Verwaltungsrecht

Endgültiges Nichtbestehen einer Bachelorprüfung und Exmatrikulation

Aktenzeichen  7 ZB 18.1248

Datum:
14.7.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 16935
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 86 Abs. 1, § 108 Abs. 1 S. 2, § 124 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 3
BGB § 121, § 242
ABaMaPO § 12 Abs. 2 S. 1

 

Leitsatz

1. Behauptete Fehler in der Sachverhalts- und Beweiswürdigung sind im Hinblick auf § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO im Berufungszulassungsverfahren nur einer eingeschränkten Prüfung zugänglich. Auf ein schlichtes Infragestellen der Richtigkeit des Ergebnisses der richterlichen Überzeugungsbildung kann eine Berufungszulassung gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht gestützt werden. (Rn. 7) (redaktioneller Leitsatz)
2. Sind keine förmlichen Beweisanträge gestellt worden, so bestimmt das Gericht den Umfang seiner Aufklärung nach seinem pflichtgemäßen Ermessen. Die Grenzen dieses Ermessens überschreitet es dabei nur, wenn es eine Ermittlung unterlässt, die sich nach den Umständen des Falles von seinem Rechtsstandpunkt aus aufdrängen musste, d.h. wenn die bisherigen Tatsachenfeststellungen seine Entscheidung noch nicht sicher tragen. (Rn. 34) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

M 3 K 17.3750 2018-04-24 Urt VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert des Zulassungsverfahrens wird auf 12.500 EUR festgesetzt.

Gründe

Der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nr. 1, 3, 4 und 5 VwGO sind nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Art und Weise dargelegt bzw. liegen nicht vor.
Die Beklagte wendet sich mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 24. April 2018, mit dem sie verpflichtet wurde, die Klägerin unter Genehmigung ihres Prüfungsrücktritts zur Bachelorprüfung und der Prüfung im Modul Rechnungswesen zuzulassen.
Die Klägerin studiert seit 2013 bei der Beklagten im Bachelor-Studiengang Wirtschafts- und Organisationswissenschaften. Am 8. Januar 2016 legte sie die zweite Wiederholung der streitgegenständlichen Modulprüfung Rechnungswesen ohne Erfolg ab. Daraufhin teilte ihr die Beklagte mit Bescheid vom 29. Februar 2016 mit, dass sie ihren Prüfungsanspruch nach § 13 Abs. 1 der Allgemeinen Prüfungsordnung für die universitären Bachelor- und Masterstudiengänge der Universität der Bundeswehr München vom Oktober 2011 (ABaMaPO) verloren habe. Sie habe sowohl die Modulprüfung Rechnungswesen als auch die Bachelorprüfung endgültig nicht bestanden. Mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 8. April 2016, bei der Beklagten am 9. April 2016 eingegangen, erhob sie hiergegen Widerspruch, erklärte gleichzeitig ihren Rücktritt von der Modulprüfung Rechnungswesen und begründete diesen damit, dass sie unerkannt prüfungsunfähig gewesen sei. Sie legte eine ärztliche Bescheinigung vor. Die Beklagte erkannte den Rücktritt der Klägerin von der Modulprüfung Rechnungswesen nicht an.
1. Aus dem Vorbringen der Beklagten ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
Ernstliche Zweifel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind anzunehmen, wenn in der Antragsbegründung ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt werden (vgl. etwa BVerfG, B.v. 10.9.2009 – 1 BvR 814/09 – NJW 2009, 3642) und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen (BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – DVBl 2004, 838/839). Schlüssige Gegenargumente in diesem Sinne liegen dann vor, wenn der Rechtsmittelführer substantiiert rechtliche oder tatsächliche Umstände aufzeigt, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung im Ergebnis unrichtig ist (vgl. BVerfG, B.v. 20.12.2010 – 1 BvR 2011/10 – NVwZ 2011, 546/548). Welche Anforderungen an Umfang und Dichte der Darlegung zu stellen sind, hängt wesentlich von der Intensität ab, mit der die Entscheidung begründet worden ist (Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 124a Rn. 64 m.w.N.).
Die Beklagte stellt die vom Verwaltungsgericht zur Begründung des angefochtenen Urteils angeführten Erwägungen nicht ernstlich in Frage und zeigt keine Gesichtspunkte auf, die weiterer Klärung in einem Berufungsverfahren bedürften. Mit ihrem Vorbringen, die Klägerin habe nicht den Nachweis erbracht, dass sie beim Ablegen der Modulprüfung Rechnungswesen am 8. Januar 2016 unerkannt prüfungsunfähig gewesen sei und dies erst nach Beginn ihrer Therapiesitzungen im März 2016 habe erkennen können, wendet sich die Beklagte in der Sache gegen die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts. Mit ihren diesbezüglichen Einwänden dringt sie nicht durch.
