Verwaltungsrecht

Erfolgloser Antrag auf Zulassung der Berufung

Aktenzeichen  10 ZB 18.1801

Datum:
27.8.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 21161
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1
AufenthG § 11 Abs. 3, § 53 Abs. 1

 

Leitsatz

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils bestehen dann, wenn der Kläger im Zulassungsverfahren einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung des Erstgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten infrage stellt. (Rn. 3) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

M 25 K 17.3934 2018-06-06 Urt VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 10.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt der Kläger seine in erster Instanz erfolglose Klage auf Aufhebung des Bescheids der Beklagten vom 1. August 2017 weiter, mit dem er aus der Bundesrepublik Deutschland ausgewiesen, sein Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels abgelehnt, seine Abschiebung in den Kosovo angeordnet bzw. bei nicht fristgerechter Ausreise nach Haftentlassung angedroht und das Einreise- und Aufenthaltsverbot auf acht Jahre befristet wurde.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist unbegründet. Aus dem der rechtlichen Überprüfung durch den Senat allein unterliegenden Vorbringen im Zulassungsantrag ergeben sich nicht die geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils im Sinne dieser Bestimmung bestünden dann, wenn der Kläger im Zulassungsverfahren einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung des Erstgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten infrage gestellt hätte (BVerfG, B.v. 10.9.2009 – 1 BvR 814/09 – juris Rn. 11; BVerfG, B.v. 9.6.2016 – 1 BvR 2453/12 – juris Rn. 16). Dies ist jedoch nicht der Fall.
a) Die Einwendungen gegen die durch das Verwaltungsgericht getroffene Gefahrenprognose im Rahmen der Ausweisung (§ 53 Abs. 1 AufenthG) greifen nicht durch.
Der Kläger ist der Meinung, das Verwaltungsgericht habe nicht nachvollziehbar dargelegt, woraus sich die von ihm ausgehende besondere Gefährlichkeit ergeben sollte. Es werde übersehen, dass es sich bei seinen Verurteilungen überwiegend um Geldstrafen gehandelt habe, bei zwei weiteren Verurteilungen seien Bewährungstrafen ausgesprochen worden. Die massivste Strafe sei die Verurteilung vom 29. November 2016 zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten gewesen. Insoweit seien Ausführungen in den Strafzumessungsgründen des Strafurteils unberücksichtigt geblieben, nämlich dass der Kläger ein „vollumfängliches und von Schuldeinsicht und Reue getragenes Geständnis“ abgegeben und dass er eine nahezu vollständige Schadenswiedergutmachung geleistet habe.
Das Verwaltungsgericht hat jedoch keineswegs übersehen, dass es sich bei den Verurteilungen des Klägers überwiegend um Geldstrafen und zweimal um eine Bewährungsstrafe gehandelt hat, sondern hat diese Umstände – zu Recht – anders beurteilt, als der Kläger es für richtig hält. Es hat nämlich ausgeführt (UA S. 9-10), dass er zunächst mit kleineren Eigentumsdelikten in Erscheinung getreten sei, deren strafrechtliche Ahndung ihn aber nicht von der Begehung weiterer Straftaten abgehalten habe. In den letzten Jahren habe zudem eine erhebliche Steigerung der kriminellen Energie stattgefunden, so sei er im Jahr 2012 wegen Betrugs zur einer Freiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt worden, habe diese Chance aber erneut nicht genutzt und weitere Straftaten begangen. Mit seiner zuletzt abgeurteilten Tat habe er sein deliktisches Verhalten nochmals und diesmal ganz erheblich gesteigert. Das Gericht hat damit nicht verkannt, dass die Straftaten des Klägers zunächst nur mit Geldstrafen und sodann mit Bewährungsstrafen geahndet wurden, sondern aus der Vielzahl der Taten und Verurteilungen und deren zunehmender Schwere einen wesentlichen Gesichtspunkt abgeleitet, um seine Überzeugung von einer vom Kläger ausgehenden Gefahr der Begehung weiterer Straftaten zu begründen.
Auch die Umstände der zuletzt abgeurteilten Straftaten (Urteil vom 29.11.2016, Wohnungseinbruchsdiebstahl in vier Fällen und versuchter Wohnungseinbruchsdiebstahl in drei Fällen) wurden vom Verwaltungsgericht rechtsfehlerfrei in die anzustellende Gefahrenprognose eingestellt. Nach den Feststellungen im Strafurteil habe der Kläger seine Tätigkeit als Garten- und Landschaftsbauer ausgenutzt, um Objekte auszuspähen; für die Einbrüche habe er verschiedene Personen bestimmt, die Taten auszuführen, während er selbst telefonische Anweisungen gegeben und die Taten koordiniert habe. Aufgrund seiner vielen Vorstrafen, seiner Schulden in Höhe von 180.000 Euro, der schon früher nicht durchgestanden Bewährung und seiner in der mündlichen Verhandlung erklärten Absicht, wieder im Bereich Garten- und Landschaftsbau – und damit in einem Bereich, den er zur Vorbereitung seiner Wohnungseinbrüche nutzte – tätig sein zu wollen, sei die Kammer davon überzeugt, dass vom Kläger die Gefahr der Begehung weiterer Straftaten ausgehe. Von erheblicher indizieller Bedeutung sei dabei auch, dass die Strafvollstreckungskammer mit Beschluss vom 16. Mai 2018 die Ablehnung der vorzeitigen Haftentlassung auch damit begründet habe, dass sich der Kläger in der Strafhaft nicht beanstandungsfrei geführt habe und eine ausreichend günstige Prognose deshalb nicht habe gestellt werden können (UA S. 10). Angesichts dessen kann der Umstand, dass der Kläger vor dem Strafgericht ein umfassendes und von Reue und Schuldeinsicht getragenes Geständnis abgelegt hat, was in die Strafzumessungsgründe eingeflossen ist, lediglich für die betreffenden Straftaten von Bedeutung sein, nicht aber für Gefahr weiterer Straftaten durch den Kläger, zumal auch das Strafgericht darauf hingewiesen hat, dass er zur Tatzeit unter einschlägiger offener Bewährung gestanden habe und bei den Taten als Initiator aufgetreten sei. Gleiches gilt für die Schadenswiedergutmachung, die der Kläger nach Aktenlage mit einem von seiner früheren Lebensgefährtin geliehenen Geldbetrag von 30.000 Euro bestritten hat. Dabei geht es darum, die Folgen der Straftat zu mildern und damit auf die Strafhöhe einzuwirken; angesichts aller weiteren Umstände, die der Prognose bezüglich der Gefahr weiterer Straftaten zugrunde liegen, ist damit diese Prognose des Verwaltungsgerichts aber nicht ernsthaft in Frage gestellt.
b) Ebenso ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils, soweit dieses die ermessensfehlerfreie Bemessung der Frist des § 11 Abs. 2, Abs. 3 AufenthG (damaliger Fassung) bzw. § 11 Abs. 3 i.V.m. Abs. 5 AufenthG (in der seit 21.8.2019 geltenden Fassung) festgestellt hat.
Der Kläger meint, das Wiedereinreiseverbot für die Dauer von neun Jahren sei im Hinblick auf die Höhe der Verurteilung und die Tatsache, dass er Vater zweier minderjähriger deutscher Kinder sei, unverhältnismäßig, weil dies ein tatsächliches Fernhalten von seinen Kindern bedeuten würde. Dieses Vorbringen ist allerdings nicht nachvollziehbar. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung angegeben, seit 2010 keinen Kontakt mehr zu seinen Kindern zu haben; hieran hat sich offensichtlich nichts geändert. Das Verwaltungsgericht hat ausführlich dargelegt, warum die Bestimmung der Frist unter fehlerfreier Ermessensausübung durch die Beklagte getroffen worden ist (UA S. 14-15), und dabei auch die familiären Beziehungen des Klägers gewürdigt.
Bezüglich der Ablehnung eines Aufenthaltstitels hat der Kläger nichts vorgetragen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 und 3, § 39 Abs. 1 und § 52 Abs. 2 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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