Verwaltungsrecht

Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe aufgrund mangelnder charakterlicher Eignung infolge Alkoholmissbrauchs

Aktenzeichen  3 ZB 16.935

Datum:
13.12.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 35683
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BeamtStG § 4 Abs. 3 lit. a, § 10 Abs. 1, § 23 Abs. 3 S. 1 Nr. 1, Nr. 2
LlbG Art. 12 Abs. 1, Abs. 4, Abs. 5
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 2, § 144 Abs. 4
GG Art. 33 Abs. 2

 

Leitsatz

1. Sowohl die gesundheitliche als auch die charakterliche Eignung sind gleichermaßen von dem Tatbestandsmerkmal der während der Probezeit nachgewiesenen Bewährung (iSv § 23 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 BeamtStG) umfasst. Es handelt sich dabei um einen einheitlichen Entlassungstatbestand. (Rn. 17 und 19) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Entscheidung über die Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe wegen mangelnder Bewährung ist nur insoweit als Ermessensentscheidung ausgestaltet, als es um die Frage der Verlängerung der Probezeit und die Anwendung der drei unterschiedlichen Entlassungstatbestände des § 23 Abs. 3 BeamtStG geht. Steht die mangelnde Bewährung endgültig fest, hat die Entlassungsbehörde kein Handlungsermessen mehr zwischen Entlassung und Weiterbeschäftigung, da nach § 10 S. 1 BeamtStG in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit nur derjenige Beamte berufen werden darf, der sich in der Probezeit bewährt hat. (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)
3. Selbst wenn Alkoholmissbrauch noch keine krankhafte Veranlagung im Sinne einer gesundheitlichen Beeinträchtigung darstellt, kann er charakterlichen Mangel und damit eine Nichteignung für ein Beamtenverhältnis auf Lebenszeit begründen. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

5 K 15.1311 2016-03-01 Urt VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 26.988,85 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Der 1979 geborene Kläger steht seit 3. September 2009 als Lehrer (Studienrat) an der Fach- und Berufsoberschule als Beamter auf Probe im Dienst des Beklagten.
Im Oktober 2010 wurde der Kläger einmal mit einer Blutalkoholkonzentration (BAK) von 2,4 Promille nach einem Sturz im Garten ins Krankenhaus eingeliefert, im gleichen Monat ein weiteres Mal mit einer BAK von 3,2 Promille nach einem Treppensturz mit einer daraus resultierenden Dornfortsatzfraktur.
Mit Gesundheitszeugnis des Landratsamts A. vom 5. Juni 2012 wurde vor Ablauf der regulären dreijährigen Probezeit festgestellt, dass die gesundheitliche Eignung für eine Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit noch nicht abschließend beurteilt werden könne; es lägen zwar keine belastbaren Anhaltspunkte für einen krankhaften Alkoholkonsum bzw. für eine Alkoholkrankheit vor, allerdings hätten die erhobenen Befunde Hinweise auf einen in der Vergangenheit erhöhten Alkoholkonsum im Sinne eines schädlichen Gebrauchs ergeben. Daraufhin verlängerte der Beklagte mit Bescheid vom 7. August 2012 die Probezeit des Klägers bis zum Ablauf des 13. September 2014 auf fünf Jahre (Art. 12 Absatz 4 LlbG).
Am 20. September 2013 wurde der Kläger mit einer BAK von 3,15 Promille ins Krankenhaus verbracht; er war am Nachmittag – bewusstlos und nur mit einer Unterhose bekleidet auf dem Boden des Computerraums der Schule liegend – aufgefunden worden. Er gab an, gegen Mittag dieses Tages von seiner Freundin eine elektronische Mitteilung über ihre Trennungsabsicht erhalten, sich daraufhin an einer Tankstelle zwei Flaschen Schnaps gekauft und große Mengen davon binnen etwa drei Stunden getrunken zu haben. Hinsichtlich der Darstellung des Klägers zu seinem Trinkverhalten seit seinem 17. Lebensjahr wird auf die Eigenanamnese im psychiatrischen Gutachten des Dr. O. vom 4. August 2014 (S. 12 bis 18) Bezug genommen, das vom Landratsamt A. beauftragt worden war. Nach diesem Alkoholexzess schloss der Kläger am 11. Oktober 2013 eine Zielvereinbarung mit dem Schulleiter ab, in der er sich verpflichtete, eine psychotherapeutische Behandlung bei einem anerkannten Facharzt durchzuführen. Diese sollte sich (gemäß ärztlicher Einschätzung) über einen längeren Zeitraum erstrecken und der Schulleitung angezeigt werden.
Mit Bescheid des Beklagten vom 14. August 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. März 2015 wurde der Kläger gemäß § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BeamtStG aus dem Beamtenverhältnis auf Probe entlassen. Er habe sich in der Probezeit nicht bewährt, denn es läge eine chronische Gesundheitsstörung vor, die den Anforderungen für das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit widerspreche.
Der Kläger legte im Widerspruchsverfahren zwei Atteste (Dr. Ma. v. 5.9.2014 sowie Dr. Mü. v. 18.9.2014) vor, die beide das Bestehen einer Alkoholabhängigkeit verneinen und den exzessiven Alkoholgenuss mit einem durch eine starke emotionale Belastungssituation hervorgerufenen Kontrollverlust begründen. Unter dem 8. Januar 2015 erstellte Dr. O. eine ergänzende Beurteilung zu seiner ersten Begutachtung und nahm zu den beiden vorgenannten ärztlichen Attesten Stellung; es bestehe eine seit längerem andauernde Problematik des Alkoholmissbrauchs. Beim Kläger sei allerdings keine Bereitschaft zu einer tiefgreifenden Auseinandersetzung mit der Problematik erkennbar, weshalb aufgrund der vorliegenden Tatsachen von einer ungünstigen Verhaltensprognose im Hinblick auf übermäßigen Alkoholkonsum auszugehen sei. Nach Ablauf von fünf Jahren solle überprüft werden, ob sich bis dahin eine stabile Verhaltensänderung eingestellt habe. Ausreichend valide wissenschaftliche Untersuchungen zu Rückfallquoten am Arbeitsplatz existierten nicht.
In der mündlichen Verhandlung vom 1. März 2016 hörte das Verwaltungsgericht Dr. O. und die Amtsärztin des Landratsamts A. als sachverständige Zeugen an und lehnte einen Beweisantrag auf Einholung eines weiteren psychiatrischen Sachverständigengutachtens zur Frage der zu erwartenden krankheitsbedingten Fehlzeiten des Klägers sowie einer möglichen vorzeitigen Versetzung in den Ruhestand ab. Mit Urteil vom 1. März 2016 wies das Verwaltungsgericht die Klage mit der Begründung ab, die gesundheitliche Nichteignung des Klägers stehe zur Überzeugung des Gerichts fest.
Zur Begründung seines primär auf die Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts im Urteil vom 30. Oktober 2013 (2 C 16.12 – juris) gestützten Antrags auf Zulassung der Berufung trägt der Kläger insbesondere vor, es fehle an der überwiegenden Wahrscheinlichkeit für eine dauerhafte Dienstunfähigkeit des Klägers vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze bzw. an einer fundierten, von einer wissenschaftlichen Untersuchung getragenen Aussage, es werde zu erhöhten krankheitsbedingten Ausfallzeiten in erheblichem Umfang kommen. Die Beklagte sieht demgegenüber insbesondere vor dem Hintergrund der fachärztlichen Stellungnahmen eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass der Kläger eine erheblich niedrigere Lebensdienstzeit absolvieren wird.
Mit gerichtlichem Hinweisschreiben vom 23. April 2018 wurde den Beteiligten mitgeteilt, dass – unabhängig von der Frage der gesundheitlichen Eignung des Klägers – wegen seiner mehrfachen exzessiven Alkoholisierung begründete Zweifel an seiner charakterlichen Eignung für den Lehrberuf bestünden, die die Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung im Ergebnis begründen könnten. Der Kläger äußerte sich dahingehend, dass im Entlassungsbescheid eine fehlende charakterliche Eignung nicht einmal erwähnt werde; die Einschätzung sei ausschließlich dem Dienstherrn vorbehalten und könne nicht durch die Verwaltungsgerichte ersetzt werden. Im Übrigen fehle es an Anhaltspunkten für die Annahme einer charakterlichen Nichteignung. Der Beklagte erwiderte, im Rahmen eines möglichen Berufungsverfahrens werde er sich erneut auf sämtliche Eignungsmängel berufen.
Wegen der weiteren Einzelheiten der Streitsache wird auf die Personalakte des Klägers sowie die Gerichtsakten Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg.
Das Verwaltungsgericht hat die auf Aufhebung der Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe gerichtete Klage auch vor dem Hintergrund des Zulassungsvorbringens im Ergebnis zu Recht abgewiesen, denn der Kläger hat sich bis zum Ablauf der (bis 13. September 2014 verlängerten) Probezeit nicht im Sinne von § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BeamtStG bewährt. Der Senat lässt offen, ob die mangelnde Bewährung auf einer fehlenden gesundheitlichen Eignung beruht; jedenfalls folgt sie aus der fehlenden charakterlichen Eignung des Klägers. Unter diesem Gesichtspunkt bestehen weder ernstliche Zweifel an der Ergebnisrichtigkeit des angefochtenen Urteils (1.) noch liegen die weiter geltend gemachten tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten vor (2.) noch der behauptete Verfahrensfehler wegen Ablehnung des in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrags (3.).
1. Ernstliche Zweifel, die die Zulassung der Berufung rechtfertigen, sind zu bejahen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente (hier: hinsichtlich der gesundheitlichen Eignung) auf das Ergebnis durchschlagen. Dies ist hier nicht der Fall.
1.1 Der Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) ist im Berufungszulassungsverfahren nur auf das (tenorierte) Ergebnis, nicht aber auf einzelne Begründungselemente der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung bezogen. Wenn ohne weiteres erkennbar ist, dass das angefochtene Urteil jedenfalls im Ergebnis nicht zu beanstanden ist, und wenn ein Berufungsverfahren insofern zur Klärung tatsächlich oder rechtlich schwieriger Fragen nichts beitragen könnte, liegen die Voraussetzungen für eine Zulassung nicht vor. An der Zulassung einer Berufung, die keinen Erfolg haben wird, kann kein schutzwürdiges Interesse bestehen (vgl. BayVGH, B.v. 7.10.2014 – 22 ZB 14.1062 – juris Rn. 32; Kopp/Schenke, VwGO, 24. Aufl. 2018, § 124 Rn. 7a m.w.N.). Diese aus dem Gedanken der Prozessökonomie abgeleitete Folgerung kann auch aus § 144 Abs. 4 VwGO gezogen werden, der unmittelbar nur für das Revisionszulassungsverfahren gilt, aber im Berufungszulassungsverfahren entsprechend anwendbar ist (vgl. zum Ganzen: Seibert in Sodan/Ziekow, 5. Aufl. 2018, VwGO § 124 Rn. 101 – 103 m.w.N.).
Damit begegnet es keinen Bedenken, wenn das Berufungsgericht bei der Überprüfung des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) auf andere rechtliche oder tatsächliche Gesichtspunkte abstellt als das Verwaltungsgericht in den Entscheidungsgründen seines Urteils und wenn es – soweit rechtliches Gehör gewährt ist – die Zulassung der Berufung deshalb ablehnt, weil sich das Urteil aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig erweist (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss v. 9.6.2016 – 1 BvR 2453/12 – juris Rn. 17; BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – NVwZ-RR 2004, 542, 543).
1.2 Rechtsgrundlage für die Entlassung des Klägers aus dem Beamtenverhältnis auf Probe ist § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BeamtStG. Danach kann ein Beamter auf Probe entlassen werden, wenn er sich in der Probezeit nicht bewährt hat. Der Entlassungstatbestand steht im Zusammenhang mit § 10 Satz 1 BeamtStG, wonach in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit nur berufen werden darf, wer sich in der Probezeit hinsichtlich Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung bewährt hat. Steht die fehlende Bewährung fest, ist der Beamte zu entlassen (Art. 12 Abs. 5 LlbG). Die Beurteilung, ob sich der Beamte auf Probe bewährt hat, besteht in der prognostischen Einschätzung, ob er den Anforderungen, die mit der Wahrnehmung der Ämter seiner Laufbahn verbunden sind, voraussichtlich gerecht wird. Mangelnde Bewährung liegt bereits dann vor, wenn begründete Zweifel bestehen, dass der Beamte diese Anforderungen erfüllen kann (vgl. zum Ganzen BayVGH, U.v. 13.1.2016 – 3 B 14.1487 – juris Rn. 33 m.w.N.).
Sowohl die gesundheitliche wie die charakterliche Eignung sind gleichermaßen von dem Tatbestandsmerkmal der während der Probezeit nachgewiesenen Bewährung (i.S.v. § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BeamtStG) umfasst. Es handelt sich dabei um einen einheitlichen Entlassungstatbestand, in dessen Mittelpunkt die Erprobung steht, die sich auf sämtliche, für den Zugang zu öffentlichen Ämtern gemäß Art. 33 Abs. 2 GG maßgebliche Merkmale bezieht, also Eignung, Befähigung und fachliche Leistung (Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, Stand: Juni 2018, Bd. I § 23 BeamtStG Rn. 139 m.w.N.). Der Begriff der Eignung umfasst insbesondere die gesundheitliche und charakterliche Eignung (Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl, a.a.O., Rn. 136 f.). Dabei verlangt der unbestimmte Rechtsbegriff der Bewährung während der Probezeit als Voraussetzung für die Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit eine Prognose, ob der Beamte aufgrund der während der Probezeit erbrachten Leistungen, seines gezeigten Verhaltens oder sonstiger bekannt gewordener Umstände voraussichtlich auf Dauer den an einen Beamten seiner Laufbahn zu stellenden persönlichen und fachlichen Anforderungen gewachsen sein wird. Anders als im Verhältnis der beiden rechtlich selbstständig nebeneinander stehenden Entlassungstatbestände der § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 sowie Nr. 2 BeamtStG, die vor allem unterschiedlichen verfahrensmäßigen Voraussetzungen und Entlassungsfristen unterliegen, deshalb von der Entlassungsbehörde festgelegt werden müssen und schon aus diesem Grunde nicht ohne weiteres im gerichtlichen Verfahren austauschbar sind (Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl, a.a.O., Rn. 170 bis 172), hat die Feststellung der Gründe, auf denen die Annahme der mangelnden Bewährung während der Probezeit beruht, einheitlich und umfassend zu erfolgen. Während allerdings der Behörde bei der Entscheidung über die gesundheitliche Eignung keinerlei Beurteilungsspielraum zusteht, sodass diese Entscheidung gerichtlich voll überprüfbar ist (BVerwG, U.v. 30.10.2013 – 2 C 16.12 – juris Rn. 17 f.; U.v. 25.7.2013 – 2 C 12.11 – juris Rn. 24), ist der Beurteilungsspielraum des Dienstherrn hinsichtlich der charakterlichen Eignung gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar (BayVGH, U.v.13.1.2016 – 3 B 14.1487 – juris Rn. 34; BayVGH, B.v. 4.9.2017 – 6 ZB 17.1325 – juris Rn. 12; OVG NW, B.v. 26.10.2017 – 6 A 767/16 – juris Rn. 21; VGH BW, B.v. 10.3.2017 – 4 S 124/17 – juris Rn. 10).
1.3 Vor diesem Hintergrund kann der Kläger mit seinem Vorbringen im Schreiben vom 11. Mai 2018 nicht durchdringen, die Einschätzung der Frage der Bewährung eines Beamten auf Probe sei ausschließlich dem Dienstherrn vorbehalten und könne nicht durch die Verwaltungsgerichte ersetzt werden. Zunächst ist festzuhalten, dass die Entscheidung über die Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe wegen mangelnder Bewährung nur insoweit als Ermessensentscheidung (vgl. § 23 Abs. 3 Satz 1 BeamtStG: „können entlassen werden“) ausgestaltet ist, als es um die Frage der Verlängerung der Probezeit und die Anwendung der drei unterschiedlichen Entlassungstatbestände des § 23 Abs. 3 BeamtStG geht. Steht die mangelnde Bewährung endgültig fest, hat die Entlassungsbehörde kein Handlungsermessen mehr zwischen Entlassung und Weiterbeschäftigung, da nach § 10 Satz 1 BeamtStG („ist nur zulässig“) in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit nur derjenige Beamte berufen werden darf, der sich in der Probezeit bewährt hat (BVerwG, U.v. 31.5.1990 – 2 C 35.88 – BVerwGE 85, 177, juris Rn. 23; BayVGH, B.v. 29.7.2014 – 3 CS 14.917 – juris Rn. 43; Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl, a.a.O., Rn. 160 f. m.w.N.).
Im vorliegenden Fall hat der Beklagte die angefochtene Entlassung als gebundene Entscheidung – ohne Ermessensausübung – unter Hinweis auf die nicht „in jeder Hinsicht“ nachgewiesene Bewährung (§ 10 Satz 1 BeamtStG i.V.m. Art. 12 Abs. 1 LlbG) ausgesprochen. Sie hat zur Begründung der fehlenden gesundheitlichen Eignung einen identischen Lebenssachverhalt (hier: Alkoholexzesse und problematischer Umgang mit Alkohol im allgemeinen) herangezogen. Jedenfalls in dieser Konstellation eines unveränderten Sachverhalts bleibt ein „Austausch“ der maßgeblichen Kategorie der Eignung (erst) im gerichtlichen Verfahren grundsätzlich möglich, soweit rechtliches Gehör im Hinblick auf die neue Situation gewährt wird (vgl. BVerwG, B.v. 24.1.2017 – 2 B 75.16 – juris Rn. 26). Der belastende Verwaltungsakt (Entlassung) wird durch ein derartiges Vorgehen nicht in seinem Wesen verändert und erhält keine neue Rechtsgrundlage. Sein maßgeblicher Regelungsgehalt besteht (unverändert) in der als Folge mangelnder Bewährung zu treffenden prognostischen Einschätzung, dass der Kläger aufgrund des während der Probezeit gezeigten Verhaltens voraussichtlich auf Dauer den an einen Beamten seiner Laufbahn zu stellenden persönlichen Anforderungen nicht gewachsen sein wird und damit eine Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit ausscheidet (Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl, a.a.O., Rn. 136 f.). Auf die fehlende charakterliche Eignung hat sich der Beklagte ausdrücklich berufen (Schr. d. LAB v. 7.5.2018 und Schr. d. Regierung von Oberbayern – Prozessvertretung – v. 16.9.2015, S. 6, 3.). Es kann mithin keine Rede davon sein, der Senat ersetze den Entlassungstatbestand, den die Behörde dem Kläger entgegenhalte, durch einen anderen.
Auch aus der Berufung auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. März 1998 (2 C 5.97 – juris) vermag der Kläger nichts für seinen Rechtsstandpunkt herzuleiten. Dort ging es um die mangelnde Bewährung einer Beamtin auf Probe wegen unzureichender fachlicher Leistungen während der Verlängerung der Probezeit; das Urteil beschäftigt sich schon nicht mit Fragen der gesundheitlichen Eignung oder deren Verhältnis zum Begriff der charakterlichen Eignung. Es stellt fest, dass die mangelnde Bewährung verwaltungsgerichtlich nur eingeschränkt und insoweit überprüfbar ist, als der gesetzliche Begriff der Bewährung oder die gesetzlichen Grenzen der Beurteilungsermächtigung verkannt oder ein unrichtiger Sachverhalt zugrunde gelegt oder allgemeine Wertmaßstäbe nicht beachtet worden sind. Diese Fragen stellen sich im vorliegenden Fall nicht.
1.4 Der Beklagte hat die Entlassung des Klägers in den angefochtenen Bescheiden – vom Verwaltungsgericht bestätigt – wegen gesundheitlicher Nichteignung auf die (unstreitigen) Sachverhalte gestützt, wonach er während der Probezeit erhebliche Probleme im Umgang mit Alkohol hatte und erstmals 2010 mit exorbitant hohen Blutalkoholkonzentrationen (zwischen 2,4 und 3,2 Promille) auffällig geworden ist. Während der daraufhin verlängerten Probezeit wurde er 2013 mit einer Alkoholvergiftung (BAK 3,15 Promille) nach Genuss von etwa eineinhalb Flaschen Schnaps auf dem Schulgelände von dort tätigem Personal außerhalb des Schulbetriebs aufgefunden.
Diese Sachverhalte legen grundsätzlich die vom Verwaltungsgericht geteilte Annahme einer Alkoholabhängigkeit und in ihrer Folge eines gesundheitlichen Eignungsmangels nahe. Vor dem Hintergrund der Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. Oktober 2013 (2 C 16.12 – juris) erscheint dem Senat allerdings fraglich, ob die dort aufgestellten Anforderungen an den Nachweis eines gesundheitsbezogenen Eignungsmangels trotz der im vorliegenden Fall festgestellten „hohen Giftfestigkeit“ (erhebliche Alkoholtoleranz) und der „anhaltenden toxischen Leberbelastung“ (Gutachten Dr. O. v. 4.8.2014, S. 26, 28) erbracht sind. Der in der mündlichen Verhandlung vom Verwaltungsgericht als sachverständiger Zeuge einvernommene Dr. O. hat zwar einen Verdacht auf Alkoholabhängigkeit geäußert, bezeichnet sie jedoch „nicht als bewiesen“ (Niederschrift über die mündliche Verhandlung am 1.3.2016, S. 9,11); beim Kläger sei wohl eher von einem „schädlichen Gebrauch von Alkohol“ (ICD-10 F 10.1) auszugehen. Er sei angesichts der bestehenden „Willensfreiheit“, die es zulasse, dass er auf sein Trinkverhalten Einfluss nehme, „durchaus grundsätzlich zu einer stabilen Verhaltensänderung hinsichtlich seines Alkoholkonsums in der Lage“ (Gutachten v. 4.8.2014 S. 32). Immerhin konnte der Kläger auch über längere Zeiträume hinweg offenbar ohne alkoholbedingte Auffälligkeiten und ohne längere krankheitsbedingte Abwesenheitszeiten den Lehrerberuf zur Zufriedenheit des Dienstherrn ausüben. Das Bundesverwaltungsgericht verlangt im eingangs zitierten Urteil bei einer Entscheidung über die gesundheitliche Eignung eines Probebeamten eine Prognose über die voraussichtliche Entwicklung seines Gesundheitszustands auf einer fundierten medizinischen Tatsachenbasis; soweit statistische Erkenntnisse über die zu erwartende Entwicklung der Erkrankung herangezogen werden, müssen sie auf einer belastbaren Basis beruhen, wobei eine signifikante Anzahl von Personen über einen längeren Zeitraum hinweg beobachtet worden sein müssen (BVerwG, U.v. 30.10.2013, a.a.O., Rn. 31, 32).
Es erscheint fraglich, ob das angefochtene Urteil diesen Anforderungen an die prognostischen Einschätzungen zur voraussichtlichen Lebensarbeitszeit des Klägers und der zu erwartenden krankheitsbedingten Fehlzeiten entspricht. Die Aussagen des sachverständigen Zeugen Dr. O. sind insoweit nicht in jeder Hinsicht aussagekräftig. Letztlich lässt der Senat die Frage der gesundheitlichen Eignung des Klägers dahinstehen, denn es fehlt ihm jedenfalls die erforderliche charakterliche Eignung.
1.5 Wenn man davon ausgeht, dass der Kläger noch keine krankhafte Veranlagung zu übermäßigem Alkoholgebrauch aufweist, sondern ihn „aus freien Stücken“ steuern konnte und kann, kommt in seinem Verhalten während der Probezeit ein charakterlicher Mangel zum Ausdruck, der seine Nichteignung für ein Beamtenverhältnis auf Lebenszeit begründet. Die Entlassung des Klägers aus dem Beamtenverhältnis auf Probe wegen fehlender charakterlicher Eignung erweist sich als rechtmäßig. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des die Klage abweisenden Tenors des angefochtenen Urteils des Verwaltungsgerichts bestehen auf der Grundlage des Zulassungsvorbringens in den Schriftsätzen vom 13. Mai 2016 und 11. Mai 2018 nicht.
Der Senat hat bereits mehrfach die fehlende charakterliche Eignung eines Probebeamten im Zusammenhang mit aufgetretener Alkoholisierung bestätigt (jüngst B.v. 3.12.2018 – 3 ZB 16.1244 – noch nicht veröffentl.; B.v. 20.3.2017 – 3 CS 17.257 – juris; U.v. 13.1.2016 – 3 B 14.1487 – juris). Auch wenn die diesen drei Entscheidungen jeweils zugrunde liegende Sachverhaltsgestaltung naturgemäß von der vorliegenden abweicht, sind die dort getroffenen Aussagen zum schädlichen, nicht auf gesundheitlichen Einschränkungen beruhenden Gebrauch von Alkohol und ihre Folgen für die Dienstausübung auf den vorliegenden Fall übertragbar, in dem der Senat ebenfalls davon ausgeht, dass kein krankheitsbedingter Alkoholgenuss nachweisbar ist. Im maßgeblichen Zeitpunkt des Widerspruchsbescheids vom 18. März 2015 lag der entscheidende Vorfall vom 20. September 2013 zwar bereits einige Zeit zurück; allerdings folgt der Senat nicht der Auffassung des Klägers, dass damit bereits eine „stabile Verhaltensänderung“ nachgewiesen sei, die auch auf der durch Attest vom 18. September 2014 bestätigten ambulanten psychiatrischen Behandlung durch Dr. Mü. im Zeitraum vom 4. Oktober bis 6. Dezember 2013 beruhe. Der Fall des Klägers ist nämlich dadurch gekennzeichnet, dass er nach eigenen Angaben bereits etwa seit seinem 17. Lebensjahr Alkohol in erheblicher Menge und aus verschiedenen Anlässen heraus zu sich genommen hat, insbesondere auch im Zusammenhang mit Beziehungsproblemen. Um die dauerhafte Abkehr von dem umfangreich im angefochtenen Urteil begründeten „schädlichen Gebrauch“ von Alkohol glaubhaft zu machen, hätte der Kläger die im Jahr 2012 um zwei Jahre bis zur maximalen Grenze von fünf Jahren verlängerte Probezeit (vgl. Art. 12 Abs. 4 LlbG) nutzen und zeigen müssen, dass er in der Lage ist, die ihm nach sachverständiger Aussage grundsätzlich zugebilligte innere Stärke und äußere Konsequenz im Hinblick auf einen angemessenen Umgang mit Alkohol – im Dienst wie außerhalb – auch aufzubringen. Der ihm vorzuhaltende neuerliche „Alkoholexzess“ am 20. September 2013 beweist jedoch das Gegenteil. Er hat sich sogar im Schulgebäude abgespielt und war damit umso mehr geeignet, nicht nur die dem Kläger als Lehrer zukommende Vorbildfunktion zu zerstören, sondern auch das Ansehen seiner Schule insgesamt zu beeinträchtigen.
Die darin zum Ausdruck gekommene mangelnde charakterliche Eignung für den Lehrerberuf in einem Beamtenverhältnis auf Lebenszeit kann auch nicht unter Hinweis darauf entkräftet werden, der Kläger habe damals wegen der am gleichen Tag von seiner Lebensgefährtin mitgeteilten Trennungsabsichten unter einer „akuten Anpassungsstörung“ gelitten, sodass von dieser gesundheitlichen Einschränkung nicht auf einen charakterlichen Mangel geschlossen werden dürfe. Diesem Vorbringen vermag der Senat schon deshalb nicht zu folgen, weil der Hinweis auf einen in einer „starken emotionalen Belastungssituation“ erlittenen „Kontrollverlust“ im Attest des Dr. Mü. vom 18. September 2014 der Begründung dafür dienen sollte, dass beim Kläger gerade keine Alkoholabhängigkeit und damit keine „Krankheit“ vorliegt. Im Übrigen bleibt das äußerst knappe Attest jegliche nähere Begründung des Krankheitswerts der dem Kläger attestierten Belastungsreaktion schuldig.
Die fehlende Eignung des Klägers kommt weiter in den „erheblichen Bagatellisierungstendenzen“ (Gutachten v. 4.8.2014 S. 21, 23) gegenüber dem festgestellten Alkoholmissbrauch zum Ausdruck. Den damit einhergehenden fehlenden „dezidierten Veränderungswillen“ sowie die fehlende Motivation aufgrund mangelnden Problembewusstseins (Gutachten v. 8.1.2015, S. 11, 12) haben den Kläger dazu gebracht, die am 4. Oktober 2013 begonnene ambulante psychiatrische Behandlung schon am 16. Dezember 2013 nach nicht einmal zehn Sitzungen wieder zu beenden. Dies fällt zu seinen Lasten umso mehr ins Gewicht, als er sich im Rahmen einer Zielvereinbarung vom 11. Oktober 2013 gegenüber dem Schulleiter schriftlich verpflichtet hatte, eine ambulante psychotherapeutische Behandlung nicht nur aufzunehmen, sondern auch regelmäßig und „über einen längeren Zeitraum“ durchzuführen. Mit dem – nicht nur in diesem Zeitraum – gezeigten Fehlen einer hinreichenden Bereitschaft zur Verhaltensänderung hat der Kläger bewiesen, dass er der ihm angesonnenen Bekämpfung seines schädlichen Umgangs mit Alkohol gerade in Zeiten persönlicher Krisen nicht das Gewicht beigemessen hat, das im Hinblick auf das angestrebte Beamtenverhältnis auf Lebenszeit erforderlich gewesen wäre. Auch hierin liegt ein charakterlicher Eignungsmangel.
Gegen diese Annahme spricht schließlich auch nicht die dem Kläger in Kenntnis der Problematik im Anhörungsschreiben vom 6. August 2014 angebotene unbefristete Anstellung als tarifbeschäftigte Lehrkraft. Denn ein unbefristetes Angestelltenverhältnis im öffentlichen Dienst folgt – gerade auch im Hinblick auf die Möglichkeiten einer Beendigung – grundsätzlich anderen Regelungen als das Beamtenverhältnis.
2. Die Rechtssache weist auch keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) auf. Der ursprüngliche Vortrag rechtfertigt die Zulassung der Berufung schon deshalb nicht, weil es auf die als schwierig bezeichnete Frage der Beurteilung der gesundheitlichen Eignung des Klägers nicht ankommt und sie damit für den Senat nicht (mehr) entscheidungserheblich ist.
3. Entsprechendes gilt für den geltend gemachten Verfahrensmangel (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO). Er wird ausschließlich mit der Ablehnung des in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrags begründet, mit dem der Sachverhalt im Hinblick auf das nicht mehr entscheidungserhebliche Kriterium der gesundheitlichen Eignung des Klägers weiter aufgeklärt hätte werden sollen.
4. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 GKG und folgt derjenigen des Erstgerichts.
Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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