerische Darstellung des Geschehens – und im Übrigen auch dessen Unfallschilderung vom 14. August 2012 (vgl. die gutachterliche Stellungnahme vom 24.1.2013) – hat Herr Dr. L. seiner Begutachtung zugrunde gelegt, wie sich aus seiner Stellungnahme vom 11. Juli 2013 ergibt.
Auch hatte der Gutachter in der mündlichen Verhandlung auf die Frage, von welchem konkreten Unfallmechanismus er ausgegangen sei, nicht, wie vom Kläger behauptet, mit „dieses letzte Geschehen um das Hochziehen war für mich die Basis für meine Einschätzung“ geantwortet mit: „Die Primärschilderung des Klägers ging von einem Knacken aus, dies war für mich kein Unfall; ergänzend sei dann geschildert worden das Hochziehen durch den Partner. Dieses letzte Geschehen um das Hochziehen war für mich die Basis für meine Einschätzung. Das konkrete Geschehen für mich war, dass der Kläger am Boden lag und ihn der Partner hochzog.“ Diese Aussage des Gutachters entspricht inhaltlich der Unfallschilderung des Klägers. Im Übrigen hat der Kläger der gutachterlichen Darstellung des tatsächlichen Geschehensablaufs in der mündlichen Verhandlung nicht widersprochen.
Auch die Bezugnahme auf ein Zitat aus Mehrhoff in „Unfallbegutachtung“ verfängt nicht. Zunächst lässt der Kläger erneut unbeachtet, dass aus dem Vorhandensein eines Unfalls noch keine Rückschlüsse auf das Vorliegen eines Dienstunfalls gezogen werden können, wenn die haftungsausfüllende Kausalität des Unfalls für den Körperschaden nicht nachgewiesen ist. Zum anderen lässt der Kläger offen, wieso der zitierte Geschehensablauf „Passive Traktion nach kausal, zentral oder medial (wie z. B. das Einziehen des Armes in eine laufende Maschine)“ inhaltlich der Schilderung des Klägers zum Unfallhergang entsprechen soll. Schließlich ist nicht nachvollziehbar, warum der vom Kläger beschriebene, sowohl von ihm selbst als auch von seinem Trainingspartner gewollte (vgl. die o.g. Unfallbeschreibung), daher aktive Geschehensablauf „Hochziehen aus der Horizontalen“ mit der im Buch beschriebenen passiven Traktion des Armes gleichzusetzen ist.
3. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils hat der Kläger auch nicht mit seinen Ausführungen zur Beweislastverteilung dargelegt.
Nach ständiger Rechtsprechung gelten im Dienstunfallrecht die allgemeinen Beweisgrundsätze (vgl. u. a. BVerwG, U. v. 30.6.1988 – 2 C 77.86 – DÖD 1988, 295 m. w. N.; B. v. 11.3.1997 – 2 B 127.96 – juris Rn. 5, jeweils m. w. N.; BayVGH, U. v. 21.3.2014 – 14 ZB 12.1024 – juris Rn. 11 m. w. N.). Grundsätzlich trägt danach der Beamte die materielle Beweislast für den Nachweis, dass ein eingetretener Körperschaden mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auf dem Dienstunfall beruht (st. Rspr., u. a. BVerwG, U. v. 22.10.1981 – 2 C 17.81 – NJW 1982, 1893 m. w. N.). Kann der Beamte nicht den vollen Beweis dafür erbringen‚ dass der Dienstunfall – gegebenenfalls neben einer festgestellten Vorschädigung – zumindest als annähernd gleichwertige Mitbedingung für den Gesundheitsschaden und nicht als bloße Gelegenheitsursache anzusehen ist‚ geht das zu seinen Lasten.
