Verwaltungsrecht

Die Garantie des rechtlichen Gehörs gebietet es nicht, beim Kläger nachzufragen, ob er noch zu der mündlichen Verhandlung erscheinen werde

Aktenzeichen  20 ZB 17.30303

Datum:
21.3.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 105262
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 78 Abs. 3 Nr. 3

 

Leitsatz

1 Die Garantie des rechtlichen Gehörs gebietet es, dem an einem gerichtlichen Verfahren Beteiligten Gelegenheit zu geben, sich zu dem der Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt vor Erlass der Entscheidung zu äußern (§ 108 Abs. 2 VwGO). (redaktioneller Leitsatz)
2 Erscheinen die Beteiligten nicht zur Terminzeit, so steht es im Ermessen des Vorsitzenden, ob er die mündliche Verhandlung sogleich eröffnet oder noch eine gewisse Zeit zuwartet. (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

Au 2 K 16.32857 2017-02-06 Urt VGAUGSBURG VG Augsburg

Tenor

I.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II.
Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Zulassungsverfahrens.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 6. Februar 2017 wird abgelehnt, da keiner der geltend gemachten Zulassungsgründe nach § 78 Abs. 3 AsylG vorliegt.
Das Verwaltungsgericht hat dem Kläger nicht im Sinne von § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG i.V.m. § 138 Nr. 3 VwGO das rechtliche Gehör versagt, indem es ohne ihn mündlich verhandelt und über die Verwaltungsstreitsache entschieden hat.
Die Garantie des rechtlichen Gehörs gebietet, dem an einem gerichtlichen Verfahren Beteiligten Gelegenheit zu geben, sich zu dem der Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt vor Erlass der Entscheidung zu äußern (§ 108 Abs. 2 VwGO). Dieser Forderung wird im verwaltungsgerichtlichen Verfahren in der Regel dadurch genügt, dass mündliche Verhandlung anberaumt, der Beteiligte bzw. sein Prozessbevollmächtigter ordnungsgemäß geladen und die mündliche Verhandlung zu dem festgesetzten Zeitpunkt eröffnet wird. Sache jedes Beteiligten ist es, sich so einzurichten, dass er pünktlich zum Termin erscheinen kann. Ihm obliegt es grundsätzlich auch, gegen Verzögerungen Vorsorge zu treffen (BVerwG, B.v. 12.7.1995 – 11 B 18/95 – NJW 1995, 3402). Erscheinen die Beteiligten nicht zur Terminzeit, so steht es im Ermessen des Vorsitzenden, ob er die mündliche Verhandlung sogleich eröffnet oder noch eine gewisse Zeit zuwartet (Brüning in Beck-OK, VwGO, 40. Edition, Stand: 1.1.2016, § 103 Rn. 7).
Im vorliegenden Fall war der Beginn der mündlichen Verhandlung in der dem Klägerbevollmächtigten ordnungsgemäß zugestellten Ladung auf 10:00 Uhr festgesetzt. Nachdem der Kläger nicht um 10:00 Uhr im Sitzungssaal erschienen war, hat der Einzelrichter des Verwaltungsgerichts ausweislich der Sitzungsniederschrift mit dem Beginn der mündlichen Verhandlung noch bis 10:15 Uhr, mithin also eine Viertelstunde, gewartet. Beendet wurde die mündliche Verhandlung um 10:20 Uhr. Der Einzelrichter hat damit die Anforderungen an die Gewährung rechtlichen Gehörs gewahrt. Entgegen der Antragsbegründung war es nicht Aufgabe des Verwaltungsgerichts, beim Kläger nachzufragen, ob er noch zu der mündlichen Verhandlung erscheinen werde, da es Aufgabe des Klägers ist, rechtzeitig zu erscheinen. Auf die Möglichkeit, gemäß § 102 Abs. 2 VwGO bei Nichterscheinen eines Beteiligten ohne diesen zu verhandeln und zu entscheiden, war der Kläger in der Ladung hingewiesen worden. Das Gericht musste auch nicht aufgrund der fehlenden Mitteilung durch den Kläger, dass er nicht zu dem Termin kommen werde, davon ausgehen, dass er erscheinen werde.
Ebenso wenig hat die Rechtsfrage,
ob das Verwaltungsgericht im vorliegenden Fall überhaupt über die Klage entscheiden durfte, nachdem zum festgesetzten Termin am 6. Februar 2017 um 10:00 Uhr niemand erschienen war,
eine grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG. Denn diese Frage ist nicht klärungsbedürftig. Klärungsbedürftig sind nämlich nur Fragen, die nicht ohne weiteres aus dem Gesetz zu lösen sind oder die nicht bereits durch die Rechtsprechung des EuGH, des Bundesverwaltungsgerichts oder des Berufungsgerichts geklärt sind (Happ in Eyermann, VwGO, 14. Auflage 2014, § 124 Rn. 38). Welche Anforderungen der Grundsatz des rechtlichen Gehörs bezüglich der Anwesenheit eines Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht stellt, ist aber durch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in der oben dargestellten Weise geklärt.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 2, § 83b AsylG abgelehnt.
Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig, § 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG.


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