Verwaltungsrecht

Erfolgloser Berufungszulassungsantrag in asylrechtlicher Streitigkeit

Aktenzeichen  9 ZB 19.32572

Datum:
18.7.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 17789
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 78 Abs. 3 Nr. 1, 3

 

Leitsatz

Eine entscheidungserhebliche grundsätzlich bedeutsame Tatsachenfrage wird nicht aufgeworfen, wenn das Verwaltungsgericht zu der Frage auf die konkrete persönliche Situation des Asylbewerbers im Einzelfall abgestellt hat. (Rn. 4) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

RN 14 K 19.30269 2019-05-15 VGREGENSBURG VG Regensburg

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.
Der Kläger, nach seinen eigenen Angaben Staatsangehöriger Sierra Leones, begehrt die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft sowie hilfsweise die Zuerkennung subsidiären Schutzes und die Feststellung von Abschiebungshindernissen. Mit Urteil vom 15. Mai 2019 wies das Verwaltungsgericht seine Klage ab. Mit dem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.
II.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt erfolglos.
Die Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache setzt voraus, dass eine konkrete noch nicht geklärte Rechts- oder Tatsachenfrage aufgeworfen wird, deren Beantwortung sowohl für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war als auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich sein wird und die über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung oder für die Weiterentwicklung des Rechts hat. Zur Darlegung dieses Zulassungsgrundes ist eine Frage auszuformulieren und substantiiert anzuführen, warum sie für klärungsbedürftig und entscheidungserheblich (klärungsfähig) gehalten und aus welchen Gründen ihr Bedeutung über den Einzelfall hinaus zugemessen wird (vgl. BayVGH, B.v. 17.4.2019 – 9 ZB 19.30847 – juris Rn. 3 m.w.N.). Dem genügt die im Zulassungsvorbringen aufgeworfene Frage, „stellt eine sierra-leonische Großstadt – wie Freetown – für einen vorverfolgt ausgereisten homosexuellen, sierra-leonischen Mann einen zumutbaren Ort internen Schutzes dar, an dem vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt“, nicht.
Das Verwaltungsgericht hat ausgeführt, dass Homosexuelle in Freetown nicht gezielt verfolgt werden. Bei seiner Entscheidung stellt es auf die eingeführten Erkenntnismittel und den Bericht „Discrimination on the Basis of Sexual Orientation and Gender Identity“, der von der damaligen Klägerbevollmächtigten gegenüber dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge vorgelegt wurde, ab. Stützt sich das Verwaltungsgericht – wie hier – bei seiner Entscheidung auf bestimmte eingeführte Erkenntnismittel, ist erforderlich, dass das Zulassungsvorbringen zumindest einen überprüfbaren Hinweis auf andere Gerichtsentscheidungen oder auf vom Verwaltungsgericht nicht berücksichtigte sonstige Tatsachen- oder Erkenntnisquellen (z. B. Auskünfte, Stellungnahmen, Gutachten, Presseberichte) enthält, die den Schluss zulassen, dass die aufgeworfene Frage einer unterschiedlichen Würdigung zugänglich ist und damit einer Klärung im Berufungsverfahren bedarf (vgl. BayVGH, B.v. 4.4.2019 – 9 ZB 17.31736 – juris Rn. 7). Dem genügt der vom Kläger angeführte Bericht des USDOS United States Department of State, Country Report on Human Rights Practices 2018 – Sierra Leone vom 13. März 2019 nicht, weil sich aus ihm keine Tatsachen oder Erkenntnisse ergeben, die den Schluss auf eine unterschiedliche Würdigung zulassen. Denn der Bericht entspricht im Wesentlichen dem vom Verwaltungsgericht angeführten Erkenntnismittel „USDOS, Sierra Leone 2016 Human Rights Report“. Dort wird – ebenso allgemein wie in dem vom Kläger benannten Bericht – von Schwierigkeiten von LGBTI-Personen im Bereich Beschäftigung und Bildung sowie Wohnen und Gesundheitsversorgung berichtet. Das Verwaltungsgericht hat demgegenüber auf die konkrete persönliche Situation des Klägers im Einzelfall abgestellt, was einer grundsätzlichen Klärung nicht zugänglich ist. Das Zulassungsvorbringen wendet sich vielmehr im Gewand einer Grundsatzrüge gegen die Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung und Rechtsanwendung durch das Verwaltungsgericht. Ein solches Vorbringen ist kein im Asylverfahrensrecht vorgesehener Zulassungsgrund (vgl. BayVGH, B.v. 27.3.2018 – 9 ZB 18.30439 – juris Rn. 6).
Soweit mit dem Zulassungsvorbringen eine Verletzung rechtlichen Gehörs (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG i.V.m. § 138 Nr. 3 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG) geltend gemacht werden soll, weil das Verwaltungsgericht das vom Kläger genannte, allgemein zugängliche Erkenntnismittel übersehen habe, ist dies nicht entscheidungserheblich. Dem Zulassungsvorbringen lassen sich unter Berücksichtigung der vom Verwaltungsgericht eingeführten Erkenntnismittel insoweit keine entscheidungserheblichen Unterschiede entnehmen, die zu einer anderen, für den Kläger günstigeren Entscheidung geführt hätten.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).
Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).


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