Entgegen der Ansicht des Klägers hat die Annahme des Verwaltungsgerichts, der maßgebliche Geschehensablauf „Hochziehen aus der Rückenlage“ sei als Unfall zu bewerten, die Beweislastverteilung zwischen den Beteiligten nicht zugunsten des Klägers verändert. Wie bereits ausgeführt, ist von einem Dienstunfall im Sinne des § 31 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG nur auszugehen, wenn das Unfallereignis bei dem Beamten einen Körperschaden verursacht hat (haftungsausfüllende Kausalität). Auch für den haftungsausfüllenden Ursachenzusammenhang muss der Beamte nach den oben dargelegten Beweisregeln den vollen Beweis erbringen. Zwar gilt bei typischen Geschehensabläufen grundsätzlich auch im Dienstunfallrecht der Anscheinsbeweis. Danach besteht auf erste Sicht ein ursächlicher Zusammenhang zwischen einem bestimmten Ereignis und einem Schaden, wie es bei typischen, in ähnlicher Weise immer wieder vorkommenden Geschehensabläufen nach allgemeiner Erfahrung des täglichen Lebens der Fall ist; sind keine Tatsachen erwiesen, welche die Möglichkeit eines von dem typischen Geschehensablauf abweichenden Geschehens dartun, so bedarf es für den Ursachenzusammenhang keines weiteren Nachweises (st. Rspr. vgl. BVerwG, U. v. 23.5.1962 – VI C 39.60 – BVerwGE 14, 181 m. w. N.; BayVGH, B. v. 4.12.2014 – 14 ZB 12.2449 – juris Rn. 5). Die nachvollziehbare und vom Kläger nicht erschütterte Bewertung des Gutachters, der maßgebliche Geschehensablauf könne die SLAP-Läsion nicht verursacht haben, lässt die Möglichkeit des Anscheinsbeweises entfallen. Damit hatte der Kläger den vollen Beweis für den Ursachenzusammenhang zwischen Geschehensablauf und SLAP-Läsion zu erbringen. Dies ist ihm nach Einschätzung des Verwaltungsgerichts nicht gelungen. Damit war es nicht an der Beklagten, im Sinne eines Gegenbeweises das Vorliegen einer degenerativen Vorschädigung aufzuzeigen.
II.
Besondere tatsächliche Schwierigkeiten im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO liegen ebenfalls nicht vor.
Besondere tatsächliche Schwierigkeiten einer Rechtssache entstehen durch einen besonders unübersichtlich und/oder einen schwierig zu ermittelnden Sachverhalt (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, § 124 Rn. 33). Derartige Schwierigkeiten hat der Kläger nicht dargelegt und sie sind auch nicht zu erkennen.
Soweit der Kläger rügt, der Gutachter habe kein wissenschaftlich begründetes Zusammenhangsgutachten erstellt, wendet er sich gegen die dem materiellen Recht zuzuordnende Sachverhalts- und Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts, zu der auch die Frage gehört, ob das Verwaltungsgericht auf hinreichend breiter Tatsachengrundlage entschieden hat (vgl. BVerwG, B. v. 10.10.2013 – 10 B 19.13 – Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 3 VwGO Nr. 67 m. w. N.). Mit seinen diesbezüglichen Ausführungen will er in der Sache ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils und damit den Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO aufzeigen. Soweit er meint, es habe zwingend eines Zusammenhangsgutachtens bedurft, hat er nicht schlüssig dargelegt, welche zusätzlichen Erkenntnisse das Verwaltungsgericht vorliegend durch ein solches Gutachten hätte gewinnen können. Einer – wie in der von ihm zitierten Textpassage angesprochenen – möglichst exakten Krankheitsbezeichnung und/oder der Diskussion möglicher Differentialdiagnosen bedarf es schon deshalb nicht, da die Diagnose „SLAP-Läsion“ feststeht und vom Kläger in Antragsbegründung ausdrücklich unstreitig gestellt wurde. Den vom Gutachter schlüssig und nachvollziehbar dargestellten fehlenden Zusammenhang von Geschehensablauf und Verletzung kann der Kläger auch hiermit nicht erschüttern.
Dahinstehen kann, ob der Kläger besondere tatsächliche Schwierigkeiten oder ebenfalls den Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO darlegen wollte, wenn er rügt, es sei erst in der mündlichen Verhandlung herausgearbeitet worden, dass der Gutachter allein aufgrund des geschilderten Unfallhergangs deduktiv geschlossen habe, die Sehne sei degenerativ vorgeschädigt gewesen, und es hätte einer Auseinandersetzung mit den verschiedenen Verursachungsanteilen und dem Stand der Wissenschaft erfolgen müssen. Jedenfalls vermag der Senat weder derartige Schwierigkeiten noch ernstliche Zweifel aus den unter I.1. und 2. genannten Gründen zu erkennen.
Soweit er unter Verweis auf § 411 Abs. 2 ZPO (gemeint sein dürfte wohl § 411 Abs. 3 oder 4 ZPO) der Ansicht ist, es sei nicht Aufgabe eines Prozessbevollmächtigten, durch eigene Befragung dem Gutachter zu ermöglichen, ein schlüssiges und nachvollziehbares Gutachten zu erstellen, hat er besondere tatsächliche Schwierigkeiten im oben aufgeführten Sinn ebenfalls nicht dargelegt. Seine Rüge bezieht sich inhaltlich auf Fragen der materiellen Beweislastverteilung. Wie unter I.3. ausgeführt, hat der Kläger den Beweis für die haftungsausfüllende Kausalität zu erbringen. Zudem übersieht der Kläger, dass sich § 411 ZPO auf gerichtlich angeordnete Sachverständigengutachten bezieht (vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 74. Aufl. 2016, § 411 Rn. 1). Ein derartiges Gutachten steht vorliegend jedoch nicht inmitten.
III.
Der geltend gemachte Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO liegt ebenfalls nicht vor. Es ist nicht ersichtlich, dass das Verwaltungsgericht der ihm nach § 86 Abs. 1 VwGO obliegenden Aufklärungspflicht nicht ausreichend nachgekommen ist.
Die Aufklärungsrüge erfordert die substantiierte Darlegung, welche Tatsachen auf der Grundlage der materiell-rechtlichen Auffassung der Vorinstanz aufklärungsbedürftig waren, welche Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht kamen, welche tatsächlichen Feststellungen dabei voraussichtlich getroffen worden wären und inwiefern diese Feststellungen nach der maßgeblichen Rechtsauffassung der Vorinstanz zu einer für den Kläger günstigeren Entscheidung hätten führen können. Weiterhin muss grundsätzlich dargelegt werden, dass bereits im Verfahren vor dem Tatsachengericht auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterlassen nunmehr gerügt wird, hingewirkt worden ist. Hierfür ist ein Beweisantrag erforderlich, der grundsätzlich förmlich spätestens in der mündlichen Verhandlung zu stellen ist (BVerwG, B. v. 25.6.2012 – 7 BN 6.11 – juris Rn. 7) oder – sofern auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet wird – schriftlich zu stellen ist. Wer die Rüge der Verletzung der Aufklärungspflicht erhebt, obwohl er – durch eine nach § 67 Abs. 1 VwGO postulationsfähige Person vertreten – in der Vorinstanz keinen förmlichen Beweisantrag gestellt hat, muss, um den gerügten Verfahrensmangel prozessordnungsgemäß zu bezeichnen, insbesondere substantiiert darlegen, warum sich dem Tatsachengericht aus seiner für den Umfang der verfahrensrechtlichen Sachaufklärung maßgeblichen materiell-rechtlichen Sicht die Notwendigkeit einer weiteren Sachaufklärung in der aufgezeigten Richtung hätte aufdrängen müssen (BVerwG, B. v. 5.3.2010 – 5 B 7.10 – juris Rn. 9 m.w.N; BayVGH, B. v. 22.3.2010 – 14 ZB 08.1083 – juris Rn. 7).
