Verwaltungsrecht

Darlegungsanforderungen bei der Berufungszulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache im Asylprozess

Aktenzeichen  15 ZB 17.30050

Datum:
16.8.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 20004
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 78 Abs. 3 Nr. 1, Abs. 4 S. 4, § 83b
VwGO § 154 Abs. 2, § 159 S. 2

 

Leitsatz

1 Einer Rechtssache kommt gem. § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG grundsätzliche Bedeutung zu, wenn für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts eine konkrete, jedoch fallübergreifende Rechts- oder Tatsachenfrage von Bedeutung ist, deren noch ausstehende obergerichtliche Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten ist und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zu einer bedeutsamen Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint.  (Rn. 7) (red. LS Clemens Kurzidem)
2 Die Darlegung rechtegrundsätzlicher Bedeutung verlangt nach § 78 Abs. 4 S. 4 AsylG, dass eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formuliert und aufgezeigt wird, weshalb die Frage im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts klärungsbedürftig und entscheidungserheblich ist. Ferner muss dargelegt werden, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung dieser Frage besteht (vgl. VGH München BeckRS 2017, 126530). (Rn. 7) (red. LS Clemens Kurzidem)
3 Trägt ein Kläger im Asylprozess vor, eine medizinische Behandlung müsse in Deutschland fortgesetzt werden, macht er kein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis, sondern ein inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis geltend, das nicht vom Bundesamt, sondern von der Ausländerbehörde zu prüfen ist. (Rn. 8) (red. LS Clemens Kurzidem)

Verfahrensgang

M 17 K 16.30335 2016-10-20 Urt VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Kläger haben die Kosten des Zulassungsverfahrens als Gesamtschuldner zu tragen.

Gründe

I.
Die Kläger (serbische Staatsangehörige) wenden sich gegen den Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 11. Januar 2016, mit dem die Anträge auf Asylanerkennung und auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft als offensichtlich unbegründet sowie des Weiteren die Anträge auf subsidiären Schutz abgelehnt und die Abschiebung nach Serbien angedroht wurden. Wegen der Einzelheiten wird auf den Bescheid verwiesen.
Das Verwaltungsgericht München hat mit Urteil vom 20. Oktober 2016 die auf Aufhebung des genannten Bescheids und sinngemäß auf Verpflichtung der Beklagten gerichtete Klage, den Klägern die Flüchtlingseigenschaft bzw. subsidiären Schutz zuzuerkennen, hilfsweise Abschiebungsverbote festzustellen, abgewiesen. Wegen der Einzelheiten wird auf das Urteil Bezug genommen.
Mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung machen die Kläger geltend, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz des Bevollmächtigten der Kläger vom 9. Dezember 2016 verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf die Gerichtsakten und die Behördenakten Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
1. Der von den Klägern geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG) ist nicht in einer Weise dargelegt worden, die den Anforderungen des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG genügt.
a) Einer Rechtssache kommt grundsätzliche Bedeutung gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG zu, wenn für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts eine konkrete, jedoch fallübergreifende Rechts- oder Tatsachenfrage von Bedeutung ist, deren noch ausstehende obergerichtliche Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten ist und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zu einer bedeutsamen Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint. Dementsprechend verlangt die Darlegung der rechtsgrundsätzlichen Bedeutung nach § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG, dass eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formuliert und aufgezeigt wird, weshalb die Frage im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts klärungsbedürftig und entscheidungserheblich (klärungsfähig) ist; ferner muss dargelegt werden, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung dieser Frage besteht (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 7.4.2017 – 15 ZB 17.30355 – juris Rn. 4; B.v. 14.9.2017 – 11 ZB 17.31124 – juris Rn. 2).
b) Das klägerische Vorbringen genügt diesen Anforderungen nicht. Das Verwaltungsgericht ist auf der Grundlage der zum Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens gemachten Erkenntnismittel – ebenso wie das Bundesamt im angefochtenen Bescheid – zum Ergebnis gekommen, dass die Kläger eine Verfolgung in Serbien nicht glaubhaft gemacht haben, ihnen bei einer Rückkehr nach Serbien kein ernsthafter Schaden droht und diagnostizierte Erkrankungen in Serbien behandelbar sind. Die Kläger wenden sich demgegenüber lediglich allgemein gegen die der angefochtenen Entscheidung zu Grunde liegende gerichtliche Sachverhalts- und Beweiswürdigung, ohne damit jedoch eine – zumal eine über den Einzelfall hinausgehende – Klärungsbedürftigkeit einer entscheidungserheblichen Rechts- oder Tatsachenfrage näher substantiiert darzulegen (vgl. hierzu z.B. BayVGH, B.v. 22.1.2018 – 15 ZB 18.30121 – juris Rn. 7). Soweit die Kläger vortragen, eine medizinische Behandlung müsse in Deutschland fortgesetzt werden, machen sie im Übrigen – worauf bereits das Verwaltungsgericht hingewiesen hat – kein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis, sondern ein inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis geltend, das nicht vom Bundesamt, sondern von der Ausländerbehörde zu prüfen ist.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben