Verwaltungsrecht

Dienstliche Beurteilung 2018 (…2015 bis …2017), Rechtspflegeamtmann, Gewichtung der Einzelmerkmale

Aktenzeichen  M 5 K 19.384

Datum:
3.5.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 11722
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
LlbG Art. 54 ff.
VV-BeamtR
Beurteilungsbekanntmachung Justiz

 

Leitsatz

Tenor

I.    Die Klage wird abgewiesen. 
II.    Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.    Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.     
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet. 

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.
1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Aufhebung seiner periodischen Beurteilung vom … … 2018 für den Beurteilungszeitraum vom … … 2015 bis … … 2017 und Erstellung einer neuen periodischen Beurteilung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts. Denn die angefochtene Beurteilung ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO analog, da eine dienstliche Beurteilung keinen Verwaltungsakt darstellt).
Dienstliche Beurteilungen sind ihrem Wesen nach persönlichkeitsbedingte Werturteile, die verwaltungsgerichtlich nur beschränkt überprüfbar sind (BVerwG, U.v. 13.5.1965 – 2 C 146.62 – BVerwGE 21, 127/129; U.v. 26.6.1980 – 2 C 8/78 – BVerwGE 60, 245 ständige Rechtsprechung).
Nach dem erkennbaren Sinn der Regelung über die dienstliche Beurteilung soll nur der Dienstherr oder der für ihn handelnde Beurteiler ein persönliches Werturteil darüber abgeben, ob und inwiefern der Beamte den vom Dienstherrn zu bestimmenden, zahlreichen fachlichen und persönlichen Anforderungen des konkreten Amtes entspricht. Bei einem derartigen, dem Dienstherrn vorbehaltenen Akt wertender Erkenntnis steht diesem eine der gesetzlichen Regelung immanente Beurteilungsermächtigung zu.
Demgegenüber hat sich die verwaltungsgerichtliche Rechtmäßigkeitskontrolle darauf zu beschränken, ob der Beurteiler den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem er sich frei bewegen kann, verkannt hat, oder ob er von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat.
Soweit der Dienstherr Richtlinien für die Erstellung dienstlicher Beurteilungen erlassen hat, ist vom Gericht auch zu prüfen, ob die Richtlinien eingehalten sind und ob sie mit den gesetzlichen Regelungen über die dienstliche Beurteilung und auch sonst mit gesetzlichen Vorschriften in Einklang stehen (BVerwG, U.v. 11.1.1999 – 2 A 6/98 – ZBR 2000, 269).
Die verwaltungsgerichtliche Kontrolle kann dagegen nicht dazu führen, dass das Gericht die fachliche oder persönliche Beurteilung des Beamten durch den Dienstherrn in vollem Umfang nachvollzieht oder diese gar durch eine eigene Beurteilung ersetzt (BVerwG, U.v. 26.6.1980, a.a.O.).
Innerhalb des durch die Art. 54 ff. Gesetz über die Leistungslaufbahn und die Fachlaubahnen der bayerischen Beamten und Beamtinnen (Leistungslaufbahngesetz – LlbG) gezogenen Rahmens unterliegt es grundsätzlich dem pflichtgemäßen Ermessen des Dienstherrn, wie er die ihm aufgegebene, für zukünftige Personalentscheidungen verwertbare Aussage zu den einzelnen Beurteilungsmerkmalen gestalten und begründen und worauf er im einzelnen sein Gesamturteil stützen will (BVerwG, U.v. 17.12.1981 – 2 C 69/81 – BayVBl 1982, 348). Tatsächliche Grundlagen, auf denen Werturteile beruhen, sind nicht notwendig in die dienstliche Beurteilung aufzunehmen (BVerwG, U.v. vom 16.10.1967 – VI C 44.64 – Buchholz 232, § 15 BBG Nr. 1; U.v. 26.6.1980, a.a.O.). Der Dienstherr kann einerseits einzelne Tatsachen oder Vorkommnisse im Beurteilungszeitraum aufgreifen und aus ihnen wertende Schlussfolgerungen ziehen, wenn er sie etwa zur Charakterisierung des Beamten für besonders typisch hält oder für eine überzeugende Aussage zu einzelnen Beurteilungsmerkmalen für wesentlich erachtet. Er kann sich andererseits aber auch auf die Angabe zusammenfassender Werturteile aufgrund einer unbestimmten Vielzahl nicht benannter Einzeleindrücke beschränken. Schließlich kann er die aufgezeigten verschiedenen Möglichkeiten, über die Eignung und Leistung des Beamten ein aussagekräftiges, auch für Dritte verständliches Urteil abzugeben, in abgestufter Form miteinander verwenden bzw. miteinander verbinden. Alle diese Gestaltungsformen einer dienstlichen Beurteilung halten sich in dem von den Laufbahnvorschriften vorgezeichneten rechtlichen Rahmen (vgl. BayVGH, U.v. 23.5.1990 – 3 B 89.02832 m.w.N.; vgl. zum Ganzen auch: VG München, U.v. 11.1.2017 – M 5 K 16.2729 – juris Rn. 15).
Maßgebend ist, welches Beurteilungssystem und welche Regelungen zum Beurteilungsstichtag gegolten haben (vgl. BVerwG, U.v. 2.3.2000 – 2 C 7/99 – NVwZ-RR 2000, 621 unter Hinweis auf BVerwG, B.v. 14.2.1990 – 1 WB 181/88 – BVerwGE 86, 240).
Zugrunde zu legen sind hier daher Art. 54 ff. LlbG, die Verwaltungsvorschriften zum Beamtenrecht (Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen v. 18.11.2010 – VV-BeamtR, Abschnitt 3: Dienstliche Beurteilung – allgemeine Beurteilungsrichtlinien) sowie die Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Justiz und Verbraucherschutz über die Beurteilung und Leistungsfeststellung für die Beamten und Beamtinnen des Geschäftsbereich des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz mit Ausnahme der Staatsanwälte und Staatsanwältinnen vom 25. September 2013 (Beurteilungsbekanntmachung Justiz – JuBeurteilBek; Stand: 4.12.2017, JMBl. S. 106).
2. Gemessen an diesen Grundsätzen ist die angefochtene dienstliche Beurteilung vom … … 2018 rechtlich nicht zu beanstanden.
Der Zeuge H. (Beurteiler) – an dessen Glaubwürdigkeit das Gericht keinen Anlass zu Zweifeln sieht – hat in der mündlichen Verhandlung seine Vorgehensweise bei der Erstellung der Beurteilung des Klägers im Vergleich zu weiteren Beamten der Besoldungsgruppe A 11 dargestellt. Seine Angaben plausibilisieren das Gesamturteil von 10 Punkten. Er hat insbesondere überzeugend und nachvollziehbar dargelegt, wie der Vergleich zu den übrigen Beamten der Besoldungsgruppe A 11 gebildet worden ist. Der Kläger habe die an ihn gestellten Anforderungen überstiegen, das entspreche einem Gesamturteil von 10 Punkten. Er sei während des Beurteilungszeitraums in die Abteilung für Nachlasssachen gewechselt. Erfahrungsgemäß bedürfe es bei einem Wechsel einer gewissen Einarbeitungszeit.
Die Aussage des Zeugen L. (unmittelbarer Vorgesetzter) – an dessen Glaubwürdigkeit das Gericht ebenfalls keinen Anlass zu Zweifeln sieht – in der mündlichen Verhandlung stützt die Plausibilisierung der Beurteilung durch den Zeugen H. Auch er gab überzeugend und nachvollziehbar an, dass der Kläger in seiner Vergleichsgruppe in der Abteilung des Zeugen L. weder der Letztplatzierte noch der Erstplatzierte gewesen ist. Die Reihung ergebe sich aus einem Gesamtbild der Arbeitsweise des Beamten. Entscheidend für die Beurteilung der Arbeitsleistung sei für ihn vor allem das Arbeitstempo, der Umgang mit Parteien und Kollegen, die Aktenführung sowie die Arbeitsergebnisse. Aus Sicht des Zeugen sei das Hauptmanko beim Kläger die Erledigung der Verfahren gewesen. An der fachlichen Erledigung der Verfahren habe er nichts auszusetzen, es gehe um die Geschwindigkeit der Aktenbearbeitung. In der Abteilung gebe es Rechtspfleger, die schon seit mehr als zehn Jahren in der Abteilung seien und deutlich mehr Erfahrung hätten. Nachlasssachen seien sehr komplex und die Einarbeitung dauere lange. Die Kenntnisse, die der Kläger sich in den knapp drei Jahren angeeignet habe, seien gut, aber nicht so überragend, dass 14 Punkte gerechtfertigt gewesen wären. Den Beurteilungsbeitrag des Insolvenzgerichts habe er in die Beurteilung einbezogen, allerdings nicht mit so hohem Gewicht, da der Zeitraum in der Insolvenzabteilung eher kurz gewesen sei.
