Aktenzeichen Au 8 E 21.10002
GG Art. 12 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 3 Abs. 1
GG Art. 19 Abs. 4 S. 1
Hochschulrahmengesetz (HRG) § 29
Art. 6 des Staatsvertrags über die Errichtung einer gemeinsamen Einrichtung für Hochschulzulassung vom 4. April 2019 (GVBl. S. 528
Staatsvertrag Art. 10
Staatsvertrag Art. 18
Bayerisches Hochschulzulassungsgesetz (BayHZG) Art. 8
BayHZG Art. 9a
Leitsatz
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Kosten des Verfahrens hat die Antragstellerin zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf EUR 2.500,00 festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin begehrt im Wege einer einstweiligen Anordnung zum Studium der Humanmedizin an der Universität … innerhalb bzw. außerhalb der Kapazität nach den Rechtsverhältnissen des Wintersemesters 2021/2022 zugelassen zu werden.
1. An der medizinischen Fakultät der Universität … ist ab dem Wintersemester 2019/2020 der Modellstudiengang Humanmedizin eingerichtet. Der Studiengang ist nicht in eine vorklinische Phase und eine darauf folgende klinische Phase gegliedert. Vorklinische, grundlagenwissenschaftliche und klinische Inhalte werden integriert unterrichtet.
Die Antragstellerin ist im Besitz einer Hochschulzugangsberechtigung. Im Mai 2021 ließ die Antragstellerin neben ihrer regulären innerkapazitären Bewerbung durch ihren Bevollmächtigten bei der Universität … die Zuweisung eines Studienplatzes im Fach Humanmedizin im 1. Fachsemester für das Wintersemester 2021/2022 außerhalb der festgesetzten Kapazität beantragen. Über diesen Antrag ist bislang vom Antragsgegner nicht entschieden.
2. Mit Ablehnungsbescheid vom 8. September 2021 teilte der Antragsgegner der Antragstellerin mit, dass diese innerkapazitär keinen Studienplatz im Studiengang Humanmedizin (Modellstudiengang) an der Universität … erhalte.
Auf die Begründung des Bescheids wird verwiesen.
Hiergegen ließ die Antragstellerin am 23. September 2021 Klage erheben (Au 8 K 21.20000), über die noch nicht entschieden ist, und beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 8. September 2021 zu verpflichten, die Klägerin für den Studiengang Medizin (Humanmedizin) zum Wintersemester 2021/2022 in das erste Fachsemester auf einen Vollstudienplatz zuzulassen,
hilfsweise den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 8. September 2021 zu verpflichten, die Klägerin für den Studiengang Medizin (Humanmedizin) zum Wintersemester 2021/2022 in das erste Fachsemester beschränkt zum vorklinischen Studienabschnitt bzw. dessen Äquivalent in Modellstudiengängen bzw. zum dortigen ersten Studienabschnitt zuzulassen.
3. Die Antragstellerin ließ am 23. September 2021 im Wege des Eilrechtsschutzes im hier zu entscheidenden Verfahren beantragen,
den Antragsgegner zu verpflichten, die Antragstellerin vorläufig für den Studiengang Humanmedizin in das 1. Fachsemester zum Wintersemester 2021/2022 auf einen Vollstudienplatz zuzulassen,
hilfsweise den Antragsgegner zu verpflichten, die Antragstellerin vorläufig für den Studiengang Humanmedizin in das 1. Fachsemester zum Wintersemester 2021/2022 beschränkt auf den vorklinischen Studienabschnitt bzw. dessen Äquivalent (Teilabschnitt) im Modellstudiengang zuzulassen.
Zur Begründung wurde jeweils umfangreich zur fehlerhaften Kapazitätsberechnung unter Berücksichtigung der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts und des neuen, im Jahr 2020 in Kraft getretenen Staatsvertrags vorgetragen. Die innerkapazitäre Vergabe sei verfassungswidrig erfolgt. Es erfolge im Gesetz keine hinreichende Gewichtung der Auswahlkriterien. Die Abiturnote werde mehrfach berücksichtigt, jedenfalls sei der doppelte Ansatz der Höhe nach verfassungswidrig. Eine Delegierung der Auswahlaufgaben auf Externe sei unzulässig. Die Vergabe in der Säule der besonderen Eignungsquote erfolge ebenfalls verfassungswidrig. Das Transparenzgebot sei verletzt. Eine Besetzung von Studienplätzen zu diesem Semester mit Personen, die zum letzten Semester oder zuvor im Eilverfahren erfolgreich gewesen sei, sei unzulässig. Außerkapazitär ergebe sich ein Anspruch daraus, dass die festgesetzte Höchstzahl der Studienplätze nicht kapazitätserschöpfend sei.
