Verwaltungsrecht

Erfolgloser Berufungszulassungsantrag

Aktenzeichen  9 ZB 19.31043

Datum:
22.5.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 13824
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 78 Abs. 3
GG Art. 103 Abs. 1
VwGO § 86 Abs. 3

 

Leitsatz

Ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG kann nur dann festgestellt werden, wenn sich aus besonderen Umständen klar ergibt, dass das Gericht seiner Pflicht nicht nachgekommen ist, sich mit den wesentlichen Argumenten des Klagevortrags zu befassen, sofern diese auch entscheidungserheblich sind. (Rn. 2) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

RN 14 K 17.33817 2019-02-07 Ent VGREGENSBURG VG Regensburg

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die geltend gemachte Verletzung des rechtlichen Gehörs liegt nicht vor (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 i.V.m. § 138 Abs. 3 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG).
Das rechtliche Gehör als prozessuales Grundrecht (Art. 103 Abs. 1 GG) sichert den Parteien ein Recht auf Information, Äußerung und Berücksichtigung mit der Folge, dass sie ihr Verhalten eigenbestimmt und situationsspezifisch gestalten können, insbesondere dass sie mit ihren Ausführungen und Anträgen gehört werden. Das Gericht hat sich mit den wesentlichen Argumenten des Klagevortrags zu befassen, wenn sie entscheidungserheblich sind. Ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG kann jedoch nur dann festgestellt werden, wenn sich aus besonderen Umständen klar ergibt, dass das Gericht dieser Pflicht nicht nachgekommen ist. Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist allerdings nicht schon dann verletzt, wenn der Richter zu einer unrichtigen Tatsachenfeststellung im Zusammenhang mit der ihm obliegenden Tätigkeit der Sammlung, Feststellung und Bewertung der von den Parteien vorgetragenen Tatsachen gekommen ist. Auch die bloße Behauptung, das Gericht habe einem tatsächlichen Umstand nicht die richtige Bedeutung für weitere tatsächliche oder rechtliche Folgerungen beigemessen oder das Gericht habe es versäumt, Beweis zu erheben, vermag einen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG nicht zu begründen (BayVGH, B.v. 4.4.2019 – 9 ZB 17.31736 – juris Rn. 3 m.w.N.).
Der Kläger trägt vor, dass Verwaltungsgericht hätte seinen Vortrag zu seiner Verfolgung durch einen Geheimbund nicht als unglaubhaft bewerten dürfen. Die Frage der Glaubhaftigkeit war jedoch schon nicht entscheidungserheblich und ihre Behandlung kann somit keinen Gehörsverstoß begründen, weil das Verwaltungsgericht unabhängig davon die Voraussetzungen des Vorliegens einer Fluchtalternative für den Kläger angenommen hat. Es ist dabei davon ausgegangen, dass es dem Kläger nach seinem eigenen Vortrag gelungen sei, bis zu seiner Ausreise aus Sierra Leone unbehelligt durch den Geheimbund in Freetown zu leben und es ihm in Anbetracht der in Sierra Leone bestehenden infrastrukturellen Mängel und noch dazu des Zeitablaufs nun erst recht möglich sei, in Freetown oder einer anderen Großstadt unterzutauchen. Auch abgesehen davon macht der Kläger keinen Gehörsverstoß geltend, sondern kritisiert mit seinem die Glaubhaftigkeitsfrage betreffenden Ausführungen ebenso wie mit seinem weiteren Vorbringen, das Verwaltungsgericht hätte die Position des Vaters des Klägers innerhalb des Geheimbundes und die Möglichkeiten des Geheimbundes, den Kläger bei einer Rückkehr nach Freetown zu finden, ermitteln müssen, die tatrichterliche Sachverhalts- und Beweiswürdigung. Es stellt somit die Richtigkeit der Entscheidung in Frage. Damit wird jedoch kein im Asylverfahrensrecht vorgesehener Zulassungsgrund angesprochen (BayVGH, B.v. 15.2.2019 – 9 ZB 19.30448 – juris Rn. 4).
Im Übrigen könnte sich der Kläger – anders als er meint – auch nicht darauf berufen, dass er mit der Bewertung seiner Verfolgungsgeschichte als unglaubhaft durch das Verwaltungsgericht nicht habe rechnen müssen und bei einem entsprechenden Hinweis einen Beweisantrag hätte stellen können. Aus dem Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs folgt auch in der Ausprägung, den er in § 86 Abs. 3 VwGO gefunden hat, keine Pflicht des Gerichts zu umfassender Erörterung sämtlicher entscheidungserheblicher Gesichtspunkte. Das Tatsachengericht ist nicht verpflichtet, die Beteiligten schon in der mündlichen Verhandlung auf seine Rechtsauffassung oder die beabsichtigte Würdigung des Prozessstoffes hinzuweisen und offenzulegen, wie es seine Entscheidung im Einzelnen zu begründen beabsichtigt (vgl. BayVGH, B.v. 12.2.2019 – 9 ZB 18.32531 – juris Rn. 11).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).
Mit der nach § 80 AsylG unanfechtbaren Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben