Verwaltungsrecht

Erfolgloser Eilantrag auf Gewährung einer Verfahrensduldung im Hinblick auf ein Wiederaufgreifensverfahren

Aktenzeichen  19 CE 15.1300

Datum:
15.4.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 30626
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AufenthG § 60 Abs. 7 S. 1
BayVwVfG § 51 Abs. 1, § 51 Abs. 3

 

Leitsatz

1. Ein Wiederaufgreifen des Verfahrens nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 BayVwVfG erfordert die schlüssige Darlegung eines neuen Umstandes mit einer Eignung für eine günstigere Entscheidung; eine Pflicht der Behörde bzw. der Gerichte, den Sachverhalt insofern umfassend aufzuklären und die erforderlichen Beweise zu erheben, besteht erst in dem wiederaufgenommenen Verwaltungsverfahren. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Frist des § 51 Abs. 3 BayVwVfG beginnt für jeden geltend gemachten Wiederaufgreifensgrund ab positiver Kenntnis selbstständig. Bei sich prozesshaft und kontinuierlich entwickelnden Sachverhalten ist indes entscheidend, wann sich die Entwicklung der Sachlage insgesamt so verdichtet hat, dass von einer möglicherweise entscheidungserheblichen Veränderung im Sinne eines Qualitätsumschlags gesprochen werden kann. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
3. Das Ziel der Generalprävention kann selbstständig ein Ausweisungsinteresse begründen. (Rn. 38 – 39) (redaktioneller Leitsatz)
4. Die Corona-Pandemie führt grundsätzlich nicht zu einem zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbot.  (Rn. 89 – 91) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

AN 5 E 15.206 2015-06-10 Bes VGANSBACH VG Ansbach

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.250,– EUR festgesetzt.

Gründe

Mit seiner Beschwerde verfolgt der Antragsteller, ein am … 1966 geborener russischer Staatsangehöriger, sein Begehren, die Antragsgegnerin zu verpflichten, bis zu einer Entscheidung über seinen Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens gemäß Art. 51 BayVwVfG (vgl. Verfahren AN 5 K 15.189) die Bescheide der Antragsgegnerin vom 27. Februar 2006 (Ausweisung aus der Bundesrepublik Deutschland sowie Anordnung der Abschiebung unmittelbar aus der Haft heraus bzw. Androhung der Abschiebung binnen einer Woche nach Haftentlassung) und vom 21. Dezember 2012 (nachträgliche Abschiebungsandrohung) nicht zu vollziehen, weiter. Das Verwaltungsgericht hat mit Beschluss vom 10. Juni 2015 den Antrag mit der Begründung abgelehnt, der Antragsteller begehre sinngemäß eine Duldung seines Aufenthalts bis zur Entscheidung über den Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens gemäß Art. 51 BayVwVfG. Ungeachtet der Frage, ob überhaupt ein Anordnungsgrund vorliege, sei jedenfalls ein Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. Ungeachtet der Frage der Einhaltung der Dreimonatsfrist gemäß Art. 51 Abs. 3 BayVwVfG sei nicht vom Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 51 Abs. 1 Nr. 1 BayVwVfG auszugehen. Der wegen Mordes zu einer Freiheitsstrafe von zwölf Jahren verurteilte Antragsteller erfülle den zwingenden Ausweisungstatbestand des § 53 Nr. 1 AufenthG, der eine klare spezial- und generalpräventive Zielsetzung verfolge. Eine mittlerweile geänderte prognostische Einschätzung ergebe sich nicht im Hinblick auf eine Stellungnahme des Gutachters Dr. W. vom 20. Juli 2010. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass betreffend den Antragsteller keinerlei Gefahr eines Rückfalls bzw. einer erneuten schweren Straftat bestehe. Eine nachträgliche Änderung der zugrundeliegenden Sach- und Rechtslage zugunsten des Antragstellers im Sinne des Art. 51 Abs. 1 Nr. 1 BayVwVfG könne auch nicht mit dem Vortrag aufgezeigt werden, die Lebenssituation, die Lebenshaltungskosten und die wirtschaftliche Situation in Russland hätten sich verschlechtert. Unter Bezugnahme auf die umfassenden Darlegungen im Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 23. Juli 2014 (19 B 12.1073 – juris) könne den Ausführungen des Antragstellers, dass die Berechnungen bzw. Überlegungen des Verwaltungsgerichtshofs aufgrund der durch Wirtschaftssanktionen gestiegenen Lebenshaltungskosten und des dortigen Währungsverfalls nicht mehr haltbar seien, weswegen von einer veränderten Sachlage auszugehen sei, nicht gefolgt werden. Allein aufgrund von letztlich nur kurzfristig beurteilbaren Konjunkturschwankungen sei es nicht angezeigt, insgesamt von einem veränderten Sachverhalt im Sinne des Art. 51 BayVwVfG auszugehen. Der Antragsteller sei (wie der Verwaltungsgerichtshof ausführlich darlege) aufgrund seiner Ausbildung, seiner Kenntnisse und seines Alters durchaus in der Lage, sich eine Existenz in Russland aufzubauen, möge dies aufgrund der momentanen wirtschaftlichen Lage auch erschwert sein. In diesem Zusammenhang sei auch zu sehen, dass sich die Antragsgegnerin bereits mit Schreiben vom 16. April 2014 an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof bereit erklärt habe, den Antragsteller bei der Wiedereingliederung im Heimatland während der Anfangszeit nach Rückkehr bzw. Abschiebung in die Russische Föderation zu unterstützen, indem sie ihm zu diesem Zweck einen einmaligen Betrag von 5.000 Euro zur Verfügung stelle. Damit aber könne der Antragsteller problemlos zur Überbrückung der Verfahrensdauer vor Ort eine gewisse Zeit seinen Lebensunterhalt bestreiten und anfänglich Medikamente und Behandlungen finanzieren. Der Antragsteller habe damit nicht glaubhaft machen können, dass sein Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens voraussichtlich erfolgreich sein werde.
Die hiergegen erhobene Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Die Prüfung der für die Begründetheit der Beschwerde streitenden Gründe ist im Grundsatz auf das in der Beschwerdebegründung Dargelegte beschränkt (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO). Danach ergibt sich nicht, dass die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung nunmehr zu verpflichten wäre, bis zur Entscheidung über den Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens gemäß Art. 51 BayVwVfG die Bescheide vom 27. Februar 2006 und vom 21. Dezember 2012 nicht zu vollziehen.
Zur Verfahrenshistorie:
Nachdem der Antragsteller im Rahmen der Anhörung zu seiner beabsichtigten Ausweisung (im Anschluss an seine seit 6. Oktober 2004 rechtskräftige strafrechtliche Verurteilung wegen Mordes zu einer Freiheitsstrafe von 12 Jahren durch das Landgericht N.-F.) geltend gemacht hatte, er sei herzkrank und erhalte in der Russischen Föderation keine angemessene medizinische Behandlung und die Antragsgegnerin den Antragsteller mit Bescheid vom 27. Februar 2006 aus der Bundesrepublik Deutschland ausgewiesen hatte (Nr. I), seine Abschiebung (frühestens 1 Woche nach Eintritt der Unanfechtbarkeit der Ausweisungsverfügung) unmittelbar aus der Haft heraus in die Russische Föderation oder in einen anderen übernahmebereiten oder übernahmeverpflichteten Staat angeordnet (Nr. II) und ihn für den Fall, dass seine Abschiebung während der Inhaftierung nicht möglich sei und er aus der JVA entlassen werden sollte, aufgefordert hatte, das Bundesgebiet binnen einer Woche nach Haftentlassung zu verlassen, andernfalls ihm die Abschiebung (mit dem bereits bezeichneten Ziel) angedroht wurde (Nr. III), hob das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 30. Januar 2007 (AN 19 K 06.1116) die Abschiebungsandrohung nach Haftentlassung binnen Wochenfrist (Nr. III des Bescheids) auf und wies die Klage im Übrigen ab. Mit Beschluss vom 3. September 2008 hat der Verwaltungsgerichtshof die Berufung des Antragstellers zurückgewiesen (19 B 07.2762). Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Antragstellers hin hat das Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 13. März 2009 (1 B 20.08) die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs hinsichtlich der Anordnung der Abschiebung aus der Haft (Nr. II des Bescheids) aufgehoben und den Rechtsstreit an den Verwaltungsgerichtshof zurückverwiesen; hinsichtlich der Ausweisung (Nr. I des Bescheids) hat es die Beschwerde zurückgewiesen. Mit Beschluss vom 22. Dezember 2010 hat der Verwaltungsgerichtshof sodann die Anordnung der Abschiebung aus der Haft (Nr. II des Bescheids) und insoweit auch das Urteil des Verwaltungsgerichts aufgehoben (19 B 09.824). Auf die vom Verwaltungsgerichtshof zugelassenen Revisionen der Antragsgegnerin und der Landesanwaltschaft hin hat daraufhin das Bundesverwaltungsgericht durch Urteil vom 22. März 2012 (1 C 3/11) den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 22. Dezember 2010 aufgehoben. Nachdem das Bundesverwaltungsgericht auf der Grundlage der vom Verwaltungsgerichtshof getroffenen tatsächlichen Feststellungen über das Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht abschließend zu entscheiden vermochte, hat es die Sache an den Verwaltungsgerichtshof zurückverwiesen. Mit Urteil vom 23. Juli 2014 hat der Verwaltungsgerichtshof daraufhin im Verfahren 19 B 12.1073 die Berufung des Antragstellers (Gegenstand des Berufungsverfahrens war – entsprechend dem vom Antragsteller in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gestellten Antrag – die Abschiebungsandrohung in Nr. II des Bescheids vom 27.2.2006 sowie die durch den Bescheid vom 21.12.2012 beigefügte Frist für eine freiwillige Ausreise) zurückgewiesen. Den Urteilsgründen ist u.a. zu entnehmen, dass die Entscheidung, die Ausreise zu vollziehen (Nr. II des Bescheids vom 27.2.2006 in Gestalt des Bescheids vom 21.12.2012) rechtmäßig ist. Der Antragsteller habe auch keinen Anspruch auf Aussetzung der Abschiebung (Duldung), der im Mittelpunkt seines Vorbringens stehe, es sei nicht davon auszugehen, dass die Gesundheit des Antragstellers durch den Abschiebungsvorgang selbst wesentlich beeinträchtigt werde. Die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG für ein Verbot der Abschiebung des Antragstellers nach Russland seien ebenfalls nicht erkennbar. Der Antragsteller werde nach seiner Rückkehr in die Heimat in der Lage sein, seinen derzeitigen Gesundheitszustand zu erhalten und seinen allgemeinen sowie medizinischen Existenzbedarf zu verdienen, so dass eine Gefahr im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht bestehe, und ihm drohe auch im Rahmen der Abschiebung selbst keine Beeinträchtigung seiner Rechte aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG (Nr. I des Urteils). In dem unwahrscheinlichen Fall, dass sich der Antragsteller nach der Abschiebung zu einem Verzicht auf das Medikament Zyprexa entschließen sollte mit der Folge einer produktiv-psychotischen Episode, könnten sich daraus bereits deshalb die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht ergeben, weil die Abschiebung nicht die wesentliche Ursache der Episode wäre (Nr. II des Urteils). Die Voraussetzungen der genannten Bestimmung wären dann zusätzlich auch deshalb nicht gegeben, weil eine produktiv-psychotische Episode mit Wahrscheinlichkeit keine existenzgefährdenden Folgen hätte (Nr. III des Urteils). In dem nicht wahrscheinlichen Fall eines Scheiterns des Antragstellers bei der Sicherung des Lebensunterhalts stehe ihm hinreichende Unterstützung von verschiedenen Seiten zur Verfügung (Nr. IV des Urteils).
Mit Beschluss vom 26. November 2014 hat das Bundesverwaltungsgericht im Verfahren 1 B 25/14 die Beschwerde des Antragstellers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Verwaltungsgerichtshofs vom 23. Juli 2014 zurückgewiesen. Unter Randnummer 19 führt das Bundesverwaltungsgericht u.a. aus: „… denn die unter II bis IV des Berufungsurteils abgehandelten Punkte ergänzen die Erwägungen zu I, die die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs selbständig tragen …“.
Auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofs im Beschluss vom 23. Juli 2014 und des Bundesverwaltungsgerichts im Beschluss vom 24. November 2014 im Einzelnen wird Bezug genommen.
Der Antragsteller rügt, die Annahme des Verwaltungsgerichts, es könne nicht davon ausgegangen werden, dass betreffend den Antragsteller keinerlei Gefahr eines Rückfalls vorliege, sei fehlerhaft. Der Antragsteller sei am 7. Februar 2013 aus der Haft entlassen worden. Die Strafe sei vollständig verbüßt worden, sodass eine erneute Inhaftierung nicht im Raume stehe. Aus sämtlichen fachpsychiatrischen Gutachten, die verfahrensgegenständlich seien, folge, dass vom Antragsteller bei der bestehenden Lebenssituation keine Gefahr der Begehung von Straftaten vorliege. Er stehe unter Betreuung, er werde fortwährend medikamentös und ärztlich behandelt, insbesondere auch psychiatrisch. Des Weiteren lägen aufgrund langanhaltender Wirtschaftssanktionen gegen Russland geänderte Tatsachen vor. Die Sanktionen hätten zu einem Verdrängungswettbewerb am Arbeits- und Wohnungsmarkt geführt. Das Verwaltungsgericht gehe in keiner Weise insoweit auf die Problematik der Beweisnot des Antragstellers ein. Es bestehe Amtsaufklärungspflicht. Der Antragsteller sei auf Behördenauskünfte angewiesen, auf die er selbst keinen Zugriff habe. Die Antragsgegnerin wäre verpflichtet gewesen, Auskünfte der Deutschen Botschaft einzuholen. Die dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs vom 23. Juli 2014 zugrundeliegende Tatsachen hätten sich wesentlich geändert. Auch habe das Verwaltungsgericht die Begründung des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. November 2014 (Rn. 19) und die Einschränkungen hinsichtlich der Frage der Auslegung des Urteils des Verwaltungsgerichtshofs vom 23. Juli 2014 nicht berücksichtigt. Das Verwaltungsgericht habe die Anforderungen an Art. 51 BayVwVfG überspannt. Ausweislich der Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts sei das Verfahren wiederaufzunehmen, soweit eine veränderte Sachlage hinsichtlich der Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs im Beschluss vom 23. Juli 2014 hinsichtlich Ziffer I der Begründung „darstellen“. Das Bundesverwaltungsgericht habe ausgeführt, das lediglich Ziff. I des Urteils des Verwaltungsgerichtshofs vom 23. Juli 2014 tragend gewesen sei.
Unter dem 11. September 2015 ergänzte und vertiefte der Antragsteller seine Ausführungen: Es sei zwar zutreffend, dass das Bundesverwaltungsgericht die u.a. generalpräventiv begründete Ausweisung dem Grunde nach bestätigt habe. Allerdings sei der Wegfall der Wiederholungsgefahr dennoch eine neue Tatsache im Sinne des Art. 51 BayVwVfG, die das Wiederaufgreifen gebiete. Selbst bei generalpräventiv begründeten Ausweisungen müsse jedenfalls im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung eingestellt werden, ob von dem Betroffenen (noch) eine konkrete Gefahr ausgehe, da das öffentliche Interesse an der Ausweisung hiervon tangiert sei. Die Antragsgegnerin habe in der Ausweisungsverfügung vom 26. Februar 2006 (dementsprechend) im Rahmen auch der generalpräventiven Ausweisung die Wiederholungsgefahr eingestellt. Der Wegfall der Wiederholungsgefahr sei daher eine neue Tatsache im Sinne von Art. 51 BayVwVfG. Der Antragsteller stehe aus eigenem Wunsch heraus unter Betreuung und sei medizinisch hervorragend eingestellt, sodass keine Gefahr von ihm ausgehe. Er müsse im Hinblick auf seine psychische Erkrankung nicht intensiv medizinisch behandelt werden, insbesondere nicht stationär. Zu berücksichtigen sei dabei das Gutachten des Dr. W. vom 23. August 2013. Hinzu komme: Die wirtschaftliche Situation in Russland habe sich grundlegend verändert, es handle sich nicht nur um Konjunkturschwankungen. In der mündlichen Verhandlung zur Hauptsacheklage werde die Einholung einer Stellungnahme des Auswärtigen Amtes zum Beweis der Tatsache, dass der Antragsteller im Falle einer Abschiebung nach Russland nicht in der Lage sein werde, seinen allgemeinen sowie medizinischen Existenzbedarf abzudecken, beantragt. Der Beweisantrag sei erheblich, ihm werde nachzugehen sein. Denn Russland befinde sich in einer „handfesten“ Rezession. Die Inflation sei weiterhin hoch, die Wirtschaftszahlen seien desaströs. Der Wiederaufgreifensantrag beruhe auf einer völlig veränderten Ausgangslage im Vergleich zur Entscheidungsgrundlage, die dem Senat zur Verfügung gestanden habe. Die Vollziehung der Abschiebung rufe (auch im Hinblick auf die erhebliche gesundheitliche Gefährdung) Gefahren im Sinne des § 60 Abs. 7 AufenthG hervor. Es sei im Übrigen nicht nachvollziehbar, warum die Antragsgegnerin bis heute nicht über den Wiederaufgreifensantrag entschieden habe.
