Verwaltungsrecht

Erfolgloser, auf grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache gestützter Berufungszulasungsantrag eines Georgiers

Aktenzeichen  15 ZB 18.31515

Datum:
5.7.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 17207
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 78 Abs. 3 Nr. 1, Abs. 4

 

Leitsatz

Eine an den Umständen des Einzelfalls orientierte gerichtliche Würdigung der Sachlage ist keiner grundsätzlichen – über den Einzelfall hinausgehenden weiteren – Klärung zugänglich. (Rn. 8) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

B 1 K 17.33592 2018-04-23 Urt VGBAYREUTH VG Bayreuth

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

Gründe

I.
Der Kläger ist georgischer Staatsangehöriger. Er wendet sich gegen den Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 1. Dezember 2017, mit dem (u.a.) sein Antrag auf Asylanerkennung abgelehnt, die Flüchtlingseigenschaft und der subsidiäre Schutzstatus nicht zuerkannt und die Abschiebung nach Georgien angedroht wurde. Wegen der Einzelheiten wird auf den Bescheid verwiesen.
Das Verwaltungsgericht Bayreuth hat mit Urteil vom 23. April 2018 die auf Aufhebung des genannten Bescheids und auf Verpflichtung der Beklagten gerichtete Klage, den Kläger als Asylberechtigten anzuerkennen, ihm die Flüchtlingseigenschaft bzw. subsidiären Schutz zuzuerkennen sowie Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 AufenthG festzustellen, abgewiesen. Wegen der Einzelheiten wird auf das Urteil Bezug genommen.
Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung macht der Kläger die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend. Das Verwaltungsgericht habe „Teile des klägerischen Sachvortrages unberücksichtigt gelassen“ und das klägerische Vorbringen in Bezug auf die in Georgien drohende Blutrache nicht hinreichend gewürdigt. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz des Bevollmächtigten des Klägers vom 14. Juni 2018 verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf die Gerichtsakten und die Behördenakte Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
1. Der vom Kläger allein geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG) ist nicht in einer Weise dargelegt worden, die den Anforderungen des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG genügt.
Soweit der Kläger vorträgt, das Verwaltungsgericht habe „Teile des klägerischen Sachvortrages unberücksichtigt gelassen“ und dessen Vorbringen zur ihm in Georgien drohenden Blutrache nicht hinreichend gewürdigt, wendet er sich lediglich gegen die der angefochtenen Entscheidung zu Grunde liegende gerichtliche Sachverhalts- und Beweiswürdigung, ohne damit gleichzeitig eine – über den Einzelfall hinausgehende – Klärungsbedürftigkeit einer entscheidungserheblichen Rechts- oder Tatsachenfrage darzulegen. Unbeschadet dessen trifft der klägerische Vorwurf auch nicht zu. Das Verwaltungsgericht geht in seiner Entscheidung auf das gesamte erstinstanzliche klägerische Vorbringen ein und setzt sich damit ausführlich auseinander. Dies gilt namentlich auch für das klägerische Vorbringen zur Gefahr drohender Blutrache. Das Verwaltungsgericht kommt unter Berücksichtigung der vom Kläger angegebenen – im Wesentlichen aus dem Jahr 2007 stammenden – und unter Würdigung weiterer neuerer Erkenntnisse zu dem Ergebnis, dass dem Kläger jedenfalls zuzumuten ist, in einem anderen Landesteil in Georgien seinen Aufenthalt zu nehmen und sich auf diese Weise dem Einflussbereich der ihn möglicherweise am Heimatort verfolgenden Familienangehörigen des Mannes zu entziehen, den der Bruder des Klägers (vgl. hierzu die Entscheidung des Senats vom heutigen Tag im Verfahren 15 ZB 18.31514) dort im Jahr 2014 getötet hat. Das Verwaltungsgericht weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass der letzte bekannte Fall von Blutrache in Georgien aus dem Jahr 2008 stammt, es keine „allgemeine gesellschaftliche Akzeptanz der Blutrache“ in Georgien gibt und Blutrache durch die Polizei- und Sicherheitsbehörden verfolgt bzw. unterbunden wird. Der Kläger zieht dementsprechend auch die „Schutzwilligkeit“ der georgischen Behörden im Zusammenhang mit Familienfehden und Blutrachedelikten nicht generell in Zweifel.
Wenn der Kläger demgegenüber betont, dass die „Bedrohungssituation von einer politisch einflussreichen Persönlichkeit ausgeht“, und es als grundsätzlich bedeutsam ansieht, „inwiefern eine Schutzgewährung dann bei einem Kreis von Flüchtlingen in Betracht kommt, welche sich mit einem Personenkreis konfrontiert sehen, der wiederum selbst mit dem politischen System verbunden ist, oder zumindest von dort Unterstützung erwarten kann“, legt er wiederum keine über den Einzelfall hinausgehende grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dar. Denn die Frage, ob der Kläger im Heimatland „internen Schutz“ (§ 3e AsylG) finden kann, ist vom Verwaltungsgericht unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls entschieden und vorliegend bejaht worden, weil sich der Kläger dem Einflussbereich der an seinem Heimatort bestehenden „Tradition“ der Blutrache durch Umzug in einen anderen Landesteil in Georgien entziehen kann. Diese an den Umständen des Einzelfalls orientierte gerichtliche Würdigung der Sachlage ist keiner grundsätzlichen – über den Einzelfall hinausgehenden weiteren – Klärung zugänglich (vgl. hierzu z.B. auch BayVGH, B.v. 2.11.2017 – 15 ZB 17.31494 – juris Rn. 7 ff.). Der Kläger hat im Zulassungsverfahren insoweit auch lediglich sein erstinstanzliches und vom Verwaltungsgericht bereits ausführlich gewürdigtes Vorbringen wiederholt, ohne damit jedoch eine konkrete Tatsachen- oder Rechtsfrage substantiiert darzulegen, die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung hat und im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts klärungsbedürftig und entscheidungserheblich (klärungsfähig) ist (vgl. hierzu z.B. BayVGH, B.v. 7.4.2017 – 15 ZB 17.30355 – juris Rn. 4; B.v. 14.9.2017 – 11 ZB 17.31124 – juris Rn. 2).
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).


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