Verwaltungsrecht

Dublin-Verfahren (Italien)

Aktenzeichen  M 19 S 20.50133

Datum:
5.3.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 20242
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
Dublin III-VO Art. 20 Abs. 3
AsylG § 29 Abs. 1 Nr. 1 lit. a, § 34a
EMRK Art. 8
VwGO § 80 Abs. 5

 

Leitsatz

Das Gericht kann nicht anordnen, was kraft Gesetzes ohnehin schon besteht. (Rn. 11) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

I.
Die Antragstellerin begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen die Abschiebung nach Italien im Rahmen des sog. Dublin-Verfahrens.
Die Antragstellerin, eine nigerianische Staatsangehörige, wurde am 10. Oktober 2019 in der Bundesrepublik geboren. Für sie wurde am 11. November 2019 ein Asylantrag gestellt.
Die Mutter der Antragstellerin hat einen ablehnenden Asylbescheid (mit Abschiebungsandrohung nach Nigeria) erhalten und hiergegen Klage erhoben; über die Klage ist noch nicht entschieden. Der Vater der Antragstellerin hat in Italien internationalen Schutz erhalten; die Antragsgegnerin hat seinen Asylantrag daher als unzulässig nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG abgelehnt und die Abschiebung nach Italien angedroht. Der Bescheid ist bestandskräftig. Gegen die Ablehnung eines vom Vater der Antragstellerin gestellten Abänderungsantrags ist derzeit noch ein Klageverfahren anhängig.
Mit Bescheid vom 11. Februar 2020, zugestellt am 15. Februar 2020, lehnte das Bundesamt den Asylantrag der Antragstellerin als unzulässig ab (Nr. 1), stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) nicht vorliegen (Nr. 2), drohte die Abschiebung nach Italien oder einen anderen Staat (mit Ausnahme Nigerias) mit einer Ausreisefrist von 30 Tagen nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens an (Nr. 3) und setzte ein Einreise- und Aufenthaltsverbot von sechs Monaten ab dem Tag der Abschiebung nach § 11 Abs. 1 AufenthG fest (Nr. 4). Zur Begründung führte es insbesondere aus, dass Italien nach Art. 20 Abs. 3 Dublin III-VO zuständig sei, der auch auf ein solches nachgeborenes Kind anwendbar sei, dessen Vater bei der Geburt kein Antragsteller mehr war. Es habe daher keiner Einleitung eines Zuständigkeitsverfahrens für die Antragstellerin bedurft. Abschiebungsverbote lägen nicht vor. Insbesondere sei nur von der Ausländerbehörde zu prüfen, ob sich etwa wegen der Anwesenheit der Mutter und zweier Geschwister in Deutschland aus Art. 8 EMRK ein Abschiebungshindernis ergebe.
Am 18. Februar 2020 erhob die Antragstellerin zur Niederschrift Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München (M 19 K 20.50132). Gleichzeitig beantragte sie,
die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den streitgegenständlichen Bescheid anzuordnen.
Zur Begründung bezog sie sich auf die Angaben gegenüber dem Bundesamt.
Das Bundesamt legte die Asylakte auf elektronischem Weg vor, stellte aber keinen Antrag.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten in beiden Verfahren und die vorgelegte Asylakte Bezug genommen.
II.
Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage ist unzulässig, da es am erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis fehlt. Es handelt sich um ein unnötiges Rechtsschutzbegehren handelt, das die Rechtsstellung der Antragstellerin nicht verbessern kann.
Die Antragsgegnerin hat in Nr. 3 des Bescheids die Abschiebung angedroht und nicht angeordnet. Rechtsgrundlage ist insoweit § 34a Abs. 1 Satz 4 AsylG und nicht § 34a Abs. 1 Satz 4 AsylG. Infolgedessen kommt der Klage bereits kraft Gesetzes nach § 75 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 38 AsylG aufschiebende Wirkung zu. Das Gericht kann nicht nochmals anordnen, was kraft Gesetzes ohnehin schon besteht.
Es ergeben sich auch keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Antragsgegnerin irrtümlich von einer Vollziehbarkeit des Bescheids trotz erhobener Klage ausgehen würde. Die Antragsgegnerin hat in Nr. 3 des angegriffenen Bescheids explizit klargestellt, dass im Falle einer Klageerhebung die Ausreisefrist erst 30 Tage nach unanfechtbaren (!) Abschluss des Asylverfahrens endet. Damit hat sie deutlich gemacht, dass der Klage aufschiebende Wirkung zukommt.
Der Antrag war somit wegen fehlenden Rechtsschutzinteresses als unzulässig abzulehnen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83 b AsylG).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).


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