Nachdem das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 9. Dezember 2019 (2 BvR 98/15) einstimmig beschlossen hatte, die vom Antragsteller erhobene Verfassungsbeschwerde gegen den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. November 2014 (BVerwG 1 B 25.14) und den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 23. Juli 2014 (19 B 12.1073) nicht zur Entscheidung anzunehmen und die Antragsgegnerin unter dem 21. Januar 2020 mitgeteilt hatte, sie habe unter dem 2. Februar 2017 einen Bescheid erlassen, mit dem das gegen den Antragsteller aufgrund der Ausweisungsverfügung vom 27. Februar 2006 bestehende Einreise- und Aufenthaltsverbot auf die Dauer von 15 Jahren ab dem Zeitpunkt der Ausreise/Abschiebung des Antragstellers aus dem Bundesgebiet befristet worden sei, wogegen der Antragsteller Klage zum Verwaltungsgericht erhoben habe, über die noch nicht entschieden worden sei, ergänzte der Antragsteller unter dem 4. März 2020 seine Ausführungen wie folgt: Es sei auch bereits ein Hauptsacheverfahren zu Art. 51 BayVwVfG beim Verwaltungsgericht (dortiges Az. AN 5 K 15.189) anhängig. Eine Entscheidung sei noch nicht ergangen. Ein Bescheid der Antragsgegnerin über den Wiederaufgreifensantrag fehle immer noch. Für den Antragsteller bestehe weiterhin eine gesetzliche Betreuung. Der Antragsteller lebe mit seiner betagten Mutter zusammen, um die er sich sehr kümmere. Er nehme seine Medikamente zuverlässig ein. Er sei schwerbehindert im Grad 70, seine Mutter schwerbehindert im Grad 100. Ihm seien Medikamente ärztlich verordnet (Vorlage von Unterlagen). Das Amtsgericht N. habe unter dem 9. November 2017 den Betreuungsbeschluss erweitert, die rechtliche Betreuung umfasse nunmehr auch Wohnungsangelegenheiten, Gesundheitsfürsorge, insbesondere Zuführung zu und Überwachung einer nervenärztlichen Heilbehandlung. Nach der gerichtlichen Begründung sei der Betreute namentlich wegen eines leichten schizophrenen Residuums nicht in der Lage, die Angelegenheiten ausreichend zu besorgen, die zu den genannten Aufgabenkreisen gehören. Dem Beschluss des Amtsgerichts liege ein „psychiatrisch fundiertes Gutachten“ des Arztes U. B. vom 13. September 2017 zugrunde, wonach der Antragsteller aus medizinischer Sicht krankheitsbedingt weiterhin in seinen Alltagskompetenzen eingeschränkt und nicht ausreichend in der Lage sei, die Bereiche der Gesundheitsfürsorge und damit in Zusammenhang stehend auch den Bereich der Aufenthaltsbestimmung, sämtliche Wohnungsangelegenheiten … sowie die Vertretung gegenüber Behörden, Ämtern und Versicherungsträgern selbst zu besorgen. Weiter ergebe sich aus einem aktuellen Befund des Klinikums N. N. (Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie) vom 4. März 2020 bzw. 17. Februar 2020 u.a., dass der Antragsteller erheblich zugenommen und einen Diabetes mellitus entwickelt habe. Es sei im Rahmen der Behandlung gelungen, eine weitgehende Compliance sowie eine Besserung der psychotischen Symptome zu erreichen. Allerdings gelte dies nur für die bisherigen stabilen Lebensbedingungen, bei negativen Veränderungen – wie einer Abschiebung – sei eine erneute psychotische Exazerbation sowie der Verlust der Compliance mit weiteren Verhaltensauffälligkeiten mit hoher Wahrscheinlichkeit zu befürchten (insoweit werde auf eine schwerwiegende kriminelle Handlung Bezug genommen). Der Antragsteller sei alleine aufgrund seiner langjährigen psychotischen Störung auf Dauer nicht erwerbsfähig, seine weiteren ernsthaften körperlichen Erkrankungen dürften diese Prognose noch erschweren. Er sei nicht in der Lage, sein Leben ohne eine Betreuung selbständig zu organisieren. Was die wirtschaftliche Entwicklung in Russland angehe, habe die Antragsgegnerin weiterhin keine Auskünfte durch die deutsche Botschaft oder andere geeignete Stellen eingeholt. Sie habe auch keinen weiteren Bescheid erlassen. Abschiebungshindernisse seien immer aktuell zu prüfen. Die Berechnungen des Senats vom 23. Juli 2014 (betreffend Kosten für Medikamente, Wohnung, sonstige Kernverbrauchsgüter) könnten keinen Bestand mehr haben. Die Annahme eines monatlichen Einkommens (Entscheidung des Senats vom 23.7.2014) von deutlich über 16.100,- R sei nicht mehr tragfähig. Das Existenzminimum betrage nunmehr 10.355,- R. Der Senat sei hingegen von einem Mindestbedarf von Lebenshaltungskosten von 4.481,20 R ausgegangen. Auch insoweit sei die Berechnungsgrundlage entfallen. Der Wohnkostenaufwand und die Krankenbehandlungskosten seien gestiegen. Die Wohnungskosten würden sich jetzt bereits auf 14.600,- R, die Krankheitskosten auf 10.220,- R belaufen. Mit einem Nettoeinkommen von 16.100,- R könnten nicht einmal die Wohn- und Medikamenten-/Arztkosten getragen werden. Zudem seien (vgl. den ärztl. Bericht vom 4.3.2020) in die Berechnung zusätzlich die Medikamente betreffend den entwickelten Diabetes mellitus sowie die neue neurologische Medikation einzustellen. Hinzu komme, dass der Antragsteller weder zur Erwerbstätigkeit in der Lage sei, noch zur Geltendmachung von Sozialleistungen und Krankenunterstützungsbeiträgen, noch zur Erlangung der zwingend notwendigen medizinischen Hilfe. Zur Begründung werde auf den Beschluss des Amtsgerichts N., das Gutachten des Arztes U. B. und den ärztlichen Bericht vom 4. März 2020 Bezug genommen. Es gehöre auch nicht zum Aufgabenkreis und den Kompetenzen der deutschen Berufsbetreuerin, eine Anschlussbetreuung in Russland zu organisieren. Es sei auch auszuschließen, dass eine derartige Betreuung sofort mit der Einreise bestehen würde. Die medizinische Behandlung sowohl in kardiologischer als auch neurologischer Hinsicht wäre für den Fall der Abschiebung unmittelbar mit der Einreise erforderlich. Die deutsche Botschaft sei dazu nicht befragt worden. Ebenso wenig sei das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge beteiligt worden. Zur Errichtung einer Betreuung in Russland bedürfe es eines dortigen gerichtlichen Verfahrens mit Bestellung eines Sachverständigen. Eine Betreuung in Russland werde unmittelbar mit Einreise im zwingend erforderlichen Umfang nicht bestehen. Sie werde auch nicht in unverzüglicher Zeit bestehen. Der Antragsteller sei weder zur eigenständigen Wohnsitznahme und Aufenthaltsbestimmung in Russland in der Lage, erst recht nicht zur Beschäftigungssuche und Ausgestaltung von Arbeitsverträgen. Es bestehe bei ihm auch keine Erwerbsfähigkeit mehr. Gegenüber dem dazu eingeholten Sachverständigengutachten Prof. Dr. D./Dr. S. vom 19. April 2010 habe sich die gesundheitliche Lage des Antragstellers erheblich verschlechtert. Zusammenfassend sei festzustellen, dass die Entscheidungsgrundlagen sich derart gravierend verändert hätten, dass das Wiederaufgreifen des Verfahrens erforderlich sei und bis zur Entscheidung im Hauptsacheverfahren bzw. dem Erlass eines seit Jahren angekündigten Bescheids eine Verfahrensduldung zu erteilen sei. Unbeschadet dieser Frage sei auch eine Duldung gemäß § 60 Abs. 7 AufenthG zu erteilen.
Unter dem 24. März 2020 führte der Antragsteller weiter aus, infolge der Covid-19-Lage bestehe eine Reisefähigkeit des Antragstellers bis auf weiteres nicht. Er sei ohne jede Frage Risikopatient im Falle einer Infizierung. Er sei über 50 Jahre alt, Diabetiker und aufgrund der Herzoperation schwer herzkrank. Es bestehe keine uneingeschränkte Arbeitsfähigkeit. Er könne auch nicht in einer sog. Kommunalka wohnen, da für besonders gefährdete Risikogruppen wie den Antragsteller die Maßnahmen zur Kontaktreduzierung, wozu auch die Meidung von Gemeinschafts- und Massenunterkünften gehöre, eingehalten werden müssten.
Unter dem 15. Juni 2020 trug der Antragsteller weiter vor: Die Antragsgegnerin habe bis heute nicht über die Anträge nach Art. 51 BayVwVfG entschieden. Auf die Anträge auf Einholung von Lageberichten habe sie nicht einmal reagiert. Der Antragsteller könne keine Lageberichte beiziehen, er habe darauf keinen Zugriff. Es sei nicht ausreichend, sich auf Zahlen und Angaben russischer Behörden zu verlassen. Entscheidungsmaßstab seien stets die Erkenntnisse deutscher Behörden. Die Anträge auf Wiederaufgreifen des Verfahrens seien auch rechtzeitig gestellt worden. Zunächst sei festzuhalten, dass der Antragsteller unter Betreuung stehe und er den Inhalt und die Bedeutung von Gutachten und Beschlüssen im Zusammenhang mit einem Verfahren nach Art. 51 BayVwVfG nicht erfasse. Ein grobes Verschulden liege daher nicht vor. Der Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens betreffe die Bescheide der Antragsgegnerin und nicht die gerichtlichen Entscheidungen. Es handle sich um eine Vorschrift des Verwaltungsverfahrens- und nicht des Verwaltungsprozessrechts. Der Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens sei bei der Antragsgegnerin seit 4. September 2010 anhängig. Er sei am 29. Dezember 2014 wieder aufgerufen und (wiederholt) ergänzt worden. Der Antrag vom 4. September 2010 beziehe sich auf die Ausweisungsverfügung und die Frage der Wiederholungsgefahr. Seit 29. Dezember 2014 betreffe das Verfahren gemäß Art. 51 BayVwVfG auch die Frage von Abschiebungsverboten. Es sei nicht erforderlich, bei jedem neuen ärztlichen Bericht einen neuen Verfahrensantrag zu stellen. Denn gegenständlich sei neben der Frage der Wiederholungsgefahr die Frage der drohenden Gefahr für Leib und Leben infolge der Abschiebung. Des Weiteren habe der Antragsteller den Antrag auf Wiederaufgreifen mit Schreiben vom 8. Juni 2020 an die Antragsgegnerin ausführlich ergänzt und auf die aktuelle Wirtschafts- und Arbeitslosigkeitslage in Russland und die Zugehörigkeit des Antragstellers zu Hochrisikogruppe potentieller Covid-19-Patienten gestützt. Von der Antragsgegnerin werde konsequent übergangen, dass nach der Nichtzulassungsentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts nur die Urteilsgründe B I, nicht aber die Urteilsgründe B II bis IV tragend gewesen seien. Es sei daher ausschließlich darauf abzustellen, ob der Antragsteller selbst in der Lage sei, sich für den Fall der Abschiebung nach Russland zu finanzieren. Es komme somit nicht darauf an, dass die Antragsgegnerin einen Betrag von 5.000,- Euro mitgeben wolle und der Euro eine stabile Währung sei. Was die Wiederholungsgefahr angehe, habe die Behörde die Ausweisung nicht ausschließlich generalpräventiv begründet. Dies sei bereits wiederholt dargelegt worden. Die Antragsgegnerin verkenne die Bedeutung des Art. 51 BayVwVfG, wenn sie der Auffassung sei, der Wiederaufgreifensantrag könne nicht auf den Fortfall der Wiederholungsgefahr gestützt werden, weil das Bundesverwaltungsgericht die Entscheidung des Berufungsgerichts im Hinblick auf eine generalpräventiv motivierte Ausweisung gestützt habe. Was die Frage der Erwerbsfähigkeit angehe, handle es sich bei dem Bericht des Klinikums N. N. vom 4. März 2020 um ein neues Beweismittel, das im Übrigen neue Tatsachen betreffe. Der Bericht enthalte eine fachärztlich bescheinigte und fundierte Prognose. Der ärztliche Bericht erfülle auch zweifelsfrei die Anforderungen nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG bzw. § 60a Abs. 2c AufenthG. Auf § 60a Abs. 2d Satz 4 AufenthG habe die Antragsgegnerin (hier: die Betreuerin) im Übrigen nicht hingewiesen. Was die Wirtschaftslage in Russland angehe sei bereits ausführlich dargelegt worden, dass (Lage bis 2020) die von der Antragsgegnerin fortwährend behauptete Lohn-/Preis-Spirale nicht existiere. Was die aktuelle Lage angehe sei aufgrund des schwerwiegenden Wirtschaftseinbruchs (Bezugnahme auf Ausführungen der Germany Trade and Invest, Stand 30.5.2020) eine Arbeitsaufnahme des Antragstellers neben den individuellen Einschränkungen aufgrund Erkrankungen und der Infektionslage auch aus wirtschaftlichen Gründen nicht möglich. Es seien unter dem vom Verwaltungsgerichtshof angenommenen Leistungsprämissen (Stand 2014) des Antragstellers keine Arbeitsplätze vorhanden. Der Antragsteller könne daher auch keinen über den Durchschnittslohn liegenden Lohn beziehen. Der Antragsteller als 54-jähriger, mit einem GdB von 70 stark vorerkrankter und seit Jahrzehnten nicht im Beruf stehender Mitbewerber um Arbeitsplätze stehe in einer Situation, in der keine Vollbeschäftigung bestehe. Ihm stehe kein Arbeitsplatz mehr zur Verfügung. Zusätzlich seien durch die sog. Corona-Epidemie mehrere veränderte Tatsachen eingetreten, die das Wiederaufgreifen des Verfahrens erfordern: So könnten die vom Verwaltungsgerichtshof zugrunde gelegten Wohnungskosten nicht mehr angesetzt werden, da der Antragsteller für 200,- Euro keine Wohnung finden könne. Er könne auch nicht kostengünstig in einer sog. Kommunalka wohnen. Aus gesundheitlichen Gründen sei der Antragsteller im Hinblick auf die Pandemie- bzw. Epidemie-Lage darauf angewiesen, in einer abgeschlossenen Wohneinheit zu wohnen, die über einen ausreichenden Hygienestandard verfüge. Eine wie auch immer geartete Gemeinschaftsunterbringung sei konkret lebensbedrohlich. Hinsichtlich der aktuell und akut bestehenden Erkrankungen/Behandlungsbedarf des Antragstellers werde auf ein Attest der Ärztin M. P., 90441 N. vom 8. Juni 2020 verwiesen (in diesem Attest, welches die Erkrankungen des Antragstellers aufzählt, heißt es zudem: „Aufgrund der bestehenden Vorerkrankungen und der derzeitigen Situation durch Covid-19 ist Herr T. aus ärztlicher Sicht aktuell nicht reisefähig“). Dem Antragsteller sei es weder möglich, unter Berücksichtigung der Epidemie- bzw. Pandemie-Lage in Russland Arbeit aufzunehmen, noch eine kostengünstige Wohnung zu finden. Er dürfe auch nicht öffentliche Verkehrsmittel nutzen aufgrund der hohen Infektionsgefahr. Würde er abgeschoben, müsste er mangels finanzieller Mittel eine einfachste Gemeinschaftsunterkunft ohne ausreichenden Hygienestandard beziehen, jede erdenkliche Arbeitsstelle aufnehmen, ohne dass ausreichender Schutz vor infizierten Arbeitskräften möglich wäre und stets öffentliche Verkehrsmittel nutzen, da er weder ein Auto hätte noch über eine Fahrerlaubnis verfüge. Die Durchführung einer Abschiebung sei unzumutbar, da diese bereits nur im öffentlichen Raum möglich wäre und gegen das zwingende Gebot der Kontaktvermeidung verstoße. Es bestehe daher auch Reiseunfähigkeit, wie das ärztliche Attest vom 8. Juni 2020 bestätige.
Unter dem 23. Juni 2020 trug der Antragsteller ergänzend vor, es sei bei der Antragsgegnerin (zusätzlich) Antrag auf Wiederaufgreifen gestellt im Hinblick darauf, dass die Errichtung einer rechtlichen Betreuung aus Deutschland heraus nicht möglich sei (Vorlage einer Bestätigung des Amtsgerichts N. vom 12.6.2020).
