Verwaltungsrecht

Bundesbeamtenrecht, Deutsche Telekom, Konkurrenteneilverfahren, Beförderung, Beurteilung, divergierende Beurteilungsbeiträge, Behauptung eines fehlerhaften Beurteilungsbeitrags, keine Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs

Aktenzeichen  6 CE 22.449

Datum:
11.5.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 12090
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GG Art. 33 Abs. 2

 

Leitsatz

Verfahrensgang

AN 16 E 21.1997 2022-01-25 Bes VGANSBACH VG Ansbach

Tenor

I. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 25. Januar 2022 – AN 16 E 21.1997 – wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 11.397,96 € festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller begehrt einstweiligen Rechtsschutz im Zusammenhang mit einer beamtenrechtlichen Beförderungsentscheidung.
Er steht als Technischer Fernmeldehauptsekretär (Besoldungsgruppe A 8 t) im Dienst der Antragsgegnerin, ist bei dem Postnachfolgeunternehmen Deutsche Telekom AG (im Folgenden Telekom) beschäftigt und zur Ausübung einer nach der Vergütungsgruppe 10 (entspricht der Besoldungsgruppe A 14 BBesO) bewerteten Tätigkeit eines „Senior Technical Consultant IV“ bei der T-Systems International GmbH gem. § 4 Abs. 2 PostPersRG beurlaubt.
Mit der dienstlichen Beurteilung vom 25. Oktober 2021 für den Zeitraum 1. September 2018 bis 31. August 2020 erhielt er als Gesamturteil die zweithöchste von sechs Notenstufen („sehr gut“) mit der höchsten Ausprägung „++“. Den vom Antragsteller gegen die Beurteilung erhobenen Widerspruch hat die Antragsgegnerin mit Widerspruchsbescheid vom 9. November 2021 zurückgewiesen. Hiergegen hat der Antragsteller Klage zum Verwaltungsgericht erhoben (AN 16 K 21.1993), über die noch nicht entschieden ist.
Bei der Beförderungsrunde 2021/2022 konkurrieren der Antragsteller und 36 weitere Beamte auf der Beförderungsliste „Beteiligung intern_TSI_T “ um eine von 8 Planstellen zur Beförderung auf ein nach A9_vz bewertetes Amt. Mit Schreiben vom 2. November 2021 teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit, dass er mit dem Ergebnis „Sehr gut ++“ geführt werde. Seine Beförderung in dieser Beförderungsrunde sei nicht möglich, weil nur solche Beamte zum Zuge kommen könnten, die mit mindestens „Hervorragend Basis“ beurteilt worden seien. Über den hiergegen erhobenen Widerspruch ist noch nicht entschieden.
Am 16. November 2021 hat der Antragsteller beim Verwaltungsgericht beantragt, der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO bis zur bestands- bzw. rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache zu untersagen, die Beförderung wenigstens eines Konkurrenten des Antragstellers nach Besoldungsgruppe A9_vz durch Aushändigung der Ernennungsurkunde zu vollziehen und bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens für den Antragsteller eine Beförderungsstelle nach Besoldungsgruppe A9_vz freizuhalten.
Das Verwaltungsgericht hat diesen Antrag mit Beschluss vom 25. Januar 2022 mangels Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs abgelehnt. Die der Auswahlentscheidung zugrundeliegende dienstliche Beurteilung des Antragstellers vom 25. Oktober 2021 weise keine rechtlichen Mängel auf. Insbesondere fuße sie auf einer richtigen und vollständigen Tatsachengrundlage. Während die Stellungnahmen der Führungskräfte N. und S. jeweils die Einzelbewertungen „sehr gut“ enthielten, weise die Stellungnahme der Führungskraft H. für den Antragsteller hinsichtlich des Kriteriums „wirtschaftliches Handeln“ die Bewertung „gut“, für die übrigen Kriterien hingegen (lediglich) die drittbeste Bewertung „rundum zufriedenstellend“ aus. Für das Gericht sei nicht erkennbar, dass die Stellungnahme der Führungskraft H. nicht die aktuelle und damit maßgebliche Bewertung für die Beurteilung sei. Der