Verwaltungsrecht

Der auf Einholung eines Sachverständigengutachtens oder einer amtlichen Auskunft gerichtete Beweisantrag

Aktenzeichen  23 ZB 19.33385

Datum:
17.10.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 30879
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 78 Abs. 3 Nr. 1
VwGO § 98, § 146 Abs. 2
ZPO§ 412 Abs. 1
Anerkennungs-RL Art. 6 lit. c, Art. 8 Abs. 1
AsylG § 3c Nr. 3
AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7 S. 1

 

Leitsatz

1. Das Tatsachengericht darf einen auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens oder einer amtlichen Auskunft gerichteten Beweisantrag insbesondere in asylgerichtlichen Verfahren im Allgemeinen nach tatrichterlichem Ermessen mit dem Hinweis auf eigene Sachkunde verfahrensfehlerfrei ablehnen und die Gefährdungsprognose im Einzelfall auf der Grundlage einer tatrichterlichen Beweiswürdigung eigenständig vornehmen. (Rn. 31) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Erforderlichkeit der Einholung weiterer Auskünfte oder Gutachten kann darauf beruhen, dass die Fragestellung der bisherigen Gutachten sich – aufgrund tatsächlicher Entwicklungen oder wegen einer Rechtsprechungsänderung – als unzureichend erweist. (Rn. 32) (redaktioneller Leitsatz)
3. Ein förmlicher Beschluss über eine in der mündlichen Verhandlung erhobene Gegenvorstellung ist nicht erforderlich, vielmehr reicht es aus, wenn das Verwaltungsgericht in den Urteilsgründen zum Ausdruck bringt, aus welchen Gründen es der Gegenvorstellung nicht folgt (VGH München BeckRS 2017, 133228). (Rn. 44) (redaktioneller Leitsatz)
4. Eine Gehörsrüge ist nur dann schlüssig erhoben, wenn der Beweisantragsteller darlegt, wie er sich auf die ihm erst durch das Urteil bekannt gewordenen, für sich gesehen prozessordnungsgemäßen Ablehnungsgründe erklärt hätte (VGH München BeckRS 2017, 133228; BeckRS 2020, 14588). (Rn. 45) (redaktioneller Leitsatz)
5. Bei einer auf tatsächliche Verhältnisse gestützten Grundsatzrüge muss der Rechtsmittelführer zudem Erkenntnisquellen zum Beleg dafür angeben, dass die Feststellungen, Erkenntnisse und Einschätzungen des Verwaltungsgerichts unzutreffend oder zumindest zweifelhaft sind. (Rn. 80) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

W 3 K 18.32100 2019-07-15 Urt VGWUERZBURG VG Würzburg

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Zulassungsverfahrens.
III. Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Bevollmächtigten für das Zulassungsverfahren wird abgelehnt.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe eines Verfahrensmangels gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG i.V.m. § 138 Nr. 3 VwGO in Form der Versagung des rechtlichen Gehörs sowie der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG sind nicht i.S.v. § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG dargelegt bzw. liegen nicht vor.
1. Mit der Rüge der Klagepartei, das Verwaltungsgericht habe die in der mündlichen Verhandlung unbedingt gestellten Beweisanträge prozessordnungswidrig abgelehnt, wird kein Verfahrensmangel gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG i.V.m. § 138 VwGO in Form der unzureichenden Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) dargelegt.
1.1 Die Ablehnung eines erheblichen Beweisantrags verletzt nur dann die Verfahrensgarantie des rechtlichen Gehörs im Sinne von § 138 Nr. 3 VwGO, wenn sie im Prozessrecht keine Stütze mehr findet (stRspr, vgl. BVerfG [Kammer], B.v. 19.12.2016 – 2 BvR 1997/15 – juris Rn. 15; BVerwG, B.v. 10.8.2015 – 5 B 48.15 – juris Rn. 10, jeweils m.w.N.), d.h. ein Beweisantrag in willkürlicher Weise als unerheblich qualifiziert wird (BayVGH, B.v. 23.1.2018 – 10 ZB 17.31099 – juris Rn. 3). Dem Beteiligten muss durch eine im Ergebnis untragbare Ablehnung die Möglichkeit abgeschnitten worden sein, auf die Tatsachengrundlage des Gerichts durch die gewünschte Beweiserhebung einzuwirken (NdsOVG, B.v. 16.12.2004 – 8 LA 262/04 – juris Rn. 5; Kautz in Fehling/Kastner/Störmer, Verwaltungsrecht, 5. Auflage 2021, § 138 VwGO Rn. 13; Dahm in NVwZ 2000, 1385). Dabei ist die prozessrechtliche Frage, ob das vorinstanzliche Verfahren an einem Mangel leidet, vom materiell-rechtlichen Standpunkt des Gerichts aus zu beurteilen, selbst wenn dieser Standpunkt verfehlt sein sollte (stRspr, vgl. BVerwG, B.v. 17.6.2013 – 10 B 8.13 – juris Rn. 8; Happ in Eyermann, VwGO, 15. Auflage 2019, § 124 Rn. 48).
Die Rüge einer Verletzung des rechtlichen Gehörs bleibt auch dann ohne Erfolg, wenn nicht die in der Begründung des Gerichts genannten, aber andere Gründe des Verfahrensrechts die beantragte Beweiserhebung ausschließen oder es bereits an einem ordnungsgemäßen Beweisantrag fehlt (OVG NW, B.v. 2.1.2020 – 19 A 183/18.A – juris Rn. 12 ff.; HessVGH, B.v. 10.7.2007 – 7 UZ 422/07.A – juris Rn. 18; BVerwG, U.v. 16.3.1994 – 11 C 48.92 – NVwZ 1994, 1095 = juris Rn. 21; Funke-Kaiser in GK-AsylG, Stand November 2020, § 78 Rn. 356; Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, 15. Auflage 2019, § 86 Rn. 64).
1.2 Ein Beweisantrag ist unzulässig und kann abgelehnt werden, wenn es sich um einen Ausforschungs- und Beweisermittlungsantrag handelt, wenn er also nur zum Ziel hat, erst Zugang zu einer bestimmten Informationsquelle zu erlangen, um auf diesem Wege Anhaltspunkte für neuen Sachvortrag zu gewinnen. Auch Beweisanträge, die so unbestimmt sind, dass im Grunde erst die Beweiserhebung selbst die entscheidungserheblichen Tatsachen und Behauptungen aufdecken kann, müssen regelmäßig dem Gericht eine weitere Sachaufklärung nicht nahelegen und können als unsubstantiiert abgelehnt werden. Das ist dann der Fall, wenn für den Wahrheitsgehalt der Beweistatsachen nicht wenigstens eine gewisse Wahrscheinlichkeit spricht, d.h. wenn sie mit anderen Worten ohne greifbare Anhaltspunkte willkürlich „aus der Luft gegriffen“, „ins Blaue hinein“, also „erkennbar ohne jede tatsächliche Grundlage“ behauptet worden sind. Welche Anforderungen vom Tatsachengericht an die Substantiierung gestellt werden dürfen, bestimmt sich zum einen danach, ob die zu beweisende Tatsache in den eigenen Erkenntnisbereich des Beteiligten fällt, und zum anderen nach der konkreten prozessualen Situation (vgl. BVerwG, B.v. 17.9.2019 – 1 B 43.19 – juris Rn. 55 m.w.N.).
1.3 Neben dem Aufzeigen des ordnungsgemäßen Stellens eines Beweisantrags im erstinstanzlichen Verfahren verlangt das Darlegungserfordernis des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG für eine Rüge wegen der Versagung rechtlichen Gehörs durch die Ablehnung eines in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrags zudem, dass der Kläger dartut, dass das Beweisthema nach der maßgeblichen materiellen Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts entscheidungserheblich und das angebotene Beweismittel zur Klärung der unter Beweis gestellten Tatsachenbehauptung tauglich gewesen ist. Schließlich ist in Auseinandersetzung mit den vom Verwaltungsgericht in der mündlichen Verhandlung angegebenen Gründen für die erfolgte Beweisantragsablehnung darzulegen, dass die Ablehnung prozessrechtlich unvertretbar gewesen ist (BayVGH, B.v. 9.1.2018 – 10 ZB 16.30102 – juris Rn. 7; OVG NW, B.v. 18.10.2017 – 13 A 2430/17.A – juris Rn. 16).
2. Den in der mündlichen Verhandlung unbedingt gestellten Beweisantrag 1,
Beweis zu erheben über die Behauptung des Klägers, Personen die wie der Kläger amharischer Volkszugehörigkeit und in Deutschland zunächst für die EPPF politisch aktiv sind oder dies waren, wurden und werden weiterhin im Falle ihrer Rückkehr nach Äthiopien dort aus diesem Grunde festgenommen, für unbestimmte Zeit in Haft gehalten und misshandelt. Dies gelte im besonderen Maße in der Heimatregion des Klägers in Gojjam,
durch:
Stellungnahme von amnesty international;
Anhörung der Gutachterin,
Stellungnahme des Institutes für Afrika-Kunde;
Anhörung der Gutachterin;
Stellungnahme der SFH;
Anhörung der Gutachterin;
Stellungnahme des UNHCR;
Stellungnahme des Ethiopian Human Rights Council, Support-Committee, Me. Ad. Ka., R2. Str. 41, 4… W.;
Stellungnahme des Herrn G. S1., S2.str., 6… F. am Main;
Anhörung des G. S1.;
hat das Verwaltungsgericht durch Beschluss in der mündlichen Verhandlung am 11. Juli 2019 mit der Begründung abgelehnt, es besitze aufgrund der in das Verfahren eingeführten Erkenntnisquellen hinreichend eigene Sachkunde zur Beurteilung des Beweisantrages. Es sei für das Gericht nicht erkennbar, dass die vorhandenen Erkenntnismittel hinsichtlich der Beweisfrage wegen unauflösbarer Widersprüche oder wegen Zweifeln an der Sachkunde oder der Unparteilichkeit des jeweiligen Verfassers mit erkennbaren Mängeln behaftet oder wegen unzutreffender tatsächlicher Grundlagen unverwertbar oder wegen einer Veränderung der Verhältnisse nicht mehr für eine Bewertung geeignet seien (Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 11. Juli 2019 S. 4).