Unter dem 22. September 2020 trug der Antragsteller weiter vor: Wiederaufgreifensgründe müssten nicht „bewiesen“ sein. Sie seien vielmehr gegenüber der Behörde geltend zu machen, die Behörde habe sodann zu entscheiden, ob das Verfahren wieder aufzugreifen sei. Die Antragsgegnerin weigere sich seit Jahren, hierüber eine Entscheidung herbeizuführen. Die Wiederaufgreifensgründe seien schlüssig dargelegt. Die Antragsgegnerin stelle viel zu hohe Anforderungen an einen „Beweis“ im Wiederaufnahmeverfahren und verkenne, dass der Bürger gar keine Beweise erbringen könne, da Beweise im förmlichen Verwaltungsverfahren durch die Behörde selbst erhoben würden. Die Antragsgegnerin sei auch befugt, weitere Tatsachen zu ermitteln. Auf Art. 51 Abs. 5 BayVwVfG werde noch einmal hingewiesen. Die Antragsgegnerin stütze sich auf nicht tragende rechtliche Erwägungen des Verwaltungsgerichtshofs. Wie bereits dargelegt sei das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs vom 23. Juli 2014 hinsichtlich der Entscheidungsgründe teilweise nicht tragend. Dies ergebe sich aus dem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. November 2014. Das Bundesverwaltungsgericht habe zur Frage der Gemeinschaftsunterkunft näher ausgeführt. Es sei der Auffassung gewesen, dass die Annahme, eine Kommunalka biete ausreichende Rückzugsmöglichkeiten und gewährleiste daher dem besonderen gesundheitlichen Bedarf des Antragstellers ausreichend, nicht zu beanstanden sei. Dies zeige auf, dass es entscheidungserheblich darauf ankomme, ob ein Wohnen in einer Kommunalka gesundheitsgefährdend sei. Dies folge aber zwingend aus der Gefahr der Infektion mit dem SARS-CoV-2-Virus. Es treffe nicht zu, dass die Erwägungen des Verwaltungsgerichtshofs vom 23. Juli 2014 unter B II bis IV selbständig tragend seien. Es komme sehr wohl auf die Frage der Notwendigkeit einer Unterkunft in einer Kommunalka bzw. auf die eigene Finanzierbarkeit von Medikamenten bzw. einer Wohnung an. Das Bundesverwaltungsgericht habe ausgeführt, es handle sich bei den im Urteil des Verwaltungsgerichtshofs vom 23. Juli 2014 unter II bis IV abgehandelten Punkten um ergänzende Erwägungen, die Erwägungen unter Ziff. I würden die Entscheidung selbständig tragen. Der Antragsteller habe auch betreffend die Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage in Russland umfassend Daten und Unterlagen vorgelegt. Die Antragsgegnerin habe die Frage der Zulässigkeit eines Wiederaufgreifensverfahrens fehlerhaft beurteilt. Hieraus folge, dass auch keine ordnungsgemäße Ermessensausübung vorliege. Die Antragsgegnerin könne Auskünfte der deutschen Botschaft einholen. Was die Wiederholungsgefahr angehe, habe der Verwaltungsgerichtshof im Beschluss vom 30. Januar 2007 nicht ausgeführt, dass die Ausweisung aus generalpräventiven Gründen zulässig sei und dies als tragenden Gesichtspunkt dargestellt. Der Verwaltungsgerichtshof habe vielmehr eine alternative Prüfung vorgenommen. Da keine Wiederholungsgefahr bestehe, sei die Prüfung eines atypischen Sonderfalls neu geboten. Im Hinblick auf das Betreuungsverhältnis ergebe sich aus dem Gutachten des Arztes B. vom 13. September 2017 beim Antragsteller eine Einschränkung in der Alltagskompetenz. Er sei in den aufgeführten Bereichen auf eine Betreuung angewiesen. Mit der Frage der Geschäftsfähigkeit des Antragstellers sowie dem bestehenden Mandatsverhältnis mit einem Rechtsanwalt habe dies nichts zu tun. Was den fachärztlichen Bericht vom 4. März 2020 angehe, stelle dieser ein Beweismittel im Sinne des Art. 51 Abs. 1 Nr. 2 BayVwVfG dar und belege zudem eine veränderte Sachlage, die ein Abschiebungsverbot begründe. Die Bescheinigung entspreche auch den Anforderungen des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG i.V.m. § 60a Abs. 2c Satz 2 AufenthG. Es liege eine wesentliche Änderung des Befundes gegenüber der Begutachtung durch Dr. W. vom 23. August 2013 vor. Damals habe keine wesentliche Beeinträchtigung der kognitiven Fähigkeiten vorgelegen. Nun lägen kognitive Defizite vor. Damals habe ein gering gradiges Antriebsdefizit, psychomotorisch eine etwas vermehrte Unruhe und Anspannung vorgelegen. Jetzt liege eine ausgeprägte Antriebsminderung und psychomotorische Verlangsamung und emotionale Verlangsamung vor. Es handle sich um eine krankheitstypische Fortentwicklung. Mit einer Verbesserung sei in der Zukunft nicht zu rechnen. Was die Wirtschaftslage angehe, sei nicht davon auszugehen, dass der Antragsteller im Bereich der Hochfrequenztechnik arbeiten könne. Auch für eine angelernte kaufmännische Tätigkeit im leichten Umfang stehe er aufgrund der Wirtschaftslage nicht zur Verfügung. Die Arbeitslosigkeit sei massiv angestiegen. Die russische Wirtschaft sei auf Talfahrt. Was die Infektionsgefahr angehe, berufe sich der Antragsteller auf eine besondere Gefahr, die ihm als multipel Vorerkranktem drohe. Die Russische Föderation sei zudem ein sog. Risikogebiet.
Unter dem 4. Januar 2021 führte der Antragsteller weiter aus: Es werde noch einmal betont, dass es für die Frage des Wiederaufgreifens auf die Ziff. II bis IV des Urteils des Verwaltungsgerichtshofs vom 23. Juli 2014 nicht ankomme. Eine andere Auffassung führe zu einem Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 GG. Im Übrigen müsse der Antragsteller aktuell kardiologisch behandelt werden. Im Januar 2021 werde eine Operation durchgeführt. Was den rechtskräftigen und verbindlichen Betreuungsbeschluss vom 9. November 2017 angehe, sei es nicht hilfreich darauf hinzuweisen, dass der Antragsteller offenbar unter Missachtung dieses Beschlusses Rechtsgeschäfte vornehme und vorbereite. Auch könne im Hinblick auf drohende Gefahren für Leib und Leben des Antragstellers eine Duldung jederzeit geltend gemacht werden, dies folge aus Art. 2 Abs. 1 GG und Art. 1 Abs. 1 GG. Die wirtschaftliche Lage habe sich zudem massiv verschlechtert.
Unter dem 26. Januar 2021 legte der Antragsteller ein an seinen Vertreter gerichtetes Schreiben des Universitätsklinikums E. vom 13. Januar 2021 vor (Unterzeichner Prof. Dr. W., Direktor der herzchirurgischen Klinik), in dem es u.a. heißt, es bestehe die dringende Notwendigkeit eines erneuten operativen Eingriffs. Eine solche Operation erfordere erneut den Einsatz der Herz-Lungen-Maschine. Sie sei durchaus mit einem Risiko belastet, erscheine aber unvermeidbar.
Unter dem 16. Februar 2021 führte der Antragsteller sodann Folgendes aus: Es sei nicht möglich, die Entscheidungsgründe B II bis IV als tragend zu titulieren, da das Bundesverwaltungsgericht die Entscheidung über die weitergehenden Rügen ausdrücklich offen gelassen habe im Hinblick darauf, dass die Entscheidungsgründe zu Ziff. B I des Urteils des Verwaltungsgerichtshofs vom 23. Juli 2014 selbständig tragend seien. Unbeschadet dessen sei der Antragsteller nicht in der Lage, sich selbständig über Makler, Zeitungsinserate und Internet eine Wohnung zu beschaffen. Der Antragsteller sei erkennbar nicht in der Lage, mit einem potentiellen Vermieter in Verhandlungen zu treten. Er sei ausweislich des Gutachtens zur Besorgung sämtlicher Wohnungsangelegenheiten nicht in der Lage.
Diese Rügen greifen nicht durch. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend festgestellt, dass der Antragsteller einen Anspruch auf Aufenthaltsgewährung bis zum rechtskräftigen Abschluss des auf das Wiederaufgreifen des Verfahrens gemäß Art. 51 BayVwVfG gerichteten Klageverfahrens im Verfahren gemäß § 123 VwGO nicht glaubhaft gemacht hat.
§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO fordert, dass die für den Anordnungsanspruch maßgeblichen Tatsachen glaubhaft gemacht sind (§ 173 VwGO, § 294 ZPO). Das erforderliche Maß der richterlichen Überzeugung ist damit auf eine überwiegende Wahrscheinlichkeit festgelegt. Dieses Maß der richterlichen Überzeugung wird auch im Verfahren nach § 123 VwGO im Grundsatz im Wege der Amtsermittlung (§ 86 Abs. 1 VwGO) hergestellt. Die materielle Beweislast folgt den allgemeinen Regeln; der Antragsteller trägt die Last der Nichterweislichkeit den Anspruch begründender Umstände; der Antragsgegner trägt die Last der Nichterweislichkeit der anspruchsvernichtenden Umstände (Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 123 Rn. 51, 52 m.w.N.).
Davon ausgehend hat der Antragsteller keinen Anspruch auf Erteilung einer sog. Verfahrensduldung. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist für die Dauer von Verwaltungs- oder gerichtlichen Verfahren nicht stets eine sog. Verfahrensduldung zu erteilen. Sie kann aber zur Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG erteilt werden, wenn eine Aussetzung der Abschiebung notwendig ist, um die für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis erforderlichen und tatsächlich gegebenen tatbestandlichen Voraussetzungen für die Dauer des Verfahrens aufrecht zu erhalten und so sicher zu stellen, dass eine aufenthaltsrechtliche Regelung einen möglicherweise Begünstigten zu Gute kommen kann. Je besser insoweit die Erfolgsaussichten sind, desto eher werden die Voraussetzungen für eine Verfahrensduldung nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG (effektiver Rechtsschutz als rechtliches Abschiebungshindernis) oder zumindest nach § 60a Abs. 2 Satz 3 AufenthG (Ermessensduldung) erfüllt sein (BVerwG, U.v. 18.12.2019 – 1 C 34/18 – juris Rn. 30). Ungeachtet dessen, dass der Antragsteller vorliegend durch eine Aufenthaltsbeendigung keinen Rechtsverlust erleidet, es ihm vielmehr zumutbar ist, ein Wiederaufnahmeverfahren aus dem Ausland zu betreiben, liegen diese Voraussetzungen (bei Anwendung auf die hiesige Verfahrenskonstellation, in welcher der Antragsteller das Wiederaufgreifen eines bestandskräftigen Verfahrens begehrt) voraussichtlich nicht vor:
Gemäß Art. 51 Abs. 1 BayVwVfG hat die Behörde auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn 1. sich die dem Verwaltungsakt zugrundeliegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat, 2. neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden oder 3. Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind. Gemäß Art. 51 Abs. 2 BayVwVfG ist der Antrag nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außer Stande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen. Der Antrag muss gemäß Art. 51 Abs. 3 BayVwVfG binnen drei Monaten gestellt werden. Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat. Art. 51 Abs. 5 BayVwVfG bestimmt, dass die Vorschriften des Art. 48 Abs. 1 Satz 1 und des Art. 49 Abs. 1 BayVwVfG unberührt bleiben.
Ein Wiederaufgreifensantrag ist mithin kein außerordentliches Rechtsmittel, mit dem jederzeit eine vermeintlich unrichtige Sachentscheidung im Erstverfahren korrigiert werden könnte. Vielmehr hat die Behörde zunächst zu prüfen, ob der Antragsteller den geltend gemachten Wiederaufnahmegrund schlüssig, also substantiiert und widerspruchsfrei vorgetragen und zudem die Geeignetheit dieser Umstände für eine dem Antragsteller günstigere Entscheidung schlüssig dargelegt hat. Unterlässt er dies, so handelt die Behörde rechtmäßig, wenn sie dem Antrag nicht weiter nachgeht, sondern ihn als unzulässig ablehnt. Die Voraussetzungen nach Art. 51 Abs. 1 bis 3 BayVwVfG müssen schon im Antrag selbst abschließend und substantiiert dargetan werden (Abs. 3 Satz 1).
Im Falle des Art. 51 Abs. 1 Nr. 1 BayVwVfG muss der Antragsteller (soweit er wie hier – auch – eine Wiederaufnahme betreffend § 60 Abs. 7 AufenthG begehrt) eine Änderung der allgemeinen Verhältnisse oder Lebensbedingungen im Heimatstaat oder der sein persönliches Schicksal bestimmenden Umstände im Verhältnis zu der der früheren Entscheidung zugrundeliegenden Sachlage glaubhaft und substantiiert vortragen. Eine Änderung der Sachlage ist dann anzunehmen, wenn entweder die allgemeinen politischen Verhältnisse oder Lebensbedingungen im Heimatstaat oder die das persönliche Schicksal des Ausländers bestimmenden Umstände sich so verändert haben, dass eine für den Ausländer günstigere Entscheidung möglich erscheint (vgl. Bergmann in Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht 13. Auflage 2020, § 71 AsylG Rn. 24). Der Antragsteller hat eine dichte und in sich stimmige Darlegung der Umstände vorzulegen, aus denen sich ergibt, dass sich die in früheren Verfahren zugrunde gelegte Sachlage tatsächlich verändert hat. Lediglich pauschale und wenig konkretisierte bzw. nicht nachvollziehbare allgemeine Schilderungen reichen nicht aus. Es obliegt dem Antragsteller, die vorgetragene veränderte Sachlage unter Angabe von Einzelheiten hinreichend klar, verständlich und strukturiert darzutun (z. B. Dickten in Kluth/Heusch, AuslR, 2. Aufl. 2021, § 71 AsylG Rn. 13 m.w.N. zum vergleichbaren Asylfolgeantrag). Trägt der Antragsteller eine nachträgliche Änderung der Sach- oder Rechtslage glaubhaft und substantiiert vor, genügt für die Begründetheit des Wiederaufgreifensantrags mit der Folge, dass ein weiteres Verfahren durchzuführen ist, schon die Möglichkeit einer günstigeren Entscheidung aufgrund der geltend gemachten Wiederaufgreifensgründe. Nicht von Bedeutung ist, ob der neue Vortrag im entscheidungserheblichen Umfang tatsächlich zutrifft und (hier) das Vorliegen der Voraussetzungen insbesondere des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG begründet erscheinen lässt. Erforderlich ist es einen Vergleich anzustellen zwischen dem neuen Vorbringen und den im Erstverfahren festgestellten und die Entscheidung tragenden Tatsachen. Die geltend gemachte Veränderung muss aus der Perspektive des Erstverfahrens erheblich sein, sich mithin auf den der Entscheidung im Erstverfahren als entscheidungserheblich zugrunde gelegten Sachverhalt beziehen. Eine bloß objektive Veränderung der Sachlage reicht nicht aus. Eine Änderung der Sachlage ist danach anzunehmen, wenn (hier insbesondere bezogen auf § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG) sich die allgemeinen Verhältnisse oder Lebensbedingungen im Heimatstaat oder die das persönliche Schicksal des Ausländers bestimmenden Umstände so verändert haben, dass eine für den Antragsteller günstigere Entscheidung möglich erscheint. Bei den hier typischen Dauersachverhalten ist eine Änderung erst dann eingetreten, wenn eine qualitativ neue Bewertung angezeigt und möglich erscheint (Dickten a.a.O. Rn. 18 m.w.N.). Erforderlich ist mithin die schlüssige Darlegung eines neuen Umstandes mit einer Eignung für eine günstigere Entscheidung (SächsOVG, U.v. 21.6.2017 – 5 A 109/15.A – juris Rn. 18 m.w.N.). Eine Pflicht der Behörde bzw. der Gerichte, den Sachverhalt insofern umfassend aufzuklären und die erforderlichen Beweise zu erheben, besteht erst in dem wiederaufgenommenen Verwaltungsverfahren (vgl. Dickten, a.a.O. Rn. 13 ff., insbesondere 13a, 13a.1, 13b zur insoweit vergleichbaren Folgeantragstellung im Asylrecht m.w.N. insbesondere zur Rechtsprechung).