Entgegen seinen Ausführungen in der Antragsbegründung hat der bereits vor dem Verwaltungsgericht anwaltlich vertretene Kläger ausweislich der Niederschrift in der mündlichen Verhandlung keinen förmlichen Beweisantrag gestellt, sondern lediglich hilfsweise die Einholung eines wissenschaftlich begründeten Zusammenhangsgutachtens beantragt. Mit einem nur hilfsweise gestellten Beweisantrag wird jedoch nur die weitere Erforschung des Sachverhalts nach § 86 Abs. 1 VwGO angeregt (BVerwG, B. v. 17.11.2015 – 5 B 17.15 – juris Rn. 15 m. w. N.). Die Aufklärungsrüge ist daher nur dann begründet, wenn sich dem Gericht auf der Grundlage der seiner Entscheidung zugrunde liegenden Rechtsauffassung, und zwar selbst dann, wenn diese der rechtlichen Überprüfung nicht standhält, eine weitere Beweisaufnahme hätte aufdrängen müssen (st. Rspr., vgl. BVerwG, U. v. 22.10.2015 – 7 C 15.13 – juris Rn. 35 m. w. N.; B. v. 28.7.2014 – 1 B 6.14 – juris Rn. 3 m. w. N.).
Nachdem vorliegend ein Gutachten vorlag, das das Verwaltungsgericht als sachverständige Äußerung heranziehen konnte, läge ein Verfahrensmangel nur dann vor, wenn sich die Einholung eines weiteren Gutachtens wegen fehlender Eignung des vorliegenden Gutachtens hätte aufdrängen müssen. Gutachten und fachtechnische Stellungnahmen sind dann ungeeignet, wenn sie grobe, offen erkennbare Mängel oder unlösbare Widersprüche aufweisen, wenn sie von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgehen, wenn Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder der Unparteilichkeit des Gutachters besteht, ein anderer Sachverständiger über neuere oder über überlegenere Forschungsmittel oder größere Erfahrung verfügt oder wenn das Beweisergebnis durch substantiierten Vortrag eines der Beteiligten oder durch eigene Überlegungen des Gerichts ernsthaft erschüttert wird (st. Rspr., vgl. z. B. BVerwG, B. v. 3.2.2010 – 7 B 35.09 – juris Rn. 12 m. w. N.). Derartiges zeigt der Kläger aus den unter I. und II. genannten Gründen nicht auf. Auch aus dem klägerischen Einwand, die Einordnung der Geschehensabläufe sei nicht mit der herrschenden und dem aktuellen Stand der Unfallbegutachtung in Einklang zu bringen, und seiner Rüge, der Gutachter habe nicht durch entsprechende Zitate deutlich gemacht, woraus und weshalb er seine Einordnung zum „angeschuldigten Ereignis“ ableite, ergab sich keine Pflicht des Verwaltungsgerichts, ein solches Gutachten einholen zu müssen.
Soweit er meint, es sei Aufgabe des Verwaltungsgerichts, den Sachverhalt aufzuklären, da er selbst kein „eigenes Gutachten nach § 109 SGG“ hätte beantragen können, übersieht er, dass er auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren gemäß § 86 Abs. 2 VwGO die Möglichkeit gehabt hätte, in der mündlichen Verhandlung einen unbedingten förmlichen Beweisantrag zu stellen, über den das Verwaltungsgericht vorab durch einen Beschluss, der zu begründen ist, hätte entscheiden müssen. Hiermit hätte der Kläger die Möglichkeit gehabt, auf Inhalt und Richtung der gerichtlichen Aufklärungstätigkeit Einfluss zu nehmen. Denn die Befugnis zur förmlichen Beweisantragstellung ergänzt die Amtsermittlungspflicht. Sie gibt dem Kläger die Möglichkeit, das Gericht durch einen entsprechenden Antrag nachhaltig auf einen entscheidungserheblichen Gesichtspunkt hinzuweisen (vgl. Geiger in Eyermann, VwGO, § 86 Rn. 24).
Kosten: § 154 Abs. 2 VwGO.
Streitwertfestsetzung: §§ 47, 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Nr. 10.8 der Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ-Beilage 2013, 57).


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