Behauptete Fehler in der Sachverhalts- und Beweiswürdigung sind im Hinblick auf § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO im Berufungszulassungsverfahren nur einer eingeschränkten Prüfung zugänglich. Auf ein schlichtes Infragestellen der Richtigkeit des Ergebnisses der richterlichen Überzeugungsbildung kann eine Berufungszulassung gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht gestützt werden. Gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Es würdigt den Prozessstoff auf seinen Aussage- und Beweiswert für die Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen nur nach der ihm innewohnenden Überzeugungskraft. Trotz des besonderen Charakters der Beweiswürdigung, der dem Gericht einen Wertungsrahmen eröffnet, ist das Gericht allerdings nicht gänzlich frei. Für einen darauf gestützten Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO genügt jedoch nicht allein der Vortrag, die Tatsachen seien anders als vom Verwaltungsgericht angenommen oder der Sachverhalt bzw. das Ergebnis einer Beweisaufnahme sei anders zu bewerten. Soweit im Zulassungsverfahren eine fehlerhafte Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts gerügt wird, liegt der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO mithin nur dann vor, wenn die tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts augenscheinlich nicht zutreffen oder beispielsweise wegen gedanklicher Lücken oder Ungereimtheiten ernstlich zweifelhaft sind. Allein die Möglichkeit einer anderen Bewertung der Beweisaufnahme rechtfertigt die Zulassung der Berufung nicht (vgl. BayVGH, B.v. 24.4.2020 – 15 ZB 19.1987 – juris Rn. 22; B.v. 6.4.2020 – 8 ZB 19.852 – juris Rn. 12; B.v. 26.2.2015 – 14 ZB 14.2830 – juris Rn. 12 m.w.N.; Happ in Eyermann, VwGO, § 124a Rn. 67).
Solche zur Zulassung der Berufung führenden Mängel der Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts lassen sich dem Vorbringen der Beklagten nicht entnehmen.
a) Das Verwaltungsgericht kommt in der angefochtenen Entscheidung zum Ergebnis, dass die Klägerin unter Beachtung des ihr von der Beklagten vorgegebenen Prozedere nachweisen konnte, dass sie im Zeitpunkt der Prüfung Rechnungswesen (8.1.2016) prüfungsunfähig war und dies erst nach Beginn ihrer Psychotherapiesitzungen im März 2016 erkennen konnte. Zur Begründung dieser Überzeugung stützt es sich insbesondere auf die Stellungnahme des Oberfeldarztes Dr. L. (v. 2.3.2017) und dessen Angaben in der mündlichen Verhandlung am 24. April 2018 sowie auf die Atteste der Psychologin C.L. (v. 16.3.2016), bei der die Klägerin in psychotherapeutischer Behandlung war.
aa) Diese Beweiswürdigung des Ausgangsgerichts erweist sich gemessen an den dargestellten Grundsätzen hinsichtlich des Umstands, dass die Klägerin prüfungsunfähig war, als nachvollziehbar. Die Beklagte setzt sich nicht substantiiert mit der ausführlichen Würdigung des Verwaltungsgerichts zur Aussagekraft der ärztlichen Stellungnahmen auseinander, sondern nimmt im Rahmen des Zulassungsantrags lediglich eine abweichende Bewertung dieser vor, indem sie deren Aussagekraft pauschal bestreitet. Für die erfolgreiche Darlegung eines Zulassungsgrunds nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO genügt es jedoch gerade nicht, die eigene Beweiswürdigung an die Stelle der gerichtlichen Beweiswürdigung zu setzen. Das Verwaltungsgericht führt aus, dass Oberfeldarzt Dr. L. in klarer und eindeutiger Weise zum Vorliegen einer Prüfungsunfähigkeit der Klägerin Stellung genommen habe. Allein der Umstand, dass er nach eigenen Angaben im Rahmen seiner dienstlichen Tätigkeit das erste Mal mit einer nachträglich geltend gemachten Prüfungsunfähigkeit befasst war, lässt keinen Rückschluss auf eine nur eingeschränkte Belastbarkeit dieser Aussage zu. Die Beklagte zeigt keine Ungereimtheiten, Fehlschlüsse oder sonst fehlerhafte Schlussfolgerungen der gerichtlichen Beweiswürdigung auf. Dessen ungeachtet geht ihr Einwand, dass sich Oberfeldarzt Dr. L. für seine Beurteilung lediglich auf die Bescheinigungen der Psychologin C.L. gestützt habe, schon deshalb fehl, als sich aus der Stellungnahme von Dr. L. unmittelbar ergibt, dass sich die Klägerin auch zu einem persönlichen Termin bei ihm vorgestellt hatte und er sich mithin einen unmittelbaren Eindruck von ihr verschaffen konnte.
Den Erwägungen des Verwaltungsgerichts, dass auch der erhebliche Zeitraum zwischen dem Tag der Prüfung (8.1.2016) und der Begutachtung durch Oberfeldarzt Dr. L. (Attest v. 2.3.2017), keine Zweifel an der Nachvollziehbarkeit der ärztlichen Stellungnahme rechtfertige, insbesondere, weil diese keine Unklarheiten aufweise und weil kein gegenteiliges Gutachten vorgelegt worden sei, tritt die Beklagte ebenfalls nicht substantiiert entgegen. Die richterliche Überzeugungsbildung kann nicht allein durch die Darlegung von Tatsachen erschüttert werden, nach denen auch eine andere Überzeugungsbildung möglich gewesen wäre. Die Beklagte stellt lediglich pauschal in Abrede, dass nach einem derartigen Zeitablauf eine unerkannte Prüfungsunfähigkeit überhaupt noch attestiert werden konnte. Mit dieser Argumentation kann sie im Zulassungsverfahren nicht durchdringen. Denn sie zeigt mit ihren diesbezüglichen Einwänden nicht auf, dass das Gericht insoweit eine Beweiswürdigung vorgenommen hat, die nach den oben genannten Grundsätzen die Zulassung der Berufung rechtfertigen würde.
Dessen ungeachtet hat sie sich entgegenhalten zu lassen, dass zunächst sie aufgefordert gewesen wäre, die Klägerin unverzüglich nach Eingang der Rücktrittserklärung am 9. April 2016, mit der auch das Attest von Frau C.L. vom 16. März 2016 vorgelegt wurde, darüber zu informieren, dass sie dieses als unzureichend für den Nachweis der klägerischen Prüfungsunfähigkeit hält. Die Beklagte hat durch das lange Zuwarten ihrer aus dem Prüfungsrechtsverhältnis folgenden Fürsorgepflicht nicht genügt. Zudem ist sie darauf zu verweisen, dass der erhebliche Zeitverzug zwischen dem Eingang der Rücktrittserklärung und der Stellungnahme von Oberfeldarzt Dr. L. allein ihrer Sphäre und dem von ihr vorgegebenen Prozedere zuzuschreiben ist. Die Klägerin hatte hierauf keinen Einfluss. Dies gilt auch für den Zeitraum zwischen dem Prüfungstag am 8. Januar 2016 und dem Beginn der psychologischen Beratung durch die Psychologin C.L. im März 2016. Die Klägerin hatte sich zeitnah nach dem Prüfungstermin an die Psychologische Beratungsstelle der Beklagten gewandt. Dort erhielt sie wegen personeller Engpässe erst einen Termin am 15. Februar 2016. Die dortige Psychologin verwies die Klägerin dann nach Durchführung von fünf probatorischen Sitzungen an die externe Psychologin C.L. zur Durchführung einer Psychotherapie. Auch dieses Vorgehen war allein den Vorgaben der Beklagten geschuldet.
Mit ihrem Einwand, aus dem E-Mail-Wechsel der Klägerin mit dem Vorsitzenden des Prüfungsausschusses, in dessen Rahmen sie versuchte, einen weiteren Prüfungsversuch zu erlangen, sei schon erkennbar, dass die Klägerin zu diesem Zeitpunkt nicht prüfungsunfähig gewesen sei, kann die Beklagte ebenfalls nicht durchdringen. Denn auch insoweit setzt sie sich im Rahmen ihres Zulassungsvorbringens nicht mit der Überzeugung des Verwaltungsgerichts auseinander, dass aus diesen E-Mails nichts abzuleiten ist, da nicht durch fachliche Aussagen belegt worden sei, dass die Erkrankung der Klägerin mit einer generellen Lethargie einhergehen hätte müssen. Die Beklagte hat keine Gründe aufgezeigt, warum diese Würdigung durch das Verwaltungsgericht wegen gedanklicher Lücken oder Ungereimtheiten ernstlich zweifelhaft ist.
Auch gegen die Argumentation des Verwaltungsgerichts, bei der Erkrankung der Klägerin handele es sich um eine vorübergehende Prüfungsunfähigkeit und nicht um ein die Möglichkeit eines Rücktritts ausschließendes Dauerleiden, dringt die Beklagte nicht durch. Das Verwaltungsgericht hat ausgeführt, dass es für Letztgenanntes an jeglichen belastbaren Nachweisen fehle und dass gerade bei psychischen Erkrankungen ein längerer Zeitraum bis zur Genesung üblich sei. Mit den diesbezüglichen Ausführungen setzt sich die Beklagte nicht im Ansatz auseinander, sondern wertet lediglich den Sachverhalt anders.
bb) Die erstinstanzliche Beweiswürdigung ist auch hinsichtlich der Feststellung, dass die Klägerin im Zeitpunkt der Prüfung Rechnungswesen am 8. Januar 2016 ihre Prüfungsunfähigkeit nicht erkennen konnte, vor dem Hintergrund des § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht zu beanstanden. Die Beklagte bringt keine substantiierten Einwände vor, mit denen sie die Schlussfolgerungen des Verwaltungsgerichts erfolgreich angreifen kann. Mit ihrem Vorbringen, aus der von der Klägerin am 15. Januar 2016 getroffenen Entscheidung, sich in psychologische Behandlung zu begeben, könne abgeleitet werden, dass sie sich schon im Zeitpunkt der Prüfung ihrer gesundheitlichen Problematik sehr wohl bewusst gewesen sei, entkräftet sie die gegenteilige Einschätzung des Verwaltungsgerichts nicht. Dieses hat darauf abgestellt, dass vor dem Hintergrund, dass die Klägerin sich seit Herbst 2015 mit dem Gedanken an die Inanspruchnahme psychologischer Hilfe befasste, deutlich werde, dass sich die Klägerin nicht (erst) anlässlich einer für sie negativen Prüfung auf die Erkrankung berufen habe. Hierauf geht die Beklagte nicht ein. Auch mit dem Vorbringen, dass die Psychologische Beratungsstelle der Beklagten der Klägerin eine Psychotherapie nahegelegt habe, verstärke den Eindruck, die Klägerin habe bereits am 8. Januar 2016 die Prüfungsunfähigkeit erkannt, gelingt es der Beklagten nicht, die Bewertung des Verwaltungsgerichts, dass ihre Prüfungsunfähigkeit der Klägerin nicht erkennbar gewesen sei, zu erschüttern. Sie trägt keine Argumente dafür vor, aus denen sich ergeben könnte, dass die Folgerungen des Verwaltungsgerichts ernstlich zweifelhaft sind, weil sie zum Beispiel gedankliche Lücken oder Ungereimtheiten aufweisen. Tatsächlich wendet sich die Beklagte durch bloßes Bestreiten gegen die erstinstanzliche Beweiswürdigung. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts werden dadurch nicht dargelegt.
b) Die Klägerin konnte mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 8. April 2016 wirksam von der bereits abgelegten Modulprüfung Rechnungswesen zurücktreten. Der nachträgliche Rücktritt von einer Prüfung ist unverzüglich zu erklären. Dieses Erfordernis gründet in dem berechtigten Anliegen, der missbräuchlichen Erlangung eines Vorteils vorzubeugen und der Prüfungsbehörde zu ermöglichen, den Sachverhalt möglichst zeitnah aufzuklären (vgl. BVerwG, U.v. 13.5.1998 – 6 C 12.98 – juris Rn. 23; Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, Rn. 282). Unverzüglichkeit bedeutet dabei „ohne schuldhaftes Zögern“ (§ 121 BGB). Das heißt, dass der Rücktritt zum frühestmöglichen Zeitpunkt erklärt werden muss. Im Fall einer unerkannten Prüfungsunfähigkeit ist dies der Moment, in dem diese erkannt wird.
Das Verwaltungsgericht hat in der angegriffenen Entscheidung offengelassen, ob die Rücktrittserklärung am 8. April 2016 unverzüglich im Sinne von § 12 Abs. 2 Satz 1 ABaMaPO erfolgte. Denn jedenfalls könne sich die Beklagte auf eine fehlende Unverzüglichkeit nicht mehr berufen, nachdem sie der Klägerin mit Schreiben vom 4. Oktober 2016 – mithin fast sechs Monate nach Eingang der Rücktrittserklärung – Gelegenheit zur weiteren Glaubhaftmachung triftiger Gründe gegeben und sie zu einer persönlichen Begutachtung durch den Oberfeldarzt Dr. L. aufgefordert habe. Das Verwaltungsgericht hat eine Berufung der Beklagten auf eine fehlende Unverzüglichkeit erst nach Durchführung der Begutachtung durch den Oberfeldarzt Dr. L. als Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) abgelehnt. Auf das Vorbringen der Beklagten dazu, dass die Klägerin gewusst habe, dass sie entgegen dem ausdrücklichen Wortlaut von § 12 Abs. 3 ABaMaPO grundsätzlich auch nachträglich von einer Prüfung zurücktreten konnte sowie zu den Hintergründen der Rücktrittserklärung am 8. April 2016 und ob diese unverzüglich erfolgte, kommt es vorliegend schon deshalb nicht an, da diese Aspekte für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts – darauf hat es ausdrücklich hingewiesen – gerade nicht entscheidungserheblich waren.
Mit der Argumentation des Verwaltungsgerichts zur Treuwidrigkeit setzt sich die Zulassungsbegründung nicht hinreichend auseinander. Die erstinstanzliche Entscheidung stellt allein darauf ab, dass zwischen dem Eingang der Rücktrittserklärung vom 8. April 2016 und der ersten Reaktion der Beklagten hierauf (Schreiben v. 4.10.2016) fast sechs Monate vergangen waren und die Beklagte sich auch in diesem Schreiben nicht auf die fehlende Unverzüglichkeit berufen hat, sondern eine weitere Begutachtung seitens des Truppenarztes forderte. Mit Blick auf dieses Prozedere sei es ihr verwehrt, sich nach einer für die Klägerin positiv ausfallenden Begutachtung darauf zu berufen, dass der Rücktritt schon nicht rechtzeitig erklärt worden sei.
Dieser zutreffenden Argumentation des Verwaltungsgerichts hat die Beklagte nichts Substantielles entgegengesetzt. Anknüpfungspunkt für die Heranziehung des Grundsatzes von Treu und Glauben ist sowohl der Zeitablauf, der zwischen dem Eingang der Rücktrittserklärung (9. April 2016) und dem Schreiben vom 4. Oktober 2016 lag, mit dem die Beklagte der Klägerin Gelegenheit zur Glaubhaftmachung weiterer triftiger Gründe gegeben habe, als auch das Unterlassen eines rechtzeitigen Hinweises auf eine (möglicherweise) verspätete Rücktrittserklärung. Anders als die Beklagte meint, kommt es für das Verwaltungsgericht in diesem Zusammenhang weder darauf an, dass die Beklagte ein nachvollziehbares Interesse daran hat, ein externes ärztliches Attest truppenärztlich überprüfen zu lassen, noch darauf, dass ein Bedürfnis dafür besteht, durch Vorstellung beim Truppenarzt über die Dienst- und Verwendungsfähigkeit der Klägerin als Soldatin Klarheit zu erlangen. Das widersprüchliche Verhalten, das sich die Beklagte „vorwerfen“ lassen muss, liegt vorliegend allein in dem Umstand, dass sie die Klägerin nicht unverzüglich darauf hingewiesen hat, dass deren Rücktrittserklärung möglicherweise nicht unverzüglich erfolgt war. Es wäre ihr grundsätzlich unbenommen geblieben, trotz eines Hinweises auf eine fehlende Unverzüglichkeit der Rücktrittserklärung gleichwohl eine weitere Begutachtung der Prüfungsfähigkeit sowie der Dienstfähigkeit der Klägerin zu veranlassen.
Die Ausführungen der Beklagten, es sei unzutreffend, dass sie ein ihr zustehendes Recht über einen längeren Zeitraum nicht geltend gemacht habe, verhelfen ihr nicht zum Erfolg. Sie hat im Verfahren keine Gründe für dieses Unterlassen benannt. Im Übrigen bestreitet sie insoweit nur die Bewertung des Verwaltungsgerichts, ohne sich damit inhaltlich substantiiert auseinanderzusetzen. Dies rechtfertigt jedenfalls nicht die die Annahme ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der angegriffenen Entscheidung.
Soweit die Beklagte vorträgt, die Klägerin hätte es gezielt unterlassen, den Truppenarzt über ihren Gesundheitszustand zu informieren, ist ihr entgegenzuhalten, dass sich die Klägerin zunächst zur Psychologischen Beratungsstelle begab und von dort nach fünf probatorischen Sitzungen direkt an die externe Psychologin C.L. zur Durchführung einer Psychotherapie verwiesen wurde. Sie hat sich nach dem von der Beklagten geforderten Prozedere gerichtet.
2. Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).
Der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) setzt voraus, dass die im Zulassungsantrag dargelegte Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung der Vorinstanz von Bedeutung war, auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich wäre, bisher höchstrichterlich oder – bei tatsächlichen Fragen oder nichtrevisiblen Rechtsfragen – durch die Rechtsprechung des Berufungsgerichts nicht geklärt, aber klärungsbedürftig und über den zu entscheidenden Fall hinaus bedeutsam ist (stRspr, vgl. z.B. BayVGH, B.v. 18.3.2020 – 7 ZB 19.1308 – juris Rn. 21 m.w.N.). Um den auf grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache gestützten Zulassungsantrag zu begründen, muss der Rechtsmittelführer innerhalb der Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO (1.) eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formulieren sowie deren (2.) Klärungsfähigkeit, (3.) Klärungsbedürftigkeit und (4.) allgemeine Bedeutung substantiiert darlegen).
Diesen Darlegungsanforderungen kommt das Zulassungsvorbringen nicht nach, da es sich in der Formulierung einer Frage und der pauschalen Wiedergabe der Darlegungsanforderungen erschöpft. Insbesondere wird nicht deutlich, dass der Frage, ob die Beklagte an Stellungnahmen ihrer Truppenärzte gebunden ist, eine über den zu entscheidenden Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt. Zudem ist die Frage, ob eine Verpflichtung der Beklagten besteht, den ärztlichen Bescheinigungen ihrer eigenen Ärzte zu folgen, nicht pauschal, sondern jeweils nur im konkreten Einzelfall zu beantworten. Ungeachtet dessen ist die von der Beklagten aufgeworfene Frage bereits durch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt (B.v. 24.5.2006 – 1 B 118.05 – juris Rn. 3).
Auch die Frage, ob der Beklagten das Recht auf Zurückweisung des Rücktritts wegen Verspätung zu versagen ist, wenn und soweit die Beklagte als Bundeswehruniversität innerhalb ihrer gesetzlichen Obliegenheiten von Studierenden vorgelegte ärztliche Bescheinigungen durch Truppenärzte überprüfen lässt, ist nicht grundsätzlich klärungsbedürftig. Denn diese ist im vorliegenden Verfahren schon nicht klärungsfähig, da die Frage für das vorliegende Verfahren – wie ausgeführt – nicht entscheidungserheblich war und damit nicht klärungsfähig im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ist.
Ungeachtet dessen genügt die Beklagte auch insoweit nicht ihrer Darlegungspflicht. Zum einen bleibt unklar, worauf sie insoweit konkret abzielt. Denn es ist der Beklagten grundsätzlich unbenommen, Atteste externer Ärzte durch Truppenärzte überprüfen zu lassen. Davon unabhängig ist zu beurteilen, ob und in welchem zeitlichen Horizont sie sich mit Blick auf § 242 BGB auf eine möglicherweise fehlende Unverzüglichkeit einer Rücktrittserklärung von einer Prüfung berufen kann. Die Beklagte verkennt insoweit, dass Anknüpfungspunkt der angegriffenen Entscheidung der Umstand ist, dass zwischen dem Eingang der Rücktrittserklärung vom 8. April 2016 und der ersten Reaktion der Beklagten hierauf (Schreiben v. 4.10.2016) fast sechs Monate vergangen waren, und die Beklagte sich auch in diesem Schreiben nicht auf die fehlende Unverzüglichkeit berufen hat, sondern eine weitere Begutachtung seitens des Truppenarztes forderte. Die Frage, innerhalb welchen Zeitraums eine Berufung auf eine möglicherweise fehlende Unverzüglichkeit zulässig ist, ist keiner generellen Klärung zugänglich, sondern muss stets unter Berücksichtigung des jeweiligen Einzelfalls erfolgen.
3. Die Berufung ist auch nicht wegen Divergenz zuzulassen (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO).
Divergenz in diesem Sinne liegt vor, wenn das Verwaltungsgericht in Anwendung derselben Vorschrift (vgl. BVerwG, B.v. 28.1.2004 – 6 PB 15.03 – NVwZ 2004, 889/890) mit einem seine Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz oder einem verallgemeinerungsfähigen Tatsachensatz von einem in der Rechtsprechung der in § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO genannten übergeordneten Gerichte aufgestellten Rechts- oder Tatsachensatz oder einer inhaltsgleichen Rechtsvorschrift ausdrücklich oder konkludent abweicht und die Entscheidung darauf beruht (vgl. BayVGH, B.v. 22.8.2017 – 11 ZB 17.30654 – juris Rn. 3 m.w.N.). Zwischen den Gerichten muss ein prinzipieller Auffassungsunterschied über den Bedeutungsgehalt einer bestimmten Rechtsvorschrift oder eines Rechtsgrundsatzes bestehen (vgl. BVerwG, B.v. 27.10.2014 – 2 B 52.14 – juris Rn. 5 m.w.N.; BayVGH, B.v. 10.1.2018 – 10 ZB 17.30394 – juris Rn. 2 m.w.N.). Es genügt nicht, wenn in der angegriffenen Entscheidung ein in der Rechtsprechung der übergeordneten Gerichte aufgestellter Grundsatz lediglich übersehen, übergangen oder in sonstiger Weise nicht richtig angewandt worden ist (BVerwG, B.v. 19.8.1997 – 7 B 261.97 – NJW 1997, 3328 m.w.N.; B.v. 20.7.2016 – 6 B 35.16 – juris Rn. 12 m.w.N.). Deshalb erfordert die Darlegung der Divergenz nicht nur die genaue Benennung des Divergenzgerichts und die zweifelsfreie Angabe seiner Divergenzentscheidung. Darzulegen ist auch, welcher tragende Rechts- oder Tatsachensatz in dem Urteil des Divergenzgerichts enthalten ist und welcher bei der Anwendung derselben Rechtsvorschrift in dem angefochtenen Urteil aufgestellte tragende Rechts- oder Tatsachensatz dazu in Widerspruch steht. Die divergierenden Sätze müssen einander so gegenübergestellt werden, dass die Abweichung erkennbar wird (stRspr., vgl. BVerwG, B.v. 20.12.1995 – 6 B 35.95 – NVwZ-RR 1996, 712/713; B.v. 17.7.2008 – 9 B 15.08 – NVwZ 2008, 1115 Rn. 22 m.w.N.; Happ in Eyermann, VwGO, § 124a Rn. 73 m.w.N.).
Diesen Darlegungsanforderungen kommt die Beklagte mit ihren pauschalen und abstrakten Ausführungen nicht nach.
4. Auch ein Verfahrensmangel im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO liegt nicht vor.
a) Die Beklagte hat den mit ihren Hinweisen auf die Nichteinholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens sinngemäß gerügten Aufklärungsmangel schon nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Art und Weise geltend gemacht.
Eine Aufklärungsrüge gemäß § 86 Absatz 1 VwGO kann nur Erfolg haben, wenn substantiiert dargetan wird, hinsichtlich welcher tatsächlichen Umstände Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen wären, welche tatsächlichen Feststellungen bei der Durchführung der vermissten Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären und inwiefern das unterstellte Ergebnis zu einer für den Rechtsmittelführer günstigeren Entscheidung hätte führen können (BayVGH, B.v.19.12.2018 – 20 ZB 18.1219 – juris Rn. 7 m.w.N.). Wer in der Vorinstanz keinen förmlichen Beweisantrag gestellt hat (vgl. § 86 Abs. 2 VwGO), muss, um den gerügten Verfahrensmangel prozessordnungsgemäß zu bezeichnen, insbesondere substantiiert darlegen, warum sich dem Tatsachengericht aus seiner für den Umfang der verfahrensrechtlichen Sachaufklärung maßgeblichen materiell-rechtlichen Sicht die Notwendigkeit einer weiteren Sachaufklärung in der aufgezeichneten Richtung hätte aufdrängen müssen (BVerwG, B.v. 5.3.2010 – 5 B 7.10 – juris Rn. 9 m.w.N.; BayVGH, B.v. 5.2.2016 – 7 ZB 15.1073 – juris Rn. 11). Die Rüge unzureichender Sachaufklärung stellt kein Mittel dar, um das Unterlassen der Stellung von Beweisanträgen in einer mündlichen Verhandlung zu kompensieren.
Diese aufgezeigten Darlegungsanforderungen erfüllt die Zulassungsbegründung nicht. Nachdem der Vertreter der Beklagten ausweislich des Protokolls über die mündliche Verhandlung vom 24. April 2018 in dieser keine förmlichen Beweisanträge gestellt hat, hätte die Beklagte somit darlegen müssen, warum sich dem Verwaltungsgericht eine Beweisaufnahme durch Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens hätte aufdrängen müssen. Hierzu genügt es nicht, lediglich auf die Angaben des Leiters des Prüfungs- und Praktikantenamtes, den der Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung beigezogen und den das Gericht informatorisch gehört hat, zu verweisen. Um eine Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes erfolgreich rügen zu können, hätte die Beklagte in Anbetracht der Feststellungen des Verwaltungsgerichts, dass durch das ärztliche Attest des Oberfeldarztes Dr. L. die Prüfungsunfähigkeit der Klägerin nachgewiesen wurde, substantiiert darlegen müssen, inwieweit sich aus dem bisherigen Studienverlauf der Klägerin insbesondere daraus, dass sie im Vorfeld der Modulprüfung Rechnungswesen noch in der Lage war, ihre Bachelorarbeit abzugeben (am 5.1.2016), Folgerungen für ihre Prüfungsfähigkeit am 8. Januar 2016 treffen lassen. Es ist nicht ausreichend, lediglich erstinstanzliches Vorbringen zu wiederholen. Daher verhilft auch der Verweis auf den E-Mail-Wechsel der Klägerin mit dem Vorsitzenden des Prüfungsausschusses, in dessen Rahmen sie versuchte, einen weiteren Prüfungsversuch zu erlangen, der Beklagten nicht zum Erfolg. Dies gilt insbesondere deshalb, weil das Verwaltungsgericht in den Entscheidungsgründen ausgeführt hat, dass aus diesen E-Mails nichts entscheidungserhebliches zu entnehmen sei.
