Verwaltungsrecht

Bundesbeamtenrecht, Bundespolizei, Anspruch auf Aufnahme in die Beförderungsrangliste (verneint), Begrenzter Praxisaufstieg in den gehobenen Polizeivollzugsdienst, Laufbahnbefähigung mit begrenzter Ämterreichweite, Ausreichende gesetzliche Ermächtigungsgrundlage, Bundespolizei-Laufbahnverordnung

Aktenzeichen  6 ZB 22.184

Datum:
22.3.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 8449
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BBG § 1
BBG § 16 Abs. 1
BPolBG § 2
BPolBG § 3 Abs. 2
BPolLV § 16

 

Leitsatz

Verfahrensgang

B 5 K 20.783 2021-12-13 GeB VGBAYREUTH VG Bayreuth

Tenor

I. Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 13. Dezember 2021 – B 5 K 20.783 – wird abgelehnt.
II. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 30.997,14 € festgesetzt.

Gründe

Der Antrag des Klägers, die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts zuzulassen, bleibt ohne Erfolg. Die innerhalb der Begründungsfrist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO geltend gemachten Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nr. 1, 2 und 3 VwGO, auf deren Prüfung das Gericht beschränkt ist, liegen nicht vor oder wurden nicht den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO entsprechend dargelegt (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO).
Der Kläger, ein Polizeihauptkommissar (Besoldungsgruppe A 11), begehrt die Aufnahme in die aktuelle Beförderungsrangfolgeliste für die Besoldungsgruppe A 12. Auf Anfrage nach seinem derzeitigen Beförderungsrangplatz hatte ihm die Bundespolizeidirektion München mitgeteilt, er sei in der entsprechenden Liste nicht eingereiht, weil er als erfolgreicher Teilnehmer am verkürzten Praxisaufstieg in die Laufbahn des gehobenen Dienstes im Jahr 2003 nach § 30 Abs. 5 bis 12 Bundespolizei-Laufbahnverordnung – BPolLV a.F. (jetzt: § 16 BPolLV) nur die eingeschränkte Laufbahnbefähigung besitze und mit dem Statusamt des Polizeihauptkommissars bereits das Endamt (Amt der Besoldungsgruppe A 11) erreicht habe.
Die nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht mit Gerichtsbescheid vom 13. Dezember 2021 mit der Begründung abgewiesen, der begehrten Aufnahme in die Beförderungsrangliste stünden laufbahnrechtliche Hindernisse entgegen, da dem Kläger die Befähigung für die Laufbahn des gehobenen Polizeivollzugsdienstes in der Bundespolizei lediglich mit begrenzter Ämterreichweite zuerkannt worden sei und ihm bereits das für ihn höchstens erreichbare Statusamt der Besoldungsgruppe A 11 verliehen worden sei. Die Begrenzung der Ämterreichweite sei mit dem Laufbahnprinzip vereinbar.
Die vom Kläger gegen diese Entscheidung vorgebrachten Einwände rechtfertigen nicht die Zulassung der Berufung nach § 124 Abs. 2 VwGO.
1. Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Gerichtsbescheids (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
Dieser Zulassungsgrund läge vor, wenn vom Rechtsmittelführer ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt würden (vgl. zu diesem Maßstab BVerfG, B.v. 10.9.2009 – 1 BvR 814/09 – NJW 2009, 3642 m.w.N.). Die Richtigkeitszweifel müssen sich auf das Ergebnis der Entscheidung beziehen; es muss also mit hinreichender Wahrscheinlichkeit anzunehmen sein, dass die Berufung zu einer Änderung der angefochtenen Entscheidung führen wird (vgl. BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – NVwZ-RR 2004, 542 f.; BayVGH, B.v. 15.2.2018 – 6 ZB 17.2521 – juris Rn. 4). Das ist nicht der Fall.
Das Verwaltungsgericht hat zutreffend entschieden, dass der Kläger keinen Anspruch auf Einreihung in die Beförderungsrangliste hat, weil er als Absolvent des begrenzten Praxisaufstiegs in den gehobenen Polizeivollzugsdienst nach der Bundespolizei-Laufbahnverordnung in der bis 30. Juni 2005 geltenden Fassung höchstens ein Amt der Besoldungsgruppe A 11 BBesO erreichen kann.
Im Hinblick darauf, dass Dauer und Umfang der Ausbildung im Rahmen des verkürzten Aufstiegs nach § 30 Abs. 5 bis 12 BPolLV a.F. (nunmehr § 16 BPolLV) im Vergleich zum Regelaufstieg (mit voller Ämterreichweite) nach § 30 Abs. 1 bis 4 BPolLV a.F. (§ 15 BPolLV) deutlich eingeschränkt sind und auch die Prüfung deutlich erleichtert ist, wird hiermit lediglich eine Laufbahnbefähigung mit begrenzter Ämterreichweite erworben. Dies rechtfertigt sich vor allem daraus, dass u.a. Lehr- und Praxisinhalte zur Führung von Mitarbeitern beim verkürzten Aufstieg fehlen, so dass die nur sechs Monate dauernde Ausbildung lediglich die Befähigung zur Wahrnehmung von Aufgaben des gehobenen Polizeivollzugsdienstes ohne Führungspositionen bis zur Besoldungsgruppe A 11 vermittelt. Einem Beamten, der prüfungserleichtert nach verkürzter Ausbildung in den gehobenen Polizeivollzugsdienst aufgestiegen ist, fehlt damit für eine (weitere) Beförderung in das Amt eines Polizeihauptkommissars der Besoldungsgruppe A 12 die laufbahnrechtliche Voraussetzung der Beförderungsreife (vgl. BVerwG, U.v. 13.12.2018 – 2 C 52.17 – juris Rn. 13 zu § 145 SächsBG).
Die in § 16 BPolLV bzw. in der inhaltsgleichen Vorgängervorschrift des § 30 Abs. 5 Satz 2 BPolLV a.F. geregelte Begrenzung der Ämterreichweite ist wirksam. Insbesondere beruhen diese Verordnungsbestimmungen entgegen der Auffassung des Klägers mit § 3 Abs. 2 BPolBG auf einer hinreichenden gesetzlichen Grundlage.
Der Kläger macht hierzu geltend, dass auch für Bundespolizeivollzugsbeamte § 16 Abs. 1 BBG gelte, wonach eine Laufbahn alle Ämter umfasse, die verwandte und gleichwertige Vor- und Ausbildungen voraussetzten. Die Möglichkeit einer Abweichung von dieser Vorschrift sehe das Bundespolizeibeamtengesetz (BPolBG) – anders als etwa § 145 Abs. 2 SächsBG – ausdrücklich gerade nicht vor. Damit dringt er nicht durch.
Für die Polizeivollzugsbeamten des Bundes gilt das Bundesbeamtengesetz nur, soweit das Bundespolizeibeamtengesetz nichts anderes bestimmt (vgl. § 1 BBG, § 2 BPolBG). Solche abweichenden Sondervorschriften zu den allgemeinen Regelungen des Abschnitts 3 des Bundesbeamtengesetzes über die Laufbahnen enthält § 3 BPolBG (vgl. Battis, BBG, 5. Aufl. 2017, § 16 Rn. 12; Wehr, Bundespolizeibeamtengesetz, 3. Online-Auflage 2018, § 3 Rn. 1).
Durch § 3 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 BPolBG wird die Bundesregierung ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates die allgemeinen Vorschriften für die Laufbahnen des mittleren, gehobenen und höheren Polizeivollzugsdienstes in der Bundespolizei (wie zur Gestaltung der Laufbahnen, zum Erwerb der Laufbahnbefähigung und zu den Voraussetzungen und dem Verfahren für den Aufstieg) selbständig und damit unabhängig von den Bestimmungen über das Laufbahnrecht der anderen Bundesbeamten im Bundesbeamtengesetz zu erlassen. Diese Ermächtigung räumt der Bundesregierung auch das Recht zu Abweichungen von den im Bundesbeamtengesetz enthaltenen allgemeinen Vorschriften ein, auch ohne dass dies ausdrücklich in § 3 BPolBG erwähnt werden müsste. Andernfalls wäre eine solche abweichende Sondervorschrift weder erforderlich noch sinnvoll.
Von dieser Ermächtigung in § 3 BPolBG hat die Bundesregierung durch Erlass der hier einschlägigen Verordnung über die Laufbahnen des Polizeivollzugsdienstes in der Bundespolizei (BPolLV) Gebrauch gemacht und dabei in § 30 Abs. 5 Satz 2 BPolLV a.F. (nunmehr § 16 Abs. 4 Satz 1 BPolLV) ausdrücklich den Praxisaufstieg mit begrenzter Ämterreichweite (begrenzter Praxisaufstieg in die nächsthöhere Laufbahn) geregelt. Dass und warum die gesetzliche Ermächtigung für diese Verordnungsregelung nicht ausreichend sein sollte, legt der Kläger nicht substantiiert dar.
2. Die Rechtssache weist aus den oben dargelegten Gründen keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO).
3. Auch eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO legt der Zulassungsantrag nicht dar.
Um diesen Zulassungsgrund dazulegen, muss der Rechtsmittelführer eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formulieren, zudem ausführen, weshalb diese Frage für den Rechtsstreit entscheidungserheblich ist, ferner erläutern, weshalb die formulierte Frage klärungsbedürftig ist, und schließlich darlegen, weshalb ihr eine über die einzelfallbezogene Rechtsanwendung hinausgehende Bedeutung zukommt (vgl. BayVGH, B.v. 12.5.2020 – 6 ZB 19.1287 – juris Rn. 21). Diesen Darlegungsanforderungen wird der Zulassungsantrag nicht gerecht.
Er wirft als grundsätzlich bedeutsam die Frage auf, „ob die in § 16 BPolLV vorgesehene Begrenzung der Ämterreichweite bzw. die für den Kläger maßgebliche inhaltsgleiche Vorgängerregelung in § 30 Abs. 5 Satz 2 BGSLV/BPolLV auf einer hinreichenden gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage beruht“. Dieser Frage fehlt es an der Klärungsbedürftigkeit, da sie sich auf der Grundlage des einschlägigen Rechts unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (zur entsprechenden Verordnungsermächtigung in § 145 SächsBG) ohne weiteres im Sinne des Verwaltungsgerichts beantworten lässt. Gründe dafür, weshalb § 3 Abs. 2 BPolBG keine hinreichende Ermächtigungsgrundlage für die angegriffenen Bestimmungen in der maßgeblichen Laufbahnverordnung sein sollte, legt der Kläger nicht substantiiert dar.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 40‚ 47 Abs. 1 Satz 1‚ § 52 Abs. 1 i.V.m. Abs. 6 Satz 1 Nr. 1‚ Satz 2 bis 4 GKG. Anzusetzen ist danach im Ergebnis die Hälfte der für ein Kalenderjahr in dem angestrebten Amt zu zahlenden Bezüge der Endstufe (BayVGH, B.v. 24.10.2017 – 6 C 17.1429 – BayVBl 2018, 390; hier: 6 x 5.166,19 € = 30.997,14 €).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit ihm wird der Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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