Verwaltungsrecht

Erfolgloser Antrag auf Zulassung einer Berufung

Aktenzeichen  14 ZB 19.31488

Datum:
27.4.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 14589
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 3b Abs. 1 Nr. 5, Abs. 2, § 3b, § 3c, § 78 Abs. 3 Nr. 1, 3, Abs. 4 S. 4
VwGO § 87b Abs. 3, § 102 Abs. 2, § 173 S. 1 Hs. 1
ZPO § 227 Abs. 4 S. 1 Hs. 1

 

Leitsatz

Der Vorsitzende ist nach § 173 Satz 1 Halbs. 1 VwGO; § 227 Abs. 4 Satz 1 Halbs. 1 ZPO verpflichtet, über einen Terminaufhebungs- bzw. -verlegungsantrag bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung zu entscheiden, wenn – was nach der Judikatur des Bundessozialgerichts wohl praktisch immer anzunehmen sein dürfte – eine förmliche kurze Verbescheidung bis dahin noch technisch durchführbar und zeitlich zumutbar ist, und es leidet das Verfahren im Falle der Verletzung dieser Pflicht wegen der Versagung rechtlichen Gehörs an einem wesentlichen Mangel, ohne dass es darauf ankäme, ob dem Terminaufhebungs- oder -verlegungsantrag in der Sache zu folgen gewesen wäre, und ohne dass es im späteren Berufungszulassungsverfahren der näheren Darlegung und Prüfung bedürfte, ob die angefochtene Entscheidung auf der geltend gemachten Gehörsverletzung beruhen kann (im Anschluss an stRspr BSG, B.v. 3.7.2013 – B 12 R 38/12 B – juris; B.v. 12.9.2019 – B 9 V 53/18 B – juris). (Rn. 11)