Im Rahmen einer Gegenvorstellung zum Beweisantrag 1 hat der Klägerbevollmächtigte eingewandt, die eigene Sachkunde des Gerichts sei nicht nachvollziehbar dargelegt. Die verwendeten Erkenntnisquellen seien nicht auf dem aktuellen Stand, insbesondere würden diese nicht die neuen Verhältnisse bis Juli 2019 berücksichtigen. Die vom Kläger angebotenen Beweismittel würden bessere Erkenntnismöglichkeiten ergeben. Insbesondere verfügten der Gutachter S1., die UNHCR und der Ethiopian Human Rights Council über Erkenntnisse, die anderen Institutionen verschlossen seien. Bezüglich der Anhörung der Ersteller der verwendeten Erkenntnismittel führte er aus, diese hätten ihre Gutachten unter dem Vorbehalt erstellt, dass die aktuelle Entwicklung zu berücksichtigen sei. Hierzu hat das Gericht im Urteil ergänzend ausgeführt (UA S. 16), die Gegenvorstellung enthalte nichts, was die Entscheidung des Gerichts hinsichtlich der Ablehnung des Beweisantrags hätte substantiiert infrage stellen können.
Hiergegen ist rechtlich nichts zu erinnern.
2.1 Das Verwaltungsgericht hat vorliegend den Anspruch des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs nicht dadurch verletzt, dass es dem Antrag des Bevollmächtigten auf Ladung und Anhörung der Sachverständigen, die in den vom Verwaltungsgericht in seinem Urteil vom 15. Juli 2019 (UA S. 11 ff.) in Bezug genommenen Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof, in welchen die Entscheidungen vom 13. Februar 2019 (8 B 17.31645, 8 B 18.30261, 8 B 18.30275), vom 12. März 2019 (8 B 18.30252, 8 B 18.30274) ergangen sind, schriftliche Sachverständigengutachten erstattet hatten, nicht nachgekommen ist.
Dabei kann offen bleiben, ob sich ein Anspruch der Klagepartei auf Ladung der Sachverständigen zur mündlichen Verhandlung auch im Asylprozess grundsätzlich aus §§ 97 Satz 2, 98 VwGO i.V.m. § 411 Abs. 3 Satz 1 ZPO ergeben kann, wenn die schriftlichen Gutachten in einem anderen gerichtlichen Verfahren erstattet wurden, weil die Verwertung von in anderen gerichtlichen Verfahren erstatteten schriftlichen Gutachten im Wege des Sachverständigenbeweises, nicht des Urkundenbeweises erfolgt (§ 98 VwGO, § 411a ZPO), so dass die für den Sachverständigenbeweis anwendbaren Regeln und damit auch diejenigen über eine mündliche Erläuterung des Gutachtens Anwendung finden (so Rudisile in Schoch/Schneider, VwGO, Stand Juli 2020, § 98 VwGO Rn. 169 f., 173a; BVerwG, B.v. 31.7.1985 – 9 B 71.85 – NJW 1986, 3221; HessVGH, B.v. 26.2.1999 – 12 UZ 157/99 – DVBl 1999, 995; Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Justizmodernisierungsgesetz, BT-Drs. 15/1508 S. 19; a.A. Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 98 Rn. 33; VGH Mannheim, B.v. 4. 8. 1997 – A 12 S 2007/97 – VBlBW 1998, 148). Denn jedenfalls weisen die Einholung und Verarbeitung von Sachverständigengutachten und die Verwertung sonstiger Erkenntnisquellen zur Verfolgungslage im Herkunftsstaat Besonderheiten auf, aus denen sich für den Asylprozess erhöhte Anforderungen an ein Begehren auf Ladung eines Sachverständigen zur mündlichen Verhandlung ergeben (BVerwG, B.v. 23.9.2019 – 1 B 54.19 – juris Rn. 19 ff.). Dies rechtfertigt sich insbesondere daraus, dass einzelne Gutachten in dem Gesamtprozess der gebotenen umfassenden, vollständigen und objektiven Sachverhaltserforschung einen deutlich geringeren, für das Verfahren qualitativ anderen Stellenwert haben. Die verschiedenen Erkenntnisquellen bilden stets nur einen Baustein im notwendigen Prozess der pluralen Wissensgenerierung aus einer Vielzahl von Erkenntnismitteln grundsätzlich gleichen Ranges, aus dessen Gesamtschau sich das Gericht die notwendige Überzeugung davon bilden muss, ob die auf dieser Grundlage festgestellten Tatsachen ergeben, dass mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit flüchtlingsrechtlich relevante Gefahren drohen (zu den Anforderungen an die gerichtliche Überzeugungsbildung s. auch BVerwG, U.v. 4.7.2019 – 1 C 37.18 – juris).
Hieraus ergibt sich bei der nach § 98 VwGO lediglich entsprechenden Anwendung der §§ 397 ff. ZPO für den Antrag, das Erscheinen des Gutachters zur Erläuterung von Gerichts wegen anzuordnen (§ 98 VwGO i.V.m. § 411 Abs. 3 ZPO), jedenfalls eine gesteigerte Darlegungslast. Über die Darlegung, in welche allgemeine Richtung eine mündliche Erläuterung des schriftlichen Gutachtens erstrebt wird, hinaus sind auch unabhängig von § 411 Abs. 4 ZPO hinreichend spezifiziert die Fragen(komplexe) zu bezeichnen, in Bezug auf die eine über das schriftliche Gutachten hinausgehende Aufklärung der von dem Gutachten erfassten Sachverhalte für erforderlich gehalten wird. Der durch die beabsichtigten Nachfragen erstrebte Erkenntnisgewinn ist zu umreißen. Dabei ist in hinreichender Auseinandersetzung mit den weiteren in das Verfahren eingeführten Erkenntnismitteln die Möglichkeit aufzuzeigen, dass durch diese weiteren Erkenntnismittel die durch eine mündliche Anhörung der Sachverständigen ergänzend aufzuklärenden Fragen nicht schon hinreichend geklärt sind, also weiterhin möglicherweise ein für die Entscheidung erheblicher Erkenntnisgewinn erreicht werden kann. Die Anforderungen orientieren sich nicht zuletzt (auch) an der Dichte, Qualität, Aktualität und Stabilität des Erkenntnisstandes zur allgemeinen Verfolgungslage in dem Herkunftsstaat, der Volatilität der Verfolgungslage und daran, ob bzw. in welchem Maße sich das Gutachten und die an den Sachverständigen zu stellenden Nachfragen auf die allgemeine Verfolgungslage in dem Herkunftsstaat beziehen oder ob hierbei Tatsachenfragen im Vordergrund stehen, die – bei allen Schwierigkeiten einer abstrakten Abgrenzung – ausschließlich oder vorrangig für das individuelle Verfolgungsgeschehen erheblich sind. Der Antrag muss weiterhin eine klare Beurteilung zulassen, ob die Ladung des Sachverständigen zur Erläuterung eines bereits schriftlich abgegebenen Gutachtens erstrebt wird oder ob der Sachverständige das Gutachten – in Bezug auf Ereignisse, Entwicklungen und Bewertungen, die nach dem Zeitpunkt der Erstellung des schriftlichen Gutachtens liegen – fortschreiben bzw. aktualisieren oder zu weiteren Fragen ergänzen soll. Diese Angaben sind erforderlich, um beurteilen zu können, ob sich die Entscheidung, einen Sachverständigen zu laden, nach § 98 VwGO i.V.m. § 411 Abs. 3 ZPO richtet oder es der Sache nach um die Erstellung eines neuen, weil auch auf neuere, nach der Gutachtenserstellung eingetretene Ereignisse und Entwicklungen bezogenen Gutachtens geht, dessen Anordnung sich nach § 98 VwGO i.V.m. § 412 Abs. 1 ZPO beurteilt (BVerwG, B.v. 23.9.2019 – 1 B 54.19 – juris Rn. 21 ff.).
2.2 Nach diesen Grundsätzen hat das Verwaltungsgericht die verfahrensrechtlichen Anforderungen oder das rechtliche Gehör nicht dadurch verletzt, dass es nicht das persönliche Erscheinen der Sachverständigen, die die in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erstellten Gutachten zu verantworten haben, die das Verwaltungsgericht im gegenständlichen Verfahren herangezogen hat, angeordnet und der Klägerseite dadurch nicht Gelegenheit gegeben hat, die Sachverständigen zu den Gutachten zu befragen. Der Antrag, die drei Gutachterinnen von Amnesty International (ai), des Institutes für Afrikakunde (GIGA) und der Schweizerischen Flüchtlingshilfe (SFH) zu der Beweisfrage zu hören, ob Personen, die wie der Kläger amharischer Volkszugehörigkeit und in Deutschland für die EPPF politisch aktiv sind bzw. oder waren, im Falle ihrer Rückkehr nach Äthiopien dort aus diesem Grunde festgenommen, für unbestimmte Zeit in Haft gehalten und misshandelt wurden und weiterhin werden, mit Haft und Misshandlung und/oder lebensbedrohlichen Übergriffen rechnen müssen, zielt schon nicht direkt auf eine Erläuterung der unter dem 19. Mai 2018 (GIGA), 11. Juli 2018 (ai) und 26. September 2018 (SFH) gegenüber dem Verwaltungsgerichtshof in den Verfahren 8 B 17.31645, 8 B 18.30252, 8 B 18.30257, 8 B 18.30261, 8 B 18.30274 und 8 B 18.30276 erstellten gutachterlichen Stellungnahmen. Der Sache nach betrifft der Antrag deren Fortschreibung und Aktualisierung auf den entscheidungs-erheblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung; ein sich aus den oder zu dem Gutachten selbst ergebender Erläuterungsbedarf wird jedenfalls nicht benannt (vgl. BayVGH, B. v. 8.6.2021 – 23 ZB 19.33844 – Rn. 28).
