Verwaltungsrecht

Erfolgloser Antrag auf Zulassung der Berufung in asylrechtlicher Streitigkeit

Aktenzeichen  1 ZB 17.30446

Datum:
9.8.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 19997
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 78 Abs. 3 Nr. 2, 3
VwGO § 108 Abs. 1 S. 1, § 138 Nr. 3

 

Leitsatz

Ein Einstellungs- und Kostenbeschluss nach einer Hauptsacheerledigung ist keine divergenzfähige Entscheidung, da sie nicht darauf angelegt ist, eine Rechts- oder Tatsachenfrage abschließend zu entscheiden. (Rn. 2) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

Au 1 K 17.30347 2017-03-24 Urt VGAUGSBURG VG Augsburg

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Kläger tragen die Kosten des Zulassungsverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe der Abweichung von einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs (§ 78 Abs. 3 Nr. 2 AsylG) und der Versagung rechtlichen Gehörs (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG, § 138 Nr. 3 VwGO) liegen nicht vor bzw. sind nicht dargelegt (§ 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG).
Soweit sich die Kläger für eine Divergenz auf den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 14. Februar 2007 (Az. 21 B 06.31058) berufen, handelt es sich bei dem Einstellungs- und Kostenbeschluss nach Hauptsacheerledigung nicht um eine Entscheidung im Sinn von § 78 Abs. 3 Nr. 2 AsylG. Eine divergenzfähige Entscheidung liegt grundsätzlich nur vor, wenn sie ihrer Art nach darauf angelegt ist, eine Rechts- oder Tatsachenfrage abschließend zu entscheiden. Beschlüsse, in denen die Sach- und Rechtslage nur summarisch geprüft wird, können eine Divergenz nicht begründen (vgl. BFH, U.v. 12.1.2011 – I K 1/10 – juris Rn. 9 zu § 138 Abs. 1, § 11 Abs. 2 FGO; SächsOVG, B.v. 30.5.2016 – 5 A 93/13 – juris für Prozesskostenhilfebeschlüsse; Pietzner/Buchheister in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Juni 2017, § 132 Rn. 63 für Kostenentscheidungen nach § 161 Abs. 2 VwGO). Im Übrigen hat der Verwaltungsgerichtshof in der genannten Entscheidung auch keinen abstrakten Rechtssatz aufgestellt oder eine allgemeine Tatsachenfeststellung getroffen, von der das Verwaltungsgericht mit seiner Entscheidung abgewichen wäre. Der Senat hat vielmehr für die Kostenentscheidung auf die besonderen Umstände des Einzelfalls abgestellt.
Mit der Gehörsrüge wird geltend gemacht, dass sich das Verwaltungsgericht in entscheidungserheblicher Weise über die tropenmedizinischen Erkenntnisse hinweggesetzt habe. Danach hätten die Kläger die Semiimmunität gegen Malaria und die faktische Anpassung an die tropischen Lebensbedingungen verloren. Hätte das Gericht die bekannten sozialen und tropenmedizinischen Erkenntnisse gewürdigt, so hätte es zumindest für die Kinder Abschiebungsverbote feststellen müssen. Mit dem Zulassungsantrag wird unter Bezugnahme auf Auskunftstellen umfangreich zur aktuellen allgemeinen Versorgungslage in der Demokratischen Republik Kongo, zur medizinischen Versorgung speziell und zur allgemeinen und gesundheitlichen Rückkehrgefährdung von Kindern, insbesondere wegen Malariaerkrankung, vorgetragen.
Ein Gehörsverstoß wird durch das Zulassungsvorbringen nicht dargelegt, eine Verletzung des Überzeugungsgrundsatzes (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) ist nicht dargetan. Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung („Überzeugungsgrundsatz“) im Sinn von § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO betrifft die Feststellung aller für die Entscheidung des Gerichts erheblichen Tatsachen und deren „freie Würdigung“. Die Einhaltung der aus § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO folgenden verfahrensmäßigen Verpflichtung ist nicht schon dann in Frage gestellt, wenn ein Beteiligter eine aus seiner Sicht fehlerhafte Verwertung des vorliegenden Tatsachenmaterials rügt, aus dem er andere Schlüsse ziehen will als das angefochtene Urteil. Damit wird ein – angeblicher – Fehler in einer Sachverhalts- und Beweiswürdigung angesprochen, die einen Verfahrensmangel im Sinn von § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG grundsätzlich nicht begründen kann. Ein einen Verfahrensfehler begründender Verstoß gegen § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann nur ausnahmsweise dann gegeben sein, wenn die tatrichterliche Beweiswürdigung auf einem Rechtsirrtum beruht, objektiv willkürlich ist oder allgemeine Sachverhalts- und Beweiswürdigungsgrundsätze, insbesondere gesetzliche Beweisregeln, Natur- oder Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze missachtet (vgl. BVerwG, B.v. 4.6.2018 – 1 B 31.18 – juris Rn. 10; B.v. 30.7.2014 – 5 B 25.14 – juris Rn. 13). Derartige Fehler werden von dem Zulassungsantrag bereits nicht substantiiert aufgezeigt und liegen auch nicht vor. Dass sich das Verwaltungsgericht nicht der Rechtsauffassung der Kläger angeschlossen hat (vgl. wie das Verwaltungsgericht z.B. VGH BW, U.v. 19.1.2010 – A 5 S 63/08 – juris), ist keine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylG.
Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).


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