Verwaltungsrecht

Bildung von Beförderungskreisen in der Steuerverwaltung

Aktenzeichen  3 CE 19.1578

Datum:
7.11.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 30478
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GG Art. 33 Abs. 2
VwGO § 146

 

Leitsatz

1. Die Stellenzuweisung zu einem bestimmten Beförderungskreis (hier: Allgemeine Verwaltung) ist eine zulässige Maßnahme der Stellenbewirtschaftung, auch wenn sie zwangsläufig mit einem gewissen Ausschluss von potentiellen Bewerbern einhergeht, vorausgesetzt, sie erfolgt nach sachgerechten Kriterien und führt nicht zu einem willkürlichen Ausschluss Einzelner. (Rn. 4 – 5) (redaktioneller Leitsatz)
2. Von der der eigentlichen Auswahlentscheidung vorgelagerten Stellenzuweisung zu unterscheiden ist die Einschränkung des Bewerberfelds durch die Bestimmung eines Anforderungsprofils für einen konkreten Dienstposten, zB Eingrenzung des Bewerberkreises auf Angehörige des Jugendamts (ebenso OVG NRW BeckRS 2001, 20476). (Rn. 6) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

RO 1 E 19.918 2019-07-22 Bes VGREGENSBURG VG Regensburg

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Unter Abänderung von Ziffer III. des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 22. Juli 2019 wird der Streitwert für beide Rechtszüge auf jeweils 13.710,76 Euro festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung zu Recht abgelehnt. Die im Beschwerdeverfahren vorgetragenen Gründe, auf die sich die Prüfung des Senats beschränkt (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigen keine Abänderung des angefochtenen Beschlusses.
1. Das Verwaltungsgericht hat die Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs mit der Begründung verneint, die Bewerbung der – derzeit im Dienstzweig „Betriebsprüfung“ (BesGr. A 11) beschäftigten – Antragstellerin sei auf eine der im Dienstzweig „Allgemeine Verwaltung“ ausgeschriebenen Planstellen der Besoldungsgruppe A 12 zu Recht nicht in die Auswahlentscheidung miteinbezogen worden. Denn in der Steuerverwaltung bestehe ab der Besoldungsgruppe A 11 eine personalwirtschaftliche Trennung zwischen den einzelnen Dienstzweigen, die jeweils mit eigenen Stellenkontingenten ausgestattet seien. Diese Trennung stehe als vorgelagerte Organisationsentscheidung im Ermessen des Dienstherrn und sei willkürfrei, weil auf verschiedenen sachlich vertretbaren Gründen beruhend. Die Antragstellerin falle nicht unter den zulässigerweise beschränkten Bewerberkreis der hier maßgeblichen Ausschreibung.
Mit der Beschwerde wird insbesondere geltend gemacht, die Trennung nach Dienstzweigen stelle keine reine Maßnahme der Stellenbewirtschaftung dar, sondern schließe unter Missachtung des Leistungsgrundsatzes weitere potentielle Bewerber aus. Art. 33 Abs. 2 GG beziehe sich zwar grundsätzlich nicht auf die der eigentlichen Auswahlentscheidung vorgelagerten personalwirtschaftlichen Organisationsentscheidungen, allerdings sei die hier vorgenommene Trennung ihrem Charakter nach bereits eine „vorgelagerte Auswahlentscheidung“ und keine Maßnahme der reinen Stellenbewirtschaftung mehr. In diesem Zusammenhang werde auf zwei gerichtliche Entscheidungen verwiesen, die in der Eingrenzung des zugelassenen Bewerberkreises eine unverhältnismäßige Beschneidung des Rechts auf gleichen Zugang zu öffentlichen Ämtern sähen. Zwar entscheide der Dienstherr im Rahmen seiner Organisationsgewalt auch über den Stellenzuschnitt im Einzelnen, könne aber erwarten, dass sich der Beamte ungeachtet des jeweiligen Dienstzweigs in die Aufgaben desjenigen Dienstpostens einarbeiten werde, der dem nächsthöheren Statusamt zuzuordnen sei. Im Hinblick auf die bessere dienstliche Beurteilung der Antragstellerin müsse die an Art. 33 Abs. 2 GG zu messende Auswahlentscheidung zu ihren Gunsten ausfallen.
2. Mit diesem Beschwerdevorbringen zeigt die Antragstellerin nicht auf, dass eine Abänderung der angefochtenen erstinstanzlichen Entscheidung geboten wäre. Sie stimmt zwar dem rechtlichen Ausgangspunkt zu, nach welchem die der eigentlichen Auswahlentscheidung vorgelagerte personalwirtschaftliche Organisationsentscheidung – damit auch die Frage, welcher Personenkreis für die Stellenbesetzung überhaupt angesprochen werden soll – im Ermessen des Dienstherrn liegt und diese nur im Hinblick auf ihre Willkürfreiheit, also das Beruhen auf einem sachlich vertretbaren Grund, gerichtlich überprüfbar ist. Im nächsten Schritt behauptet sie gleichwohl, die Verteilung von Beförderungsstellen auf sog. „Beförderungskreise“ sei unzulässig, weil damit bereits direkter Einfluss auf die nachfolgende Beförderungsentscheidung ausgeübt werde und potentielle Bewerber ohne Berücksichtigung des Leistungsgrundsatzes ausgeschlossen werden könnten (so VG Darmstadt, B.v. 15.2.2013 – 1 L 1653/12.DA – juris Rn. 51, ausdrückl. gegen NdsOVG, B.v. 17.9.2012 – 5 ME 121/12 – juris Rn. 13, 14, dem zustimmend: VG München, B.v. 21.1.2013 – M 21 E 12.3976 – juris Rn. 24, 25). Die dargestellte Argumentation kann der Beschwerde jedoch nicht zum Erfolg verhelfen, denn die Stellenzuweisung zu einem bestimmten Beförderungskreis (hier: Allgemeine Verwaltung) wird damit nicht zu einer an Eignung und Leistung orientierten Auswahlentscheidung und nimmt diese auch nicht vorweg, sondern bleibt eine (vorgeschaltete) Maßnahme der Stellenbewirtschaftung. Der Senat folgt insoweit der zitierten Rechtsprechung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts. Mit jeder dezentralen Form der Bewirtschaftung von Planstellen geht zwangsläufig ein gewisser Ausschluss von potentiellen Bewerbern einher, der jedoch zulässig ist, solange die Stellenzuweisung sachgerechten Kriterien erfolgt und nicht zu einem willkürlichen Ausschluss Einzelner führt (vgl. NdsOVG, B.v. 17.9.2012 – 5 ME 121/12 – juris Rn. 15).
Dadurch, dass der Antragsgegner durch die Beschränkung der Ausschreibung auf bereits im Dienstzweig „Allgemeine Verwaltung“ tätige Beamtinnen und Beamte (vgl. Adressierung der Ausschreibung v. 17.4.2019) in einer bestimmten Weise von seiner Organisationsbefugnis Gebrauch gemacht hat, ist ein bewusst zum Nachteil der Antragstellerin angelegtes Verhalten ausgeschlossen. Hiervon geht im Übrigen auch die Beschwerde aus. Die Bildung von Beförderungskreisen in der Steuerverwaltung des Antragsgegners beruht auch auf sachgerechten Kriterien. Das Verwaltungsgericht hat sich in seinem Beschluss (BA S. 11 letzter Abs. bis S. 13, 1. Abs.) ausführlich mit den entsprechenden Überlegungen beschäftigt und unter Bezugnahme auf eine vorangegangene Entscheidung (VG Regensburg, B.v. 12.12.2016 – RO 1 E 16.1439 – nicht veröffentlicht, BA S. 13 bis 15) zur gleichen Problematik überzeugend dargelegt, warum die nach verschiedenen Dienstzweigen getrennte Stellenbewirtschaftung sinnvoll und am öffentlichen Interesse an der bestmöglichen Aufgabenerfüllung ausgerichtet ist (NdsOVG, B.v. 17.9.2012 – 5 ME 121/12 – juris Rn. 13). Der Senat muss hierauf nicht weiter eingehen, weil die Beschwerde die entsprechenden Ausführungen im angefochtenen Beschluss nicht detailliert angreift.
Schließlich vermag auch die Berufung auf den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen vom 13. April 2000 (12 B 1959/99 – juris) der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen. Er betrifft eine andere Sachverhaltsgestaltung, denn er befasst sich mit der Bestimmung eines Anforderungsprofils für einen konkreten Dienstposten, nicht jedoch mit der Beschränkung des Bewerberkreises auf Beamte eines bestimmten Dienstzweigs in Umsetzung einer vom Organisationsermessen gedeckten Grundsatzentscheidung, worauf auch der angefochtene Beschluss (BA S. 11, 2. Abs.) hinweist. Der zitierte Beschluss befasst sich vielmehr mit der Frage (vgl. Leitsatz nach juris), ob der Bewerberkreis bei der Besetzung eines Dienstpostens (ohne Festlegung eines Anforderungsprofils) vom Dienstherrn zulässigerweise auf Angehörige einer bestimmten funktionalen Untergliederung der Dienststelle (hier: Sozialamt einer Stadt) begrenzt werden und damit der Antragsteller im dortigen Verfahren, ein im Jugendamt tätiger Beamter, von vornherein unberücksichtigt bleiben durfte. In diesem Zusammenhang führt das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen (OVG NW, a.a.O. juris Rn. 12) aus, dass allein der Umstand, ein dem Sozialamt bisher nicht angehörender Bewerber müsse sich „erst in den neuen Tätigkeitsbereich einarbeiten“, nicht die Eingrenzung des Bewerberkreises auf Angehörige des Jugendamts rechtfertigt, weil mit diesem Vorgehen gerade leistungsstarke Bewerber, die sich ohne Schwierigkeiten in kurzer Zeit in neue Aufgabengebiete einarbeiten könnten, ungerechtfertigt benachteiligt würden. Im hier zu entscheidenden Fall liegt dagegen eine der Auswahlentscheidung vorgelagerte und (sachlich begründete) Planstellenbewirtschaftung vor, die nicht am Maßstab einer leistungsbezogenen Auswahlentscheidung zu messen ist, sondern im Hinblick auf das weite personalwirtschaftliche Ermessen des Beklagten lediglich einer Willkürkontrolle unterworfen ist.
3. Entgegen dem Beschwerdevorbringen waren dem Verwaltungsgericht die der Antragstellerin zuerkannten Verwendungseignungen – sowohl für den Dienstzweig der „Allgemeinen Verwaltung“ wie auch den der „Betriebsprüfung“ – bekannt. Zu Recht hat es jedoch festgestellt, dass es auf die Verwendungseignung der Antragstellerin im streitgegenständlichen Auswahlverfahren nicht mehr ankommt (BA S. 14, 2.4), weil sie schon nicht dem mit der Stellenausschreibung in rechtsfehlerfreier Weise angesprochenen Bewerberkreis angehört. Entsprechendes gilt für den Beschwerdevortrag, im Vergleich mit der Beigeladenen sei die Beschwerdeführerin die „leistungsstärkere Beamtin“, weil sie das um einen Punkt bessere Gesamturteil im gleichen Statusamt erreicht habe und bereits 17 Jahre (bis 31.12.2013) in der „betriebsnahen Veranlagung“, also dem ausgeschriebenen Bereich des Dienstzweigs „Allgemeine Verwaltung“, mit überdurchschnittlich guten Beurteilungen tätig gewesen sei.
Schließlich stellt es auch keinen reinen „Formalismus“ dar, die Antragstellerin darauf zu verweisen, zunächst im Amt ihrer bisherigen Besoldungsgruppe A 11 den Dienstzweig zu wechseln, um sich dann anschließend im neuen Dienstzweig „Allgemeine Verwaltung“ für ein Amt der Besoldungsgruppe A 12 zu bewerben. Nur dieses Vorgehen entspräche hier der vom Dienstherrn aus sachlichen Gründen vorgenommenen Planstellenbewirtschaftung, die dadurch gekennzeichnet ist, dass die verschiedenen Dienstzweige – beginnend mit der Besoldungsgruppe A 11 – jeweils mit eigenen Stellenkontingenten ausgestattet sind.
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst, denn sie hat sich mangels Antragstellung keinem Kostenrisiko ausgesetzt (§ 154 Abs. 3, § 162 Abs. 3 VwGO).
Die Streitwertfestsetzung und -änderung beruhen auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 bis 4 und § 63 Abs. 3 GKG. Der Streitwert beträgt demnach ein Viertel der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge des von der Antragstellerin angestrebten Amtes. Der Ansatz des Verwaltungsgerichts ist insoweit abzuändern, als die Steuerprüferzulage (Art. 51 Abs. 1 Nr. 5 BayBesG) außer Betracht bleibt, weil sie keine ruhegehaltsfähige Zulage darstellt (§ 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 GKG, Art. 12 Abs. 1 BayBeamtVG). Hingegen ist die jährliche Sonderzahlung (Art. 82 ff. BayBesG) zu berücksichtigen (vgl. BayVGH, B.v. 3.7.2019 – 3 CE 19.1118 – juris unter Aufgabe der Rechtsprechung des Senats mit B.v. 11.8.2017 – 3 CS 17.512 – juris).
Der unter Heranziehung der Anlage III zum Bayerischen Besoldungsgesetz für das Jahr 2019 (vgl. Schreiben des Bayerischen Landesamtes für Steuern v. 28.5.2019, Bl. 76 d. VG-Akte) zu errechnende Streitwert beträgt demnach – unter Berücksichtigung des Umstands, dass die Antragstellerin in Teilzeit (90%) tätig ist – für beide Rechtszüge jeweils 13.710,76 Euro. Er errechnet sich im Einzelnen wie folgt: 12 × 4.817,13 Euro = 57.805,56 Euro zzgl. 65% aus 4.817,13 Euro, also 3.131,13 Euro, ergibt: 60.936,69 Euro, davon 90% und davon ¼ ergeben: 13.710,76 Euro.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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