Was den Fristbeginn angeht (im Hinblick auf Art. 51 Abs. 3 BayVwVfG beginnt die Frist für jeden geltend gemachten Wiederaufgreifensgrund ab positiver Kenntnis – insoweit handelt es sich um eine Zulässigkeitsvoraussetzung – selbständig, BVerwG, U.v. 13.5.1993 – 9 C 49.92 – NVwZ 1993, 788) ist bei Dauersachverhalten – wie einer längeren Erkrankung – grundsätzlich die erstmalige Kenntnisnahme von den Umständen maßgeblich. Bei sich prozesshaft und kontinuierlich entwickelnden Sachverhalten ist indes entscheidend, wann sich die Entwicklung der Sachlage insgesamt so verdichtet hat, dass von einer möglicherweise entscheidungserheblichen Veränderung im Sinne eines Qualitätsumschlags gesprochen werden kann. In seinem Beschluss vom 12. Februar 2018 (2 BvR 1262/07 – juris Rn. 15, 16) führt das Bundesverfassungsgericht dazu u.a. aus, bei Dauersachverhalten stelle sich die Frage, zu welchem Zeitpunkt die Schwelle zur Entscheidungserheblichkeit der geltend gemachten nachträglichen Sachverhaltsänderungen überschritten wurde und ob „Qualitätssprünge“ festzustellen sind, die unter Umständen neue Fristläufe in Gang zu setzen vermögen. Wann sich die Entwicklung der Sachlage insgesamt so verdichtet habe, dass von einer entscheidungserheblichen Veränderung auszugehen sei, könne dabei nur im Einzelfall beurteilt werden. Im Übrigen besteht nur im Falle unklarer Beschwerden ohne eine konkrete Diagnose regelmäßig keine Obliegenheit zur sofortigen Stellung eines Folgeschutzgesuchs. Zu prüfen ist, ob es sich dem Antragsteller aufdrängen musste, nunmehr günstige Umstände vorbringen zu müssen, ggf. nach Konsultation mit der anwaltlichen Vertretung (SächsOVG a.a.O. Rn. 20 m.w.N.) Ein allgemein gehaltener Vortrag, die (z.B.) Versorgungslage im Heimatland habe sich erheblich verschlechtert, genügt grundsätzlich nicht zur substantiierten Darlegung einer Änderung der Sachlage. Das Bundesverfassungsgericht hat es aber als klärungsbedürftig bezeichnet, welche Vorgaben sich dem Grundgesetz im Rahmen der Prüfung des § 51 Abs. 1 VwVfG im Hinblick darauf entnehmen lassen, dass seit der letzten mündlichen Verhandlung im rechtskräftig abgeschlossenen Erstverfahren (betreffend Asylrecht) ein Zeitraum von mehr als 30 Monaten vergangen ist und es sich um ein Abschiebungszielland handelt (Afghanistan), zu dem innerhalb dieses Zeitraums zahlreiche neue Erkenntnismittel verfügbar geworden sind (BVerfG, B.v. 14.12.2016 – 2 BvR 2557/16 – juris Rn. 13; vgl. auch Dickten a.a.O. Rn. 18.2 sowie BVerfG, B.v. 9.2.2021 – 2 BvQ 8/21 – juris).
Beruft sich der Antragsteller auf ein neues Beweismittel im Sinne des Art. 51 Abs. 1 Nr. 2 BayVwVfG ist der Wiederaufgreifensantrag zulässig, wenn er das neue Beweismittel hinreichend konkret bezeichnet und seine Eignung für eine ihm günstigere Entscheidung schlüssig darlegt. Bereits aus dem Antrag selbst muss sich ergeben, dass es im Zusammenhang mit dem Sachvorbringen geeignet ist, die Richtigkeit gerade derjenigen Feststellungen in Frage zu stellen, die für die Entscheidung im Erstverfahren tragend waren. Bei dem Wiederaufgreifensgrund des Art. 51 Abs. 1 Nr. 2 BayVwVfG geht es im Wesentlichen um neue Beweismittel für alte Tatsachen. Beweismittel sind solche Erkenntnisse, die die Überzeugung von der Existenz oder Nichtexistenz von Tatsachen begründen können. Die Beweismittel müssen so beschaffen sein, dass sie die Richtigkeit der tatsächlichen Entscheidungsgrundlage des Erstbescheides erschüttern. Sie müssen zu der sicheren Überzeugung führen können, dass die Behörde damals von falschen tatsächlichen Voraussetzungen ausgegangen ist und in Kenntnis der wirklichen Verhältnisse zugunsten des Betroffenen entschieden haben würde. An dieser Beweiseignung fehlt es, wenn sich das dem ursprünglichen Bescheid entgegen gehaltene Angriffsmittel bei unveränderter Tatsachenlage darin erschöpft, der rechtlichen Bewertung dieser Tatsache in ursprünglichem Bescheid zu widersprechen oder diese Tatsachen neu zu bewerten (SächsOVG a.a.O. Rn. 22 m.w.N.; Dickten, a.a.O. Rn. 20 m.w.N.). Neu ist ein Beweismittel, das nicht bereits im abgeschlossenen Verfahren verwertet wurde, weil es nicht existierte, dem Ausländer nicht bekannt oder von ihm ohne Verschulden nicht beizubringen war. Es muss sich auf Umstände beziehen, die im ursprünglichen Verfahren jedenfalls bereits vorgetragen wurden. Dienen die vorgelegten Beweismittel dagegen dem Beleg von Tatsachen, die im Erstverfahren noch nicht thematisiert wurden, so handelt es sich der Sache nach um die Korrektur des Sachvortrags selbst, sodass Art. 51 Abs. 1 Nr. 1 BayVwVfG Anwendung findet. Darüber hinaus muss sich das Beweismittel auch inhaltlich von denjenigen unterscheiden, die bereits in dem vorangegangenen Verfahren eingeführt worden sind. Als Beweismittel kommen etwa Urkunden, Fotos, Medienberichte u.ä. in Betracht. Sachverständigengutachten können nur dann als neue Beweismittel angesehen werden, wenn sie selbst auf neuen Beweismitteln beruhen. Grund ist die offenkundige Notwendigkeit, den im Bereich subjektiv-wertender Beurteilungen und Einschätzungen erwachsenden Missbrauchsmöglichkeiten vorzubeugen, die darin zu erblicken sind, dass durch (ggf. immer weitere) gutachterliche Äußerungen als Neubeweismittel ein Verfahren ständig wieder aufgegriffen werden könnte. Gefälligkeitsschreiben, schriftlich undifferenzierte „Warnungen“ vor einer Rückkehr in die Heimat und dergleichen wird man in der Regel a limine als unbeachtlich einzustufen haben (Dickten, a.a.O. Rn. 21 ff. m.w.N.). Die Begründetheit des Wiederaufnahmeantrags wiederum erfordert nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, dass feststeht, dass das neue Beweismittel, wäre es seinerzeit bereits verfügbar gewesen, tatsächlich eine dem Antragsteller günstigere Entscheidung herbeigeführt hätte; es genügt nicht, dass es dazu lediglich geeignet erscheint. Darüber haben sich die Behörde und im Streitfall das Gericht durch Beweisaufnahme Überzeugung zu verschaffen. Dabei ist von den für den bestandskräftig gewordenen Bescheid maßgeblichen Rechtsgründen auszugehen und nicht unabhängig davon zu entscheiden, ob das neue Vorbringen den geltend gemachten Anspruch begründen kann. Mit der Entscheidung, das Verfahren wieder aufzugreifen, ergibt sich danach regelmäßig zugleich, wie in der Sache zu entscheiden ist. Dieser Prüfungsrahmen begrenzt zugleich die Amtsermittlungspflichten. Die Behörde bzw. die Verwaltungsgerichte sind nicht befugt, andere als vom Antragsteller selbst geltend gemachte Gründe für ein Wiederaufgreifen des Verfahrens der Prüfung des Antrags zugrunde zu legen. Es obliegt ihnen nicht, hiervon unabhängig weitere Tatsachen zu ermitteln, die den Anspruch auf Wiederaufgreifen des Verfahrens erst begründen würden. Solche Aufklärungen waren dem Erstverfahren vorbehalten. Es ist nicht Funktion des hiesigen Verfahrens, das Erstverfahren im vollen Umfang wieder zu eröffnen (Dickten, a.a.O. Rn. 14, 15 m.w.N. zum vergleichbaren Folgeantragsverfahren im Asylrecht).
Dies zugrunde gelegt ist festzuhalten:
Davon ausgehend, dass die Anwendung des Art. 51 BayVwVfG nicht durch die Möglichkeit der Erhebung einer Wiederaufnahmeklage gemäß § 153 VwGO ausgeschlossen ist (vgl. BayVGH, U.v. 25.3.1992 – 3 B 91-2846 – juris) hat der Antragsteller die Voraussetzungen für das Vorliegen einer Verfahrensduldung nicht glaubhaft gemacht. Sein unter dem 4. September 2010 gestellter und unter dem 29. Dezember 2014 wieder aufgerufener bzw. hilfsweise ergänzter Wiederaufnahmeantrag ist (gemessen an den dargelegten Voraussetzungen) ersichtlich unzulässig.
Im Einzelnen:
Wiederaufgreifensantrag vom 4. September 2010:
Unter dem 4. September 2010 wandte sich der Antragsteller an die Antragsgegnerin mit dem Antrag, „im Hinblick auf die Stellungnahme des Sachverständigen Dr. W. vom 20.7.2010 an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof … gemäß Art. 51 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 BayVwVfG das Verfahren über die Ausweisung wiederaufzunehmen“. Es liege „keine Wiederholungsgefahr vor, so dass sich die Ausweisung als rechtswidrig erweist“.
Dieser Antrag ist schon aus formellen Gründen unzulässig. Der Antragsteller gibt nicht an, welche Erwägungen in einem bestandskräftigen Bescheid der Antragsgegnerin und welche Erwägungen in welchen rechtskräftigen Urteilen in Frage gestellt werden sollen. Es fehlt eine abschließende substantiierte Darlegung von Wiederaufgreifensgründen mit der wie dargelegt erforderlichen stimmigen Darstellung der Möglichkeit einer anderen Entscheidung.
Festzuhalten ist (hilfsweise):
Unter Zugrundelegung und nach Auswertung des Akteninhalts durch den Senat erging das genannte „Gutachten Dr. W.“ vom 20. Juli 2010 an den Verwaltungsgerichtshof im Verfahren 19 B 09.824. Dieses Verfahren betraf den Streit der Verfahrensbeteiligten um die Rechtmäßigkeit der Anordnung der Abschiebung des Antragstellers. Der Senat hob mit Beschluss vom 22. Dezember 2010 die durch den Bescheid der Antragsgegnerin vom 27. Februar 2006 (vgl. dort Ziff. II) verfügte Anordnung der Abschiebung, die insoweit durch Urteil des Verwaltungsgerichts vom 30. Januar 2007 bestätigt wurde, auf. Der Senat führte aus, eine (konkrete) Wiederholungsgefahr im Sinne des § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG lasse sich (anders als noch in der Entscheidung des Senats vom 3.9.2008) nicht mehr aufrechterhalten, so dass es nunmehr entscheidungserheblich auf den Rechtsstatus des Antragstellers als jüdischer Emigrant aus der ehemaligen Sowjetunion ankomme. Darüber hinaus lägen im Fall des Antragstellers nunmehr auch die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG vor. Zuvor hatte der Senat im Berufungsverfahren Äußerungen des Dr. W. eingeholt. Unter dem 27. Mai 2010 hatte der Gutachter in Ergänzung eines von ihm erstellten Gutachtens vom 22. November 2009 eine fachpsychiatrische Stellungnahme des Inhalts abgegeben, dass aus der Behandlung mit dem Neuroleptikum „Zyprexa“ ein günstiger Effekt abgeleitet werden könne. Wenngleich nicht zu erwarten sei, dass der Antragsteller durch den Einsatz dieses Medikaments in einem psychopathologisch völlig unauffälligen Zustand versetzt werde, könne dennoch von einer Stabilisierung ausgegangen werden. Mit der Einleitung der neuroleptischen Behandlung werde eine wesentliche Problematik angegangen, die im Rahmen des Gutachtens vom November 2009 thematisiert worden sei. Es sei davon auszugehen, dass hierdurch eine erhebliche Reduktion der Wiederauftretenswahrscheinlichkeit neuerlicher Krankheitsschübe bewirkt werde. (…) Im Hinblick auf die vom Antragsteller ausgehende Gefahr sei von einer Reduktion der speziell aufgrund der schizophrenen Psychose abzuleitenden Risiken auszugehen. Insbesondere könne festgehalten werden, dass die Wahrscheinlichkeit, dass der Antragsteller im Rahmen einer vergleichbaren Situation wie dem Tatgeschehen, das der Verurteilung zugrunde liege, in gleicher Art und Weise wie damals handeln werde, als geringer angesetzt werden könne. Unter der Hypothese, dass der Antragsteller die nunmehr eingeleitete Medikation dauerhaft einnehme und hierbei fachärztlich begleitet werde, sei die verbleibende Gefahr vergleichbarer Taten als soweit reduziert einzuschätzen, dass diese nicht mehr als so hinreichend konkret beschrieben werden könne, wie dies im Gutachten vom November 2009 festgehalten worden sei. Diese Stellungnahme hatte der Senat unter dem 8. Juni 2010 zum Anlass genommen, den Gutachter um Konkretisierung zu bitten mit der Fragestellung: „Drohen in der Zukunft – beispielsweise bei einer Wiederholung der äußeren Umstände des der Verurteilung zugrunde liegenden Verhaltens – neue, vergleichbare Straftaten (Gewalttaten, insbesondere Delikte gegen die körperliche Unversehrtheit Dritter) des Klägers im Sinne einer konkreten Wiederholungsgefahr oder erscheint eine solche lediglich als eine bloße – gleichsam entfernte – Möglichkeit?“ Des Weiteren fragte der Senat an, ob eine konkrete Wiederholungsgefahr im oben beschriebenen Sinne auch unter Einnahme des Medikaments Zyprexa weiterhin fortbestehe oder erscheine sie lediglich als eine bloße – gleichsam entfernte – Möglichkeit? Der Gutachter nahm zu dieser Anfrage unter dem 20. Juli 2010 dahingehend Stellung, dass er sich erlaubte zunächst anzumerken, dass es psychiatrischerseits schwierig sei, über die Beschreibung von prognostischen Wahrscheinlichkeiten hinaus eine eindeutige Zuordnung zu Begrifflichkeiten vorzunehmen, die der Rechtsprechung entlehnt seien, letztlich normative Dimensionen darstellten und somit primär in dieser Hinsicht erörtert werden müssten. Es könne hier dennoch festgehalten werden, dass mit der in der Stellungnahme vom 27. Mai 2010 dargestellten Reduktion der Wahrscheinlichkeit neuerlicher schwerwiegender Straftaten nicht mehr mit der von der bei der prognostischen Beurteilung üblicherweise zu fordernden Sicherheit einer konkreten Wiederholungsgefahr neuerlicher vergleichbarer Straftaten (Gewalttaten, insbesondere Delikten gegen die körperliche Unversehrtheit Dritter) gesprochen werden könne, dass hier vielmehr (stets die Fortführung der aktuellen Medikation vorausgesetzt) von einer Risikoabnahme gesprochen werden könne, die ein solches Geschehen deutlich unwahrscheinlicher mache, was auch eine Interpretation im Sinne einer bloßen – gleichsam entfernten – Möglichkeit in Betracht kommen lasse.
Auf die Revisionen der Antragsgegnerin und der Landesanwaltschaft Bayern hob das Bundesverwaltungsgericht sodann im Verfahren 1 C 3.11 am 22. März 2011 den Beschluss des Senats vom 22. Dezember 2010 auf und verwies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurück an den Verwaltungsgerichtshof. Das Bundesverwaltungsgericht stellte fest, dass sich der Antragsteller nicht auf das Abschiebungsverbot aus § 60 Abs. 1 Satz 2 AufenthG (i.V.m. § 1 Abs. 1 des Gesetzes über Maßnahmen für im Rahmen humanitärer Hilfsaktionen aufgenommener Flüchtlinge vom 22.7.1980 – Kontingentflüchtlingsgesetz, HumHAG) berufen könne. Unter diesen Umständen bedürfe es keiner Entscheidung, ob das Berufungsgericht ohne Verstoß gegen Bundesrecht davon ausgegangen sei, dass im Falle des Antragstellers die Voraussetzungen für einen Ausschluss nach § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG nicht (mehr) vorlägen. Die angefochtene Entscheidung verletze zudem § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Da das Bundesverwaltungsgericht über das Vorliegen dieses Abschiebungsverbotes selbst weder positiv noch negativ abschließend entscheiden könne, sei die Sache an den Verwaltungsgerichtshof zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen gewesen.
Davon ausgehend können die gutachterlichen Einschätzungen vom 20. Juli 2010 keine Grundlage für einen schlüssigen Vortrag eines Wiederaufnahmegrundes und eine schlüssige Darlegung der Geeignetheit der vorgetragenen Umstände bzw. des neuen Beweismittels für eine günstigere Entscheidung darstellen. Dies ergibt sich (unter Zugrundelegung einer vom Senat durchgeführten – allerdings dem Antragsteller auferlegten – Verfahrensdarstellung) aus Folgendem:
Der Ausweisungsbescheid der Antragsgegnerin vom 27. Februar 2006 (Ziff. I) begegnete keinen rechtlichen Bedenken des Verwaltungsgerichts (Urteil vom 30.1.2007 im Verfahren 19 K 06.1116). Die gegen dieses Urteil (hier: betreffend die Ausweisung) erhobene Berufung des Antragstellers blieb erfolglos (Urteil des BayVGH vom 3.9.2008 im Verfahren 19 B 07.2762). Der Senat führte aus, dass im Fall des Antragstellers der Ist-Ausweisungstatbestand des § 53 Nr. 1 AufenthG erfüllt sei. Habe ein Ausländer durch sein Verhalten die Voraussetzungen der Ist-Ausweisung erfüllt, bedürfe es keiner besonderen Begründung, dass darin zugleich die Verwirklichung eines besonders schwerwiegenden Grundes der öffentlichen Sicherheit und Ordnung liege, bei dem dem öffentlichen Interesse an der Ausweisung im Vergleich zum privaten Interesse des Ausländers ein deutliches Übergewicht zukomme. Allerdings sei stets zu prüfen, ob die Voraussetzungen einer Ausnahme von der Regel vorlägen. Indem § 56 Abs. 1 Satz 3 AufenthG eine Ausnahme zulasse, sei eine einzelfallbezogene Korrektur der vom Gesetzgeber für den Regelfall abstrakt-generell vorgenommenen Inhaltsbestimmung des Tatbestandsmerkmals „schwerwiegende Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung“ möglich. Prüfungsinhalt seien insoweit vor allem spezial- und generalpräventive Überlegungen. Ein Ausnahmefall in diesem Sinne sei vorliegend nicht gegeben. Zum einen sei nicht ersichtlich, dass es sich beim Antragsteller – in generalpräventiver Hinsicht – um einen besonders gelagerten Fall handeln würde. Generalpräventiv motivierte Ausweisungen seien regelmäßig dann zulässig, wenn die Straftat besonders schwer wiege und deshalb ein dringendes Bedürfnis bestehe, über eine etwaige strafrechtliche Sanktion hinaus andere Ausländer durch Ausweisung von Straftaten ähnlicher Art und Schwere abzuhalten. Dabei sei das Gewicht der Straftat nicht abstrakt, sondern konkret nach den Umständen der Tatbegehung zu bestimmen. Auch bei generalpräventiv motivierten Ausweisungen gelte, dass die Umstände der begangenen Straftat, wie sie sich aus dem Strafurteil und dem vorangegangenen Strafverfahren ergäben, individuell zu würdigen seien. Gemessen an diesem Maßstab sei die vom Verwaltungsgericht gebilligte Einstufung der Straftat des Klägers als schwerwiegender Ausweisungsgrund nach innerstaatlichem Ausländerrecht mit Rücksicht auf den generalpräventiven Ausweisungszweck nicht zu beanstanden. Die Bekämpfung von Kapitalverbrechen der vorliegenden Art, in denen der Täter noch dazu mit beispielloser Brutalität gegen das Opfer vorgegangen sei und einen Menschen hinterrücks ermordet habe, erfordere ein nachhaltiges Vorgehen der Ordnungsbehörden. Es sei daher nichts dagegen einzuwenden, dass das Verwaltungsgericht angesichts der besonderen Schwere der Straftat ein dringendes Bedürfnis bejaht habe, über die strafrechtliche Sanktion hinaus durch Ausweisung andere Ausländer von Straftaten ähnlicher Art und Schwere abzuhalten. Besondere Umstände der Tatbegehung, die dieser Beurteilung entgegenstehen könnten, seien nicht ersichtlich. Der Antragsteller habe nach den im Strafurteil getroffenen Feststellungen nicht im Affekt gehandelt. Zum anderen sei auch in spezialpräventiver Hinsicht ein atypischer Sonderfall dergestalt, dass beim Antragsteller unter keinen denkbaren Umständen von einer Wiederholungsgefahr gesprochen werden könnte, nicht gegeben. Vor dem Hintergrund der festgestellten psychischen Beeinträchtigungen müsse davon ausgegangen werden, dass die jeder Straftat innewohnende – abstrakte – Wiederholungsgefahr in der Person des Antragstellers bezogen auf den „Normalfall“ mit anderen Worten den Durchschnitt von Personen, die die Erkrankung des Antragstellers nicht aufweisen, signifikant erhöht sei. Es könne nicht mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden, dass der Antragsteller bei einer etwaigen Wiederholung des äußeren Tatgeschehens in ähnlicher Weise reagiere und es erneut zu einem massiven Gewaltexzess komme. Angesichts dieser aufgrund des fachpsychiatrischen Gutachtens und den Ausführungen im Strafurteil feststehenden Umstände liege die ernsthafte, nicht nur die entfernte Möglichkeit erneuter Verfehlungen auf der Hand.
Das Bundesverwaltungsgericht hat sodann in seiner Entscheidung vom 13. März 2009 über die Beschwerde des Antragstellers gegen die Nichtzulassung der Revision (1 B 20.08) u.a. ausgeführt, der Antragsteller rüge zu Recht, dass das Berufungsgericht den Beweisantrag, dass beim Antragsteller keine Wiederholungsgefahr mehr bestehe, prozessrechtlich fehlerhaft abgelehnt habe. Die angefochtene Entscheidung könne aber im Hinblick auf die Ausweisung, die u.a. generalpräventiv motiviert sei und insoweit vom Berufungsgericht selbständig tragend gebilligt worden sei, nicht auf dem Verfahrensfehler beruhen … Soweit das Berufungsgericht die Berufung gegen die Ausweisung zurückgewiesen habe, verbleibe es bei dieser Entscheidung. Dementsprechend erwuchs die Ausweisung in Rechtskraft (vgl. auch Beschluss des Senats vom 22.12.2010 im Verfahren 19 B 09.824).
Dies zugrunde gelegt hat der Antragsteller (wie bereits ausgeführt) schon nicht dargetan, welche entscheidungserhebliche Bedeutung das Schreiben des Dr. W. vom 20. Juli 2010 im Rahmen des gestellten Wiederaufgreifensantrags vom 4. September 2010 und im Rahmen des Wiederaufrufs des Antrags vom 4. September 2010 unter dem 29. Dezember 2014 haben könnte. Sollte der Antragsteller durch den Hinweis auf die Stellungnahme des Dr. W. vom 20. Juli 2010 zum Ausdruck bringen wollen, dass vom Antragsteller (nun zum 29. Dezember 2014) nur noch eine herabgesetzte Gefahr ausgehe und der Senat insoweit interpretieren könnte, der Antragsteller wende sich gegen die bestandskräftige Ausweisung, bleibt festzuhalten:
Unabhängig von der Beantwortung der Frage, ob nach dem Verhalten des Antragstellers damit gerechnet werden muss, dass er selbst (erneut) die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährdet (Spezialprävention), konnte und kann die Ausweisungsentscheidung der Antragsgegnerin (vgl. den Ausweisungsbescheid der Antragsgegnerin vom 27.2.2006 S. 5 ff sowie das rechtskräftige Urteil des Senats vom 3.9.2008, 19 B 07.2762, das die auch auf generalpräventive Erwägungen gestützte Ausweisung gebilligt hat) selbständig tragend auch auf generalpräventive Gründe gestützt werden. Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Urteil vom 12. Juli 2018 (1 C 16.17 – juris) entschieden, dass diese Intention des Gesetzgebers (Zulassung einer zum Zwecke der Abschreckung anderer dienenden Ausweisung) im Wortlaut des § 53 Abs. 1 AufenthG eine hinreichende Verankerung gefunden hat und (wie hier rechtskräftig festgestellt) Generalprävention ein Ausweisungsinteresse begründen kann. § 53 Abs. 1 AufenthG verlange nämlich nicht, dass von dem ordnungsrechtlich auffälligen Ausländer selbst eine Gefahr ausgehen müsse. Vielmehr müsse dessen weiterer „Aufenthalt“ eine Gefährdung bewirken. Vom Aufenthalt eines Ausländers, der Straftaten begangen habe, könne aber auch dann eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgehen, wenn von ihm selbst keine Wiederholungsgefahr mehr ausgehe, im Fall des Unterbleibens einer ausländerrechtlichen Reaktion auf sein Fehlverhalten andere Ausländer aber nicht wirksam davon abgehalten werden, vergleichbare Delikte zu begehen (vgl. auch z.B. BayVGH, B.v. 14.2.2019 – 10 ZB 18.1967 – juris sowie Bauer in Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 13. Auflage 2020, § 53 AufenthG Rn. 61 ff m.w.N.).
Soweit eine generalpräventiv begründete Ausweisung in jedem Einzelfall den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahren muss (vgl. schon BVerfG, B.v. 18.7.1979 – 1 BvR 650/77 – juris Rn. 37), insbesondere nur zur Bekämpfung schwerwiegender Verfehlungen zulässig ist (vgl. Bauer in Bergmann/Dienelt a.a.O. Rn. 63 m.w.N.), zudem eine Ausweisung nur dann geeignet ist, eine generalpräventive Wirkung zu erzielen, wenn eine kontinuierliche Ausweisungspraxis besteht, wenn die Anlasstat nicht derartig singuläre Züge aufweist, dass die an sie anknüpfende Ausweisung keine abschreckende Wirkung entfalten könnte und wenn angesichts der Schwere der Straftat ein dringendes Bedürfnis auch für eine ordnungsrechtliche Prävention besteht (BVerwG, U.v. 14.2.2012 – 1 C 7/11 – juris Rn. 17) fehlt es auch in Anbetracht der Schwere der Tat, der Umstände der Tatbegehung und der Lebensumstände des Ausländers (vgl. BVerfG, B.v. 10.8.2007 – 2 BvR 535/06 – juris Rn. 28) an der schlüssigen Darlegung eines Wiederaufnahmegrundes.
Dahinstehen kann mithin, ob im Hinblick auf eine vom Antragsteller ausgehende (Wiederholungs-)Gefahr das Vorliegen der Voraussetzungen des (hier ersichtlich allein in Betracht kommenden) Art. 51 Abs. 1 Nr.1 BayVwVfG schlüssig dargelegt ist. Anzumerken ist insoweit, dass Dr. W. (betreffend die Frage der Spezialprävention) in seinem Schreiben vom 20. Juli 2010 die Gefährlichkeit des Antragstellers nicht für beseitigt erklärt. Er hat vielmehr (lediglich) unter der Prämisse einer entsprechenden neuroleptischen Behandlung, einer medikamentösen Therapie mit regelmäßiger fachärztlicher Vorstellung mit vorsichtigen Formulierungen eine „Risikoabnahme“ angenommen. Es kann auch offen bleiben, in welchem Verhältnis diese Einschätzung zu der ärztlichen Stellungnahme des Klinikums N. (Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie) vom 4. März 2020 steht, in der es u.a. heißt, bei negativen Veränderungen (wie einer Abschiebung) der bisher vorhandenen stabilen Lebensverhältnisse sei eine erneute psychotische Exazerbation sowie Verlust der Compliance mit weiteren Verhaltensauffälligkeiten („früher hat der Patient eine schwerwiegende kriminelle Handlung in psychotischem Zustand begangen“; gemeint ist der vom Antragsteller begangene Mord) mit hoher Wahrscheinlichkeit zu befürchten. (…) Wenn die psychotische und somatische Behandlung nicht suffizient gesichert werde, drohten erhebliche gesundheitliche Einbüße bis zu (…) schwerwiegenden selbst- und fremdgefährdenden Handlungen bei einer unbehandelten exazerbierten Psychose.
Der Senat hat mithin nicht zu prüfen, wie in Anbetracht dessen eine Prognose zur Wiederholungsgefahr, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen sind, insbesondere die Höhe der verhängten Strafe, die Schwere der konkreten Straftat, die Umstände ihrer Begehung, das Gewicht des bei einem Rückfall bedrohten Rechtsguts sowie die Persönlichkeit des Täters und seine Entwicklung und Lebensumstände bis zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt (vgl. z.B. BVerwG, U.v. 16.11.2000 – 9 C 6/09 – BVerwGE 112, 185 – juris Rn. 14) und bei der an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts umso geringere Anforderungen zu stellen sind, je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden ist (stRspr.; vgl. z.B. BVerwG, U.v. 4.10.2012 – 1 C 13.11 – juris Rn. 18) und auch der Rang des bedrohten Rechtsguts zu berücksichtigen ist, ausfällt.
Soweit der Antragsteller unter dem 29. Dezember 2014 seinen Wiederaufgreifensantrag „hilfsweise wie folgt ergänzt“ hat, ist festzuhalten:
Insoweit führt der Antragsteller in seinem Schreiben vom 29. Dezember 2014 aus, das Verfahren sei gemäß Art. 51 Abs. 1 Nr. 1 BayVwVfG wieder aufzunehmen im Hinblick auf die Frage des Abschiebungshindernisses gemäß § 60a AufenthG i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG. Die Sachlage habe sich nachträglich geändert. Die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 23. Juli 2014 beruhe auf einer Berechnung der Lebenshaltungskosten und der Kosten für die zwingend notwendigen medizinischen Behandlungs- und Medikationskosten. Diese Berechnung sei aufgrund der aktuellen wirtschaftlichen Entwicklung in keiner Weise mehr sachgerecht. Die jüngste, dramatische Abwertung der russischen Währung führe zu einer massiven Preissteigerung für die Verbraucher. Aufgrund extrem hoher Inflation könne die vom Verwaltungsgerichtshof vorgenommene Berechnung keinesfalls mehr Gültigkeit haben. Es stehe aufgrund dieser Preisexplosion fest, dass der Antragsteller sich weder eine Unterkunft finanzieren könne noch die ebenfalls explodierenden Medikamentenpreise bezahlen könne. Die Wiederaufnahmegründe seien neu entstanden und hätten nicht früher vorgetragen werden können. Die Wirtschaftslage habe sich im Dezember 2014 dramatisch verschlechtert. In der Folgezeit ergänzte der Antragsteller (wie dargelegt) seine Ausführungen, insbesondere unter Bezugnahme auf den Betreuungsbeschluss des Amtsgerichts N. vom 9. November 2017, das diesem Beschluss zugrundeliegende „psychiatrisch fundierte Gutachten“ des Arztes U. B. vom 13. September 2017, die Befunde des Klinikums N. vom 17. Februar 2020 (letzteres ist ein „Mediplan“ der Ärztin M. betreffend Vitamin D und „Aripiprazol“ – ersichtlich ein Neuroleptikum, das beim Antragsteller Zyprexa ersetzt – (Vorderseite) sowie ein am 17.2.2020 „ausgedruckter Medikationsplan“ (Rückseite)) und 4. März 2020 sowie ein ärztliches Attest vom 8. Juni 2020. In der Folgezeit vertiefte und ergänzte der Antragsteller seinen Vortrag wie dargelegt.
Davon ausgehend erfüllt der Wiederaufgreifensantrag (unabhängig von der Frage, ob er zulässig „hilfsweise“ gestellt werden kann) im Hinblick auf den Beschluss des Amtsgerichts N. vom 9. November 2017 und die zugrundeliegende ärztliche Stellungnahme vom 13. September 2017 bereits nicht die Voraussetzungen des Art. 51 Abs. 3 Satz 1 BayVwVfG, ist mithin unzulässig. Denn die Vorlage dieser Schriftstücke erfolgte erst unter dem 4. März 2020.
Unabhängig davon genügt der Vortrag des Antragstellers nicht den Darlegungsanforderungen und erweist sich deshalb als unzulässig.
Im Einzelnen:
Vortrag zur gesundheitlichen Situation des Antragstellers:
Der Senat hat in seinem Urteil vom 23. Juli 2014 (Rn. 33 ff) umfassend die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG dargelegt und deren Vorliegen verneint. Darauf wird Bezug genommen.