Vortrag des Antragstellers hinsichtlich einer Abänderung des Beurteilungsbeitrags durch die Führungskraft H. sei oberflächlich und unsubstantiiert dargelegt. Zudem befinde sich kein abgeänderter Beurteilungsbeitrag in den Akten. Es habe zwar tatsächlich eine Abänderung des ursprünglichen Beurteilungsbeitrags der Führungskraft H. gegeben; diese habe jedoch nur den Zeitraum betroffen, für welchen Herr H. unmittelbarer Vorgesetzter des Antragstellers gewesen sei. Eine inhaltliche Abänderung des Beurteilungsbeitrags habe nicht stattgefunden. Insbesondere hätte sich hierbei auch die Möglichkeit für die unmittelbare Führungskraft ergeben, eine Änderung der Bewertung vorzunehmen, was dieser jedoch unterlassen habe. Die Begründung des Gesamturteils setze sich ausführlich mit dem Umstand auseinander, dass für den Antragsteller drei – divergierende – Beurteilungsbeiträge verschiedener Führungskräfte vorgelegen hätten, weshalb aufgrund dieser Stellungnahmen und vor dem Hintergrund der Gesamtbetrachtung des Beurteilers die Bewertung „sehr gut ++“ gerechtfertigt sei. Ebenfalls werde im Gesamturteil begründet, weshalb die aktuelle Beurteilung von der vorherigen abweiche und eine Herabstufung von „hervorragend“ zu „sehr gut“ gerechtfertigt sei.
Der Antragsteller hat gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Beschwerde eingelegt, mit der er seinen erstinstanzlichen Antrag weiterverfolgt. Die Antragsgegnerin verteidigt den angefochtenen Beschluss.
II.
Die Beschwerde des Antragstellers bleibt ohne Erfolg. Die Gründe, die mit der Beschwerde fristgerecht dargelegt worden sind und auf deren Prüfung das Gericht beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 i.V.m. Satz 1 und 3 VwGO), rechtfertigen es nicht, dem mit dem Rechtsmittel weiterverfolgten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu entsprechen.
Das Verwaltungsgericht ist – in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats zu den Anforderungen an die Begründung des Gesamturteils einer dienstlichen Beurteilung mit Blick auf die Besonderheiten des Beurteilungssystems bei der Telekom (vgl. B.v. 11.2.2020 – 6 ZB 19.2351; B.v. 24.9.2019 – 6 CE 19.1749; B.v. 26.8.2019 – 6 CE 19.1409; B.v. 23.4.2019 – 6 CE 19.76, jeweils juris m.w.N.) – zu dem Ergebnis gelangt, dass die dienstliche Beurteilung des Antragstellers vom 25. Oktober 2021 rechtlich nicht zu beanstanden ist und eine tragfähige Grundlage für die Auswahlentscheidung bildet. Den überzeugenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts hält die Beschwerde nichts Stichhaltiges entgegen. Vielmehr wiederholt und vertieft sie im Wesentlichen lediglich die bereits im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorgetragenen Argumente, ohne jedoch neue wesentliche Gesichtspunkte aufzuzeigen, die eine andere Beurteilung der Rechtssache angezeigt erscheinen lassen könnten. Der Senat nimmt daher auf die Begründung des angefochtenen Beschlusses Bezug und sieht insoweit von einer eigenen weiteren Begründung ab (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO).
Das Beschwerdevorbringen gibt lediglich Anlass zu folgenden Ergänzungen:
Mit dem Verwaltungsgericht geht der Senat davon aus, dass der Antragsteller keinen Anordnungsanspruch im Sinn von § 123 Abs. 3 VwGO in Verbindung mit § 920 Abs. 2 ZPO und § 294 ZPO glaubhaft gemacht hat.
Für die Behauptungen des Antragstellers, dass Herr H. ihm gegenüber erklärt habe, er habe seine ursprüngliche Stellungnahme wegen Zugrundelegung falscher Maßstäbe nochmals abgeändert und hinsichtlich der einzelnen Bewertungen nach oben korrigiert, und dass bei der Beurteilung vom 25. Oktober 2021 die falsche, nicht geänderte Stellungnahme des Herrn H. berücksichtigt worden sei, gibt es keine belastbaren Anhaltspunkte. In den Akten befindet sich lediglich der Beurteilungsbeitrag der unmittelbaren Führungskraft H. vom 31. August 2021 für den Zeitraum vom 1. Dezember 2019 bis zum 31. August 2020, der die Arbeitsergebnisse, praktische Arbeitsweise, allgemeine Befähigung, fachliche Kompetenz und soziale Kompetenzen als jeweils „rundum zufriedenstellend“ (drittbeste Note) und das wirtschaftliche Handeln als „gut“ bewertet hat. Herr H. hat mit seiner digitalen Signatur am 31. August 2021 bestätigt, dass er den Beurteilungsbeitrag gewissenhaft ausgefüllt und alle Vorgaben aus dem Leitfaden zur Durchführung der dienstlichen Beurteilung berücksichtigt habe, alle Angaben vollständig erfolgt seien und dass ihm bekannt sei, dass nur mit einer vollständigen Stellungnahme eine Beurteilung durch die Beurteiler erfolgen könne. Eine weitere schriftliche Stellungnahme des Herrn H. befindet sich nicht in den Akten. Der Vorwurf des Antragstellers, dass die überlassene Verwaltungsakte unvollständig sei und die geänderte Stellungnahme von der Antragsgegnerin gar nicht mehr angenommen worden sei, lässt sich für den Senat nicht nachvollziehen. Wie das Verwaltungsgericht zu Recht ausgeführt hat, hat die unmittelbare Führungskraft H. den der Beurteilung vom 25. Oktober 2021 zugrundeliegenden Beurteilungsbeitrag vom 31. August 2021 inhaltlich gerade nicht abgeändert, obwohl – nach der Aufhebung der ursprünglichen Beurteilung vom 28. Mai 2021 – hierzu durchaus die Möglichkeit bestanden hätte. Insoweit greift auch die Rüge des Antragstellers nicht durch, dass das in den maßgeblichen Richtlinien niedergelegte Beurteilungsverfahren mit dem Leistungsprinzip aus Art. 33 GG nicht vereinbar sei, weil eine nachträgliche Änderung der Stellungnahme nicht mehr zulässig sei. Auch aus dem im erstinstanzlichen Verfahren als Anlage 14 vorgelegten E-Mail-Verkehr zwischen Frau P. von T-Systems und Frau S. von der DTAG vom 29. Oktober 2021 (Bl. 189, 190 der Akte des Verwaltungsgerichts) ergibt sich jedenfalls keine substantiierte Glaubhaftmachung, dass und inwieweit der Beurteilungsbeitrag des Herrn H. inhaltlich fehlerhaft gewesen wäre.
Die Rügen, der Beschluss des Verwaltungsgerichts verletze das Recht auf Gewährung des rechtlichen Gehörs gem. Art. 103 Abs. 1 GG und verstoße gegen den Amtsermittlungsgrundsatz gem. § 86 VwGO, gehen von vornherein fehl. Denn das Gesetz sieht für das Rechtsmittel der Beschwerde anders als die Vorschriften über Berufung und Revision kein vorgeschaltetes, etwa von der erfolgreichen Rüge eines Verfahrensfehlers abhängiges Zulassungsverfahren vor. Der Verwaltungsgerichtshof prüft vielmehr als Beschwerdegericht – innerhalb des durch § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO gezogenen Rahmens – den Rechtsfall eigenständig sowohl tatsächlich als auch rechtlich im gleichen Umfang wie das Verwaltungsgericht (vgl. BayVGH, B.v. 26.1.2016 – 6 CE 15.2800 – juris Rn. 15 m.w.N.).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht nicht der Billigkeit, etwaige außergerichtliche Kosten der Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären, weil diese keinen Antrag gestellt und sich damit keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO).
Der Streitwert in einem beamtenrechtlichen Konkurrenteneilverfahren, das auf die vorläufige Freihaltung eines höherwertigen Dienstpostens durch Erlass einer einstweiligen Anordnung gerichtet ist, bemisst sich nach neuerer Rechtsprechung des Senats nach § 52 Abs. 6 Satz 4 GKG und beträgt ein Viertel der für ein Kalenderjahr in dem angestrebten Amt zu zahlenden Bezüge nach Maßgabe von § 52 Abs. 6 Sätze 1 bis 3 GKG (BayVGH, B.v. 24.10.2017 – 6 C 17.1429 – BayVBl 2018, 390; hier: 3 x 3.799,32 €).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO; § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).


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