Auf die Antragsbegründung wird im Einzelnen verwiesen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Die Antragstellerin habe jedenfalls einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. Die Vergabe der Studienplätze für das Studienfach Medizin an der Universität … sei in das Auswahlverfahren der Stiftung für Hochschulzulassung einbezogen. Eine Berechnung der Zulassungszahlen im Rahmen einer Kapazitätsberechnung sei für den Modellstudiengang nicht erfolgt, die Anzahl der zu vergebenden Studienplätze sei durch die gesetzgeberische Entscheidung in Art. 9a BayHZG, gründend auf der Regelung des Art. 6 Abs. 2 Satz 2 des Staatsvertrags über die Hochschulzulassung, festgelegt worden. Diese ohne die satzungsrechtliche Regelung der Universität erfolgte Festlegung der Studienplatzzahl sei durch die Entscheidung des BayVGH vom 7. Mai 2020 als rechtmäßig angesehen worden. Anhaltspunkte für eine Verfassungswidrigkeit bestünden nicht. Der Antragsgegner vergebe im Auswahlverfahren der Hochschule 15% der zur Verfügung stehenden Studienplätze allein nach dem Ergebnis des fachspezifischen Studieneignungstests TMS. Bei der Vergabe der weiteren 85% der zur Verfügung stehenden Studienplätze in dieser Quote werde der TMS mit 70 von 100 Punkten bewertet. Der Antragsgegner komme damit den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts in besonderem Maße nach. Die heranzuziehenden Kriterien seien im BayHZG abschließend aufgeführt. Bei den verbleibenden 85% der zu vergebenden Studienplätze würden lediglich 25 von 100 Punkten für das Ergebnis der Hochschulzugangsberechtigung berücksichtigt. Eine Delegierung des Auswahlverfahrens sei möglich, die Auswahl der Kriterien, nach denen die Studienplätze zu vergeben seien, erfolge durch die Universitäten selbst. Eine Vergabe an zuvor Berechtigte aus vorherigen Semestern habe nicht stattgefunden.
Auf die Antragserwiderung wird im Einzelnen verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte sowie die von dem Antragsgegner vorgelegten Behördenakten – auch jeweils im Verfahren Au 8 K 21.20000 – Bezug genommen.
II.
Der zulässig erhobene Antrag ist weder im Haupt- noch im Hilfsantrag begründet. Die Antragstellerin kann keinen Anspruch darauf geltend machen, an der Universität … zum Studium im Studiengang Humanmedizin innerhalb bzw. außerhalb der Kapazität zugelassen zu werden.
Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts der Antragstellerin vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung). Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, nötig erscheint, um insbesondere wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern (Regelungsanordnung).
Eine derartige einstweilige Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO setzt sowohl ein Bedürfnis für die Inanspruchnahme vorläufigen Rechtsschutzes aufgrund Eilbedürftigkeit (Anordnungsgrund) als auch einen Anordnungsanspruch voraus, d.h. die bei summarischer Überprüfung der Sach- und Rechtslage hinreichende Aussicht auf Erfolg oder zumindest auf einen Teilerfolg des geltend gemachten Begehrens in einem (etwaigen) Hauptsacheverfahren. Das Vorliegen eines derartigen Anordnungsgrunds und Anordnungsanspruchs ist vom Antragsteller glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO). Maßgeblicher Zeitpunkt für die verwaltungsgerichtliche Beurteilung ist dabei die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 123 Rn. 46 ff.).
1. Der auf eine vorläufige Zulassung innerhalb der festgesetzten Kapazität gerichtete Antrag bleibt ohne Erfolg, es fehlt bereits am Anordnungsanspruch. Denn die verfügbaren Studienplätze sind durch die vorgenommenen Einschreibungen bereits kapazitätsdeckend besetzt. Ein Anspruch auf vorläufige Zulassung zum Studium folgt entgegen der Ansicht der Antragstellerin nicht aus der geltend gemachten Verfassungswidrigkeit des Vergabesystems bzw. einer Rechtswidrigkeit des Vergabeverfahrens.
a) Der Anspruch auf Zulassung zum Studium der Humanmedizin richtet sich nach Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz (GG) i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG und dem Sozialstaatsprinzip.
(1) Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistet das Recht, eine Ausbildungsstätte frei zu wählen. Schafft der Staat mit öffentlichen Mitteln Ausbildungseinrichtungen, muss er jedem Bürger, der die subjektiven Zugangsvoraussetzungen erfüllt, den freien und gleichen Zugang zu ihnen gewährleisten (vgl. hierzu und zum Folgenden grundlegend: BVerfG, U.v. 18.7.1972 – 1 BvL 32/70 u.a. – BVerfGE 33, 303, 331 f. VG Oldenburg, B.v. 4.12.2012 – 12 C 4164/12 – juris). Der Zugang zu den vorhandenen Ausbildungsstätten darf nur unter strengen formell- und materiellrechtlichen Voraussetzungen beschränkt werden (BVerfG, B.v. 22.10.1991 – 1 BvR 393/85 – BVerfGE 85, 36 ff.). Die Einschränkungen sind nur durch ein Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes verfassungsrechtlich statthaft. Materiell rechtlich ist die Grundrechtseinschränkung nur verfassungsgemäß, wenn ein überragend wichtiges Gemeinschaftsgut, hier die Funktionsfähigkeit der Hochschule in Wahrnehmung ihrer Aufgabe in Forschung, Lehre und Studium, geschützt werden soll. Die Zulassungsbeschränkung darf somit nur in den Grenzen des unbedingt Erforderlichen unter erschöpfender Nutzung der vorhandenen, mit öffentlichen Mitteln geschaffenen Ausbildungsstätten angeordnet werden.
Dem sich hieraus ergebenden Erfordernis einer bundeseinheitlichen Regelung der Kapazitätsermittlung und Kapazitätsfestlegung hat der Gesetzgeber Rechnung getragen und für die Auswahl der Bewerber und für den Bereich der Ermittlung der Ausbildungskapazität im Hochschulrahmengesetz (HRG) eine gesetzliche Regelung geschaffen. Die entsprechenden landesrechtlichen Regelungen haben die Länder durch den Staatsvertrag über die Hochschulzulassung vom 4. April 2019 (im Folgenden: Staatsvertrag) in Verbindung mit den jeweiligen Zustimmungsgesetzen bzw. Zustimmungsbeschlüssen (für Bayern: Zustimmungsbeschluss des Landtags vom 17.6.2019, GVBl. S. 528) der Landesgesetzgeber umgesetzt. In § 29 Abs. 1 HRG ist die Entwicklung von einheitlichen Maßstäben zur Ermittlung der Kapazität festgeschrieben. Art. 6 des Staatsvertrags enthält Grundsätze für die Kapazitätsermittlung, die in den Ländern durch Kapazitätsverordnungen – vorliegend maßgeblich ist die Verordnung über die Hochschulzulassung an den staatlichen Hochschulen in Bayern (Hochschulzulassungsverordnung – BayHZV) vom 10. Februar 2020 (GVBl. S. 87), zuletzt geändert durch Verordnung vom 13. April 2021 (GVBl., S. 268) – konkretisiert worden sind. Das Gebot der Erschöpfung der Ausbildungskapazität ist ausdrücklich in § 29 Abs. 2 HRG und Art. 6 Abs. 2 S. 1 Staatsvertrag sowie in § 38 Abs. 1 BayHZV wiedergegeben. Abweichungen erlaubt § 6 Abs. 2 S. 2 Staatsvertrag für die Erprobung neuer Studiengänge und -methoden (vgl. § 55 BayHZV). Für zulassungsbeschränkte Studiengänge regelt das Bayerische Hochschulzulassungsgesetz (BayHZG) i.d.F. d. Bek. vom 9. Mai 2007 (GVBl. S. 320), zuletzt geändert durch Gesetz zur Änderung des Bayerischen Hochschulzulassungsgesetzes und weiterer Rechtsvorschriften vom 23. Dezember 2019 (GVBl S. 737), die Studienplatzvergabe.
(2) Nach Art. 6 Abs. 2 S. 1 Staatsvertrag sind die Zulassungszahlen so festzusetzen, dass nach Maßgabe der haushaltsrechtlichen Vorgaben und unter Berücksichtigung der räumlichen und fachspezifischen Gegebenheiten eine erschöpfende Nutzung der Ausbildungskapazität erreicht wird; die Qualität in Forschung und Lehre, die geordnete Wahrnehmung der Aufgaben der Hochschule, insbesondere in Forschung, Lehre und Studium sowie in der Krankenversorgung, sind zu gewährleisten. Die Vorschrift gibt damit unter Beachtung des Kapazitätserschöpfungsgebots den Rahmen vor, dem eine Festsetzung der Zulassungszahl gem. Art. 6 Abs. 1 Staatsvertrag zu genügen hat. Die weiteren Regelungen des Art. 6 Abs. 1 und 3 Staatsvertrag führen diese grundsätzliche Vorgabe näher aus. Nach Art. 6 Abs. 1 S. 3 wird die Zulassungszahl auf der Grundlage der jährlichen Aufnahmekapazität festgesetzt, diese wird nach Art. 6 Abs. 3 auf der Grundlage des Lehrangebots, des Ausbildungsaufwands und weiterer kapazitätsbestimmender Kriterien ermittelt. Das in den Folgesätzen dieser Regelung vorgegebene Ermittlungsprogramm wird dann durch das Berechnungsverfahren nach der BayHZV konkretisiert.
Abweichend von Art. 6 Abs. 2 S. 1 Staatsvertrag, der auf die im „Normalfall“ eingerichteten Studiengänge zugeschnitten ist, erlaubt Art. 6 Abs. 2 S. 2 Staatsvertrag bei der Erprobung neuer Studiengänge und -methoden sowie bei der Neuordnung von Studiengängen und Fachbereichen eine abweichende Festsetzung der Zulassungszahlen. Die Regelung eröffnet damit im Hinblick auf gewichtige Besonderheiten, wie sie sich aus Strukturveränderungen, aber auch aus dem Aufbau neuer Ausbildungsgänge ergeben können, in verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise die Möglichkeit, eine Ausbildungskapazität zu ermitteln, die diesen Ausnahmefällen Rechnung trägt (BayVGH, B.v. 7.5.2020 – 7 CE 19.10137 u.a. – Rn. 21 ff. des BA; vgl. auch OVG Lüneburg, B.v. 21.12.2006 – 2 NB 347/06 – juris). Bei der Erprobung neuer Studiengänge soll die Regelung von dem Erfordernis freistellen, die jährliche Aufnahmekapazität nach den genannten und in Art. 6 Abs. 3 Staatsvertrag näher konkretisierten Kriterien exakt zu errechnen.
(3) Bei Anwendung dieser verfassungsgemäßen Ausnahmeregelungen für Modellstudiengänge liegen hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass die mit 84 festgesetzte Zulassungszahl (dazu sogleich) unterhalb der tatsächlichen Aufnahmekapazität verbleibt, nicht vor (vgl. BayVGH, B.v. 7.5.2020 – 7 CE 19.10137 u.a. – juris Rn. 38 ff.). Hinsichtlich der geltend gemachten Verfassungswidrigkeit des § 11a BayHZG (a.F., gemeint wohl § 9a BayHZG) schließt sich das Gericht den Rechtsausführungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes an (vgl. BayVGH, B.v. 7.5.2020 – 7 CE 19.10137 u.a. – juris). Eine Verfassungswidrigkeit kann das Gericht auch unter Berücksichtigung des Vortrags der Antragstellerin nicht erkennen, zumal die Antragstellerin keine neuen Argumente vorgebracht hat.
b) Der Einwand der Verfassungswidrigkeit des Vergabesystems greift nicht durch. Selbst wenn dieser als zutreffend unterstellt würde, ergäbe sich allein hieraus und auch aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG kein unmittelbarer Anspruch auf Zulassung zum gewünschten Studium. Denn die Konkretisierung des aus Art. 12 Abs. 1 GG folgenden verfassungsrechtlichen Anspruchs auf Teilhabe an Hochschulkapazitäten ist dem Normgeber vorbehalten, sodass dieser und nicht etwa die Verwaltungsgerichte unter Beachtung der verfassungsrechtlichen Vorgaben ein verfassungsgemäßes Auswahlverfahren zu schaffen hat, indem er die tatsächliche Entwicklung des hochschulzulassungsrechtlichen Vergabeverfahrens beobachtet und das Verteilungsverfahren gegebenenfalls nachbessert (vgl. VG Aachen, B.v. 19.1.2021 – 10 L 702/20 – juris Rn. 6 m.w.N; OVG NRW, B.v. 11.11.2016 – 13 B 1268/16 – juris Rn. 5 f.; B.v. 8.11.2011 – 13 B 1212/11 – juris Rn. 21 ff.).
c) Unabhängig davon ist eine Verfassungswidrigkeit der für die innerkapazitäre Vergabe maßgeblichen gesetzlichen und verordnungs- und satzungsrechtlichen Rechtsgrundlagen, insbesondere hinsichtlich ihrer Vereinbarkeit mit dem Vorbehalt des Gesetzes, bei der im Eilverfahren vorzunehmenden summarischen Prüfung nicht ersichtlich. Die Antragstellerin hat auch nicht glaubhaft gemacht, dass sie bei aus ihrer Sicht fehlerfreier Durchführung des Auswahlverfahrens mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zum Zuge gekommen wäre.
(1) Die Vergabe von Studienplätzen im Studiengang Humanmedizin für das Wintersemester 2021/2022 erfolgt in Bayern auf der Grundlage des Staatsvertrages, des Bayerischen Hochschulzulassungsgesetzes (BayHZG) vom 9. Mai 2007 (GVBl. S. 320), das zuletzt durch §§ 1, 2, 3 und 4 des Gesetzes vom 23. Dezember 2019 (GVBl. S. 737) geändert worden ist, der Hochschulzulassungsverordnung (BayHZV) vom 10. Februar 2020 (GVBl. S. 87), die zuletzt durch Verordnung vom 9. November 2021 (GVBl. S. 628) geändert worden ist, sowie der satzungsrechtlichen Regelungen des Antragsgegners für das Auswahlverfahren (vorliegend die Satzung der Universität … über das Hochschulauswahlverfahren im Modellstudiengang Humanmedizin der Medizinischen Fakultät der Universität … vom 1.4.2020, geändert durch Satzung vom 3.2.2021, im Folgenden: Auswahlsatzung). Dass diese Regelungen den dargelegten verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht gerecht werden, ist für die Kammer nicht erkennbar.
(a) Der Vorbehalt des Gesetzes verlangt im Hinblick auf Rechtsstaatsprinzip und Demokratiegebot, dass der Gesetzgeber in grundlegenden normativen Bereichen alle wesentlichen Entscheidungen selbst zu treffen hat und nicht dem Handeln und der Entscheidungsmacht der Exekutive überlassen darf. Nach der zum Zulassungsrecht ergangenen neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts muss der Gesetzgeber mit Blick hierauf die für die Vergabe von knappen Studienplätzen wesentlichen Fragen, insbesondere die Auswahlkriterien der Art nach, selbst regeln, darf den Hochschulen aber gewisse Spielräume für die Konkretisierung dieser Auswahlkriterien einräumen. Verfassungswidrig ist es allerdings, den Hochschulen ein eigenes „Kriterienerfindungsrecht“ zu überlassen. Die Regeln für die Verteilung knapper Studienplätze haben sich grundsätzlich am Kriterium der Eignung zu orientieren und die herangezogenen Kriterien müssen die Vielfalt der möglichen Anknüpfungspunkte zur Erfassung der Eignung abbilden. Die Abiturdurchschnittsnote ist weiterhin ein geeignetes Kriterium, muss allerdings für einen hinreichenden Teil der Studienplätze daneben noch Raum für weitere Auswahlkriterien mit erheblichem Gewicht lassen. Im Auswahlverfahren der Hochschulen dürfen die Studienplätze nicht allein und auch nicht ganz überwiegend nach dem Kriterium der Abiturnoten vergeben werden, sondern es muss zumindest ergänzend ein nicht schulnotenbasiertes, anderes eignungsrelevantes Kriterium einbezogen werden (vgl. Leitsätze BVerfG, U.v. 19.12.2017 – 1 BvL 3/14 u. a. – juris).
(b) Im Auswahlverfahren werden die nach Abzug der Studienplätze nach Art. 8 Abs. 3 Satz 2 und Art. 9 Staatsvertrag verbleibenden Studienplätze an jeder Hochschule zu 30 Prozent durch die Stiftung für Hochschulzulassung nach dem Ergebnis der Hochschulzugangsberechtigung (Art. 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Staatsvertrag), zu 10 Prozent durch die Hochschulen nach dem Ergebnis eines Auswahlverfahrens nach Art. 10 Abs. 2 Staatsvertrag (Art. 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Staatsvertrag) und im Übrigen von den Hochschulen nach dem Ergebnis eines Auswahlverfahrens nach Art. 10 Abs. 3 Staatsvertrag (Art. 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Staatsvertrag) vergeben.
(c) Die aktuelle Ausgestaltung und Differenzierung des Studienplatzvergabesystems in Vorab- und Hauptquoten halten sich im Rahmen der gesetzgeberischen Gestaltungsfreiheit, wie sie nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfG, U.v. 19.12.2017 – 1 BvL 3/14 u. a. – juris) umrissen wurde. Da die Abiturnote eine hohe Aussagekraft für den prognostizierten Studienerfolg im Fach Medizin besitzt, bleibt sie ein zentraler Bestandteil für die Vergabe von Studienplätzen in diesem Fach. Dennoch wird die Abiturnote nicht als übermäßig gewichtetes Auswahlkriterium herangezogen. Der bayerische Landesgesetzgeber hat die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts u.a. in Art. 8 BayHZG in der Fassung vom 1. Dezember 2019 umgesetzt. Hinreichende, den Vorbehalt des Gesetzes wahrende Regelungen des Gesetzgebers liegen damit vor (vgl. dazu sogleich näher). In Art. 9 BayHZG wurden zudem bestimmte Regelungsbefugnisse an den Verordnungsgeber delegiert, welche dieser durch die BayHZV vom 10. Februar 2020 umgesetzt hat.
(d) Die Studienplatzvergabe nach dem Auswahlverfahren der Hochschule (AdH, Art. 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und Abs. 3 Staatsvertrag) begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Gemäß § 3 der Auswahlsatzung erfolgt die Auswahl auf Basis einer Rangliste. Im Rahmen der Binnenquote werden zunächst 15% der im Auswahlverfahren zur Verfügung stehenden Plätze allein nach dem Ergebnis des fachspezifischen Studieneignungstests vergeben. Die verbleibenden 85% der Plätze werden nach bestimmten gewichteten Kriterien vergeben. Im Rahmen des Auswahlverfahrens wird eine Gesamtpunktzahl gebildet, die sich aus der Summe der in den Auswahlkriterien erreichten Punkte berechnet. Bei einer Maximalpunktzahl von 100 Punkten können 25 Punkte für die Durchschnittsnote der Hochschulzugangsberechtigung, 70 Punkte für das Ergebnis des Tests für medizinische Studiengänge, 3 Punkte für anerkannte Berufsausbildungen und -tätigkeiten nach Anlage 6 und 2 Punkte für anerkannte praktische Tätigkeiten und außerschulische Leistungen und Qualifikationen nach Anlage 7 BayHZV vergeben werden. Diese Regelung bewegt sich ersichtlich im Rahmen des der Hochschule zustehenden Gestaltungsspielraums bei der Vergabe.
(e) Die gesetzlichen Grundlagen treffen entgegen der Ansicht der Antragstellerin hinreichende Vorgaben zur Gewichtung der einzelnen Kriterien, legen insofern in nicht zu beanstandender Weise teilweise die äußeren Grenzen fest und überlassen im Übrigen die Gewichtung den Hochschulen in diesen Grenzen (vgl. nur Art. 10 des Staatsvertrags, Art. 8 BayHZG). Der Gesetz- und Verordnungsgeber belässt den Hochschulen hinsichtlich der Gewichtung der maßgeblichen Kriterien auch vom Bundesverfassungsgericht anerkannte Spielräume. Solche Spielräume rechtfertigen sich durch den direkten Erfahrungsbezug der Hochschulen und die grundrechtlich geschützte Freiheit von Forschung und Lehre, was die eigene Schwerpunktsetzung einschließt und damit auch eine Profilbildung ermöglicht (vgl. BVerfG, U.v. 19.12.2017 – 1 BvL 3/14 u. a. – juris Rn. 120, 206; so auch VG Aachen, B.v. 19.1.2021 – 10 L 702/20 – juris Rn. 27). Insofern ist nicht zu beanstanden, wenn in Art. 10 Abs. 3 Sätze 3 ff. Staatsvertrag geregelt ist, dass in die Auswahlentscheidung neben dem Ergebnis der Hochschulzugangsberechtigung nach Satz 1 Nr. 1 mindestens ein schulnotenunabhängiges Kriterium einzubeziehen ist; im Studiengang Medizin ist zusätzlich mindestens ein weiteres schulnotenunabhängiges Kriterium zu berücksichtigen. Mindestens ein schulnotenunabhängiges Kriterium ist erheblich zu gewichten. In die Auswahlentscheidung fließt mindestens ein fachspezifischer Studieneignungstest nach Satz 1 Nr. 2 Buchstabe a ein. Art. 8 Abs. 2 Satz 1 BayHZG nimmt hierauf ausdrücklich Bezug, indem beim Auswahlverfahren der Hochschulen gemäß Art. 10 Abs. 3 des Staatsvertrages die Hochschule bei der Vergabe der Studienplätze ausschließlich die dort ausdrücklich genannten Kriterien berücksichtigen kann. Sie kann insgesamt bis zu 15% der im Auswahlverfahren zur Verfügung stehenden Studienplätze allein nach dem Ergebnis der Hochschulzugangsberechtigung oder allein nach den in Art. 10 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 des Staatsvertrags genannten Kriterien vergeben (vgl. Art. 8 Abs. 2 Satz 2 BayHZG). Insofern hat das Gericht keine Zweifel daran, dass der Landesgesetzgeber staatliches Handeln durch ein förmliches Gesetz legitimiert und die wesentlichen Entscheidungen selbst getroffen hat. Ein „Kriterienerfindungsrecht“ bzw. eine willkürliche Überlassung der Gewichtung an die Hochschulen ist dem BayHZG und auch dem Staatsvertrag nicht zu entnehmen. Damit genügen diese Regelungen entgegen der Annahme der Antragstellerin insbesondere dem Gesetzesvorbehalt. Denn Art. 10 Staatsvertrag gibt im Einzelnen und unter Berücksichtigung der zitierten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sämtliche für die ZEQ und das AdH maßgeblichen Auswahlkriterien, die sich ausschließlich – mit Ausnahme der übergangsweise noch berücksichtigten Wartezeit – an der Eignung der Bewerber orientieren, vor. Diese Regelungen, die durch Zustimmungsgesetz zum Staatsvertrag sowie landesrechtlich umgesetzt und durch die Universität … in Satzungsrecht transformiert worden sind, entsprechen der zitierten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Soweit die Antragstellerin für die Eignungsquote – neben der Art der Berufsausbildung – das Kriterium der Note der Berufsausbildung einfordert, ist dies verfassungsrechtlich nicht gefordert, weil die Noten der diversen Berufsausbildungen schon nicht vergleichbar sind (so auch VG Aachen, B.v. 19.1.2021 – 10 L 702/20 – juris Rn. 15).
(f) Insbesondere vermag das Gericht keine übermäßige Doppelberücksichtigung der Durchschnittsnote der Hochschulzugangsberechtigung erkennen (vgl. dazu auch VG Ansbach, B.v. 8.3.2021 – AN 2 E 20.10182, AN 2 E 20.10188 – juris Rn. 46). Der deutlich überwiegende Anteil der Studienplätze wird unter hervorgehobener Gewichtung des Eignungstests nach Eignung schulnotenunabhängig vergeben. Daran ändert sich auch nichts bei einer Gesamtbetrachtung mit der Hauptquote des Art. 10 Abs. 1 Staatsvertrag. Es unterliegt keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, dass zum einen 30% der nach Abzug der Vorabquoten verbleibenden Studienplätze durch die Stiftung für Hochschulzulassung nach dem Ergebnis der Hochschulzugangsberechtigung vergeben werden und dass zum anderen im Rahmen des AdH das Ergebnis der Hochschulzugangsberechtigung ebenfalls eines von mehreren Kriterien ist. Die Quote des Art. 10 Abs. 2 Staatsvertrag sieht darüber hinaus keine Berücksichtigung der Abiturnote vor, sondern ist rein schulnotenunabhängig eignungsbezogen (Art. 10 Abs. 2 Satz 2 Staatsvertrag).
Gegen die Sachgerechtigkeit der Abiturnote als Eignungskriterium für die Vergabe von Studienplätzen bestehen nach der genannten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. BVerfG, U.v. 19.12.2017 – 1 BvL 3/14 u. a. – juris Rn. 201; so auch VG Aachen, B.v. 19.1.2021 – 10 L 702/20 – juris Rn. 23). Die Abiturbestenquote sperrt dabei auch nicht etwa den Rückgriff auf die Abiturnote als eines der Kriterien im AdH, es besteht mithin kein „Doppelverwertungsverbot“. Entsprechend Art. 10 Abs. 3 Satz 2 des Staatsvertrags sind neben dem Ergebnis der Hochschulzugangsberechtigung im Studiengang Medizin mindestens zwei schulnotenunabhängige Kriterien einzubeziehen, von denen mindestens eines erheblich zu gewichten ist (Satz 3). Außerdem muss mindestens ein fachspezifischer Studieneignungstest in die Auswahlentscheidung einfließen (Satz 4). Dies entspricht der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und ihr entsprechen überdies die satzungsrechtlichen Regelungen in § 3 der Auswahlsatzung. Gem. § 3 Abs. 2 Auswahlsatzung werden 15% der AdH-Quote allein nach dem Ergebnis des fachspezifischen Studieneignungstests vergeben. Bei den verbleibenden 85% der AdH-Quote wird das Ergebnis der Hochschulzugangsberechtigung mit 25% berücksichtigt, der fachspezifische Studieneignungstest mit 70%. Durch diese Gewichtung in den Unterquoten ist ausreichend gewährleistet, dass die Studienplätze im AdH nicht allein und auch nicht ganz überwiegend nach schulnotenabhängigen Leistungen vergeben werden (vgl. BVerfG, U.v. 19.12.2017 – 1 BvL 3/14 u. a. – juris Rn. 209; OVG Berlin-Bbg., B.v. 11.11.2020 – OVG 5 S 44/20 – juris Rn. 15).
(g) Soweit die Antragstellerin die Wartezeitregelung für verfassungswidrig hält, folgt das Gericht dem nicht. Nach der zitierten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist eine Quote, in der ausschließlich Wartezeit berücksichtigt wird („reine“ Wartezeitquote), zwar verfassungsrechtlich nicht geboten, aber unter bestimmten Voraussetzungen zulässig. Eine Wartezeitquote darf nicht mehr als 20% der Studienplätze betreffen und muss in ihrer Dauer so begrenzt sein, dass die „reine“ Wartezeit jedenfalls vier Jahre unterschreitet; die genaue Bestimmung der Wartezeitgrenze ist Aufgabe des Gesetzgebers (vgl. BVerfG, U.v. 19.12.2017 – 1 BvL 3/14 u. a. – juris Rn. 215 ff., 225).
In Art. 18 des Staatsvertrags ist – zur Vermeidung unverhältnismäßiger Härten für „Altwarter“, die nach der Altregelung darauf vertrauen durften, über die reine Wartezeitquote in naher Zukunft einen Studienplatz zu erhalten – eine Übergangsregelung getroffen worden. Dieser zufolge wird für eine Übergangszeit bis einschließlich Wintersemester 2021/2022 die Wartezeit in der ZEQ (noch) als eines von mehreren Kriterien berücksichtigt (Art. 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Staatsvertrag), wobei (zunächst) maximal 15 Semester mit in der Folgezeit abnehmendem Gewicht Berücksichtigung finden. Danach entfällt die Wartezeit als Zulassungskriterium. Dass hierdurch nicht gewährleistet ist, dass über die Wartezeitquote insgesamt nicht mehr als 20% der Studienplätze vergeben werden, hat die Antragstellerin nicht aufgezeigt. Dies ist auch nicht anzunehmen, da in der ZEQ insgesamt nur 10% der Studienplätze vergeben werden und die Wartezeit im streitgegenständlichen Semester in dieser Quote zudem nur mit maximal 45% berücksichtigt wird (vgl. OVG Berlin-Bbg., B.v. 11.11.2020 – OVG 5 S 44/20 – juris Rn. 18). Konkrete Anhaltspunkte für eine Unverhältnismäßigkeit dieser Übergangsregelung in zeitlicher Hinsicht liegen nicht vor. Dem Vertrauensschutz wird durch die abgestufte Regelung hinreichend Rechnung getragen.
(2) Letztlich kann eine abschließende rechtliche Bewertung jedoch dahinstehen, da der geltend gemachte Anspruch auf Zulassung innerhalb der festgesetzten Studienplatzkapazität an der Universität … im Fach Medizin ohne Erfolg bleibt. Die Antragstellerin rügt lediglich pauschal die Verfassungswidrigkeit des Vergabeverfahrens. Selbst wenn Fehler des Auswahlverfahrens festgestellt würden, würde hieraus kein Anspruch auf vorläufige Zulassung entstehen. Denn der Bewerber bzw. die Bewerberin muss glaubhaft machen, dass er bzw. sie bei fehlerfreier Durchführung des Auswahlverfahrens mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zum Zuge gekommen wäre (vgl. OVG Berlin-Bbg., B.v. 11.11.2020 – OVG 5 S 44/20 – juris Rn. 14; Sächs. OVG, B.v. 20.5.2019 – 2 B 73/19.NC – juris Rn. 13; VGH Baden-Württemberg, B.v. 24.5.2011 – 9 S 599/11 – juris Rn. 28; VG Aachen, B.v. 19.1.2021 – 10 L 702/20 – juris Rn. 30 m.w.N).
Hieran fehlt es. Die Antragstellerin hat nicht dargelegt, dass sie bei Einbeziehung in das Vergabeverfahren mit ihrer Abiturdurchschnittsnote von 2,8 und ihren übrigen berücksichtigungsfähigen Eignungskriterien einen Rangplatz erhalten hätte, der zu der begehrten Zulassung geführt hätte. Dies ist angesichts des weiten Abstands ihrer jeweiligen Rangplätze zu den Grenzrängen, die noch zu einer Zulassung geführt haben, auch nicht ersichtlich (Abitur: Rang der Antragstellerin 18.305, Grenzrang 846 / ZEQ-1: Rang der Antragstellerin 1.260, Grenzrang 159 / AdH-1: Rang der Antragstellerin 10.423, Grenzrang 289 / AdH-2: Rang der Antragstellerin 10.411, Grenzrang 819).
Anhaltspunkte dafür, dass der auf diese Rangplätze gestützte Ablehnungsbescheid der Stiftung für Hochschulzulassung vom 8. September 2021 rechtsfehlerhaft ist, sind im Eilverfahren weder substantiiert glaubhaft gemacht worden noch von Amts wegen ersichtlich.
(a) Dass die Vergabe der Studienplätze nicht durch den Antragsgegner, sondern durch die Stiftung für Hochschulzulassung erfolgt ist, ist nicht zu beanstanden. Dies entspricht vielmehr dem Staatsvertrag über die Hochschulzulassung und der hierauf beruhenden Regelung in § 1 Abs. 2 Satz 1 BayHZG. Der Antragsgegner hat damit auch nicht seine Auswahlkompetenz abgegeben, sondern diese für die Universität … in der Auswahlsatzung selbst geregelt (vgl. auch Art. 10 Staatsvertrag sowie Art. 1 Abs. 2 BayHZG).
(b) Soweit die Antragstellerin weiter rügt, es dürften keine Studienplätze an Personen vergeben werden, die zuvor im Eilverfahren erfolgreich einen Platz erstritten hätten, geht dieser Einwand bereits ins Leere. Derartige Studienplätze wurden nicht vergeben.
(c) Soweit die Antragstellerin pauschal die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens bezweifelt und die Vorlage einer Vielzahl von Unterlagen und Informationen über das Vergabeverfahren (u.a. wer eingereichte Dokumente kontrolliert und welcher Aufwand betrieben wird, um die Echtheit der Dokumente zu prüfen; Qualifikation und Status der Mitarbeiter; wie die elektronischen Eingaben erfolgen, welche Software verwendet wird, wie das Personal geschult wird, welche Sicherheitsvorkehrungen es gibt) sowie zu den Mitbewerbern um den Studienplatz (u. a. anonymisierte Bewerbungsunterlagen, Unterlagen zum Nachweis besonderer Eignungskriterien etc.) angefordert hat (vgl. S. 9 des Schriftsatzes vom 23.9.2021, Bl. 12 d.A.), sieht sich die Kammer zu einer weiteren Sachaufklärung nicht veranlasst. Auch im Verfahren auf vorläufige Zuteilung eines Studienplatzes gebietet die gerichtliche Aufklärungspflicht nicht, dass etwa die Richtigkeit der Bewerbungsunterlagen jedes einzelnen Bewerbers durch das Verwaltungsgericht selbst und „ins Blaue hinein“ kontrolliert werden muss. Zwar ist im Hochschulzulassungsverfahren mit Blick auf die in Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistete Berufswahlfreiheit schon im gerichtlichen Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes eine hinreichende Prüfung der Sach- und Rechtslage zu gewährleisten. Einer Prüfung im Einzelnen bedarf es aber nur für den Fall, dass insoweit berechtigte Zweifel entweder substantiiert vorgetragen oder sonst offensichtlich sind. Derartige berechtigte Zweifel hat die Antragstellerin mit ihren bloß abstrakten Fragen, ohne konkrete Bezüge zu etwaigen Ungereimtheiten im Vergabeverfahren der Antragsgegnerin zu benennen, nicht aufgezeigt. Solche sind auch sonst nicht ersichtlich (ebenso VG Aachen, B.v. 19.1.2021 – 10 L 702/20 – juris Rn. 34 m.w.N.).
(d) Der von der Antragstellerin in diesem Zusammenhang schließlich beanstandete Verstoß gegen das Transparenzgebot liegt nicht vor. Alle Regelungen, die für das Auswahlverfahren und die Auswahlentscheidung relevant sind, sind veröffentlicht und auch für die Antragstellerin zugänglich.
2. Die Zulassung zum Studiengang Medizin an der Universität … während des Aufbaus der Medizinischen Fakultät ist in Art. 9a BayHZG (abschließend gesetzlich) geregelt.
Danach erfolgt die Zulassung nur, soweit ein Studienangebot vorhanden ist. Gemäß der Regelung in Satz 2 der Vorschrift wird die Zahl der Zulassungen zu den ersten vier Wintersemestern ab Aufnahme des Studienbetriebs auf jeweils 84 festgesetzt. Der insoweit eindeutige Wortlaut spricht für eine gesetzlich festgelegte Kapazitätsbeschränkung. Auch aus der Begründung zum Gesetzesentwurf (LT-Drs. 17/20989 S. 14) ergibt sich, dass diese Festsetzung abschließend ist. Dort heißt es, dass der Wissenschaftsrat die Kapazitätsplanung für das Projekt in seiner Stellungnahme gewürdigt und sie ausdrücklich als plausibel bewertet hat. Die gesetzliche Festlegung der Ausbildungskapazität während der Aufbauphase diene der Rechtssicherheit und schaffe klare Rahmenbedingungen für den Aufbau der Fakultät. Der Gesetzgeber hatte damit nachvollziehbare Gründe für die gesetzliche Festsetzung der Studienplatzzahl.
Da es hier nicht um die Einschränkung bestehender Kapazitäten, sondern um die Schaffung neuer Kapazitäten ging, konnte der Gesetzgeber auch aus haushaltsrechtlicher Sicht frei hinsichtlich der Frage entscheiden, in welchem Umfang er Haushaltsmittel für den neuen Studiengang widmen wollte. Der Antragsgegner hat in zahlreichen anderen inhaltsgleichen Verfahren, die bei Gericht anhängig (gewesen) sind, in plausibler Weise dargelegt, dass erhebliche räumliche, personelle und organisatorische Engpässe bestehen. Die ersten Gebäude für die Medizinische Fakultät sollen frühestens 2023 fertiggestellt werden, die Besetzung der Lehrstühle ist noch nicht gesichert. Der damit verbundene Kapazitätsengpass ließ sich innerhalb des gewählten Studienmodells nicht durch eigene Anstrengungen des Antragsgegners beheben.
Für die Kapazitätsfestsetzung blieben deshalb alle anderen Kapazitätserwägungen – jedenfalls in Richtung auf eine höhere Kapazität – notwendig folgenlos. Der Gesetzgeber konnte die Festsetzung ohne weiteres selbst treffen, ohne auf die sonst gebotenen Vorarbeiten für eine Kapazitätsermittlung angewiesen zu sein (so auch ausführlich BayVGH, B.v. 7.5.2020 – 7 CE 19.10137 u.a. – Rn. 21 ff. des BA).
Die Antragstellerin hat nicht glaubhaft gemacht, dass die tatsächliche Aufnahmekapazität höher ist als die in Art. 9a BayHZG für den Medizinstudiengang bei der Universität … festgesetzte Zulassungszahl von 84 Studienplätzen. Die Voraussetzungen des Art. 6 Abs. 2 S. 2 Staatsvertrag liegen vor.
Damit bleibt auch der Hilfsantrag auf die vorläufige Zulassung ohne Erfolg, weil die Antragstellerin aus den vorgenannten Gründen keine weiteren Kapazitäten beanspruchen kann (BayVGH, B.v. 7.5.2020 – 7 CE 19.10137 u.a. – juris Rn. 49).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
4. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 52 Abs. 1 und Abs. 2 GKG i.V.m. Ziffer 18.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Der Wert war im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nach Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit zu halbieren.