Die Einteilung der Beamten innerhalb der Besoldungsgruppe A 11 in die allgemeine Vergleichsgruppe (Verwaltungstätigkeiten) und die besondere Vergleichsgruppe (Rechtspfleger) begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Gemäß Art. 58 Abs. 2 Satz 2 LlbG können die obersten Dienstbehörden die Vergleichsgruppe nach Satz 1 durch weitere Kriterien enger bestimmen. Vorliegend ist in Ziff. 2.3.2 der Beurteilungsbekanntmachung Justiz geregelt, dass innerhalb des Justizdienstes Rechtspfleger und Rechtspflegerinnen, die überwiegend (mehr als zur Hälfte ihrer gesamten Tätigkeit) mit der Bearbeitung von Aufgaben im Sinn des Rechtspflegergesetzes (RPflG) betraut sind, eine eigene Vergleichsgruppe bilden. Der Zeuge H. hat plausibel und nachvollziehbar dargelegt, dass die Einteilung in die Vergleichsgruppen in Absprache mit dem … München erfolge und die reinen Rechtspflegertätigkeiten immer von vorneherein der besonderen Vergleichsgruppe der Rechtspfleger zuzuordnen seien.
Der Gruppenleiter ist kein Vorgesetzter des Klägers im Sinne von Art. 3 Satz 2 Bayerisches Beamtengesetz (BayBG). Die Zeugen H. und L. haben nachvollziehbar erläutert, dass nur der Abteilungsleiter unmittelbarer Vorgesetzter ist und der Gruppenleiter den Rechtspflegern für ihre dienstliche Tätigkeit keine Anordnungen erteilen kann.
Soweit der Klägerbevollmächtigte meint, dass die streitgegenständliche Beurteilung des Klägers rechtswidrig sei, da der unmittelbare Vorgesetzte des Klägers die Einzelmerkmale unterschiedlich gewichtet habe, kann er damit nicht durchdringen.
Der Zeuge H. hat plausibel und nachvollziehbar dargelegt, dass er sich eine ausreichende Tatsachengrundlage für die Erstellung der Beurteilungen verschafft hat. So seien in der Besprechung mit den Abteilungsleitern die Beamte, die 11 und mehr Punkte erhalten sollten, genauer besprochen worden. Darüber hinaus seien auch einzelne Beurteilungen mit zehn oder weniger Punkten herausgegriffen worden. Die Beurteilungsentwürfe der Abteilungsleiter habe er auf Schlüssigkeit überprüft unter gleicher Gewichtung aller Einzelmerkmale. Dies ist rechtlich nicht zu beanstanden.
Soweit der unmittelbare Vorgesetzte ausgesagt hat, dass er nicht jedem Einzelkriterium die gleiche Wichtigkeit zugemessen habe (ohne dies näher auszuführen), ist dies rechtlich nicht relevant. Denn der unmittelbare Vorgesetzte ist nicht der Beurteiler, er legt nicht den Beurteilungsmaßstab fest. Der für die Erstellung der Beurteilung zuständige Zeuge H. hat eine gleichmäßige Gewichtung der Einzelmerkmale vorgenommen und damit auf alle Beurteilungen den gleichen Beurteilungsmaßstab angewendet. Die Gewichtung des unmittelbaren Vorgesetzten hat sich nicht weiter ausgewirkt. Der unmittelbare Vorgesetzte hat einen Beurteilungsentwurf erstellt und alle Einzelmerkmale bewertet. Wie er diese dabei untereinander gewichtet hat, spielt keine maßgebliche Rolle. Denn letztendlich hat der Beurteiler die Einzelmerkmale gleich gewichtet mit dem Ergebnis, dass diese das Gesamtergebnis schlüssig tragen.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung hat ihre Rechtsgrundlage in § 167 Abs. 2, Abs. 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 Zivilprozessordnung (ZPO).


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