Darüber hinaus hat das Verwaltungsgericht nicht gegen § 86 Abs. 1 VwGO verstoßen. Sind – wie hier – keine förmlichen Beweisanträge gestellt worden, so bestimmt das Gericht den Umfang seiner Aufklärung nach seinem pflichtgemäßen Ermessen. Die Grenzen dieses Ermessens überschreitet es dabei nur, wenn es eine Ermittlung unterlässt, die sich nach den Umständen des Falles von seinem Rechtsstandpunkt aus aufdrängen musste, d.h. wenn die bisherigen Tatsachenfeststellungen seine Entscheidung noch nicht sicher tragen (BayVGH, B.v. 14.10.2015 – 5 ZB 15.804 – juris Rn. 21 m.w.N.). Nach diesen Maßstäben musste es sich dem Verwaltungsgericht nicht aufdrängen, in eine Beweiserhebung durch Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens einzutreten. Denn für das Gericht reichten die tatsächlichen Anhaltspunkte aus den vorgelegten Unterlagen (Vortrag der Klägerin, Attest Dr. L. v. 2.3.2017 sowie dessen Ausführungen in der mündlichen Verhandlung, Stellungnahme der Psychologin C.L. v. 16.3.2016) aus, um das Vorliegen der Prüfungsunfähigkeit der Klägerin zu bejahen.
b) Soweit die Beklagte mit dem Vortrag, es sei nicht nachvollziehbar, dass die Klägerin einerseits ihre Prüfungsunfähigkeit nicht habe erkennen können und sich andererseits gleichwohl in psychotherapeutische Behandlung begeben habe, sinngemäß einen Verfahrensmangel rügt, wurde dieser schon nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Art und Weise geltend gemacht. Da Fehler der Beweiswürdigung regelmäßig dem materiellen Recht zuzuordnen sind (s.o.), liegt ein Verfahrensfehler in Form der Verletzung des § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO ausnahmsweise nur vor, wenn die gerichtliche Beweiswürdigung gesetzliche Beweisregeln außer Acht lässt, objektiv willkürlich ist, gegen Denkgesetze verstößt oder einen allgemeinen Erfahrungssatz missachtet bzw. irrtümlich annimmt (BVerwG, B.v. 25.1.2018 – 6 B 36/17 – juris Rn. 12). Die Überzeugungsbildung des Verwaltungsgerichts ist hieran gemessen nicht zu beanstanden. Die Annahme der erstinstanzlichen Entscheidung, dass die Klägerin zwar nach Ablegen der Prüfung Rechnungswesen habe erkennen können, dass sie psychologischer Hilfe bedürfe, jedoch noch keine Kenntnis über eine daraus folgende Prüfungsunfähigkeit hatte, widerspricht nicht, wie die Beklagte meint, der allgemeinen Lebenserfahrung. Ein Verstoß gegen Denkgesetze liegt der Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts insoweit nicht zu Grunde. Denn es erscheint umgekehrt als durchaus nachvollziehbar und plausibel, dass eine Studentin psychische Beschwerden im Rahmen von Prüfungen zunächst als übliche Prüfungsangst einordnet und einen darüber hinausgehenden Krankheitswert, der zu einer Prüfungsunfähigkeit führt, erst im Rahmen einer psychotherapeutischen Begleitung erkennt. Sowohl die Bescheinigungen der Psychologin C.L. als auch des Oberfeldarztes Dr. L., die das Verwaltungsgericht seiner Entscheidung zu Grunde legt, attestieren der Klägerin, dass sie erst nach einigen Therapiesitzungen habe erkennen können, dass sich ihr Gesundheitszustand auf ihre Prüfungsfähigkeit ausgewirkt hatte. Die Beklagte tritt dieser Einschätzung nicht substantiiert entgegen.
c) Der Rüge der Beklagten, das Verwaltungsgericht habe im Rahmen der mündlichen Verhandlung in fehlerhafterweise Weise eine intensivere Befragung der Klägerin zu ihrem psychischen Gesundheitszustand und dessen Auswirkungen auf ihre Prüfungsfähigkeit unterlassen, ist zu entgegnen, dass es ihr selbst unbenommen gewesen wäre, die entsprechenden Fragen an die Klägerin zu richten. Ausweislich des Protokolls über die mündliche Verhandlung waren Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung anwesend.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung für das Zulassungsverfahren ergibt sich aus § 47 Abs. 3 und § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 18.4, 18.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (abgedruckt in Eyermann, VwGO).
Dieser Beschluss, mit dem die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig wird (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO), ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben