Verwaltungsrecht

Darlegungslast im asylrechtlichen Berufungszulassungsverfahren

Aktenzeichen  15 ZB 18.31693

Datum:
14.8.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 20023
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 78 Abs. 3 Nr. 1, Abs. 4

 

Leitsatz

1 Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die in § 78 Abs. 3 AsylG vorgenommene Beschränkung der Zulassungsgründe bestehen nicht. (Rn. 9) (redaktioneller Leitsatz)
2 Wendet sich der Kläger lediglich gegen die der angefochtenen Entscheidung zugrunde liegende Sachverhalts- und Beweiswürdigung, ohne die Klärungsbedürftigkeit einer entscheidungserheblichen Rechts- oder Tatsachenfrage darzulegen, genügt dies nicht den Anforderungen an die Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung. (Rn. 8) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

W 8 K 18.30249 2018-05-23 Urt VGWUERZBURG VG Würzburg

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung und der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe werden abgelehnt.
II. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

Gründe

I.
Der Kläger (algerischer Staatsangehöriger) wendet sich gegen den Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 2. Januar 2017, mit dem (u.a.) sein Antrag auf Asylanerkennung abgelehnt, die Flüchtlingseigenschaft bzw. der subsidiäre Schutzstatus nicht zuerkannt und die Abschiebung nach Algerien angedroht wurde. Wegen der Einzelheiten wird auf den Bescheid verwiesen.
Das Verwaltungsgericht Würzburg hat mit Urteil vom 23. Mai 2018 die auf (teilweise) Aufhebung des genannten Bescheids und auf Verpflichtung der Beklagten gerichtete Klage, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft bzw. subsidiären Schutz zuzuerkennen, hilfsweise Abschiebungsverbote festzustellen, abgewiesen. Wegen der Einzelheiten wird auf das Urteil Bezug genommen.
Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung macht der Kläger geltend, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz der Bevollmächtigten des Klägers vom 6. Juli 2018 verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf die Gerichtsakten und die Behördenakte Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
1. Der vom Kläger geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG) ist nicht in einer Weise dargelegt worden, die den Anforderungen des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG genügt.
a) Einer Rechtssache kommt grundsätzliche Bedeutung gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG zu, wenn für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts eine konkrete, jedoch fallübergreifende Rechts- oder Tatsachenfrage von Bedeutung ist, deren noch ausstehende obergerichtliche Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten ist und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zu einer bedeutsamen Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint. Dementsprechend verlangt die Darlegung der rechtsgrundsätzlichen Bedeutung nach § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG, dass eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formuliert und aufgezeigt wird, weshalb die Frage im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts klärungsbedürftig und entscheidungserheblich (klärungsfähig) ist; ferner muss dargelegt werden, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung dieser Frage besteht (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 7.4.2017 – 15 ZB 17.30355 – juris Rn. 4; B.v. 14.9.2017 – 11 ZB 17.31124 – juris Rn. 2).
b) Das klägerische Vorbringen genügt diesen Anforderungen nicht. Das Verwaltungsgericht ist auf der Grundlage der zum Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens gemachten Erkenntnismittel – ebenso wie das Bundesamt im angefochtenen Bescheid – zum Ergebnis gekommen, dass dem Kläger aufgrund einer Wehrdienstentziehung in seinem Heimatland keine „politische Verfolgung oder sonst eine ernsthafte Gefahr mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht“. Der Kläger wendet sich demgegenüber mit seiner Frage, „ob dem Kläger aufgrund der zu erwartenden Haftstrafe aufgrund seiner Wehrdienstentziehung eine flüchtlingsrelevante Verfolgungshandlung droht“ und der Angabe, es könne „nicht mit Sicherheit gesagt werden, was der Kläger nach seiner Rückkehr nach Algerien zu befürchten hat“ lediglich gegen die der angefochtenen Entscheidung zu Grunde liegende gerichtliche Sachverhalts- und Beweiswürdigung, ohne damit jedoch eine – zumal eine über den Einzelfall hinausgehende – Klärungsbedürftigkeit einer entscheidungserheblichen Rechts- oder Tatsachenfrage darzulegen (vgl. hierzu z.B. BayVGH, B.v. 22.1.2018 – 15 ZB 18.30121 – juris Rn. 7).
c) Soweit der Kläger „ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils“ geltend macht und vorträgt, der Umstand, dass § 78 Abs. 3 AsylG einen solchen Zulassungsgrund nicht vorsehe, sei verfassungswidrig, folgt der Senat diesen Einwand nicht. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die in § 78 Abs. 3 AsylG vorgenommene Beschränkung der Zulassungsgründe bestehen nicht. Im Übrigen gewährleisten weder Art. 19 Abs. 4 GG noch andere Verfassungsnormen einen Instanzenzug (vgl. hierzu z.B. Marx, AsylG, 9. Aufl. 2017, § 78 Rn. 4 und 20).
2. Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist ebenfalls abzulehnen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung – wie unter 1. dargelegt – keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 ZPO) bietet.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).


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