Verwaltungsrecht

Duldung im Hinblick auf familiäre Bindungen

Aktenzeichen  AN 5 K 19.01138

Datum:
26.1.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 23050
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GG Art. 6 Abs. 1, 2
AufenthG § 60a Abs. 2 S. 1
VwGO § 65

 

Leitsatz

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet, da der Kläger keinen Anspruch auf Erteilung der begehrten Duldung nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG hat (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 VwGO).
Dies hat die Beklagte in dem Bescheid vom 28. Mai 2019 in rechtlich nicht zu beanstandender Weise dargelegt. Auch haben die Kammer im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes und des Prozesskostenhilfeverfahrens mit Beschluss vom 15. Juli 2019 und der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 27. März 2020 detailliert dargelegt, dass kein Anspruch des Klägers auf Aussetzung der Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen besteht.
Die Kammer nimmt deshalb zur Vermeidung von Wiederholungen insgesamt auf den Bescheid der Beklagten vom 28. Mai 2019, den Beschluss der Kammer vom 15. Juli 2019 (AN 5 E 19.01137, AN 5 K 19.01138) und den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 27. März 2020 (* …*) Bezug und sieht diesbezüglich von einer weiteren Begründung gemäß § 117 Abs. 5 VwGO ab.
Hinzuzufügen ist lediglich, dass auch der Vortrag des Klägerbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung, der Kläger lebe nunmehr wieder mit seinem Kind und der Kindsmutter in einem gemeinsamen Hausstand, die Trennung des Klägers von seiner Tochter hätte schwerwiegende Folgen für das Kindswohl und im Übrigen könne der Kläger offensichtlich aktuell und in absehbarere Zeit nicht in den Irak abgeschoben werden, keine andere Bewertung gebietet.
Die Kammer hat bereits in dem Beschluss vom 15. Juli 2019 und der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in den Beschlüssen vom 27. März 2020 detailliert ausgeführt, dass sich auch bei Annahme einer tatsächlich gelebten und schutzwürdigen Vater-Kind Beziehung, von der vorliegend auszugehen ist, nachdem der Kläger wieder mit seiner Tochter und der Kindsmutter zusammenlebt, ein Anspruch des Klägers auf Aussetzung der Abschiebung nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG aus rechtlichen Gründen nicht ergibt. Insbesondere unter Berücksichtigung der Tatsachen, dass es sich bei dem Kläger um einen bestandskräftig ausgewiesenen, wegen mehrfacher Körperverletzungsdelikten verurteilten Straftäter handelt und auch die irakische Tochter des Klägers und die irakische Kindsmutter nach erfolglosem Asylverfahren vollziehbar ausreisepflichtig sind und eine Wiederherstellung der Familieneinheit bei freiwilliger Ausreise der Tochter und der Kindsmutter und entsprechender Mitwirkung bei der Passbeschaffung für das Kind zeitnah möglich erscheint, ist ein rechtliches Abschiebehindernis im Hinblick auf den verfassungsrechtlichen Schutz der Familie nach Art. 6 Abs. 1, 2 GG vorliegend nicht gegeben. Auf den Wunsch der Kindsmutter, weiterhin in Deutschland zu leben, kommt es nicht an.
Nachdem insoweit bereits die Interessen der Tochter des Klägers hinreichend berücksichtigt wurden, war diese im Verfahren auch nicht beizuladen. Die Voraussetzungen für eine notwendige Beiladung gemäß § 65 Abs. 2 VwGO sind nicht gegeben, da die von dem Kläger begehrte Sachentscheidung unmittelbar nur das Rechtsverhältnis zwischen ihm und der Beklagten betrifft. Bei der Entscheidung über aufenthaltsbeendende Maßnahmen gegenüber einem Ausländer wird über die Rechte seines Ehegatten oder seiner Familienangehörigen nicht zugleich mitentschieden. Diese sind nicht gehindert ihre eigenen Rechte selbstständig zu verfolgen (vgl. BVerwG, B.v. 11.7.2008 – 1 B 8.08 – juris Rn. 5, NdsOVG, B.v. 19.2.2018 – 13 OB 22/18 – juris Rn. 5). Die Kammer hat auch eine einfache Beiladung im Ermessenswege abgelehnt, da der Zweck einer einfachen Beiladung, Dritten, die durch die gerichtliche Entscheidung unmittelbar berührt werden können, am Verfahren zu beteiligen, damit sie die Möglichkeit erhalten, sich mit ihrem Rechtsstandpunkt Gehör zu verschaffen, im vorliegenden Verfahren ohne eine Beiladung erreicht werden kann.
Entgegen der Auffassung des Klägerbevollmächtigten liegt auch kein tatsächliches Abschiebehindernis beim Kläger vor. Zwar war die Abschiebung in der Vergangenheit wegen der jahrelangen Identitätstäuschung durch den Kläger ausgesetzt. Der Kläger hat der Beklagten jedoch im Mai 2020 seinen im September 2018 ausgestellten, gültigen Reisepass vorgelegt. Nach dem Vortrag der Beklagten in der mündlichen Verhandlung wurde der Reisepass des Klägers noch im Mai 2020 dem zuständigen Landesamt für Asyl und Rückführungen (LfAR) zu weiteren Veranlassung übermittelt, so dass unter diesem Gesichtspunkt eine Abschiebung möglich ist und von der Beklagten auch betrieben wird.
Die Abschiebung des Klägers ist auch nicht wegen eines geltend gemachten Abschiebestopps in den Irak tatsächlich unmöglich. Das Bayerische Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration teilte zuletzt den Ausländerbehörden mit Schreiben vom 21. Dezember 2020 mit, dass die bisherige Weisungslage hinsichtlich Rückführungen Ausreisepflichtiger in den Nord- und Zentralirak – unter Aufhebung der IMS vom 10.7.2017 und 22.10.2018 – geändert werde. Danach werden nunmehr alle Rückführungen über den Zentralirak stattfinden, wobei Straftäter abgeschoben werden können, wenn eine rechtskräftige Verurteilung von mindestens 50 Tagessätzen bzw. 90 Tagessätzen bei einer Verurteilung infolge eines asyl- oder aufenthaltsrechtlichen Verstoßes vorliegt. Zudem können Straftäter und Gefährder ohne Abgabe einer Freiwilligkeitserklärung in den Irak abgeschoben werden.
Nach diesen Maßgaben ist im vorliegenden Fall in Anbetracht der Straffälligkeit des Klägers – zuletzt wurde er von dem Amtsgericht Nürnberg am 21. April 2011 wegen vorsätzlicher Körperverletzung in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt -, der bestandskräftigen Ausweisung und des vorgelegten gültigen Reisepasses von einer grundsätzlich möglichen Rückführung in den Irak auszugehen.
Die Klage war daher vollumfänglich abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.


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