2.3 Auch soweit der Klägerbevollmächtigte in dem vorbereitenden Schriftsatz vom 20. Juni 2019 (S. 5) sowie in der Gegenvorstellung darauf verweist, die Gutachten seien jeweils mit einem unbestimmten Vorbehalt auf eine mögliche Änderung der Lage aufgrund des Eintritts von Abiy Ahmed in das Amt des Premierministers verbunden, welcher erläutert und konkretisiert werden müsse, um zu klären, wie sich nun die Lage sowohl bezogen auf bestimmte Gruppen als auch im Hinblick auf die jüngeren Ereignisse darstelle, zielt der Antrag auf eine Aktualisierung der Gutachten im Hinblick auf neuere Ereignisse, ohne einen konkreten Erläuterungsbedarf bezogen auf die jeweiligen Gutachten und die konkrete Beweisfrage, namentlich eine drohende Verfolgung wegen einer exilpolitischen Tätigkeit für die EPPF darzulegen (vgl. BayVGH, B. v. 8.6.2021 – 23 ZB 19.33844 – Rn. 29).
Die in der Zulassungsbegründung enthaltene Zielrichtung (vgl. dort S. 12), die Gutachterinnen von ai, der SFH sowie des GIGA hätten bei ihrer Anhörung erläutert, welche tatsächlichen innenpolitischen Faktoren sie bei ihrer jeweiligen Risikofeststellung in Erwägung gezogen hätten und wie diese bei der Feststellung und der gegebenen Prognose gewichtet worden seien, was ein erheblich genaueres Bild für die Lageeinschätzung und deren zeitliche Gültigkeit ergeben hätte, findet weder in den vorbereitenden Schriftsätzen noch im Beweisantrag oder – ausweislich der Sitzungsniederschrift – sonst einen Niederschlag und rechtfertigt nicht den Schluss, es sei – ausschließlich oder vorrangig – um die Erläuterung der jeweiligen Stellungnahme gegangen (vgl. hierzu auch BVerwG, B.v. 23.9.2019 – 1 B 54.19 – juris Rn. 27 ff.; BayVGH, B. v. 8.6.2021 – 23 ZB 19.33844 – Rn. 31).
2.4 Abgesehen hiervon wurden weder in den vorbereitenden Schriftsätzen noch – ausweislich der Sitzungsniederschrift – in der mündlichen Verhandlung die an die Sachverständigen zu dem jeweiligen Gutachten (nicht: zu dessen Aktualisierung) zu stellenden Fragen hinreichend genau bezeichnet oder wenigstens umrissen. Darüber hinaus fehlt es an einer hinreichend klaren Bezeichnung des (zusätzlichen) Erkenntnisgewinns, der mit der mündlichen Erläuterung der Gutachten erstrebt wurde, unter Auseinandersetzung mit den weiteren in das Verfahren eingeführten Erkenntnismitteln. Das Vorbringen lässt schließlich auch keine klare Beurteilung zu, ob die Ladung der Sachverständigen zur Erläuterung ihrer bereits schriftlich abgegebenen Gutachten erstrebt wurde oder ob die Sachverständigen die Gutachten – in Bezug auf Ereignisse, Entwicklungen und Bewertungen, die nach dem Zeitpunkt der Erstellung des schriftlichen Gutachtens liegen – fortschreiben bzw. aktualisieren oder zu weiteren Fragen ergänzen sollten. Jeder dieser Gründe schließt bereits einen prozessrechtlich beachtlichen, hinreichenden Antrag auf mündliche Anhörung aus; jedenfalls in ihrer Gesamtschau folgt hieraus, dass das Verwaltungsgericht nicht ohne prozessrechtlich tragenden Grund dem Antrag auf mündliche Anhörung nicht nachgegangen ist (vgl. BVerwG, B.v. 23.9.2019 – 1 B 54.19 – juris Rn. 29 f.).
2.5 Das Verwaltungsgericht hat den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör auch nicht dadurch verletzt, dass es dessen Antrag auf Einholung weiterer (mündlicher und schriftlicher) Sachverständigengutachten mit der Begründung hinreichender eigener Sachkunde zur Beurteilung der unter Beweis gestellten Fragen und damit zur eigenständigen Vornahme einer insoweit gebotenen Risikoprognose aufgrund der in der das Verfahren eingeführten Erkenntnismittel nicht nachgekommen ist.
a) Liegen zu einer erheblichen Tatsache bereits amtliche Auskünfte oder gutachtliche Stellungnahmen vor, richtet sich die im Ermessen des Gerichts stehende Entscheidung über einen Antrag auf Einholung weiterer Auskünfte oder Gutachten nach § 98 VwGO i.V.m. § 412 Abs. 1 ZPO. Danach kann das Gericht eine weitere Begutachtung anordnen, wenn es die vorliegenden Auskünfte oder Gutachten für ungenügend erachtet (§ 412 Abs. 1 ZPO). Das Tatsachengericht darf einen auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens oder einer amtlichen Auskunft gerichteten Beweisantrag insbesondere in asylgerichtlichen Verfahren, in denen regelmäßig eine Vielzahl amtlicher Auskünfte und sachverständiger Stellungnahmen über die politischen Verhältnisse im Heimatstaat zum Gegenstand des Verfahrens gemacht werden, im Allgemeinen nach tatrichterlichem Ermessen mit dem Hinweis auf eigene Sachkunde verfahrensfehlerfrei ablehnen und die Gefährdungsprognose im Einzelfall auf der Grundlage einer tatrichterlichen Beweiswürdigung eigenständig vornehmen. Eine solche Würdigung findet ihre Grundlage im Prozessrecht und verletzt weder das rechtliche Gehör noch die richterliche Aufklärungspflicht, wenn die in das Verfahren eingeführten Erkenntnisse zur Beurteilung der geltend gemachten Verfolgungsgefahren ausreichen und dies spätestens im Rahmen der in der Entscheidung vorzunehmenden Beweiswürdigung dargestellt und belegt wird. Auch die Pflicht zur „tagesaktuellen“ Erfassung der entscheidungsrelevanten Tatsachengrundlage ändert dabei nichts daran, dass die Frage, ob das Tatsachengericht die Einholung neuer Erkenntnisse für erforderlich erachtet, seiner nur eingeschränkt überprüfbaren fachgerichtlichen Einschätzung unterliegt (vgl. BVerwG, B.v. 17.9.2019 – 1 B 43.19 – juris Rn. 45 m.w.N.). Es hängt von den Umständen des Einzelfalls, insbesondere den jeweils in tatsächlicher Hinsicht in dem Verfahren in Streit stehenden Einzelfragen, ab, wie konkret das Gericht seine eigene Sachkunde nachweisen muss und inwieweit sich diese aus dem Gesamtinhalt der Entscheidungsgründe und der verarbeiteten Erkenntnisquellen ableiten lässt. Der Nachweis muss jedenfalls plausibel und nachvollziehbar sein (vgl. BayVGH, B. v. 8.6.2021 – 23 ZB 19.33844 – Rn. 33).
b) Ungenügend zur Vermittlung eigener Sachkunde des Gerichts sind Auskünfte und Gutachten insbesondere dann, wenn sie erkennbare Mängel aufweisen, etwa unvollständig, widersprüchlich oder sonst nicht überzeugend sind, wenn das jeweilige Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht oder wenn der Gutachter erkennbar nicht sachkundig ist bzw. Zweifel an seiner Unparteilichkeit bestehen. Das gerichtliche Ermessen kann sich auch dann zu der Pflicht neuerlicher Begutachtung verdichten, wenn durch neuen entscheidungserheblichen Sachvortrag der Beteiligten oder eigene Ermittlungstätigkeit des Gerichts die Aktualität der vorliegenden Auskünfte zweifelhaft oder wenn sonst das bisherige Beweisergebnis ernsthaft erschüttert wird. Schließlich kann die Erforderlichkeit der Einholung weiterer Auskünfte oder Gutachten auch darauf beruhen, dass die Fragestellung der bisherigen Gutachten sich – auf Grund tatsächlicher Entwicklungen oder wegen einer Rechtsprechungsänderung – als unzureichend erweist (vgl. BayVGH, B. v. 8.6.2021 – 23 ZB 19.33844 – Rn. 34).
c) Die Begründung des Zulassungsantrags zeigt nicht auf, dass den Auskünften und Gutachten, auf die das angefochtene Urteil und die Ablehnung des Beweisantrags gestützt sind, Mängel im oben dargelegten Sinne anhaften oder dass diese zur Beurteilung der Verfolgungsgefahr im konkreten Fall nicht (mehr) hinreichend aktuell waren. Anhaltspunkte dafür, dass sich dem Verwaltungsgericht die Notwendigkeit der vom Kläger beantragten Beweiserhebung hätte aufdrängen müssen, sind weder konkret vorgetragen noch sonst für den Senat ersichtlich. Dies gilt sowohl im Hinblick auf den Vortrag zur allgemeinen Lage in Äthiopien als auch speziell zur Situation von Personen, die wie der Kläger im Ausland für eine oppositionelle Organisation tätig gewesen sind.
aa) Zunächst ist weder vorgebracht noch erkennbar, dass die vom Verwaltungsgericht in Bezug genommenen Erkenntnismittel zur Beurteilung der Verfolgungsgefahr Mängel enthalten, von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgehen, unlösbare Widersprüche aufweisen oder auf nicht ausreichendem Fachwissen basieren (s. dazu BVerfG [Kammer], B.v. 24.4.1992 – 1 BvR 1721/91 – juris Rn. 14).
bb) Im Übrigen fehlt es an einer hinreichend klaren Bezeichnung des (zusätzlichen) Erkenntnisgewinns, der mit der Einholung weiterer Gutachten erstrebt werden sollte, unter Auseinandersetzung mit den in das Verfahren eingeführten Erkenntnismitteln. Das Verwaltungsgericht hat in das Verfahren zahlreiche Auskünfte und Stellungnahmen sachverständiger Stellen und Personen eingeführt (vgl. S. 2 der Sitzungsniederschrift; die Erkenntnismittelliste – Stand 11.3.2019 – wurde dem Bevollmächtigten mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung unter dem 20. Mai 2019 zugeleitet) und ausgewertet. Dabei hat es berücksichtigt, dass die Reformbestrebungen in Äthiopien in den letzten Monaten auch Rückschläge erlitten und die aufgebrochenen ethnischen Konflikte teilweise zu erheblicher Binnenflucht geführt haben, die Situation trotz des politischen Umbruchs noch nicht stabil ist und die tiefgreifenden Veränderungen noch nicht als gefestigt gewertet werden können (UA S. 15, S. 16 unter Bezugnahme auf BayVGH, U.v. 13.2.2019 – 8 B 17.31645 – juris). Dennoch ist es zu dem Ergebnis gekommen, dass infolge der grundlegenden Änderung der politischen Verhältnisse in Äthiopien seit dem Amtsantritt Abiys im April 2018 nicht mehr angenommen werden könne, dass äthiopische Staatsangehörige wie der Kläger aufgrund einer exilpolitischen Tätigkeit im Fall ihrer Rückkehr mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit von flüchtlingsrechtlich relevanten Verfolgungsmaßnahmen bedroht seien (UA S. 11 bis 15) und dass es insbesondere keinerlei Anhaltspunkte dafür gebe, dass nur prominente Oppositionspolitiker verschont würden, unbekannte Personen, die sich exilpolitisch betätigt hätten, jedoch weiterhin von Verfolgung bedroht seien.
cc) Dem hält der Kläger vor allem entgegen, dass die beigezogenen Erkenntnismittel nicht hinreichend aktuell seien, zumal sie insbesondere weder die sich zuspitzende Lage im Allgemeinen noch das landesweite gewaltsame Vorgehen der Sicherheitskräfte sowohl gegen die oromische als auch gegen die amharische und panäthiopische Opposition und auch nicht den Machtverlust der Regierung zugunsten regionaler Kräfte berücksichtigten (S. 4 bis 6 der Zulassungsschrift v. 6.9.2019). Zum Beleg wird verwiesen auf die Verfolgung von Amharen in der Herkunftsregion des Klägers (Gojjam) durch Tigray-Milizen (S. 4 f. der Zulassungsschrift v. 6.9.2019), die Verhaftung von Angehörigen der oromischen Opposition (S. 5 a.a.O.), zunehmende ethnische Konflikte und separatistische Bestrebungen in mehreren Landesteilen, darunter in der Provinz Tigray (S. 6 a.a.O.) und die allgemeine Volatilität der Verhältnisse (S. 6 und 7 a.a.O.). Diese Volatilität sei in den vom Verwaltungsgericht beigezogenen Quellen noch nicht berücksichtigte. Weiter wird auf eine massive Verschlechterung der Lage in Äthiopien seit September 2018 (unter Verweis u.a. auf einen Putschversuch des Militärs gegen Abiy Ahmed im Oktober 2018) sowie Unruhen und mit Massenverhaftungen verbundene Demonstrationen, ein mit dem vermeintlichen Machtverlust der Zentralregierung einhergehendes Erstarken der regionalen Herrschaftsapparate und interne Vertreibungen aufgrund ethnischer Konflikte verwiesen (S. 6 f. der Zulassungsschrift v. 6.9.20219). Weiter wird vorgetragen, dass sein letzter in Äthiopien lebender Verwandter seinen Heimatort wegen des Eintretens für die Sache der Amharen habe verlassen müssen (S. 5 a.a.O.).
Mit diesen Vorgängen und Vorkommnissen nennt die Klagepartei aber keine konkreten Anknüpfungstatsachen, aufgrund derer sich dem Verwaltungsgericht im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung unter Zugrundelegung seiner Rechtsauffassung eine weitere Aufklärung hätte aufdrängen müssen. Denn wie bereits ausgeführt hat das Verwaltungsgericht insbesondere unter Bezugnahme auf die Darlegungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs im Urteil vom 13. Februar 2019 – 8 B 17.31645 – (juris Rn. 36 bis 38) bei seiner Bewertung die bis Juni 2019 eingetretenen Veränderungen berücksichtigt und dazu ausgeführt, dass diese aktuellen politischen Vorgänge nicht dazu führten, die Einschätzung, zu revidieren, dass nicht mehr angenommen werden könne, dass äthiopische Staatsangehörige aufgrund ihrer exilpolitischen Tätigkeit im Falle ihrer Rückkehr mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit von flüchtlingsrelevanten Verfolgungsmaßnahmen bedroht seien (UA S. 11 ff., S. 15). Die Klagepartei könne sich auch nicht auf die in den letzten Monaten aufgebrochenen ethnischen Konflikte und die dadurch ausgelöste Binnenflucht berufen. Es ist unter Bezugnahme auf das Urteil des Verwaltungsgerichtshofes vom 13.2.2019 – 8 B 17.31645 – juris Rn. 36 bis 38) zu dem Ergebnis gekommen, dass es sich dabei nicht um gezielte staatliche Verfolgungsmaßnahmen gegen Oppositionelle wegen ihrer politischen Überzeugung, sondern um Vorfälle in der Umbruchsphase des Landes bzw. um Geschehnisse handelt, die sich nicht als Ausdruck willentlicher und zielgerichteter staatlicher Rechtsverletzungen, sondern als Maßnahmen zur Ahndung kriminellen Unrechts oder als Abwehr allgemeiner Gefahrensituationen darstellen (UA S. 16). Die Klagepartei zeigt insoweit nicht substantiiert auf, dass die von ihr angeführten Ereignisse sich quantitativ oder ihrer Art nach von denjenigen, die das Verwaltungsgericht unter Bezugnahme auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofs seiner Bewertung bereits zugrunde gelegt hat, derart unterscheiden, dass sich möglicherweise eine andere Beurteilung hinsichtlich der gezielten Verfolgung exilpolitisch tätiger Personen wie des Klägers ergeben könnte.
Soweit unter Verweis auf zunehmende lokale Konflikte mit ethnischen Auseinandersetzungen, die von Gewalttaten und Vertreibungen begleitet werden (S. 6 und 7 der Zulassungsschrift v. 6.9.20219), die mangelnde Aktualität der vom Verwaltungsgericht zugrunde gelegten Erkenntnismittel gerügt wird, bleibt der klägerische Vortrag unsubstantiiert, weil er sich nicht hinreichend mit den vom Verwaltungsgericht auch hierzu eingeführten aktuellen Erkenntnismitteln auseinandersetzt und insbesondere nicht nachvollziehbar darlegt, weshalb sich vor dem Hintergrund der angeführten Umstände und Ereignisse und der im Beweisantrag angeführten Quellen mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit eine Veränderung der Situation bezüglich einer dem Kläger drohenden Verfolgung wegen seiner exilpolitischen Betätigung in Deutschland ergeben könnte. Der knappe und pauschale Hinweis, der Kläger gehöre aufgrund seiner exilpolitischen Aktivitäten zur Zielgruppe örtlicher Milizen bzw. örtlicher Sicherheitskräfte (S. 5 der Zulassungsschrift v. 6.9.2019), reicht dazu nicht aus.
Die Notwendigkeit einer weiteren Sachaufklärung der Beweisfrage musste sich dem Verwaltungsgericht auch vor dem Hintergrund der im Beweisantrag genannten Quellen nicht aufdrängen. Insgesamt richten sich die Einwände der Klagepartei der Sache nach gegen die tatrichterliche Bewertung der Erkenntnisquellen, wonach es sich beim Vorgehen der Sicherheitskräfte im Hinblick auf die landesweiten gewalttätigen und mit zahlreichen Verhaftungen einhergehenden Zusammenstöße zwischen Regierung und Bevölkerung nicht um gezielte staatliche Verfolgungsmaßnahmen gehandelt habe.
dd) Auch greift der Einwand, der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, auf dessen Entscheidung vom 13. Februar 2019 – 8 B 17.31645 – sich das Verwaltungsgericht in seinem Urteil maßgeblich stütze, übersehe, dass die Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 7. Februar 2019 sich wesentlich auf eine drohende Verfolgung von Angehörigen der OLF bzw. der UOSG und nicht auf eine solche der vorliegend gegenständlichen EPPF beziehe, nicht durch. Zum einen haben der Bayerische Verwaltungsgerichtshof und das Verwaltungsgericht ihre tatrichterliche Bewertung, bei den ergriffenen Maßnahmen handle es sich nicht um gezielte staatliche Verfolgungsmaßnahmen gegen oppositionelle Organisationen bzw. deren Unterstützer, auch auf weitere Erkenntnisquellen gestützt (The Danish Immigration Service, September 2018, S. 5, 14; Länderinformationsblatt des Österreichischen Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 8. Januar 2019, S. 20, 22). Soweit die Klagepartei auch gegen letztere Quellen unzureichende Aktualität einwendet, wird auch hier nicht dargetan, dass und inwiefern aktuelle Entwicklungen unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung des Gerichts möglicherweise zu einer abweichenden Bewertung hätten führen können. Zum anderen legt das Zulassungsvorbringen ebenso wenig dar, inwiefern für die angeführte Organisation, für die der Kläger exilpolitisch tätig war und auf die sich das Beweisthema bezieht, nämlich die EPPF, etwas anderes gelten könnte. Insoweit berücksichtigt das Zulassungsvorbringen nicht hinreichend, dass das Auswärtige Amt in der betreffenden Auskunft vom 7. Februar 2019 ausführt, es sei nicht davon auszugehen, dass eine (einfache) Mitgliedschaft in einer in Deutschland exilpolitisch tätigen Organisation, die in Äthiopien nicht (mehr) als Terrororganisation eingestuft ist, bzw. in einer ihr nahestehenden Organisation bei aktueller Rückkehr nach Äthiopien negative Auswirkungen nach sich ziehe. Dass sich hieran durch die zwischenzeitliche Entwicklung der Verhältnisse in Äthiopien und die in der Zulassungsschrift angeführten Auseinandersetzungen 2018 und 2019 etwas geändert hätte, wird nicht in einer Weise dargetan, welche der entgegenstehenden Bewertung des Verwaltungsgerichts zur Notwendigkeit einer weiteren Beweiserhebung die Grundlage entzöge (vgl. auch BVerwG, B.v. 23.9.2019 – 1 B 40.19 – juris Rn. 50). Dem genügen auch nicht die Einwendungen gegen die vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof und dem Verwaltungsgericht herangezogene Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 7. Februar 2019 an das Verwaltungsgericht Dresden, den Lagebericht des Auswärtigen Amts vom Oktober 2018 sowie den Bericht des dänischen Innenministeriums vom September 2018, da auch sie sich der Sache nach gegen die tatrichterliche Bewertung dieser Erkenntnisquellen richten und im Übrigen lediglich unsubstantiiert deren mangelnde Aktualität rügen.
ee) Dass das Verwaltungsgericht seiner Pflicht, namentlich bei volatilen Sicherheits- bzw. Verfolgungslagen nur auf der Grundlage solcher Erkenntnismittel zu entscheiden, die Aufschluss über die jeweils aktuelle Verfolgungslage geben (BVerfG [Kammer], B.v. 21.4.2016 – 2 BvR 273/16 – NVwZ 2016, 1242 Rn. 1; B.v. 27.3. 2017 – 2 BvR 681/17 – NVwZ 2017, 1702 Rn. 11 f.; B.v. 25.4.2018 – 2 BvR 2435/17 – NVwZ 2018, 1563 Rn. 34), nur durch die Einholung weiterer mündlicher und schriftlicher Gutachten hätte nachkommen können, ist vor diesem Hintergrund weder hinreichend dargelegt noch sonst ersichtlich. Der Beweisantrag richtet sich im vorliegenden Fall daher letztlich auf eine neue Bewertung der vorliegenden Erkenntnisse. Das Gericht kann aber nicht verpflichtet sein, immer weitere Gutachten zu nach vorliegendem Erkenntnismaterial bereits zu beantwortenden Fragen einzuholen, bis diese zu einem anderen, der abweichenden Ansicht des Beweisantragstellers oder der Beweisantragstellerin entsprechenden Ergebnis gelangen (vgl. OVG Saarl, B.v. 22.1.2019 – 2 A 318/18 – juris Rn. 22).
ff) Das Vorbringen zur Sachkunde der Organisationen und Einzelpersonen, auf deren Stellungnahmen bzw. Einvernahmen die Beweisanträge gerichtet waren, zeigt nicht auf, dass diese im Vergleich zu den vom Verwaltungsgericht ausgewerteten Erkenntnisquellen über (qualitativ) bessere oder aktuellere Erkenntnisse verfügten. Allein der Hinweis auf die profunden und aktuellen Kenntnisse des Sachverständigen S1., des Ethiopian Human Rights Council (EHRC) und des UNHCR ersetzt nicht die Darlegung, aufgrund welcher konkreten Umstände sich dem Verwaltungsgericht im maßgeblichen Zeitpunkt seiner mündlichen Verhandlung eine weitere Beweiserhebung hätte aufdrängen müssen. Die zwingende Heranziehung einer Stellungnahme von UNHCR ergibt sich – entgegen der Auffassung des Zulassungsvorbringens – auch nicht aus Art. 10 Abs. 3 Buchst. b RL 2013/32/EU (Asylverfahrensrichtlinie). Denn danach ist lediglich sicherzustellen, dass genaue und aktuelle Informationen aus verschiedenen Quellen einzuholen sind. Dies ist hier geschehen (BVerwG, B.v. 21.10.2019 – 1 B 49/19 – juris Rn. 49).
gg) Dass die beantragte Beweiserhebung ganz oder teilweise erforderlich gewesen wäre, um ein hinreichend breites Bild von der Verfolgungslage zu erlangen, ist ebenfalls nicht substantiiert dargelegt. Dies gilt sowohl in Bezug auf eine ergänzende Aktualisierung der vom Verwaltungsgericht herangezogenen Stellungnahmen durch die mündliche Anhörung der Gutachter(innen) als auch für die Einholung weiterer Stellungnahmen.
hh) Auch liegt entgegen der Auffassung des Klägers keine Gehörsverletzung darin, dass das Verwaltungsgericht die Ablehnung des Beweisantrags im Urteil unter Berücksichtigung der klägerischen Gegenvorstellung ergänzend begründet hat und mit diesem „Nachschieben von neuen Gründen“ zur Ablehnung des Beweisantrags dem Kläger die Gelegenheit zur Nachbesserung seines Antrags abgeschnitten habe. Die Gegenvorstellung stellt eine Anregung an das Gericht dar, die nicht isoliert angreifbare Ablehnung des Beweisantrags (§ 146 Abs. 2 VwGO) im Rahmen der Selbstkontrolle nochmals zu prüfen. Deshalb ist ein förmlicher Beschluss über eine in der mündlichen Verhandlung erhobene Gegenvorstellung nicht erforderlich, vielmehr reicht es aus, wenn das Verwaltungsgericht in den Urteilsgründen zum Ausdruck bringt, aus welchen Gründen es der Gegenvorstellung nicht folgt (BayVGH, B.v. 20.11.2017 – 11 ZB 17.31318 – juris Rn. 3 m.w.N.). Daran gemessen war bereits die in der mündlichen Verhandlung am 11. Juli 2019 protokollierte Ablehnungsbegründung prozessordnungsgemäß und – wie ausgeführt – fehlerfrei.
Im Übrigen ist selbst dann, wenn ein Beweisantrag im Termin zur mündlichen Verhandlung prozessordnungswidrig abgelehnt wird, sich aber in den schriftlichen Urteilsgründen eine Begründung findet, die die Ablehnung hätte tragen können, eine Gehörsrüge nur dann schlüssig erhoben, wenn der Beweisantragsteller darlegt, wie er sich auf die ihm erst durch das Urteil bekannt gewordenen, für sich gesehen prozessordnungsgemäßen Ablehnungsgründe erklärt hätte, weil sonst nicht beurteilt werden kann, ob sich die nach § 86 Abs. 2 VwGO verspätete Bekanntgabe der prozessordnungsgemäßen Ablehnungsgründe überhaupt auf die Entscheidung ausgewirkt haben kann (BayVGH, B.v. 20.11.2017 – 11 ZB 17.31318 – juris Rn. 7; B.v. 1.4.2020 – 14 ZB 19.31233 – juris Leitsatz und Rn. 8 m.w.N.; B.v. 11.6.2021 – 23 ZB 19.33381 – Rn. 59 ff. m.w.N.).
Soweit der Bevollmächtigte des Klägers in der Zulassungsschrift (S. 10) insofern anführt, er hätte andernfalls nochmals detailliert zur Änderung der Lage vortragen, namentlich geltend machen können, dass die beiden vom Verwaltungsgericht herangezogenen Veröffentlichungen allein den Machterhalt des Premierministers thematisierten, nicht aber die mittlerweile durch „die Ethniesierung und Regionalisierung der staatlichen Machtzentren neu entstandene Lage“, wendet sich die Klagepartei mit diesem Vorbringen gegen die verwaltungsgerichtliche Feststellung und rechtliche Würdigung der konkreten Umstände, unter denen der Kläger nach Äthiopien zurückkehren würde; die Sachverhalts- und Beweiswürdigung durch das Verwaltungsgericht stellt im Grundsatz jedoch keine Frage des rechtlichen Gehörs dar, sondern ist dem sachlichen Recht zuzurechnen und rechtfertigt die Zulassung der Berufung nach § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG nicht (vgl. BayVGH, B.v. 7.6.2021 – 23 ZB 19.33381 – Rn. 61).
2.6 Auch mit der Rüge, das Verwaltungsgericht habe den Beweisantrag 1 („Verfolgung als Amhare in seiner Heimatregion Gojjam“), mit dem der Kläger die in seiner Heimatregion Gojjam als Amhare drohende Verfolgung unter Beweis stellt (s.o.), prozessordnungswidrig abgelehnt, wird kein Gehörsverstoß nach Maßgabe von § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG aufgezeigt.
