Verwaltungsrecht

Erfolgloser Berufungszulassungsantrag wegen nicht hinreichender Darlegung der behaupteten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache

Aktenzeichen  20 ZB 16.50033

Datum:
12.4.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 45800
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 27a, § 78 Abs.3 Nr. 1, Abs. 4 S. 4,

 

Leitsatz

1. Die nach § 78 Abs. 4 S. 4 AsylG geforderte Darlegung des Berufungszulassungsgrunds der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG) verlangt, dass der Rechtsmittelführer eine konkrete Tatsachen- oder Rechtsfrage formuliert und aufzeigt, weshalb diese für den Rechtsstreit entscheidungserheblich und klärungsbedürftig ist. Ferner muss die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der Rechts- oder Tatsachenfrage dargestellt werden, was eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Urteil notwendig macht. (red. LS Clemens Kurzidem)
2. Die grundsätzliche Bedeutung einer Tatsachenfrage rechtfertigt die Zulassung der Berufung nur dann, wenn die Antragsbegründung des Rechtsmittelführers erkennen lässt, weshalb das Verwaltungsgericht die tatsächlichen Verhältnisse – hier die behaupteten systemischen Mängel des ungarischen Asylsystems – unzutreffend beurteilt haben soll. Weder das alleinige Bestreiten der Auffassung des Verwaltungsgerichts in Form einer Berufungsbegründung noch der alleinige Verweis auf anders lautende Gerichtsentscheidungen zeigen hingegen einen grundsätzlichen Klärungsbedarf auf.  (red. LS Clemens Kurzidem)

Verfahrensgang

W 4 K 15.50414 2016-02-25 Ent VGWUERZBURG VG Würzburg

Tenor

I.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird verworfen.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der Zulassungsantrag bleibt ohne Erfolg. Er ist unzulässig, weil der geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG) nicht in einer den Anforderungen des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG genügenden Weise dargetan ist.
Der Kläger hält die Frage
ob in Ungarn systemische Mängel des Asylverfahrens bzw. der Aufnahmebedingungen vorliegen und damit die Zuständigkeit für die Prüfung des Asylantrags des Klägers gem. Art. 3 Abs. 2 Dublin-III-VO auf die Beklagte übergegangen ist,
für grundsätzlich klärungsbedürftig.
Die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache erfordert, dass der Rechtsmittelführer eine konkrete Tatsachen- oder Rechtsfrage formuliert und aufzeigt, weshalb diese Frage für den Rechtsstreit entscheidungserheblich und klärungsbedürftig ist. Ferner muss dargelegt werden, weshalb der Frage eine allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt. Hierfür ist eine Auseinandersetzung mit den Ausführungen des Verwaltungsgerichts erforderlich (vgl. Berlit in GK-AsylVfG, RdNrn. 592, 607 und 609 zu § 78). Eine solche Auseinandersetzung ist hier jedoch nicht erfolgt. Das Verwaltungsgericht hat in seiner Entscheidung unter Zugrundelegung der maßgeblichen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes und des Bundesverwaltungsgerichts das Vorliegen systematischer Mängel im Asylverfahren in Ungarn verneint und darauf hingewiesen, dass das Bundesverwaltungsgericht im Einklang mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte an die Annahme systemischer Mängel hohe Hürden geknüpft hat. Es hat in seiner Entscheidung das ungarische Asylsystem in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht gewürdigt, verkennt auch nicht, dass in Ungarn Missstände herrschen, ist aber mit ausführlicher Begründung zur Überzeugung gekommen, dass systemische Mängel im ungarischen Asylsystem und ein Selbsteintritt der Bundesrepublik Deutschland jedenfalls im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung (§ 77 AsylG) zu verneinen sind.
Dem ist der Kläger im Wesentlichen mit der wörtlichen Wiedergabe eines zu einem anderen Ergebnis gelangenden Urteils des Verwaltungsgerichts Freiburg (vom 13. Oktober 2015, Aktenzeichen zitiert als „A 5 K – 2328113“, gemeint offenbar A 5 K 2328/13) und der Nennung einer großen Menge von weiteren Gerichtsentscheidungen entgegen getreten. Durch den bloßen Verweis auf anders lautende Entscheidungen wird jedoch kein grundsätzlicher Klärungsbedarf aufgezeigt (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, B. v. 8.9.2014 – 13 A 1347/14.A – juris Rn. 21; OVG Schleswig-Holstein, B. v. 13.4.2015 – 2 LA 39/15 – juris; BayVGH, B. v. 12.6.2015 – 13a ZB 15.50097 – BeckRS 2015, 48019). Denn mit dem alleinigen Bestreiten der Auffassung des Verwaltungsgerichts in Form einer Berufungsbegründung wird eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht dargelegt. Bei grundsätzlichen Tatsachenfragen, wie der hier gestellten, muss die Antragsbegründung erkennen lassen, warum das Verwaltungsgericht die tatsächlichen Verhältnisse unzutreffend beurteilt haben soll. Eine hierzu notwendige Auseinandersetzung mit der Begründung des Verwaltungsgerichts fehlt völlig. Es ist aber Aufgabe des Rechtsmittelführers, durch die Benennung bestimmter Auskünfte oder sonstiger Erkenntnisquellen zumindest eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür darzulegen, dass nicht die Einschätzungen des Verwaltungsgerichts, sondern – mit der Folge der Durchführung eines Berufungsverfahrens – seine gegenteilige Bewertung in dem Antrag zutreffend ist (OVG Sachsen-Anhalt, B. v. 28.1.2016 – 4 L 16/16 – juris). Damit werden die Anforderungen an die Darlegung des Berufungszulassungsgrundes nicht erfüllt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylVfG.
Mit der Ablehnung des Antrags wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylVfG).


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