Verwaltungsrecht

Bewilligungsvoraussetzungen für Eigenheimzulage, Zeitpunkt des Wohnungsbezugs, Erweiterte Meldebescheinigung, Verwaltungspraxis der Zulagengewährung

Aktenzeichen  12 ZB 21.430

Datum:
19.5.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 12512
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayHO Art. 23, 44

 

Leitsatz

Verfahrensgang

W 8 K 20.862 2020-12-14 Urt VGWUERZBURG VG Würzburg

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 10.000,- € festgesetzt.

Gründe

Die Klägerin verfolgt mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung die Gewährung der Eigenheimzulage in Höhe von 10.000,- € für den Erwerb einer Eigentumswohnung in der N.-Straße 6 in W. weiter.
I.
1. Mit bei der Bayerischen Landesbodenkreditanstalt (BayernLabo) am 23. Januar 2020 eingegangenem Onlineantrag beantragte die Klägerin die Gewährung der (bayerischen) Eigenheimzulage nach Maßgabe der Bayerischen Eigenheimzulagen-Richtlinie – EHZR) für den Zweiterwerb einer Eigentumswohnung in der N.-Straße 6 in W.. Dabei gab die Klägerin als Einzugsdatum in die Wohnung den 1. August 2019 an. Aus der mit dem Antrag vorgelegten erweiterten Meldebestätigung der Gemeinde W. ergab sich aufgrund „persönlicher Meldung“ vom 15. April 2019 als Einzugsdatum in die Wohnung in W. allerdings der 12. April 2019. Weiter hatte sich die Klägerin ausweislich der Meldebescheinigung aus ihrer früheren Hauptwohnung in Neu-Ulm sowie der Nebenwohnung unter der Anschrift ihrer Eltern in O. zum 12. April 2019 (Auszug) ebenfalls abgemeldet. Dem Antrag auf Eigenheimzulage war ferner eine Erklärung sowohl der Eltern der Klägerin wie auch der Klägerin und ihres Ehemannes vom 20. Januar 2020 beigefügt, wonach letztere „während der Umbauarbeiten und bis zu deren Fertigstellung an ihrer Eigentumswohnung in der N.-Straße 6 in W. vom 01.04.2019 bis 01.08.2019“ im Haus der Eltern in O. gelebt hätten. Durch die Beschäftigung der Klägerin im Schichtdienst als Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerin habe der Umbau der Wohnung in Eigenregie auf deren freie Tage begrenzt werden müssen und habe sich über insgesamt vier Monate erstreckt. Während dieser Zeit sei die Wohnung wegen Baustaubs, fehlenden Heizkörpern und Sanitäranlagen nicht bewohnbar gewesen. Die Klägerin und ihr Mann hätten sich „bereits zum Erwerbsdatum unserer Wohnung bei der Gemeinde W. wohnhaft gemeldet“, um „eine weitere Ummeldung und damit verbundenen großen Aufwand zwecks Adressänderung bei Banken, Versicherungen, Vertragspartnern, etc.“ zu vermeiden.
2. Mit Bescheid vom 7. Mai 2020, der Klägerin wegen vorgeblich unterbliebener Postzustellung erneut mit Schreiben vom 5. Juni 2020 übermittelt, lehnte die BayernLabo den Antrag vom 23. Januar 2020 ab. Nach Ziffer 9.2 der Richtlinie für die Gewährung eines Zuschusses zum Bau und Erwerb von Wohnraum zu eigenen Wohnzwecken (Bayerische Eigenheimzulagen-Richtlinie – EZHR) sei die Antragstellung ab Bezug des Wohnraums und bis spätestens sechs Monate nach diesem Zeitpunkt zulässig. Als Nachweis hierfür sei eine erweiterte Meldebescheinigung vorzulegen. Aus der von der Klägerin vorgelegten erweiterten Meldebescheinigung gehe hervor, dass sie das Objekt bereits vor mehr als sechs Monaten bezogen habe. Von daher scheide die Zulagengewährung aus.
3. Die hiergegen mit Schriftsatz vom 1. Juli 2020 erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht Würzburg mit Urteil vom 14. Dezember 2020 ab.
Bei der Eigenheimzulage handele es sich um eine freiwillige staatliche Leistung. Deren Zuwendung erfolge nicht nach einer spezifischen Rechtsnorm, sondern auf der Grundlage einer Förderrichtlinie nach billigem Ermessen der zuständigen Behörde im Rahmen der dafür im Haushaltsplan zur Verfügung gestellten Haushaltsmittel (Art. 23, 44 BayHO). Ein Rechtsanspruch auf Leistung der Eigenheimzulage bestehe daher nur nach Maßgabe des Gleichbehandlungsgrundsatzes des Art. 3 Abs. 1 GG auf der Grundlage einer ständigen Verwaltungspraxis nach den Vorgaben der Förderrichtlinie (Selbstbindung der Verwaltung). Demzufolge komme es für die gerichtliche Überprüfung einer Förderentscheidung allein darauf an, wie die Behörde des zuständigen Rechtsträgers die Förderrichtlinie im maßgeblichen Zeitpunkt in ständiger Praxis gehandhabt habe und in welchem Umfang sie demzufolge durch den Gleichheitssatz gebunden sei. Ein Förderanspruch bestehe im Einzelfall über den Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung und den Gleichheitssatz nur dann, wenn die in der Förderrichtlinie aufgeführten Fördervoraussetzungen vorliegen und vergleichbare Anträge in ständiger Förderpraxis ebenfalls positiv verbeschieden wurden. Gleichwohl müsse die ständige Verwaltungspraxis auch Spielraum für die Berücksichtigung der Besonderheiten atypischer Fälle lassen. Ein atypischer Einzelfall sei dann gegeben, wenn der konkrete Sachverhalt außergewöhnliche Umstände aufweise, deren Besonderheiten von der ermessenslenkenden Vorschrift nicht hinreichend erfasst sind und ein solches Gewicht besitzen, dass sie eine von der im Regelfall vorgesehenen Rechtsfolge abweichende Behandlung gebieten.
Ausgehend von diesem Maßstab sei die Ablehnung des Förderantrags der Klägerin mit Bescheid vom 7. Mai 2020 nicht zu beanstanden. So entspreche es der Förderpraxis des Beklagten, für den Nachweis des Bezugs von Wohnraum und damit den Beginn der Antragsfrist nach Ziffer 9.2 in Verbindung mit Ziffer 2 der Eigenheimzulagenrichtlinie durchweg und ausnahmslos auf die im Rahmen der Beantragung geforderte erweiterte Meldebescheinigung abzustellen. Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte in vergleichbaren Zuwendungsfällen anders verfahren wäre, seien weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. So habe die Klägerin keine konkreten Förderfälle benannt, in denen für den Zeitpunkt des Wohnungsbezugs nicht auf die erweiterte Meldebescheinigung abgestellt worden sei. Vielmehr knüpfe der Beklagte in weiteren gerichtsbekannten Fällen stets an die erweiterte Meldebescheinigung an. Auch der interne Email-Verkehr im Fall der Klägerin mache deutlich, dass das Abstellen auf die Meldebescheinigung der geübten Praxis entsprochen habe. Schließlich ergebe sich auch aus den Hinweisen zur Antragstellung auf der Homepage der BayernLabo ausdrücklich, dass das Einzugsdatum über die erweiterte Meldebescheinigung kontrolliert werde.
Die Förderpraxis des Beklagten, hinsichtlich des Wohnungsbezugs auf die Daten der erweiterten Meldebescheinigung abzustellen, erweise sich auch nicht ihrerseits als willkürlich. Denn zum einen beruhten die Meldedaten auf den eigenen Angaben des Betroffenen. Dieser sei gegenüber der Meldebehörde zu wahrheitsgemäßen Angaben verpflichtet. Zum anderen sei es in Massenverfahren wie dem vorliegenden mit über 10.000 Anträgen auch sachlich vertretbar, auf die Meldebescheinigung abzustellen, auch wenn diese mit den tatsächlichen Einzugsdaten nicht übereinstimmen sollte. Es stehe dem Richtliniengeber frei, sich für eine bestimmte Verwaltungspraxis zu entscheiden und diese dergestalt zu handhaben, ausnahmslos auf die erweiterte Meldebescheinigung abzustellen. Die Willkürgrenze werde selbst dann nicht überschritten, wenn es für eine alternative Förderpraxis gute Gründe gäbe. Eine Verletzung des Willkürverbots läge nur dann vor, wenn die maßgeblichen Kriterien sich unter keinem denkbaren Aspekt als rechtlich vertretbar erwiesen und sich daher der Schluss aufdrängen würde, dass sie auf sachfremden Erwägungen beruhten. Hierfür bestünden bei der Handhabung der Eigenheimzulagenrichtlinie keine Anhaltspunkte. Denn die Heranziehung der erweiterten Meldebescheinigung würde nicht nur der Vereinfachung und Vereinheitlichung des Förderverfahrens dienen, sondern auch eine gleichmäßige Handhabung der Förderpraxis gewährleisten.
Weiter liege in der vorliegenden Konstellation auch kein atypischer Ausnahmefall vor, der eine abweichende Entscheidung des Beklagten geboten hätte. Zwar wäre es auch möglich gewesen, die Förderpraxis so auszugestalten, dass nur im Regelfall auf die Meldebescheinigung, bei einem anderweitigen Nachweis eines davon abweichenden Einzugsdatums jedoch auf diesen abgestellt würde. Von Rechts wegen sei dies jedoch nicht zwingend geboten. Insbesondere habe die Unrichtigkeit der Meldebescheinigung auf den persönlichen Angaben der Klägerin beruht; sie stammten mithin aus ihrer Sphäre.
4. Hiergegen richtet sich der Antrag auf Zulassung der Berufung, mit dem die Klägerin ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sowie die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO geltend machen lässt. Demgegenüber verteidigt die Landesanwaltschaft Bayern für den Beklagten das angefochtene Urteil.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die dem Senat vorliegenden Gerichts- und Behördenakten verwiesen.
II.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg, da die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht vorliegen oder nicht den Erfordernissen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO entsprechend dargelegt sind.
1. Ernstliche Richtigkeitszweifel an der Entscheidung des Verwaltungsgerichts Würzburg, die nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO die Zulassung der Berufung gebieten würden, liegen unter Berücksichtigung der Darlegungen der Klägerin nicht vor.
1.1 Soweit die Klägerin Richtigkeitszweifel darin erblickt, dass das Verwaltungsgericht bei seiner Annahme, der Beklagte habe nicht gleichheitswidrig gehandelt, auf zwei gerichtsbekannte Verfahren abgestellt habe, in denen der Nachweis des Wohnraumbezugs ausschließlich nach der Meldebescheinigung erfolgt sei, und somit von einem unzutreffenden Vergleichsmaßstab ausgegangen sei, kann sie damit nicht durchdringen. Die Forderung der Klägerin, die Verwaltungspraxis des Beklagten stattdessen anhand aller 10.000 Anträge auf Eigenheimzulage zu prüfen, erweist sich bereits von ihrem Ausgangspunkt als verfehlt. Denn das Verwaltungsgericht hat die Verwaltungspraxis des Beklagten bei der Bewilligung der Eigenheimzulage nicht allein anhand zweier bei Gericht anhängiger Parallelverfahren beurteilt, sondern neben den Angaben der Beklagten selbst auf weitere Anhaltspunkte gestützt – insbesondere die Erläuterungen zum Antragsverfahren auf der Homepage der BayernLabo sowie den internen Email-Verkehr im Fall der Klägerin. Demzufolge obliegt der Nachweis einer der Klägerin günstigen, vom Vortrag des Beklagten abweichenden Verwaltungspraxis der Klägerin. Sie hat indes weder im erstinstanzlichen Verfahren noch im Rahmen des Berufungszulassungsverfahrens Fälle benennen können, in denen der Beklagte den Wohnraumbezug abweichend von der erweiterten Meldebescheinigung bestimmt hat.
1.2 Entgegen der Auffassung der Klägerin liegt in der Verwaltungspraxis der Klägerin und in ihrer Anwendung im konkreten Fall auch kein Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Insoweit setzt sich die Klägerin mit der Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass es im Bereich der Subventionsverwaltung dem Richtliniengeber freistehe, sich für eine bestimmte Verwaltungspraxis zu entscheiden und nach dieser Verwaltungspraxis zu handeln, und dass die Willkürgrenze selbst dann nicht überschritten werde, wenn es für eine alternative Förderpraxis gute Gründe gäbe, nicht auseinander. Sie zeigt insbesondere nicht auf, dass im vorliegenden Fall eine Verletzung des Willkürverbots vorliegt, indem die maßgeblichen Kriterien der Zulagengewähr unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar wären und sich daher der Schluss aufdrängen würde, dass sie auf sachfremden Erwägungen beruhen. Vielmehr erweist sich das Abstellen auf die erweiterte Meldebescheinigung für die Bestimmung des Zeitpunktes des Wohnungsbezugs als sachgerecht und einfacher zu handhaben, als die Ermittlung des Zeitpunktes anhand anderer Beweismittel, zumal die Meldebescheinigung auf den eigenen Angaben des Betroffenen beruht. Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz ist in dieser Verwaltungspraxis des Beklagten jedenfalls nicht zu sehen.
2. Der Rechtssache kommt auch nicht die von der Klägerin behauptete grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zu.
Die für rechtsgrundsätzlich erachtete Frage, „ob die Verwaltungsbehörde bei der Ausgestaltung des Förderverfahrens frei darin ist, den Nachweis förderrelevanter Tatsachen ausschließlich von der Beibringung bestimmter, vorab definierter Unterlagen abhängig zu machen, oder ob es nicht vor dem Hintergrund des Gleichheitssatzes, des Willkürverbotes und des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes geboten ist, dem Bürger den Nachweis einzelner förderungsrelevanter Tatsachen durch alternative Beweismittel zu ermöglichen“, lässt sich – wie unter 1. dargestellt – im Sinne der Zulässigkeit der Behördenpraxis der Beklagten beantworten.
Ungeachtet dessen scheidet die Berufungszulassung nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO im vorliegenden Fall bereits deshalb aus, weil das bayerische Eigenheimzulagenprogramm zum 31. Dezember 2020 ausgelaufen ist und die Klägerin vor diesem Hintergrund nicht dargelegt hat, worin die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der formulierten Rechtsfrage aktuell (noch) liegen soll.
3. Nur ergänzend weist der Senat darauf hin, dass sich der dem Beklagten vorgelegten Meldebescheinigung vom 12. April 2019 nicht nur der Bezug der neuen Wohnung in W. entnehmen lässt, sondern dass die Klägerin den unter der Adresse ihrer Eltern bestehenden Nebenwohnsitz bei der Meldebehörde zum gleichen Zeitpunkt ausdrücklich abgemeldet hat. Dies wiederum steht im Widerspruch zum hier streitgegenständlichen Vortrag, die Klägerin habe mit ihrem Ehemann im Zeitraum zwischen dem 1. April 2019 und dem 1. August 2019 infolge der Renovierungsarbeiten an der erworbenen Eigentumswohnung bei ihren Eltern gewohnt. Angesichts dessen bestehen am behaupteten Einzugsdatum 1. August 2019 Zweifel, auf die es jedoch vorliegend nicht entscheidungserheblich ankam.
4. Die Klägerin trägt nach § 154 Abs. 2 VwGO die Kosten des Zulassungsverfahrens. Der Streitwert bestimmt sich für das Zulassungsverfahren nach § 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG. Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das verwaltungsgerichtliche Urteil nach § 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO rechtskräftig. Dieser Beschluss ist nach § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.


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