Verwaltungsrecht

Erfolgloser Antrag auf Zulassung der Berufung in asylrechtlicher Streitigkeit

Aktenzeichen  8 ZB 18.30133

Datum:
13.8.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 20060
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 78 Abs. 3 Nr. 1, Abs. 4 S. 4

 

Leitsatz

Die für grundsätzlich bedeutsam erachtete Frage, „ob sich die Gefahrensituation für in Deutschland exilpolitisch tätige äthiopische Staatsangehörige verschärft hat“, ist in dieser Allgemeinheit nicht klärungsfähig. (Rn. 9) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

M 12 K 17.42218 2017-08-16 Urt VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Gründe

1. Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
Es kann dahinstehen, ob dem Kläger wegen Versäumung der Frist des § 78 Abs. 4 Satz 1 und 4 AsylG Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 60 Abs. 1 VwGO zu gewähren ist, weil der Zulassungsantrag jedenfalls in der Sache keinen Erfolg hat. Der allein geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG) ist nicht in einer Weise dargetan, die den Anforderungen des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG genügt.
Einer Rechtssache kommt grundsätzliche Bedeutung gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG zu, wenn für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts eine konkrete, jedoch fallübergreifende Tatsachen- oder Rechtsfrage von Bedeutung war, deren noch ausstehende obergerichtlich Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten ist und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zu einer bedeutsamen Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint (vgl. BayVGH, B.v. 5.12.2017 – 11 ZB 17.31711 – juris Rn. 2; BVerwG, B.v. 21.11.2017 – 1 B 148.17 u.a. – juris Rn. 4 zu § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Dementsprechend verlangt die Darlegung der rechtsgrundsätzlichen Bedeutung nach § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG, dass eine konkrete Tatsachen- oder Rechtsfrage formuliert und aufgezeigt wird, weshalb die Frage im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts klärungsbedürftig und entscheidungserheblich (klärungsfähig) ist. Ferner muss dargelegt werden, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung dieser Frage besteht (vgl. BayVGH, B.v. 5.12.2017 – 11 ZB 17.31711 – juris Rn. 2; BVerwG, B.v. 30.9.2015 – 1 B 42.15 – juris Rn. 3). Darzulegen sind mithin die konkrete Frage sowie ihre Klärungsbedürftigkeit, Klärungsfähigkeit und allgemeine Bedeutung (vgl. OVG NRW, B.v. 15.12.2017 – 13 A 2841/17.A – juris Rn. 3 ff.).
Diesen Anforderungen wird das klägerische Vorbringen nicht gerecht. Hinsichtlich der im Zulassungsantrag für grundsätzlich bedeutsam gehaltenen Rechtsfragen,
„inwieweit der klägerische Vortrag nachgewiesen werden muss, wenn zum Nachweis lediglich äußerst schwer zu erreichende Urkunden zur Verfügung stehen, die zudem in Deutschland nicht anerkannt werden, oder ob das Gericht die fehlenden Nachweise durch eigene Überlegungen und Vermutungen außer Kraft setzen kann und den klägerischen Vortrag dann als widerlegt ansehen kann“,
hat der Kläger keinen Klärungsbedarf aufgezeigt. Er behauptet lediglich, dass das Verwaltungsgericht nicht hinreichend auf die Behauptung des Klägers eingegangen sei, er besitze die eritreische Staatsangehörigkeit. Ein Nachweis hierzu könne angesichts der Gegebenheiten im Heimatland nicht verlangt werden; zudem wäre ein solcher wohl auch nicht anerkannt worden, weil deutsche Behörden Dokumente aus Eritrea regelmäßig nicht anerkennen würden. Damit legt der Kläger nicht in der dem Darlegungsgebot des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG entsprechenden Weise dar, warum die aufgeworfenen Fragen im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts klärungsbedürftig sind. Gleichermaßen fehlen jegliche Darlegungen zur Entscheidungserheblichkeit dieser Fragen. Zudem hat der Kläger nicht dargetan, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung dieser Fragen besteht. Die bloße Behauptung, die aufgeworfenen Fragen müssten grundsätzlich geklärt werden, reicht zur Darlegung der allgemeinen Bedeutung nicht aus.
Die vom Kläger für grundsätzlich bedeutsam erachtete Frage,
„ob sich die Gefahrensituation für in Deutschland exilpolitisch tätige äthiopische Staatsangehörige verschärft hat“,
ist in dieser Allgemeinheit nicht klärungsfähig und damit nicht entscheidungserheblich. Die Antwort auf diese Fragestellung hängt von einer Vielzahl von Einzelumständen und Faktoren ab. Sie ist deshalb nicht hinreichend konkret gefasst und würde sich in dieser Allgemeinheit somit in einem Berufungsverfahren nicht in entscheidungserheblicher Weise stellen (vgl. BVerwG, B.v. 21.9.2016 – 6 B 14.16 – juris Rn. 14 f.; BayVGH, B.v. 2.11.2017 – 15 ZB 17.31494 – juris Rn. 9, 20; OVG NW, B.v. 1.12.2017 – 13 A 2643/17.A – juris Rn. 23). Zudem wird in der Antragsbegründung nicht einmal erläutert, dass und inwiefern sich der Kläger selbst in Deutschland exilpolitisch betätigt hat. Es ist nicht Aufgabe des Verwaltungsgerichtshofs, das Vorbringen des Klägers anhand der Akten zu ergänzen und sich selbst die notwendigen Angaben im Einzelnen aus den Behördenunterlagen oder der erstinstanzlichen Entscheidung herauszusuchen (vgl. BVerwG, B.v. 20.10.2016 – 4 B 45.16 u.a. – juris Rn. 2; B.v. 27.3.2007 – 1 B 271.06 – juris Rn. 3; VGH BW, B.v. 20.10.2006 – A 9 S 1157/06 – juris Rn. 3).
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG). Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 Abs. 1 Satz 1 RVG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).


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