Verfahrensgang

Au 5 K 18.31414 2019-04-01 Urt VGAUGSBURG VG Augsburg

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg. Soweit Zulassungsgründe i.S.v. § 78 Abs. 3 AsylG ausdrücklich oder sinngemäß geltend gemacht werden, sind sie nicht in einer den Anforderungen des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG genügenden Art und Weise dargelegt bzw. liegen nicht vor.
1. Soweit ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils geltend gemacht werden, indem etwa ausgeführt wird, der Kläger sei der Auffassung, im Iran nicht nur gegen die Machenschaften einer privaten Bank demonstriert zu haben, und sehe seine Bestrafung wegen seiner Teilnahme an den Demonstrationen sowie deren Organisation im Iran sehr wohl als politisch motiviert an, ist die Berufung nicht zuzulassen, weil dieser Zulassungsgrund (vgl. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) im Asylprozess nicht vorgesehen ist (§ 78 Abs. 3 AsylG).
2. Die Berufung ist auch nicht wegen einer Versagung rechtlichen Gehörs (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG i.V.m. § 138 Nr. 3 VwGO) zuzulassen.
2.1. Der Kläger trägt vor, nachdem der (in der Antragsbegründung namentlich genannte) Assessor erfahren habe, dass der Kläger in einem (in der Antragsbegründung namentlich genannten) Klinikum stationär sei, habe der Assessor dies umgehend fernmündlich der Einzelrichterin des Verwaltungsgerichts mitgeteilt und dabei gebeten, den Termin zur mündlichen Verhandlung (am 1. April 2019 um 09:30 Uhr) zu verlegen. Die Einzelrichterin habe erklärt, keine Terminverlegung zu beabsichtigen. Die Anwesenheit des Klägers in der mündlichen Verhandlung sei nicht erforderlich. Sie gehe davon aus, dass der Sachvortrag des Klägers beim Bundesamt wahr sei. Deswegen bestehe kein Aufklärungsbedarf mehr. Es sei nur die rechtliche Würdigung zu klären. Nachdem der Assessor dies dem Klägerbevollmächtigten mitgeteilt habe, habe der Klägerbevollmächtigte durch Schriftsatz am 28. März 2019 Terminverlegung wegen andauerndem stationären Aufenthalts des Klägers beantragt. Die Vorlage eines Attests habe die Einzelrichterin weder verlangt noch habe sie geäußert, dann eine Terminverlegung befürworten zu können. Sie habe auf ihrem Standpunkt beharrt. Das Verlegungsgesuch vom 28. März 2019 habe das Gericht nicht schriftlich beantwortet, sondern am 1. April 2019 die mündliche Verhandlung durchgeführt, zu welcher der Kläger nicht erschienen sei. Der Assessor habe im Sitzungssaal erklärt, dass der Kläger weiterhin stationär sei. Trotzdem habe das Gericht verhandelt. Der Klägervertreter habe zum Ende der Woche, die auf den Termin gefolgt sei, erfahren, dass der Kläger an Krebs erkrankt sei und sofort habe operiert werden müssen. Der Kläger sei eindeutig verhindert gewesen, am Termin zur mündlichen Verhandlung teilzunehmen. Nur er selbst könne aus eigener Erfahrung berichten, was im Iran vorgefallen sei. Der Klägerbevollmächtigte wisse nicht, ob der Kläger noch innerhalb der (vom Gericht) gesetzten Frist hätte vortragen wollen. Darauf komme es aber nicht an, weil das rechtliche Gehör auch verletzt sei, wenn der Kläger keine Angaben dazu habe machen können, ob er innerhalb der gesetzten Frist noch etwas vorzutragen habe oder zum Beweis anführen wolle. Da der Kläger noch am Verhandlungstag im Krankenhaus gewesen sei, sei ihm das Recht auf Gehör abgeschnitten worden. Aus der Klagebegründung sei erkennbar, dass der Kläger in der mündlichen Verhandlung habe erläutern wollen, warum er sich als politischen Gegner der Islamischen Republik Iran sehe. Der Kläger habe das Recht zur Äußerung in der mündlichen Verhandlung und müsse sich nicht damit begnügen, dass sich der Klägerbevollmächtigte für ihn äußere.
2.2. Das Verwaltungsgericht, das verhandelt hat, obwohl seitens der Klagepartei wie auch der Beklagten niemand erschienen war, hat den in § 102 Abs. 2 VwGO vorgeschriebenen Hinweis auf die Möglichkeit der Durchführung der mündlichen Verhandlung und der Entscheidung des Gerichts trotz Abwesenheit eines Beteiligten in der Ladung vorgenommen. Insoweit hat es das rechtliche Gehör des Klägers nicht verletzt (vgl. BVerwG, B.v. 20.4.2017 – 2 B 69.16 – juris Rn. 8).
2.3. Ein Gehörsverstoß ist auch nicht ersichtlich, soweit der Kläger die Durchführung der mündlichen Verhandlung ohne seine persönliche Anwesenheit rügt.
Wenn ein Kläger sein persönliches Erscheinen vor Gericht trotz anwaltlicher Vertretung für unerlässlich hält, muss er, um damit Gebrauch von den ihm verfahrensrechtlich gebotenen Möglichkeiten zur Verschaffung rechtlichen Gehörs zu machen, die Verlegung des Termins zur mündlichen Verhandlung oder die Anordnung seines persönlichen Erscheinens vor Gericht beantragen und dabei die für die Notwendigkeit seiner Anwesenheit sprechenden Gründe substantiiert darlegen (vgl. BVerwG, U.v. 30.8.1982 – 9 C 1.81 – DÖV 1983, 247; OVG NW, B.v. 28.6.2012 – 13 A 1158/12.A – juris Rn. 10 f.; BayVGH, B.v. 22.7.2019 – 14 ZB 18.33117 – juris Rn. 3).
Dass der Kläger die Gründe einer Notwendigkeit seiner persönlichen Anwesenheit substantiiert dargelegt hätte, ist jedoch nicht ersichtlich. Nachdem dem Klägerbevollmächtigten laut Postzustellungsurkunde am 12. März 2019 die Ladung zur mündlichen Verhandlung am 1. April 2019 um 09:30 Uhr zugegangen war, hat der Klägerbevollmächtigte zwar durch Schriftsatz vom 28. März 2019 unter Hinweis darauf, dass sich der Kläger aktuell im Klinikum befinde, und darauf, dass dieser ein Recht habe, in der mündlichen Verhandlung anwesend zu sein, die Verlegung der beiden Gerichtstermine vom 1. April 2019 – denselben Termin hatte das Verwaltungsgericht auch zur mündlichen Verhandlung der Klage (Az. 5 K 18.31413) von Ehefrau und Sohn des Klägers bestimmt – beantragt. Dieser Schriftsatz benannte aber keine Gründe, weshalb eine Anwesenheit des Klägers in der Verhandlung seines Erachtens trotz seiner anwaltlichen Vertretung notwendig war. Angesichts dieses Vortragsdefizits hat der Kläger keinen hinreichenden Gebrauch von den ihm verfahrensrechtlich gebotenen Möglichkeiten zur Verschaffung rechtlichen Gehörs im Hinblick auf seine persönliche Anwesenheit in der mündlichen Verhandlung gemacht.
Dabei ist auch eine Verletzung des rechtlichen Gehörs in der Form des Abschneidens weiteren Sachvortrags nicht hinreichend i.S.v. § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG dargelegt, soweit vorgetragen wird, der Klägerbevollmächtigte wisse nicht, ob der Kläger noch innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist hätte vortragen wollen, und dazu der Standpunkt vertreten wird, darauf komme es nicht an, weil das rechtliche Gehör auch verletzt sei, wenn der Kläger keine Angaben dazu habe machen können, ob er innerhalb der gesetzten Frist noch etwas vorzutragen habe oder zum Beweis anführen wolle. Dabei ist auch weder hinreichend dargelegt noch sonst ersichtlich, dass das Verwaltungsgericht Vorbringen des Klägers nach § 87b Abs. 3 VwGO als verspätet zurückgewiesen haben könnte.
2.4. Unabhängig davon ist nicht hinreichend i.S.v. § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG dargelegt, dass das Verwaltungsgericht dadurch einen Gehörsverstoß begangen haben könnte, dass es über den Terminverlegungsantrag des Klägerbevollmächtigten vom 28. März 2019 nicht bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung entschieden hat.
2.4.1. Zwar ist der Vorsitzende nach § 173 Satz 1 Halbs. 1 VwGO, § 227 Abs. 4 Satz 1 Halbs. 1 ZPO verpflichtet, über einen Terminaufhebungs- bzw. -verlegungsantrag bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung zu entscheiden, wenn – was nach der Judikatur des Bundessozialgerichts wohl praktisch immer anzunehmen sein dürfte (vgl. B.v. 12.9.2019 – B 9 V 53/18 B – juris Rn. 15) – eine förmliche kurze Verbescheidung bis dahin noch technisch durchführbar und zeitlich zumutbar ist, und es leidet das Verfahren im Falle der Verletzung dieser Pflicht wegen der Versagung rechtlichen Gehörs an einem wesentlichen Mangel (stRspr, vgl. BSG, B.v. 3.7.2013 – B 12 R 38/12 B – juris Rn. 10; B.v. 12.9.2019 – B 9 V 53/18 B – juris Rn. 14 m.w.N.; BayVGH, B.v. 22.7.2019 – 14 ZB 18.33117 – juris Rn. 3), ohne dass es darauf ankäme, ob dem Terminaufhebungs- oder -verlegungsantrag in der Sache zu folgen gewesen wäre, und ohne dass es im späteren Berufungszulassungsverfahren der näheren Darlegung und Prüfung bedürfte, ob die angefochtene Entscheidung auf der geltend gemachten Gehörsverletzung beruhen kann (vgl. BSG, B.v. 12.9.2019 – B 9 V 53/18 B – juris Rn. 15, 17).
Jedoch ist ein Verfahrensmangel nur dann hinreichend dargelegt, wenn er sowohl in den ihn (nach Ansicht des Rügenden) begründenden Tatsachen als auch in seiner rechtlichen Würdigung substantiiert dargetan wird (vgl. BVerwG, B.v. 7.3.2012 – 6 B 40.11 – NVwZ-RR 2012, 342 Rn. 2), wobei zur substantiierten Darlegung in rechtlicher Hinsicht gehört, dass die Antragsbegründung zumindest erkennen lässt, gegen welche prozessordnungsrechtliche Bestimmung das Verwaltungsgericht mit seinem Verfahren verstoßen haben soll (vgl. BVerwG, B.v. 10.11.1992 – 3 B 52.92 – juris Rn. 4).
Dieser letztgenannten Darlegungsanforderung genügt die Antragsbegründung nicht. Sie berichtet zwar in tatsächlicher Hinsicht, das Gericht habe das Verlegungsgesuch vom 28. März 2019 nicht schriftlich beantwortet, sondern am 1. April 2019 die mündliche Verhandlung durchgeführt, und trotz der Erklärung des im Sitzungssaal anwesenden Assessors, der Kläger sei weiterhin stationär, in dessen Abwesenheit verhandelt. Die für eine ordnungsgemäße Gehörsrüge notwendige rechtliche Schlussfolgerung, dass das Verwaltungsgericht gerade durch diese in tatsächlicher Hinsicht geschilderte Verfahrensweise gegen eine bestimmte prozessordnungsrechtliche Bestimmung (hier § 227 Abs. 4 Satz 1 Halbs. 1 ZPO i.V.m. § 173 Satz 1 Halbs. 1 VwGO) verstoßen haben könnte, lässt die Antragsbegründung jedoch nicht erkennen.
2.4.2. Unabhängig davon ist ein Gehörsverstoß wegen Nichtverbescheidung des Verlegungsantrags aber auch deshalb nicht hinreichend dargelegt i.S.v. § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG, weil sich die Antragsbegründung nicht mit der vorliegend bestehenden Besonderheit auseinandersetzt, dass auch der anwaltliche Klägerbevollmächtigte nicht zur mündlichen Verhandlung erschienen ist, wobei weder im seinerzeitigen Verlegungsantrag noch in der Antragsbegründung dargetan wird, dass der Klägerbevollmächtigte persönlich an einer Teilnahme verhindert gewesen wäre. Dabei ist zu sehen, dass die schlüssige Bezeichnung einer Verletzung des Gebots, rechtliches Gehör zu gewähren (§ 108 Abs. 2 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG), regelmäßig die substantiierte Darlegung des Klägers erfordert, dass er sämtliche ihm verfahrensrechtlich eröffneten und nach Lage der Dinge tauglichen Möglichkeiten ausgeschöpft hat, um sich rechtliches Gehör zu verschaffen (stRspr, vgl. u.a. BVerwG, U.v. 29.6.2015 -10 B 66.14 – juris Rn. 5 m.w.N.; BayVGH, B.v. 25.8.2016 – 14 ZB 16.30133 – juris Rn. 4). Dem wird die Antragsbegründung aber nicht gerecht. Insbesondere wird nicht ansatzweise dargelegt, weshalb der Klägerbevollmächtigte verhindert gewesen sein sollte, in der mündlichen Verhandlung zu erscheinen, um dort – zur Wahrung des rechtlichen Gehörs des Klägers, nachdem das Verwaltungsgericht eine rechtzeitige Verbescheidung des Verlegungsantrags vor Beginn der mündlichen Verhandlung unterlassen hatte – auf Vertagung zu dringen.
3. Schließlich ist die Berufung nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG) zuzulassen.
3.1. Eine Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung setzt voraus, dass eine Rechts- oder Tatsachenfrage im konkreten Rechtsstreit klärungsfähig, insbesondere entscheidungserheblich ist, dass diese Frage sich als klärungsbedürftig, insbesondere nicht schon höchst- oder obergerichtlich geklärt und nicht direkt aus dem Gesetz zu beantworten erweist und dass ihr eine allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (BayVGH, B.v. 28.7.2010 – 14 ZB 09.422 – juris Rn. 8 m.w.N.). Um den auf grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache gestützten Zulassungsantrag zu begründen, muss der Rechtsmittelführer innerhalb der Frist des § 78 Abs. 4 Satz 1 AsylG im Hinblick auf § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG (1.) eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formulieren sowie deren (2.) Klärungsfähigkeit, (3.) Klärungsbedürftigkeit und (4.) allgemeine Bedeutung darlegen (BayVGH, B.v. 7.2.2017 – 14 ZB 16.1867 – juris Rn. 15 m.w.N.; B.v. 23.1.2019 – 14 ZB 17.31930 – juris Rn. 2).
3.2. Dem Kläger geht es um die Klärung, „dass es nicht darauf ankommt, ob ein Kläger sich zuvor als politischer Gegner sieht, sondern allein darauf, dass ihn die Verfolger als politischen Gegner einschätzen, insbesondere hinsichtlich der Demonstrationen im Iran im Zeitraum 2017/2018 wegen der Unzufriedenheit der Bevölkerung mit dem Staat wegen der mangelnden Korruptionsbekämpfung und der Verelendung der Bevölkerung, die dem Staat angelastet wird.“
Hierzu wird vorgetragen, nach dem angegriffenen Urteil sei die Teilnahme des Klägers an Demonstrationen sowie deren Organisation nicht Ausdruck einer politischen Gesinnung gewesen, sondern Ausdruck des Unmutes über die unseriösen Machenschaften einer privaten Bank. Dies verkenne die Sachlage. Es komme nicht darauf an, ob der Kläger vor seinen Demonstrationen politisch gegen die Islamische Republik tätig gewesen sei, sondern darauf, wie der Staat den Kläger und die anderen Demonstranten einschätze. Der Iran sei damit konfrontiert, dass jedenfalls bedeutende Teile der Bevölkerung den Mullahstaat dafür verantwortlich machten, dass die Korruption immer weiter um sich greife und nicht oder nicht wirksam bekämpft werde. Die Auflehnung der Bevölkerung gegen Korruption sehe der Staat als gefährlich und für geeignet an, den Unmut in weite Kreise der Bevölkerung fortzusetzen. Der Staat sehe deshalb Leute wie den Kläger als Keim politischer Gegnerschaft an. Der Kläger habe sich in der Bundesrepublik auch zwischenzeitlich dazu aus eigener Sicht entwickelt.
3.3. Mit diesem Vorbringen ist die Klärungsbedürftigkeit der aufgeworfenen Fragestellung nicht in einer den Anforderungen des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG genügenden Art und Weise dargelegt.
Es ergibt sich bereits direkt aus § 3b Abs. 2 AsylG, den das Verwaltungsgericht der Sache nach angewandt hat (UA Rn. 18), dass es bei der Bewertung der Frage, ob die Furcht eines Ausländers vor Verfolgung begründet ist, unerheblich ist, ob er tatsächlich die Merkmale der Rasse oder die religiösen, nationalen, sozialen oder politischen Merkmale aufweist, die zur Verfolgung führen, sofern ihm diese Merkmale von seinem Verfolger zugeschrieben werden. Auch sonst ist nach § 3b Abs. 1 Nr. 5 AsylG unerheblich, ob ein Ausländer aufgrund seiner Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung tätig geworden ist. Zudem hat das Bundesverwaltungsgericht (vgl. BVerwG, B.v. 30.5.2018 – 1 B 13.18 – juris Rn 5) bereits entschieden, dass wegen § 3b AsylG Anspruch auf Flüchtlingsschutz auch derjenige Ausländer hat, der die verfolgungsbegründenden Merkmale tatsächlich nicht aufweist, wenn sie ihm von den in § 3c AsylG aufgeführten Verfolgungsakteuren zugeschrieben werden. Warum die aufgeworfene Fragestellung angesichts des § 3b AsylG und trotz der genannten höchstrichterlichen Rechtsprechung klärungsbedürftig sein sollte, legt die Antragsbegründung jedenfalls nicht näher dar.
Unabhängig davon benennt die Antragsbegründung kein einziges Erkenntnismittel, aus dem sich Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die „Demonstrationen im Iran im Zeitraum 2017/2018 wegen der Unzufriedenheit der Bevölkerung mit dem Staat wegen der mangelnden Korruptionsbekämpfung und der Verelendung der Bevölkerung“ zu einer vermehrten Annahme politischer Gegner durch staatliche iranische Stellen infolge verschärfter Zuschreibungen von politischen Merkmalen geführt haben könnten. Auch insoweit ist die Klärungsbedürftigkeit der aufgeworfenen Fragestellung nicht in einer den Anforderungen des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG genügenden Art und Weise dargelegt.
4. Die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens trägt der Kläger, der dieses Rechtsmittel ohne Erfolg eingelegt hat (§ 154 Abs. 2 VwGO). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird die angegriffene Entscheidung rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).


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