Zusammengefasst ist – betreffend die gesundheitliche Situation des Antragstellers – festzuhalten:
Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Die Vorschrift kann einen Anspruch auf Abschiebungsschutz begründen, wenn die Gefahr besteht, dass sich die Krankheit eines ausreisepflichtigen Ausländers in seinem Heimatstaat verschlechtert. Für die Bestimmung der „Gefahr“ gilt der Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit, d.h. die drohende Rechtsgutsverletzung darf nicht nur im Bereich des Möglichen liegen, sondern muss mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu erwarten sein (vgl. BVerwG, B.v. 2.11.1995 – 9 B 710.94 zu § 53 Abs. 6 AuslG). Eine Gefahr ist „erheblich“, wenn eine Gesundheitsbeeinträchtigung von besonderer Intensität zu erwarten ist. Das wäre der Fall, wenn sich der Gesundheitszustand des Ausländers wesentlich oder sogar lebensbedrohlich verschlechtern würde. Eine wesentliche Verschlechterung ist nicht schon bei einer befürchteten ungünstigen Entwicklung des Gesundheitszustandes anzunehmen, sondern nur bei außergewöhnlich schweren körperlichen oder psychischen Schäden. Außerdem muss die Gefahr konkret sein, was voraussetzt, dass die Verschlechterung des Gesundheitszustandes alsbald nach der Rückkehr des Betroffenen in sein Heimatland eintreten wird. Die Gefahr, dass sich eine Erkrankung des Ausländers aufgrund der Verhältnisse im Abschiebezielstaat verschlimmert, ist in der Regel als individuelle Gefahr, die auch durch die jeweilige Konstitution des Ausländers bedingt oder mitbedingt sein kann, einzustufen. Bedarf der Betroffene zur Abwendung einer im Sinne von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG erheblichen Gefahr einer notwendigen ärztlichen Behandlung oder Medikation und ist diese in dem Zielstaat der Abschiebung wegen des geringen Versorgungsstandes nicht verfügbar, so führt dies zum Vorliegen der Voraussetzungen der bezeichneten Vorschrift. Eine zielstaatsbezogene Gefahr für Leib und Leben besteht nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (z.B. U.v. 29.10.2002 – 1 C 1/02 – juris Rn. 9) auch dann, wenn die notwendige Behandlung oder Medikation zwar allgemein zur Verfügung steht, dem betroffenen Ausländer individuell jedoch aus finanziellen oder sonstigen Gründen nicht zugänglich ist. Die mögliche Unterstützung durch Angehörige im In- und Ausland ist in die gerichtliche Prognose, ob bei Rückkehr eine Gefahr für Leib und Leben besteht, mit einzubeziehen (vgl. BVerwG, B.v. 1.10.2001 – 1 B 185/01). Krankheitsbedingte Gefahren, die sich allein als Folge des Abschiebungsvorgangs bzw. wegen des Verlassens des Bundesgebiets, nicht aber wegen der spezifischen Verhältnisse im Zielstaat der Abschiebung ergeben können, begründen hingegen kein Abschiebungshindernis im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG, sie sind vielmehr als inlandsbezogene Vollstreckungshindernisse von der zuständigen Ausländerbehörde zu prüfen (vgl. z. B. OVG Lüneburg, U.v. 28.6.2011 – 8 LB 221/09 – juris Rn. 27 m.w.N. zur Rechtsprechung des BVerwG)
Davon ausgehend hat der Antragsteller weder eine Änderung der Sachlage derart, dass nun eine günstigere Entscheidung möglich erscheint schlüssig noch die Eignung neuer Beweismittel für eine ihm günstigere Entscheidung schlüssig dargelegt.
Im Hinblick auf § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG begründet der Antragsteller seinen Wiederaufnahmeantrag zum einen mit dem Beschluss des Amtsgerichts N. vom 9. November 2017. Diesem Beschluss ist die Erweiterung und Verlängerung der bereits bestehenden Betreuung des Antragstellers (Aufgabenkreis der Betreuung – vgl. Beschluss des Amtsgerichts N. vom 25.10.2013 – zunächst Gesundheitsfürsorge, insbesondere die Zuführung zu und Überwachung einer nervenärztlichen Heilbehandlung, Aufenthaltsbestimmung, Vertretung gegenüber Behörden, Versicherungen, Renten- und Sozialleistungsträgern; Erweiterung nunmehr um Organisation der ambulanten Versorgung und Wohnungsangelegenheiten) zu entnehmen. Das Amtsgericht legte seinem Beschluss u.a. ein psychiatrisch fundiertes Gutachten „des Arztes U. B. vom 13. September 2019“ zugrunde, dem zu entnehmen ist, dass die Berufsbetreuerin dem Amtsgericht am 10. Juli 2017 mitgeteilt habe, dass der Vermieter des Antragstellers die Wohnung verkaufen wolle, in der er mit seiner Mutter wohne. Der Vermieter dränge auf die Unterzeichnung eines Aufhebungsvertrags, damit er die Wohnung ohne Mieter verkaufen könne. Der Antragsteller könne sich allein sprachlich nicht gegen den Vermieter wehren, der versuche, ihn und die Mutter unter Druck zu setzen und ständig anrufe. Die Berufsbetreuerin habe dem Antragsteller geraten, keinen Aufhebungsvertrag zu unterzeichnen. Bei einem Hausbesuch habe der Antragsteller erklärt, dass er sich eine Erweiterung und Verlängerung der Betreuung wünsche. Die Berufsbetreuerin kümmere sich sehr engagiert um seine Belange. Sie solle sich auch um Fragen wegen der Wohnung kümmern. Er sei wegen seiner Schizophrenie weiterhin in ambulanter Behandlung und nehme das Psychopharmakon Aripiprazol. Es gehe ihm jetzt vor allem motorisch deutlich besser, er sei nicht mehr verlangsamt. Er sei Marcumar-Patient. Medikamentös würden ein Diabetes mellitus sowie ein Hochdruckleiden behandelt. Es zeige sich, dass der Antragsteller allseits orientiert sei. Er zeige sich sach- und bewusstseinsklar. Er sei zu allen Qualitäten ausreichend orientiert. Es fänden sich leichte Einbußen im Bereich der Merkfähigkeit und des Kurzzeitgedächtnisses bei relativ intakten Leistungen des Altgedächtnisses. Das Denken wirke in formaler Hinsicht schwerbesinnlich, insgesamt aber geordnet. Inhaltliche Denkstörungen oder Wahrnehmungsstörungen fänden sich aktuell unter neuroleptischem Schutz nicht. Im Bereich der kognitiven Vorfeldfunktionen könnten leichte Einbußen beobachtet werden. Die natürliche Einsichts- und Kritikfähigkeit wirke an der Basis nicht gravierend beeinträchtigt. Im Kontakt wirke der Antragsteller freundlich und zugewandt, stimmungsmäßig dabei ausgeglichen bei nivellierter affektiver Schwingungsfähigkeit. Der Antrieb wirke matt. Diagnose: leichtes schizophrenes Residuum (ICD 10 F 20.5). Zusammenfassende Beurteilung: Aktuell zeige sich beim Antragstellers klinisch das Erscheinungsbild einer leichten Residualsymptomatik mit dem im Befund beschriebenen psychopathologischen Auffälligkeiten. (…) Aus medizinischer Sicht sei der Antragsteller krankheitsbedingt weiterhin in seinen Alltagskompetenzen eingeschränkt und nicht ausreichend in der Lage, die Bereiche der Gesundheitsfürsorge und damit in Zusammenhang stehend auch den Bereich der Aufenthaltsbestimmung, jedoch ohne die Entscheidung über eine Unterbringung sowie unterbringungsähnliche Maßnahmen, sämtliche Wohnungsangelegenheiten, die Geltendmachung von Ansprüchen auf Rente und Altersversorgung sowie die Vertretung gegenüber Behörden, Ämtern und Versicherungsträgern selbst zu besorgen. Er sei auf eine Betreuung in diesen Bereichen angewiesen. Die bestehende Betreuung sollte also vor allem um den Bereich der Wohnungsangelegenheiten erweitert werden. Unter Würdigung der Gesamtpersönlichkeit müsse festgestellt werden, dass beim Antragsteller eine natürliche Einsichtsfähigkeit durchaus vorhanden sei. Auch im Hinblick auf rechtserhebliche Dinge erscheine er derzeit ausreichend in der Lage, bei einer Entscheidungsfindung ein Für oder Wider sachlich abzuwägen und den Grund, die Bedeutung und Tragweite einer Entscheidung für sämtliche Wirkungskreise intellektuell erfassen zu können. Die Einsichtsfähigkeit im Hinblick auf eine freie Willensbestimmung sei hier nicht erkennbar beeinträchtigt. Daraus ergebe sich, dass der Antragsteller aktuell zu einer freien Willensbestimmung in der Lage sei und als geschäftsfähig im Sinne des § 104 Nr. 2 BGB angesehen werden könne. (…) Ursächliche Behandlungsmöglichkeiten bestünden beim vorliegenden Störungsbild nicht. Es könne aber davon ausgegangen werden, dass sich eine Fortsetzung der neuroleptischen Medikation weiterhin günstig auf die Symptomatik und den Krankheitsverlauf auswirken werde. In Anbetracht der langjährigen Krankheitsanamnese könne von einer Betreuungsbedürftigkeit auf Dauer ausgegangen werden. (…).
Der Antragsteller legte weiter vor: Ärztlicher Bericht des Klinikums N., Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie vom 4. März 2020. Dort heißt es u.a., der Antragsteller befinde sich seit dem 6. Februar 2013 in dortiger ambulanter psychiatrischer Behandlung. Diagnosen: bekannte paranoid-haluzinatorische Schizophrenie, bekannte Herzvitien, Z. n. OP-Aorten- und Mitral-Klappenersatz, dauerhafte Phenprocoumon-Behandlung, Bek. Herzinsuffizienz, Adipositas per magna, a. e iatrogene Genese bei langjähriger Olanzapin-Gabe. (…) Er habe im Laufe der Zeit erheblich zugenommen, er habe außerdem ein Diabetes mellitus entwickelt (…) es sei gelungen, eine weitgehende Compliance des Patienten sowie eine Besserung der psychotischen Symptome zu erreichen, dies gelte jedoch nur für die bisher vorhandenen stabilen Lebensbedingungen, bei negativen Veränderungen, wie eine Abschiebung, sei eine erneute psychotische Exazerbation sowie Verlust der Compliance mit weiteren Verhaltensauffälligkeiten (früher hat der Patient eine schwerwiegende kriminelle Handlung in psychotischem Zustand begangen) mit hoher Wahrscheinlichkeit zu befürchten. Der Krankheitsverlauf sei derzeit durch die vor allem sogenannten Negativsymptome geprägt (ausgeprägte Antriebsminderung, psychomotorische Verlangsamung, emotionelle Verflachung, kognitive Defizite). Diese seien absolut krankheitstypisch bei einem langjährigen Verlauf trotz der Medikamenteneinnahme. Aus dortiger Sicht sei der Patient alleine aufgrund seiner langjährigen psychotischen Störung auf Dauer nicht erwerbsfähig, seine weiteren ernsthaften körperlichen Erkrankungen dürften diese Prognose noch weiter erschweren. Aus dortiger Sicht sei der Antragsteller aufgrund seiner psychischen und somatischen Erkrankungen nicht in der Lage, sein Leben ohne eine Betreuung selbständig zu organisieren, wenn aber die psychische und somatische Behandlung nicht suffizient gesichert werde, drohten erhebliche gesundheitliche Einbußen bis zur ggf. tödlichen Herzinsuffizienzdekompensation und schwerwiegenden selbst- und fremdgefährdenden Handlungen bei einer unbehandelten exazerbierten Psychose.
Vorgelegt wurde weiter fachärztliche Bescheinigung des Dr. H. vom 2. März 2020, wonach sich der Antragsteller in dessen gelegentlicher kardiologischer Betreuung befinde … Er müsse lebenslang eine orale Antikoagulation mit Phenprocoumon (Marcumar) durchgeführt werden mit entsprechender regelmäßiger Kontrolle der Gerinnungswerte.
Davon ausgehend hat der Antragsteller weder die Voraussetzungen des Art. 51 Abs. 1 Nr. 1 BayVwVfG noch die Voraussetzungen des Art. 51 Abs. 1 Nr. 2 BayVwVfG im Hinblick auf die rechtskräftige Verneinung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG dargetan. Der Senat hat in seinem Urteil vom 23. Juli 2014 dargelegt, dass für den Antragsteller mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit keine erhebliche und konkrete (also: alsbald eintretende) Gefahr für Leib, Leben, Gesundheit oder Freiheit im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG besteht. Die Voraussetzungen des genannten Abschiebungsverbotes seien beim Antragsteller dann erfüllt, wenn sich seine Krankheit mangels (ausreichender) Behandlung im Abschiebungszielstaat verschlimmere und sich dadurch der Gesundheitszustand wesentlich oder sogar lebensbedrohlich verschlechtern würde. Konkret sei die Gefahr, wenn diese Verschlechterung alsbald nach der Abschiebung des Betroffenen einträte. Für eine alsbaldige Verschlechterung müsse eine beachtliche Wahrscheinlichkeit sprechen. Eine konkrete Gefahr der beschriebenen Art bestehe nicht, wenn eine erwerbsfähige Person durch eigene und notfalls auch weniger attraktive und ihrer Vorbildung nicht entsprechende Arbeit oder durch Zuwendungen von dritter Seite jedenfalls nach Überwindung von Anfangsschwierigkeiten das zu ihrem Lebensunterhalt unbedingt Notwendige erlangen könne.
Dies zugrunde gelegt ergeben sich weder aus dem Betreuungsbeschluss des Amtsgerichts N. vom 9. November 2017 und der dieser Entscheidung u.a. zugrundeliegenden Stellungnahme des Arztes B. vom 13. September 2017 noch aus den ärztlichen Bescheinigungen vom 2. März 2020 und vom 4. März 2020 den Anforderungen des Art. 51 Abs. 1 BayVwVfG genügende Darlegungen von Wiederaufgreifensgründen. Der Senat hat unter Ziff. II seines Urteils umfassend dargelegt, dass der Antragsteller nach seiner Rückkehr in die Heimat in der Lage sein werde, seinen gesamten Existenzbedarf zu verdienen. Er hat insoweit umfassend dargelegt, dass der Antragsteller arbeitswillig sei und Tätigkeiten ausführen könne, die ihn körperlich nur leicht belasten, dass seine schizophrene Erkrankung einer solchen Tätigkeit im Ergebnis nicht entgegenstehe und dass er in St. Petersburg mit Wahrscheinlichkeit Einkünfte aus einer qualifizierten Tätigkeit erzielen werde, durch die er seinen Lebensunterhalt einschließlich des Teils der medizinischen Aufwendungen bestreiten könne, der vom kostenlosen staatlichen Gesundheitssystem in Russland nicht getragen werde. Diese Ausführungen werden durch die genannten Unterlagen und die insoweit getätigten Erläuterungen des Antragstellers nicht entscheidungserheblich in Frage gestellt. Nämliches gilt für die Ausführungen des Senats unter II zu der Frage, dass sich daraus, dass es, sollte es nach der Abschiebung zu einer produktiv-psychotischen Episode aufgrund Nichteinnahme des Neuroleptikums kommen (was unwahrscheinlich sei), bereits deshalb die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht ergeben könnten, weil die Abschiebung zwar der Episode zeitlich vorausgegangen, nicht aber ihre wesentliche Ursache wäre. Zudem äußert sich das Wiederaufgreifensvorbringen des Antragstellers nicht zu den Darlegungen des Senats unter III des Urteils betreffend die nicht wahrscheinliche Möglichkeit, dass der Antragsteller das Neuroleptikum nach der Abschiebung eigenverantwortlich absetzen und es in der Folge zu einer produktiv-psychotischen Episode kommen sollte, was auch deshalb nicht zur Erfüllung der Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG führen würde, weil die Wahnvorstellungen, die solche Episoden des Antragstellers kennzeichnen, noch keine Gesundheitsverschlechterung des in § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG beschriebenen Schweregrades darstellen und weil Weiterungen, die diesen Schweregrad erreichen, nicht beachtlich wahrscheinlich sind.
Im Einzelnen zur insoweit fehlenden schlüssigen Darlegung von Wiederaufgreifensgründen:
Der Senat hat sich mit der Frage der bestehenden Betreuung und der Einrichtung einer Betreuung in Russland, die bereits von Deutschland aus vorbereitet werden kann, in seinem Urteil vom 23. Juli 2014 ausführlich auseinandergesetzt (siehe dort Rn. 51). Der Beschluss des Amtsgerichts vom 9. November 2017, mit dem der Aufgabenkreis der Betreuung erweitert wurde (und das zugrundeliegende Gutachten des Arztes U. B. vom 13. September 2017), stellen die Ausführungen des Senats nicht in Frage. Insbesondere hat die Erweiterung des Aufgabenkreises der Betreuung auf Wohnungsangelegenheiten ersichtlich (lediglich) einen vom Antragsteller angezeigten Konflikt mit dem hiesigen Vermieter zur Grundlage (nicht aber sonstige für das hiesige Verfahren entscheidungserhebliche Umstände) und legt es umso näher, dass (wie bereits im Urteil vom 23. Juli 2014 dargelegt) die Berufsbetreuerin Hilfestellungen bei der Wohnungssuche in Russland leisten kann. Es wird auch nicht in Frage gestellt, dass der Antragsteller insoweit selbst tätig werden kann (z.B. durch die Auswertung russischer Websites) bzw. die Hilfe sonstiger Dritter (z.B. Nahestehender/Verwandter in Deutschland und Russland) in Anspruch nehmen kann oder muss. Im Hinblick auf die auch für Wohnungsangelegenheiten bestehende Betreuung in Deutschland ist es mithin nicht dargetan, warum der unstreitig mit dem Internet vertraute Antragsteller, seine Berufsbetreuerin (die sich gemäß Aussage des Arztes U. B. sehr engagiert um die Belange des Antragstellers kümmert) bzw. sonstige Personen nicht in der Lage sein sollten, bereits von Deutschland aus z.B. die Anmietung einer Wohnung in Russland zu planen bzw. zu bewerkstelligen oder sonstige Vorbereitungen für eine Rückkehr vorzunehmen. Im Übrigen hat die Antragsgegnerin im Rahmen der Vorbereitung der Rückführung darüber zu entscheiden, inwieweit auch durch Einschaltung z.B. der Deutschen Botschaft eine unmittelbar anschließende Unterbringung und Betreuung des Antragstellers (insbesondere auch in Anbetracht der Auskunft des Amtsgerichts N. vom 12.6.2020) organisiert werden kann.
Das Gutachten des Arztes U. B. vom 13. September 2019 kann ebenso wenig einer schlüssigen Darstellung von Wiederaufgreifensgründen dienen. Der Arzt führt (wie bereits dargelegt) vielmehr insbesondere aus, es gehe dem Antragsteller jetzt vor allem motorisch deutlich besser, er sei nicht mehr verlangsamt, allseits orientiert, sach- und bewusstseinsklar, zu allen Qualitäten ausreichend orientiert, inhaltliche Denkstörungen oder Wahrnehmungsstörungen fänden aktuell unter neuroleptischem Schutz nicht statt. Soweit der Arzt ausführt, aktuell zeige sich beim Antragsteller das Erscheinungsbild einer leichten Residualsymptomatik mit psychopathologischen Auffälligkeiten, werden durch diese Aussage die Ausführungen des Senats zum Problemkreis Residualsymptomatik (Rn. 52 ff. des Urteils vom 23.7.2014; dort heißt es u.a., diese hindere den Antragsteller weder daran, seinen Lebensunterhalt in Russland zu sichern noch beeinträchtige sie sein Leben im Übrigen wesentlich) nicht in entscheidungserheblicher Weise in Frage gestellt. Auch die Feststellung, der Antragsteller sei weiterhin krankheitsbedingt in seinen Alltagskompetenzen eingeschränkt, war bereits Grundlage des Senatsurteils.
Auch die vorgelegten Medikationspläne vom 17. Februar 2020 und die fachärztliche Bescheinigung vom 2. März 2020 (betreffend die Medikamenteneinnahme durch den Antragsteller) stellen keine Grundlage für die schlüssige Darlegung von Wiederaufgreifensgründen dar. Sie sind im Zusammenhang mit dem ärztlichen Bericht vom 4. März 2020 zu sehen (dazu sogleich).
Auch der ärztliche Bericht des Klinikums N. vom 4. März 2020 erlaubt nicht die Annahme einer schlüssigen Darlegung von Wiederaufgreifensgründen:
Unabhängig von dem zunächst festzustellenden Umstand, dass die Stellungnahme den Anforderungen an ein ärztliches Attest gemäß § 60a Abs. 2c AufenthG nicht genügt (diese Anforderungen sind auf die Substantiierung der Voraussetzungen eines krankheitsbedingten Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 AufenthG zu übertragen, vgl. z.B. BayVGH, B.v. 24.1.2018 – 10 ZB 18.30105 – juris Rn. 7 sowie § 60 Abs. 7 S. 2 AufenthG), ist festzuhalten:
Wie dargelegt können – um Missbrauchsmöglichkeiten vorzubeugen – Sachverständigengutachten nur dann als neue Beweismittel angesehen werden, wenn sie selbst auf neuen Beweismitteln beruhen. Übertragen auf die Stellungnahme vom 4. März 2020 sind insoweit neue Beweismittel nicht erwähnt. Der Bericht enthält im Wesentlichen basierend auf den bekannten und im Urteil des Senats vom 23. Juli 2014 umfassend abgehandelten Krankheiten des Antragstellers kurze, diese Krankheiten betreffende Aussagen zu deren Weiterentwicklung (… krankheitstypisch bei langjährigem Verlauf …), ohne eine maßgebliche Änderung darzulegen, zudem nicht weiter begründete Meinungen und Bewertungen, die im Widerspruch zur rechtskräftigen Entscheidung des Senats stehen könnten (… auf Dauer nicht erwerbsfähig …). Da mithin im Wesentlichen ein bereits bekannter Sachverhalt lediglich einer aktualisierten (wohl dem Zeitablauf geschuldeten) Bewertung zugeführt wird, fehlt es an einer schlüssigen Darlegung von Wiederaufgreifensgründen. Dies folgt insbesondere auch daraus, dass der Bericht im Hinblick auf den Dauersachverhalt „gesundheitliche Beeinträchtigungen des Antragstellers“ (wie ausgeführt) nicht den Anforderungen an die Darstellung einer insoweit möglichen entscheidungserheblichen Veränderung im Sinne eines Qualitätsumschlags genügt.
Zusätzlich ist – insbesondere soweit der Stellungnahme neu eingetretene Umstände entnommen werden könnten – auszuführen:
Auch insoweit fehlt es an der schlüssigen Darstellung einer Verdichtung der Sachlage im Sinne eines Qualitätsumschlags. Im Einzelnen:
Soweit der Bericht ausführt, der Antragsteller habe erheblich zugenommen, er habe außerdem ein Diabetes mellitus entwickelt, fehlt es (unabhängig von der Frage der Rechtzeitigkeit des Vortrags) an der erforderlichen schlüssigen Darlegung von Wiederaufgreifensgründen anhand eines Vergleichs mit den Feststellungen des rechtskräftigen Urteils (siehe dort Rn. 36 ff.).
Soweit der Bericht festhält, es sei gelungen, eine weitgehende Compliance des Patienten sowie eine Besserung der psychotischen Symptome zu erreichen, kann ein darauf beruhender, hier entscheidungserheblicher Vortrag nicht erkannt werden.
Soweit nach dem Bericht die vorgenannte Aussage nur für die bisher vorhandenen stabilen Lebensbedingungen gelten soll, bei negativen Veränderungen, wie einer Abschiebung, sei eine erneute psychotische Exazerbation sowie Verlust der Compliance mit weiteren Verhaltensauffälligkeiten („früher hat der Patient eine schwerwiegende kriminelle Handlung in psychotischem Zustand begangen“, gemeint ist der vom Antragsteller begangene Mord) mit hoher Wahrscheinlichkeit zu befürchten, ist auszuführen: Sollte der Bericht damit zum Ausdruck bringen wollen, dass der Antragsteller im Rahmen seiner Rückführung (oder nach Ankunft in Russland) mit hoher Wahrscheinlichkeit Straftaten (bzw. schwere Straftaten wie die „schwerwiegende kriminelle Handlung“ Mord) begehen wird, kann daraus weder ein inländisches noch ein zielstaatsbezogenes Vollstreckungshindernis abgeleitet werden. Es handelt sich vielmehr um einen gewichtigen und von den Sicherheitsbehörden zu beachtenden Hinweis auf die Gefährlichkeit des Antragstellers.
Sollte die genannte ärztliche Aussage derart zu interpretieren sein, dass der Antragsteller aufgrund/nach einer Rückführung die Einnahme eines Neuroleptikums absetzt und sich sodann die Problematik einer produktiv-psychotischen Episode entwickeln könnte, ist auszuführen, dass sich das rechtskräftige Urteil des Senats mit diesen Fragestellungen umfassend auseinandersetzt (vgl. insb. Rn, 48 ff., 114 ff.) und im Vergleich dazu Wiederaufgreifensgründe nicht schlüssig dargestellt sind.
Soweit der Bericht erklärt, der Krankheitsverlauf sei „derzeit“ durch die vor allem sogenannten Negativsymptome geprägt (ausgeprägte Antriebsminderung, psychomotorische Verlangsamung, emotionelle Verflachung, kognitive Defizite), werden diese Umstände als absolut krankheitstypisch bei einem langjährigen Verlauf trotz der Medikamenteneinnahme bezeichnet. Eine maßgebliche Änderung der psychischen Situation des Antragstellers wird insoweit nicht dargetan.
Soweit der Bericht ausführt, aus dortiger Sicht sei der Antragsteller nicht in der Lage, sein Leben ohne eine Betreuung selbständig zu organisieren, kann daraus eine entscheidungserhebliche schlüssige Darlegung von Wiederaufgreifensgründen nicht abgeleitet werden. Mit der Betreuungsproblematik hat sich das Urteil des Senats (wie bereits dargelegt) ausführlich auseinandergesetzt (Rn. 25, 51 ff.). Durchgreifende neue Umstände sind nicht dargetan.
Soweit der Bericht vom 4. März 2020 ausführt, aus dortiger Sicht sei der Patient alleine aufgrund seiner langjährigen psychotischen Störung auf Dauer nicht erwerbsfähig, seine weiteren ernsthaften körperlichen Erkrankungen dürften diese Prognose noch weiter erschweren, ist zunächst festzuhalten, dass diese „auf Dauer“ ausgerichtete Prognose wegen des bereits dargelegten gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG anzuwendenden Prognosemaßstabs (beachtliche Wahrscheinlichkeit einer erheblichen, konkreten – alsbald – eintretenden Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit) nicht entscheidungserheblich ist. Unabhängig davon hat der Senat in seinem rechtskräftigen Urteil umfassend dargelegt, dass der Antragsteller nach seiner Rückkehr in die Heimat in der Lage sein wird, seinen gesamten Existenzbedarf einschließlich der auf ihn fallenden Gesundheitsaufwendungen durch Erfolg am Arbeitsmarkt zu verdienen (bzw. zu finanzieren), dass er insbesondere arbeitswillig ist und Tätigkeiten ausführen kann, die ihn körperlich nur leicht belasten (Rn. 37 ff., 54 ff., 70 ff.) und dass ihm insbesondere keine produktiv-psychotischen Episoden drohen, wenn er das Neuroleptikum Zyprexa (nunmehr ersichtlich ersetzt durch das ersichtlich vergleichbare Neuroleptikum Aripiprazol) einnimmt (Rn. 46 ff.). Diese Urteilsgründe werden nicht entscheidungserheblich in Frage gestellt.
Unabhängig davon hat der Senat – selbständig tragend – unter IV des Urteils vom 23. Juli 2014 (Rn. 117 ff.) festgestellt, dass der Antragsteller, sollte ihm – was nicht wahrscheinlich ist – aus Krankheitsgründen oder aus einem anderen Grund die Sicherung des Lebensunterhaltes nicht möglich sein, mit Unterstützung von verschiedenen Seiten rechnen kann, so dass die in § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG geregelte Situation nicht eintreten wird. Der Senat hat ausführlich die Möglichkeiten des Antragstellers, Ansprüche auf Arbeitslosenunterstützung, auf Erwerbsunfähigkeitsleistungen, auf sonstige Unterstützungen und auf Unterstützungen durch Angehörige/Nahestehende in Deutschland und Russland wahrzunehmen, dargelegt, mithin umfassend begründet, dass der Antragsteller (insbesondere) für den Fall eines Misserfolges am Arbeitsmarkt dennoch seinen Existenzbedarf einschließlich der auf ihn fallenden Gesundheitsaufwendungen finanzieren kann.
Soweit der Antragsteller diesen tragenden Entscheidungsgründen entgegenhält, das Bundesverwaltungsgericht habe in seinem Beschluss vom 26. November 2014 ausgeführt, es handle sich bei den im Urteil des Verwaltungsgerichtshofs vom 23. Juli 2014 unter II bis IV abgehandelten Punkten (lediglich) um ergänzende Erwägungen, (nur) die Erwägungen unter Ziffer I würden die Entscheidung selbständig tragen, trifft dies nicht zu. Das Bundesverwaltungsgericht hat unter Rn. 19 seines Beschlusses ausgeführt, die (weiteren) Rügen einer Verletzung des § 86 sowie § 108 Abs. 1 VwGO, weil das Berufungsgericht trotz des angebotenen Zeugenbeweises (Beweisantrag Nr. 4, Ablehnungsgründe gemäß Protokoll über die mündliche Verhandlung des Senats vom 23.7.2014) und einer Beweisanregung (Vernehmung der Schwestern des Antragstellers) nicht der Frage nachgegangen sei, ob der Antragsteller Verwandte in der Russischen Föderation habe, einen Anspruch auf eine Erwerbsunfähigkeitsleistung besitze und sich an das Komitee für Sozialpolitik wenden könne, wenn er Unterkunft benötige, führten nicht zur Zulassung der Revision. Selbst wenn – wofür nichts spreche – das Berufungsgericht seine Feststellungen dazu verfahrensfehlerhaft getroffen haben sollte, könne die angefochtene Entscheidung darauf nicht beruhen. Denn die unter II bis IV des Berufungsurteils abgehandelten Punkte ergänzten die Erwägungen zu I, die die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs selbständig tragen. Davon ausgehend hat (worauf die Antragsgegnerin zu Recht hinweist) das Bundesverwaltungsgericht nicht ausgeführt, dass die unter II bis IV des Berufungsurteils abgehandelten Punkte nicht (auch) selbständig tragend sind. Auszugehen ist insoweit von der Feststellung des Bundesverwaltungsgerichts, die vom Antragsteller erhobenen Verfahrensrügen hätten keinen Erfolg. Eine Zulassung der Revision aufgrund des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO setzte voraus, dass ein Verfahrensmangel geltend gemacht werde und vorliege, auf dem die Entscheidung beruhen könne (Rn. 5). Dies bedeutet: Ein Verfahrensfehler ist nur erheblich, wenn auf ihm die Entscheidung beruhen kann. Eine in kumulativer Weise mehrfach begründete Entscheidung beruht nicht auf dem Verfahrensfehler, wenn dieser nur einen von mehreren selbständig tragenden Begründungssträngen erfasst und hinsichtlich der anderen kein Zulassungsgrund vorliegt. Wurde das Urteil (insgesamt oder in einzelnen Teilen) kumulativ auf mehrere Begründungen gestützt, die hintereinander gestaffelt den Entscheidungssauspruch jeweils selbständig tragen, so ist die Revision nur zuzulassen, wenn hinsichtlich jeder einzelnen Begründung ein Zulassungsgrund vorliegt, es sei denn, die Begründungsstränge sind wegen unterschiedlicher Rechtskraftwirkung nicht gleichwertig (vgl. Kraft in Eyermann, VwGO, 15. Auflage 2019, § 132 Rn. 56, Rn. 26 m.w.N zur Rechtsprechung des BVerwG). Da dies nicht der Fall ist, hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem Beschluss vom 26. November 2014 zum Ausdruck gebracht, dass bereits die Erwägungen zu Ziff. I des Berufungsurteils die Entscheidung selbständig tragen und der zu Ziff. IV des Berufungsurteils geltend gemachte Verfahrensmangel, auf dem nach Vortrag des Antragstellers die Entscheidung beruhen könne, nicht vorliegt, da das Berufungsurteil auf mehrere, die Entscheidung selbständig tragende Begründungen gestützt ist („kumulative Mehrfachbegründung“) und sich der geltend gemachte Verfahrensmangel nicht auf alle die Entscheidungen tragenden Erwägungen bezieht.
Soweit der Antragsteller den tragenden Ausführungen des Senats unter Ziff. IV im rechtskräftigen Urteil vom 23. Juli 2014 (jedenfalls im Sinnzusammenhang) entgegenhält, diese beruhten (teilweise) auf nicht mehr aktuellen Auskünften, es seien neue Auskünfte einzuholen, zudem (auch über diesen Zusammenhang hinaus) Ausführungen zur wirtschaftlichen Situation und deren Auswirkungen bei seiner Rückkehr insbesondere im Hinblick auf die vorzufindenden Lebensbedingungen tätigt ist festzuhalten:
Auch dieser der Darlegung von Wiederaufgreifensgründen betreffend das rechtskräftig verneinte Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 AufenthG dienende Vortrag greift nicht durch:
Eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib und Leben (§ 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG) für einen Betroffenen aufgrund allgemein für die Bevölkerung bestehender Gefahren, ist nur im Ausnahmefall im Sinne eines Abschiebungshindernisses nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen (BVerwG, U.v. 31.1.2013 – 10 C 15/12 – juris Rn. 38). Ein Ausländer kann im Hinblick auf die Lebensbedingungen, die ihn im Abschiebezielstaat erwarten, insbesondere die dort herrschenden wirtschaftlichen Existenzbedingungen und die damit zusammenhängende Versorgungslage, Abschiebungsschutz in verfassungskonformer Anwendung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nur ausnahmsweise beanspruchen, wenn er bei einer Rückkehr aufgrund dieser allgemein bestehenden Bedingungen mit hoher Wahrscheinlichkeit einer extremen Gefahrenlage ausgesetzt wäre. Denn nur dann gebieten es die Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG, ihm trotz einer fehlenden politischen Leitentscheidung nach § 60a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu gewähren. Wann danach allgemeine Gefahren zu einem Abschiebungsverbot führen, hängt wesentlich von den Umständen des Einzelfalls ab und entzieht sich einer rein quantitativen oder statistischen Betrachtung. Die drohenden Gefahren müssen jedoch nach Art, Ausmaß und Intensität von einem solchen Gewicht sein, dass sich daraus bei objektiver Betrachtung für die Betroffenen die begründete Furcht ableiten lässt, selbst in erheblicher Weise ein Opfer der extremen allgemeinen Gefahrenlage zu werden. Bezüglich der Wahrscheinlichkeit des Eintritts der drohenden Gefahren ist von einem im Vergleich zum Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit erhöhten Maßstab auszugehen. Diese Gefahren müssen dem Betroffenen daher mit hoher Wahrscheinlichkeit drohen. Dieser Wahrscheinlichkeitsgrad markiert die Grenze, ab der eine Abschiebung in den Heimatstaat verfassungsrechtlich unzumutbar erscheint. Schließlich müssen sich diese Gefahren alsbald nach der Rückkehr realisieren (zum Ganzen BVerwG, U.v. 31.1.2013 a.a.O. juris Rn. 38).