Es mangelt dem Zulassungsantrag bereits an der Darlegung, dass dieser Beweisantrag im erstinstanzlichen Verfahren ordnungsgemäß gestellt wurde, was insbesondere die Mitteilung des Beweisthemas und des angebotenen Beweismittels erfordert (BayVGH, B.v. 9.1.2018 – 10 ZB 16.30102 – juris Rn. 7; OVG NRW, B.v. 18.10.2017 – 13 A 2430/17.A – juris Rn. 16; SächsOVG, B.v. 5.4.2019 – 3 A 287/19 – juris Rn. 19). Ein Beweisantrag muss hiernach hinreichend substantiiert werden, d. h. im Einzelnen darlegen, welche rechtlich erheblichen Beweistatsachen von dem – zu jeder Tatsache jeweils besonders zu bezeichnenden – angeführten Beweismittel zu erwarten sind, um das Gericht in die Lage zu versetzen, die Tauglichkeit des Beweismittels zu beurteilen (vgl. BVerfG [Kammer], B.v. 8.5.1991 – 2 BvR 1245/84 – juris Rn. 13; Marx, Aufenthalts-, Asyl- und Flüchtlingsrecht, 7. Aufl. 2020, § 9 Rn. 156, m.w.N.).
Der Beweisantrag wird auch unter Berücksichtigung des weiteren Klagevorbringens vor dem Hintergrund des rechtlichen Regimes über die Gewährung des Flüchtlingsschutzes nach der RL 2011/95/EU (Qualifikations-/Anerkennungs-richtlinie) bzw. § 3 ff. AsylG dem Substantiierungserfordernis nicht gerecht; letztlich wird seine Zielrichtung, die „Verfolgung des Klägers – Vertreibung mithilfe der Sicherheitskräfte – aufgrund seiner Volkszugehörigkeit“ unter Beweis zu stellen, erst in der Zulassungsschrift (S. 14 f.) eindeutig zum Ausdruck gebracht. Im vorbereitenden Schriftsatz des Bevollmächtigten des Klägers vom 20. Juni 2019 (S. 1 und 2) wird zwar ausgeführt, dass in der Heimatregion des Klägers Gojjam, Amharen mit Haft und Misshandlung und/oder lebensbedrohlichen Übergriffen rechnen müssten, da in dieser Region mittlerweile Tigray-Milizen agierten, die ihrerseits von den örtlichen Sicherheitskräften gedeckt bzw. unterstützt würden. Es wird aber – wie indes zum Vortrag eines relevanten Verfolgungsschicksals erforderlich – keine Anknüpfungstatsache dazu angeführt, geschweige denn unter Beweis gestellt, dass es sich hierbei um staatliche oder im Rahmen sog. „Amtswalterexzesse“ dem äthiopischen Staat zurechenbare Verfolgungshandlungen i.S.v. Art. 6 Buchst. a RL 2011/95/EU bzw. § 3c Nr. 1 AsylG oder nichtstaatliche Verfolgung bei fehlender staatlicher Schutzbereitschaft i.S.v. Art. 6 Buchst. c RL 2011/95/EU bzw. § 3c Nr. 3 AsylG handeln könnte; der Hinweis auf den Wolkait-Konflikt sowie die gewaltsame Vertreibungen von über 800.000 Gedeos von Guji-Oromos aus West-Guji betrifft insoweit allein das behauptete Vorgehen von Guji-Oromos gegen Gedeos in West-Guji (a.a.O. S. 4).
Ferner legt die Zulassungsschrift nicht dar, dass – wie zur Geltendmachung einer Gehörsrüge erforderlich – seitens der Klagepartei hinsichtlich des Beweisantrags alle prozessualen Möglichkeiten, sich rechtliches Gehör zu verschaffen, ausgeschöpft wurden. So hat der Kläger es ausweislich der Niederschrift versäumt, in der mündlichen Verhandlung nach Ablehnung des Beweisantrags bezogen auf die vom Verwaltungsgericht mitgeteilte Ablehnungsbegründung die aus seiner Sicht maßgebenden Gründe für die Prozessordnungswidrigkeit der Beweisablehnung konkret aufzuzeigen und ggf. den Beweisantrag „nachzubessern“. Zwar wurde Gegenvorstellung erhoben (vgl. S. 5 der Niederschrift), diese bezog sich indes nach der protokollierten Begründung – dem Einwand der fehlenden Aktualität der vom Gericht beigezogenen Erkenntnismittel – nicht jedoch konkret auf den erweiterten Teil des Beweisantrags bezogen auf die Heimatregion des Klägers.
Unabhängig davon vermag der Kläger nicht darzulegen, dass die Ablehnung des Beweisantrags als unerheblich keine Stütze im Prozessrecht findet, weil er in willkürlicher Weise erfolgt sei.
Willkürlich ist ein Richterspruch, wenn er sich unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich als vertretbar darstellt und sich daher der Schluss aufdrängt, dass er auf sachfremden Erwägungen beruht. Fehlerhafte Rechtsanwendung allein macht eine Gerichtsentscheidung nicht willkürlich. Von Willkür kann insbesondere nicht gesprochen werden, wenn das Gericht sich mit der Rechtslage eingehend auseinandersetzt und seine Auffassung nicht jeden sachlichen Grundes entbehrt (BVerfG, B.v. 22.5.2015 – 1 BvR 2291/13 – juris Rn. 5; BayVGH, B.v. 20.2.2019 – 13a ZB 17.31832 – juris Rn. 10).
Gemessen daran liegt in der Ablehnung des Beweisantrags in der mündlichen Verhandlung keine Verletzung des rechtlichen Gehörs des Klägers. Mit dem Antrag sollte, wie sich (erst) aus der Zulassungsschrift (vgl. S. 14 f.) ergibt, die Verfolgung des Klägers aufgrund seiner amharischen Volkszugehörigkeit in deiner Herkunftsregion Gojjam (auch) mithilfe (staatlicher) Sicherheitskräfte unter Beweis gestellt werden. Das Verwaltungsgericht hat in seiner Urteilsbegründung ausgeführt, der Kläger könne sich für die Annahme einer ihm mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohenden flüchtlingsrechtlich relevanten Verfolgung weder auf die von ihm dargestellten Erlebnisse in Äthiopien noch auf die dort in den letzten Monaten aufgebrochenen ethnischen Konflikte (UA S. 12 ff.) berufen und führt hierzu aus, es handle sich nicht um gezielte staatliche Verfolgungsmaßnahmen gegen Oppositionelle wegen ihrer politischen Überzeugung, sondern um Vorfälle in der Umbruchsphase des Landes bzw. um Geschehnisse, die sich nicht als Ausdruck willentlicher und zielgerichteter staatlicher Rechtsverletzungen darstellten, sondern als Maßnahmen zur Ahndung kriminellen Unrechts oder als Abwehr allgemeiner Gefahrensituationen (UA S. 16).
Das Gericht hat sich mithin mit der Frage einer flüchtlingsrechtlich relevanten Verfolgung des Klägers unter diversen Aspekten und unter Auswertung der Erkenntnismittel auseinandergesetzt und ist zu der Rechtsauffassung gelangt, dass dem Kläger nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine „staatliche“ Verfolgung droht. Diese Einschätzung stellt sich nicht als rechtlich völlig unvertretbar dar und beruht damit nicht offensichtlich auf sachfremden Erwägungen, selbst, wenn die ihr zugrundeliegende Rechtsauffassung fehlerhaft sein sollte.
Soweit der Bevollmächtigte des Klägers darauf verweist, dass weder in dem verwaltungsgerichtlichen Urteil noch in dem von diesem in Bezug genommenen Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 13. Februar 2019 – 8 B 17.31645 – (juris) das Thema der Verfolgung einer bestimmten Volksgruppe auch durch die Sicherheitskräfte thematisiert worden sei, ist ihm zum einen entgegenzuhalten, dass er selbst erst in der Zulassungsschrift, nicht aber schon im Beweisantrag selbst, den Aspekt gezielter staatlicher oder vom Staat unterstützter Repressalien gegenüber Amharen in der Heimatregion des Klägers Gojjam anknüpfend an seine ethnische Volkszugehörigkeit geltend gemacht hat. Zum anderen hat er sich dabei nicht in erforderlicher Weise damit auseinandergesetzt, dass das Verwaltungsgericht (unter Bezugnahme auf BayVGH, U.v. 13.2.2019 – 8 B 17.31645 – juris Rn. 36 bis 38) bei der Bewertung, dass es sich bei den ethnischen Konflikten nicht um Geschehnisse im Sinne willentlicher und zielgerichteter staatlicher Rechtsverletzungen handelt, auch die Beteiligung der staatlichen Sicherheitskräfte berücksichtigt hat. So sei es nicht nur innerhalb der Ethnien zu gewalttätigen Auseinandersetzungen gekommen, sondern mehrfach auch zwischen der Regierung und der Bevölkerung, etwa als die Polizei bei einer Demonstration gegen die Untätigkeit der Regierung bezüglich der ethnisch motivierten landesweiten Zusammenstöße die Demonstranten gewaltsam vertrieben und dabei mehrere Personen erschossen habe (BayVGH, U.v. 13.2.2019 a.a.O. juris Rn. 36 m.w.N.); auch gebe es weiterhin Vertreibungen und Gewaltkonflikte zwischen verschiedenen Volksgruppen sowie den Sicherheitskräften in den Regionen (BayVGH, U.v. 13.2.2019 a.a.O. juris Rn. 37 m.w.N.).
Damit erweist sich auch der Einwand in der Zulassungsschrift, das Verwaltungsgericht habe eine die Erheblichkeit der Beweisbehauptung beseitigende Feststellung einer zumutbaren inländischen Fluchtalternative gemäß Art. 8 Abs. 1 RL 2011/95/EU nicht vorgenommen, vielmehr seien seine Feststellungen zur Existenzmöglichkeit des Klägers namentlich in Addis Abeba allein am Maßstab einer möglichen Verletzung der durch § 60 Abs. 5, Abs. 7 Satz 1 AufenthG geschützten Rechte ausgerichtet, als unbehelflich. Denn nachdem das Gericht vertretbar zu der Rechtsauffassung gelangt ist, dass keine Anhaltspunkte für eine flüchtlingsrechtlich relevante Verfolgung des Klägers bestehen, kam es aus seiner Sicht auf die Frage des internen Schutzes i.S.v. Art. 8 RL 2011/95/EU bzw. § 3e AsylG nicht (mehr) an.
3. Mit der Rüge, das Verwaltungsgericht habe den Beweisantrag 2, mit dem beantragt wurde,
Beweis zu erheben über die Behauptung des Klägers, ihm wäre es nicht möglich, in Äthiopien insbesondere außerhalb Gojjams bzw. in Addis Abeba oder einer anderen Stadt eine das Überleben ermöglichende Existenz zu führen,
durch:
Stellungnahme von amnesty international;
Anhörung der Gutachterin;
Stellungnahme des Institutes für Afrika-Kunde;
Anhörung der Gutachterin;
Stellungnahme der SFH;
Anhörung der Gutachterin;
Stellungnahme des UNHCR;
Stellungnahme des Ethiopian Human Rights Council, Support-Committee, Me. Ad. Ka., R2. Str. 41, 4… W.;
Stellungnahme des Herrn G. S1., S2.strasse, 6… F. am Main;
Anhörung des G. S1.,
prozessordnungswidrig abgelehnt, wird nach den vorstehend dargelegten Maßstäben (s.o.) ebenfalls kein Gehörsverstoß dargelegt (§ 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG).
Die Klägerseite vermag nach den vorstehenden Maßstäben auch hier nicht darzulegen, dass die Ablehnung des Beweisantrags im Prozessrecht keine Stütze findet. Das Verwaltungsgericht hat den Beweisantrag durch in der mündlichen Verhandlung verkündeten Beschluss mit der Begründung abgelehnt, es besitze aufgrund der in das Verfahren eingeführten Erkenntnisquellen hinreichende eigene Sachkunde zur Beurteilung des Beweisantrags. Es sei für das Gericht nicht erkennbar, dass die vorhandenen Erkenntnismittel hinsichtlich der Beweisfrage wegen unauflösbarer Widersprüche oder wegen Zweifeln an der Sachkunde oder der Unparteilichkeit des jeweiligen Verfassers mit erkennbaren Mängeln behaftet oder wegen unzutreffender tatsächlicher Grundlagen unverwertbar oder wegen einer Veränderung der Verhältnisse nicht mehr für eine Bewertung geeignet seien. Zu der Gegenvorstellung des Bevollmächtigten des Klägers, die Erkenntnismittel seien nicht hinreichend aktuell, denn sie berücksichtigten nicht die neuen Vorgänge bis Juni 2019, die angebotenen Beweismittel stellten bessere Erkenntnismittel dar, und es sei nicht berücksichtigt worden, dass sich die soziale Lage durch mittlerweile ungefähr drei Millionen Binnenflüchtlinge erheblich geändert habe, hat das Gericht im Urteil ausgeführt, sie enthalte nichts, was die Entscheidung des Gerichts hinsichtlich der Ablehnung des Beweisantrags substantiiert in Frage stellen könnte (UA S. 21).
Hiergegen ist nichts zu erinnern.
3.1 Der vorliegende Beweisantrag auf Einholung neuer schriftlicher und mündlicher Sachverständigengutachten zielt darauf, das Gericht im Rahmen seiner rechtlichen Würdigung zur Feststellung eines nationalen Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 AufenthG in der Person des Klägers zu bewegen. In einem solchen Fall muss der Beweisantragsteller einzelne Tatsachen darlegen, die eine entsprechende Würdigung fundieren, und solche Tatsachen unter Beweis stellen. Hat das Verwaltungsgericht zu diesen Tatsachenfragen bereits Erkenntnisquellen in das Verfahren eingeführt, ist zusätzlich eine substantiierte Darlegung erforderlich, dass und inwiefern diese zur Beantwortung der betreffenden Fragen nicht (mehr) ausreichend und geeignet sind (s.o. 2.5).
a) Diesen Anforderungen genügt das Zulassungsvorbringen nicht. Es werden keine Anknüpfungstatsachen genannt, die es als wahrscheinlich erscheinen lassen, dass die unter Beweis gestellte Behauptung zutreffen und in der Person des Klägers ein Abschiebungsverbot festzustellen sein könnte. Schlechte humanitäre Verhältnisse im Herkunftsland können nur in besonderen Ausnahmefällen ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK wegen einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung begründen (vgl. BVerwG, B.v. 8.8.2018 – 1 B 25.18 – juris Rn. 9). Sind Armut und ein Mangel an staatlichen Mitteln ursächlich für schlechte humanitäre Bedingungen, kann dies nur in „ganz außergewöhnlichen Fällen“ zu einer Verletzung von Art. 3 EMRK führen, nämlich dann, wenn die humanitären Gründe „zwingend“ sind (vgl. EGMR, U. v. 28.6.2011 – 8319/07 – NVwZ 2012, 681 Rn. 278, 282 f.; BVerwG, U. v. 31.1.2013 – 10 C 15.12 – NVwZ 2013, 1167 Leitsatz 3 und Rn. 23; VGH BW, U. v. 12.10.2018 – A 11 S 316/17 – juris Rn. 82 ff. m.w.N.). Abschiebungsschutz in verfassungskonformer Anwendung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG kann ein Ausländer ausnahmsweise beanspruchen, wenn er bei einer Rückkehr aufgrund schlechter humanitärer Bedingungen mit hoher Wahrscheinlichkeit alsbald nach der Rückkehr einer extremen Gefahrenlage ausgesetzt wäre (vgl. BVerwG, U. v. 31.1.2013 – 10 C 15.12 – BVerwGE 146, 12 = juris Rn. 31 f. m.w.N.). Insoweit sind die Verhältnisse im ganzen Land in den Blick zu nehmen und zunächst die Verhältnisse am Zielort der Abschiebung zu prüfen (BVerwG, U.v. 31.1.2013 a.a.O. Rn. 38).
Dass sich der Kläger als gesunder und erwerbsfähiger Mann im Falle seiner Rückkehr nach Äthiopien in einer derartigen besonders gravierenden Lage befände, legt die Zulassungsschrift nicht dar, vielmehr verweist die Klägerseite allgemein auf eine allgemeine Verschlechterung der wirtschaftlichen und sozialen Lage namentlich in Addis Abeba aufgrund der hohen Zahl von Binnenflüchtlingen in Äthiopien und auf die Angewiesenheit von mehr als acht Millionen Äthiopiern auf Nahrungsmittelhilfe sowie die zunehmende Beanspruchung Addis Abebas durch die Oromos als “ihre Stadt“ unter Verdrängung der Amharen vom Wohn- und Arbeitsmarkt (S. 16 und 17 der Zulassungsschrift v. 6.9.20219).
b) Unabhängig hiervon fehlt es an einer detaillierten Auseinandersetzung mit den vom Verwaltungsgericht in das Verfahren eingeführten Erkenntnismitteln und an der substantiierten Darlegung ihrer mangelnden Aktualität. Das Verwaltungsgericht hat ausweislich der dem Klägerbevollmächtigten mit Schreiben vom 20. Mai 2019 übersandten Erkenntnismittelliste (Stand 11.3.2019) und in der mündlichen Verhandlung am 11. Juli 2019 hinreichend aktuelle Erkenntnisquellen in das Verfahren eingeführt, die die Thematik der humanitären Bedingungen bei einer Rückkehr nach Äthiopien behandeln, so etwa den Lagebericht des Auswärtigen Amts vom 8. April 2019 (Stand Februar 2019, nachfolgend: Lagebericht) sowie insbesondere auch das Länderinformationsblatt Äthiopien des Österreichischen Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 8. Januar 2019 (nachfolgend: Länderinformationsblatt). Hierin wird zur humanitären Versorgung u.a. ausgeführt, dass in Äthiopien derzeit fast acht Millionen Menschen unter einer unsicheren Nahrungsmittelversorgung litten und humanitäre Hilfe benötigten. Hinzu komme eine hohe Arbeitslosigkeit, die durch die Schwäche des modernen Wirtschaftssektors und die anhaltend hohe Zuwanderung aus dem ländlichen Raum verstärkt werde (vgl. Länderinformationsblatt vom 8.1.2019, S. 33 f; Lagebericht vom 8.4.2019, S. 21). Es gebe 2,9 Millionen Binnenvertriebene in Äthiopien (Lagebericht vom 8.4.2019, S. 12).
Das Zulassungsvorbringen setzt sich hiermit nicht substantiiert auseinander. Anhaltspunkte dafür, dass sich dem Verwaltungsgericht im Zeitpunkt seiner mündlichen Verhandlung eine weitere Sachaufklärung hätte aufdrängen müssen, sind vor diesem Hintergrund nicht gegeben. Im Hinblick darauf, dass neben der hohen Gesamtzahl an Binnenflüchtlingen und an auf humanitäre Hilfe Angewiesener gerade auch die vom Bevollmächtigten des Klägers angeführte Problematik der anhaltend hohen Zuwanderung aus dem ländlichen Raum, mithin die Landflucht in die urbanen Gebiete, und die dadurch verschärfte Arbeitsmarktsituation in den vom Verwaltungsgericht zu Grunde gelegten Erkenntnismitteln bereits berücksichtigt sind, sind keine Anhaltspunkte dafür vorgetragen oder ersichtlich, dass sich dem Verwaltungsgericht die Notwendigkeit der vom Kläger beantragten Beweiserhebung hätte aufdrängen müssen. Allein das Vorbringen zur besonderen Sachkunde der Organisationen und Einzelpersonen, auf deren Stellungnahmen bzw. Einvernahmen die Beweisanträge gerichtet waren (vgl. S. 11, 12 und 17 f. der Zulassungsschrift), zeigt nicht auf, dass diese im Vergleich zu den vom Verwaltungsgericht ausgewerteten Erkenntnisquellen über (qualitativ) bessere oder aktuellere Erkenntnisse verfügten. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die vorstehenden Ausführungen unter 2. verwiesen.
c) Auch liegt keine Gehörsverletzung darin, dass das Verwaltungsgericht der Gegenvorstellung des Bevollmächtigten des Klägers zu der Ablehnung des Beweisantrags – ein Großteil der landesweit insgesamt etwa drei Millionen Binnenvertriebenen halte sich in Addis Abeba auf und die Stadt sei am Rande des Kollapses – nicht weiter nachgegangen ist. Die Gegenvorstellung stellt eine Anregung an das Gericht dar, die nicht isoliert angreifbare Ablehnung des Beweisantrags (§ 146 Abs. 2 VwGO) im Rahmen der Selbstkontrolle nochmals zu prüfen. Deshalb ist ein förmlicher Beschluss über eine in der mündlichen Verhandlung erhobene Gegenvorstellung nicht erforderlich, vielmehr reicht es aus, wenn das Verwaltungsgericht in den Urteilsgründen zum Ausdruck bringt, aus welchen Gründen es der Gegenvorstellung nicht folgt (BayVGH, B.v. 20.11.2017 – 11 ZB 17.31318 – juris Rn. 3 m.w.N.). Daran gemessen war bereits die in der mündlichen Verhandlung am 11. Juli 2019 protokollierte Ablehnungsbegründung prozessordnungsgemäß und – wie ausgeführt – fehlerfrei (vgl. BayVGH, B.v. 7.6.2021 – 23 ZB 19.33381 – Rn. 58 ff.).
4. Der Zulassungsantrag legt auch keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dar.
Der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG setzt voraus, dass der Rechtsmittelführer erstens eine konkrete und gleichzeitig verallgemeinerungsfähige Rechts- oder Tatsachenfrage formuliert, zweitens ausführt, aus welchen Gründen diese klärungsfähig ist, also für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts entscheidungserheblich war, und drittens erläutert, aus welchen Gründen sie klärungsbedürftig ist, mithin aus welchen Gründen die ausstehende obergerichtliche Klärung im Berufungsverfahren zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten ist und ihr eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt. Die Grundsatzfrage muss zudem anhand des verwaltungsgerichtlichen Urteils rechtlich aufgearbeitet sein. Dies erfordert regelmäßig, dass der Rechtsmittelführer die Materie durchdringt und sich mit den Erwägungen des Verwaltungsgerichts auseinandersetzt. Bei einer auf tatsächliche Verhältnisse gestützten Grundsatzrüge muss der Rechtsmittelführer zudem Erkenntnisquellen zum Beleg dafür angeben, dass die Feststellungen, Erkenntnisse und Einschätzungen des Verwaltungsgerichts unzutreffend oder zumindest zweifelhaft sind (vgl. BayVGH, B.v. 10.12.2020 – 23 ZB 20.32264 – Rn. 10 m.w.N.).
4.1 Nach diesen Maßstäben legt das Zulassungsvorbringen keine grundsätzliche Bedeutung dar. Die von der Klägerseite aufgeworfene Frage,
„ob äthiopische Staatsangehörige amharischer Volkszugehörigkeit, die sich im Exil gegen eine Unterdrückung der Amharen in Äthiopien durch die die Regierung der EPRDF eingesetzt haben und einsetzen, bei ihrer Rückkehr nach Äthiopien dort in jedem Falle mit Haft und Misshandlung aufgrund ihrer im Exil an den Tag gelegten Haltung rechnen müssen“,
ist nicht mehr klärungsbedürftig, da sie auf der Grundlage der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs auch ohne Durchführung eines (nochmaligen) Berufungsverfahrens beantwortet werden kann. Danach kann aufgrund der grundlegenden Änderung der politischen Verhältnisse in Äthiopien seit April 2018 und infolge der daraus resultierenden Situation für Oppositionelle nicht angenommen werden, dass äthiopischen Staatsangehörigen, die sich in Deutschland exilpolitisch betätigt haben, bei einer Rückkehr mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung, Bestrafung oder eine unmenschliche Behandlung droht (vgl. etwa BayVGH, U.v. 12.12.2019 – 8 B 19.31004 – juris Rn. 38 ff.; BayVGH, U.v. 13.2.2019 – 8 B 18.30261 – juris Rn. 44).
4.2 An dieser Einschätzung vermag der Vortrag des Klägers nichts zu ändern. Unter Bezugnahme auf verschiedene Veröffentlichungen (Oromia Support Group, Human Rights Abuses in Ethiopia, July 2019; The Reporter, Human Rights Council expresses concern over recent mass arrests, 20. Juli 2019; Reporters sans frontières, Don’t revers cours on press freedom, RFS urges Ethiopia, 22.7.2019; G. S1., Bericht vom 16.4.2019 an Rechtsanwalt B.; vgl. S. 19 der Zulassungsschrift) sowie den Lagebericht des Auswärtigen Amts vom 8. April 2019 verweist der Kläger darauf, dass es zu extralegalen Tötungen, willkürlichen Massenverhaftungen und politisch motivierten Inhaftierungen, Folter und anderen Misshandlungen gekommen sei. Die genannten Berichte wurden dem Senat allerdings nicht vorgelegt und es ist insoweit nicht Aufgabe des Berufungsgerichts, sich selbst ggf. entscheidungserhebliche Tatsachen zusammenzusuchen oder aus nicht näher erläuterten Erkenntnisquellen herauszuarbeiten (vgl. BayVGH, B.v. 30.9.2020 – 23 ZB 20.31855 – Rn. 8). Aus den im Zulassungsantrag geschilderten, allerdings überwiegend nicht näher konkretisierten Vorkommnissen sowie den zitierten Aussagen aus dem Lagebericht des Auswärtigen Amts vom 8. April 2019 ergibt sich nicht wie vorgetragen, dass die bisherige Einschätzung der Lage in Äthiopien bezüglich der Gefahr einer politisch bedingten Verfolgung oppositioneller Rückkehrer amharischer Volkszugehörigkeit infolge einer grundlegenden Verschlechterung der maßgeblichen Umstände einer erneuten Prüfung in einem Berufungsverfahren zu unterziehen wäre. Insbesondere enthalten das Zulassungsvorbringen und der Lagebericht keinerlei Aussagen dazu, dass Personen wegen einer oppositionellen Tätigkeit im Exil oder einer Flucht in das Ausland Nachteile zu befürchten hätten. Die Zulassungsschrift zitiert nur eine begrenzte Zahl von Einzelvorfällen, die sich aus besonderen konkreten Umständen entwickelt haben, wie dem Putschversuch in Amhara. Verhaftungen auch einer größeren Anzahl von Personen nach erheblichen gewaltsamen Unruhen stellen für sich noch keine Verfolgung dar und belegen insbesondere keine allgemeine Verfolgungsgefahr für den Kläger. Die referierte Aussage im Lagebericht (S. 9), es habe zahlreiche Berichte von Folter, Misshandlungen und Hinrichtungen, insbesondere während der Untersuchungshaft und gegenüber Häftlingen gegeben, die verdächtigt werden, mit Terrororganisationen in Verbindung zu stehen, wobei abzuwarten bleibe, inwieweit sich dies mit der Änderung der Verhältnisse seit Amtsantritt von Abiy Ahmed ändern werde, ist ebenfalls nicht geeignet, mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit die Gefahr einer Verfolgung des Klägers aufgrund seiner exilpolitischen Betätigung zu begründen.
Der Kläger hat daher in keiner Weise dargelegt, dass die bisherige Rechtsprechung auf die Mitglieder und Unterstützer der EPRP wie den Kläger nicht mehr angewendet werden könne. Auch die Zitate aus dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 8. April 2019 geben keinen Grund zu der Vermutung, dass der Kläger aufgrund seiner exilpolitischen Tätigkeit bei einer Rückkehr nach Äthiopien mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit flüchtlingsrechtlich relevante Verfolgungsmaßnahmen befürchten müsse.
Die Zunahme ethnischer Spannungen und gewaltsamer Auseinandersetzungen hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof bei seiner umfassenden Bewertung im Übrigen bereits berücksichtigt (BayVGH, U.v. 12.12.2019 – 8 B 19.31004 – juris Rn. 47 ff.). Insoweit liegt der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs bereits zugrunde, dass es sich bei den von Klägerseite angeführten Vorkommnissen in erster Linie um ethnische Konflikte zwischen Oromo und anderen Volksgruppen sowie um Auseinandersetzungen zwischen militanten Oromo und Sicherheitskräften handelt, auf die der äthiopische Staat im Rahmen der allgemeinen Gefahrenabwehr bzw. der Strafverfolgung reagiert, nicht aber um die gezielte Verfolgung Oppositioneller (vgl. BayVGH, B.v.12.5.2020 – 23 ZB 20.30635 – Rn. 8; B.v. 3.9.2020 – 23 ZB 20.31624 – Rn. 12; B.v. 30.9.2020 – 23 ZB 20.31855 – Rn. 9). Auch gibt es keine Anhaltspunkte für eine Gruppenverfolgung von Amharen.
Insgesamt wendet sich die Klägerseite erkennbar gegen die Sachverhalts- und Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts. Dies vermag indes eine Grundsatzrüge nicht zu begründen.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).
6. Angesichts der fehlenden Erfolgsaussichten des Zulassungsantrages war auch der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Anwaltsbeiordnung für das Zulassungsverfahren nach § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO abzulehnen.
Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).


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