Für derartige besondere Gefahren aufgrund schlechter humanitärer oder wirtschaftlicher Verhältnisse ist hier (grundsätzlich) nichts ersichtlich. Insoweit sind Wiederaufgreifensgründe zugunsten des Antragstellers mithin auch nicht schlüssig dargetan.
Soweit der Antragsteller im Hinblick auf die seine Person betreffende Situation veränderte Umstände vorträgt, ist ebenfalls nicht schlüssig dargetan, dass die schlechte wirtschaftliche Lage in Russland konkret ihn betreffend zu einem Abschiebungsverbot aufgrund schlechter humanitärer Verhältnisse führt, die im Ausnahmefall als unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne von Art. 3 EMRK qualifiziert werden könnte. Insbesondere ist nicht schlüssig dargetan, dass sich Russland seit dem Jahr 2014 in einem derart eklatanten zu desaströsen Verhältnissen führenden wirtschaftlichen Niedergang befindet, der das Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG für den Antragsteller nahelegt.
Im Einzelnen:
Der Senat hat im rechtskräftigen Urteil vom 23. Juli 2014 (u.a.) ausgeführt, dass der Antragsteller seinen Lebensbedarf einschließlich der auf ihn fallenden Gesundheitsaufwendungen finanzieren kann (Rn. 70 ff.). Er hat sich zu den Verdienstmöglichkeiten des Antragstellers und zur wirtschaftlichen Situation geäußert (Rn. 71 ff.), zu den Unterkunftsmöglichkeiten und zu den dazu aufzuwendenden Kosten (Rn. 79 ff.; hier auch beispielhafter Hinweis auf Unterkommen in einer sog. Kommunalka, Ausführungen zur Unterkunftsmöglichkeit bei Verwandten, zur Problematik des Angewiesenseins auf ruhigen isolierten Wohnraum mit Rückzugsmöglichkeit; das Bundesverwaltungsgericht hat im Beschluss vom 26.11.2014 insoweit ausgeführt, es sei nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht den Beweisantrag Nr. 1a als nicht erheblich angesehen hat, weil davon auszugehen ist, dass der Antragsteller nicht nur in Gemeinschaftsunterkünften unterkommen kann), zur Aufnahme in die kostenlose staatliche Gesundheitsfürsorge (Rn. 86 ff.; dazu eingeholte Auskunft), zum Anspruch auf eine kostenlose Gesundheitsbehandlung und Versorgung mit Medikamenten und zu den darüber hinaus entstehenden Kosten (Rn. 102 ff.) jeweils unter Berücksichtigung der damaligen einschlägigen Verhältnisse.
Der Vortrag des Antragstellers zu den seine Person im Falle einer Rückkehr betreffenden wirtschaftlichen Umständen (insbesondere Ausführungen zu einer dramatischen Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation seit Dezember 2014, zu einer Wirtschaftskrise, zu den langanhaltenden Wirtschaftssanktionen gegen Russland, zum Verdrängungswettbewerb am Arbeitsmarkt, zur Rezession, zur Inflation, zu einer Rubelabwertung, zu nunmehrigen Lebenshaltungskosten, zu nunmehrigen Unterkunftsmöglichkeiten, zu nunmehrigen Mietkosten, zum aktuellen Arbeitsmarkt sowie zur nunmehrigen medizinischen Versorgung und zu den dafür entstehenden Kosten), die sich nach seinen Angaben seit der Rechtskraft des Urteils vom 23. Juli 2014 (insbesondere auch wegen der Laufzeit der Verfassungsbeschwerde) wesentlich verändert haben, legt im Vergleich zu den Entscheidungsgründen des Urteils nicht im Hinblick auf das Abschiebungsverbot des § 60 Abs. 7 AufenthG die Möglichkeit einer günstigeren Entscheidung schlüssig dar. Aus dem Vortrag des Antragstellers ergeben sich zwar (teilweise nicht mehr aktuelle) Umstände, die auf negative Veränderungen der wirtschaftlichen Lage in Russland hinweisen, nicht aber auf die behaupteten desaströsen Verhältnisse in Bezug auf sein aktuelles persönliches Schicksal. Jedenfalls ergeben sich aus dem Vortrag des Antragstellers keine im Sinne des Art. 51 Abs. 1 Nr. 1 BayVwVfG entscheidungserheblichen Schilderungen im Sinne eines (wie dargelegt erforderlichen) „Qualitätsumschlags“. Zu Recht weist die Antragsgegnerin insoweit darauf hin, dass Konjunkturschwankungen (hier einen Zeitraum von immerhin über 6 Jahren betreffend) jeweils nur kurzfristig beurteilt werden können, jedenfalls eine grundlegende (negative) Änderung der wirtschaftlichen Lage in Russland nicht dargetan ist, insbesondere nicht schlüssig dargelegt ist, dass die Lohnentwicklung nicht in einer entscheidungserheblichen Weise mit Preissteigerungen mithalten könnte (Hinweis auf die „Lohn/Preisspirale“ als gängiges Axiom in den Wirtschaftswissenschaften) und dass die Arbeitslosenquote seit 2014 (wohl) gesunken ist. Soweit der Antragsteller im Übrigen (zumindest sinngemäß) in Frage stellt, er könne nicht mehr mit den im rechtskräftigen Urteil des Senats dargestellten Unterstützungsleistungen rechnen, handelt es sich um (wie dargelegt) nicht ausreichende, lediglich vage, pauschale Behauptungen. Des Weiteren stellt der Antragsteller die Darlegungen des Verwaltungsgerichtshofs – ausgehend von einem traditionellen engen familiären Zusammenhalt im russischen Kulturbereich – zur Möglichkeit der Unterstützung von Seiten ortsnaher Verwandter (etwa durch das Angebot einer Unterkunft) nicht in Frage. Nämliches gilt für die Ausführungen, er habe zumindest mäßige Unterstützungsbeiträge von seinen beiden in Deutschland lebenden Schwestern (Ärztin bzw. Krankenschwester) zu erwarten, weiterhin fühle sich die Mutter des Antragstellers (Ärztin) offensichtlich verpflichtet, ihren Sohn zu unterstützen und es sei nicht zu erwarten, dass die Töchter ihre Mutter, die Grundsicherung erhalte, bei diesem nachvollziehbaren Vorhaben alleine lassen würden. Auch steht der Darlegung von Wiederaufgreifensgründen hinsichtlich § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG insoweit entgegen, dass der Antragsteller unstreitig aufgrund der Zusicherung der Antragsgegnerin bei einer Aufenthaltsbeendigung eine Aushändigung eines Geldbetrags in Höhe von 5.000,- Euro erwarten darf.
Soweit der Antragsteller in diesem Zusammenhang auch auf die derzeit herrschende
Pandemie verweist, wird auf die nachfolgenden Ausführungen verwiesen.
Die vom Antragsteller behauptete Beweisnot besteht betreffend seine Darlegungsplichten nicht. Diesem ist es vielmehr möglich aus allgemein zugänglichen Quellen Informationen über die politische, soziale und wirtschaftliche Situation in Russland zu gewinnen. Das hat er auch getan. Diese Quellen reichen als Grundlage für eine schlüssige Darlegung von Wiederaufgreifensgründen zur wirtschaftlichen Situation in Russland und zu den sich ggf. daraus ergebenden entscheidungserheblichen Folgen für den Antragsteller aus.
Es ist dem Antragsteller zudem nicht verwehrt oder unzumutbar, konkrete Wiederaufgreifensgründe zu den Entscheidungsgründen schlüssig darzulegen, die auf den vom Senat zugrunde gelegten, nicht allgemein zugänglichen Erkenntnisquellen (so dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes 2013 sowie Botschaftsäußerungen vom 27.7.2010, 26.11.2010 und 8.11.2013, letztere insbesondere auch zu den Ausführungen unter IV) beruhen. Dazu stehen ihm eine Vielzahl von Möglichkeiten zur Verfügung. Der Antragsteller wird von einem Rechtsanwalt vertreten. Er ist unstreitig mit dem Internet vertraut. Den Verfahrensakten sind Kontakte zu russischen Landsleuten zu entnehmen. Er hat Verwandte in Deutschland, er hat ein Vertrauensverhältnis zu der russisch sprechenden Ärztin M. (die auch die Stellungnahme vom 4.3.2020 mitverantwortet hat). Dem rechtskräftigen Urteil vom 23. Juli 2014 ist zudem zu entnehmen, dass er über Verwandte in Russland verfügt. Dies zugrunde gelegt kann dahinstehen, mit welcher Tiefe der Antragsteller Wiederaufgreifensgründe betreffend die Ausführungen im rechtskräftigen Urteil des Senats, welche sich auf eingeholte Auskünfte beziehen (insbesondere betreffend zu erwartende Unterstützungsleistungen im russischen Sozialsystem), darzulegen hat. Denn der Antragsteller hat insoweit konkret der weiteren Gültigkeit insbesondere des Inhalts der eingeholten Auskünfte nichts entgegengesetzt. Er hat (was ihm zumutbar ist) nicht dargelegt bzw. wenigstens Anhaltspunkte dafür aufgezeigt, dass (insbesondere) der Inhalt der Auskünfte der deutschen Botschaft (insb. der Auskunft vom 8.11.2013 zur Frage staatlicher Unterstützung) nicht mehr zutreffen würden.
Im Übrigen hat das Bundesverfassungsgericht die Verfassungsbeschwerde gegen das insbesondere die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 AufenthG betreffende Urteil des Senats vom 23. Juli 2014 einstimmig unter dem 9. Dezember 2019 zurückgewiesen.
Auch soweit der Antragsteller Ausführungen zur sog. Covid-19-Pandemie tätigt, fehlt es an einer schlüssigen Darlegung von Umständen, aus denen sich eine entscheidungserhebliche Veränderung der Sachlage ergibt.
Die sogenannte Covid-19-Pandemie, also der weltweite Ausbruch der Atemwegserkrankung Covid-19 durch eine Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2, führt grundsätzlich nicht zu einem zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbot. Gemäß § 60 Abs. 7 Satz 6 AufenthG sind Gefahren nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt, bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen. Ein derartiger Erlass fehlt. Die allgemein unsichere oder wirtschaftlich schlechte Lage im Zielstaat, etwa bei Hungersnöten, Naturkatastrophen, Epidemien oder infolge einer Pandemie begründet Gefahren allgemeiner Art nach § 60 Abs. 7 Satz 6 AufenthG und führt grundsätzlich – so auch hier – nicht zu einem Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG, weil hier die gesamte Bevölkerung oder eine ganze Bevölkerungsgruppe des betroffenen Landes (wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß) ausgesetzt ist. Diese Differenzierung ist durch den Erwägungsgrund Nr. 35 der RL 2011/95/EU vom 13. Dezember 2011 (sogenannte Qualifikationsrichtlinie) auch gemeinschaftsrechtlich abgesichert. Danach stellen Gefahren, denen die Bevölkerung oder eine Bevölkerungsgruppe eines Landes allgemein ausgesetzt ist, normalerweise keine individuelle Bedrohung dar, die als ernsthafter Schaden zu beurteilen wäre. Soweit von der Rechtsprechung bei extremen Gefahrenlagen und hoher Gefahrenwahrscheinlichkeit im Zielstaat (sowie fehlender Entscheidung zu § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG) Ausnahmen von der Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 6 AufenthG angenommen werden, ist eine solche extreme Gefahrenlage für die Russische Föderation weder dargelegt noch sonst anhand des weltweiten Pandemieverlaufs ersichtlich (im Anschluss an OVG Bautzen, U.v. 1.12.2020 – 2 A900/17.A – juris Rn. 47).
Der Antragsteller legt zudem nicht schlüssig dar, dass die auch in Russland herrschende Corona-Pandemie geeignet ist, im Hinblick auf seine konkrete persönliche Situation zur Feststellung eines nationalen Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 bzw. Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu führen. Wie ausgeführt reicht der Umstand, dass im Falle einer Aufenthaltsbeendigung die Lage eines Betroffenen erheblich beeinträchtigt würde, allein nicht aus, um einen Verstoß gegen Art. 3 EMRK (i.V.m. Art. 60 Abs. 5 AufenthG) anzunehmen; anderes kann (auch im Hinblick auf die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 AufenthG) nur in besonderen Ausnahmefällen gelten, in denen humanitäre Gründe zwingend gegen die Aufenthaltsbeendigung sprechen, wie z.B. im Falle einer tödlichen Erkrankung im fortgeschrittenen Stadium, wenn im Zielstaat keine Unterstützung besteht (BVerwG, U.v. 31.1.2013 – 10 C 15/12 – juris Rn. 23 ff. m.w.N., OVG NRW, U.v. 24.3.2020 – 19A 4470/19.A – juris m.w.N.). Da eine Anordnung nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG fehlt, kommt mithin insbesondere ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG allenfalls ausnahmsweise in verfassungskonformer Auslegung in Betracht, wenn es zur Vermeidung einer verfassungswidrigen Schutzlücke, das heißt zur Vermeidung einer extremen konkreten Gefahrenlage erforderlich ist (BVerwG, U.v. 13.6.2013 – 10 C 13.12 – juris). Dies bedeutet: Die drohenden Gefahren müssen nach Art, Ausmaß und Intensität von einem solchen Gewicht sein, dass sich daraus bei objektiver Betrachtung für den Ausländer die begründete Furcht ableiten lässt, selbst in erheblicher Weise Opfer einer extremen allgemeinen Gefahrenlage zu werden. Bezüglich der Wahrscheinlichkeit des Eintritts der drohenden Gefahr ist von einem im Vergleich zum Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit erhöhten Maßstab auszugehen. Diese Gefahren müssen dem Ausländer daher mit hoher Wahrscheinlichkeit drohen. Dieser Wahrscheinlichkeitsgrad markiert die Grenze, ab der seine Abschiebung in den Heimatstaat verfassungsrechtlich unzumutbar erscheint. Eine Abschiebung müsste dann ausgesetzt werden, wenn der Ausländer ansonsten „gleichsam sehenden Auges“ dem sicheren Tod oder schweren Verletzungen ausgeliefert würde. Schließlich müssen sich diese Gefahren alsbald nach der Rückkehr realisieren (OVG NRW, U.v. 24.3.2020 – 19 A4470/19.A – juris m.w.N.).
Dies zugrunde gelegt hat der Antragsteller einen derartigen Anspruch wegen zu erwartenden extremen Gefahrenlage nicht schlüssig dargelegt. Eine solche konkrete außergewöhnliche Gefahrenlage für den Antragsteller ist vorliegend im maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt im Hinblick auf die Verbreitung des Corona-Virus auch vor dem Hintergrund des erforderlich hohen Wahrscheinlichkeitsgrades für das Gericht nicht schlüssig dargetan, auch nicht erkennbar. Das Ansteckungsrisiko ist im Vergleich zu den Infektionsfällen und Todesfällen in Deutschland in Russland (ersichtlich) nicht signifikant erhöht. Allerdings gehört der Antragsteller aufgrund seiner Vorerkrankungen zu einer besonderen Gruppe mit höherem Risiko für einen schweren, möglicherweise lebensbedrohlichen Verlauf der Covid-19-Erkrankung. Letztlich muss der Antragsteller sich aber – genauso wie bei etwaigen anderen Erkrankungen – ggf. mit den Behandlungsmöglichkeiten in Russland behelfen. Des Weiteren ist festzuhalten, dass die Ansteckungsgefahr mit dem Corona-Virus auch in Russland nicht in allen Landesteilen gleich hoch ist. Vielmehr gibt es erhebliche regionale Unterschiede beim Risiko angesteckt zu werden. Darüber hinaus bestehen – wie auch in anderen Staaten, wie etwa in Deutschland – individuell persönliche Schutzmöglichkeiten, wie das Tragen einer Gesichtsmaske oder die Wahrung von Abstand zu anderen Personen, um das Risiko einer Ansteckung durch eigenes Verhalten zu minimieren. Auch haben die russischen Behörden ersichtlich umfangreiche Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie getroffen. Darüber, ob sich der Antragsteller bereits einer Impfung unterzogen hat, hat er nichts vorgetragen. Im Übrigen ist er gehalten, im Bedarfsfall die Möglichkeiten des russischen Gesundheits- und Sozialsystems auszuschöpfen. Ggf. kann er auch auf private Hilfemöglichkeiten (verwiesen wird insoweit insbesondere auf die Verwandtschaft in Russland und die nahestehenden Personen in Deutschland) oder Hilfsorganisationen sowie auf Rückkehr- und Staatshilfen sowie auf Reintegrationsprogramme zurückgreifen. Abgesehen davon könnten dem Antragsteller bei Bedarf für eine Übergangszeit auch Medikamente sowie Gesichtsmasken mitgegeben werden (vgl. OVG NRW, U.v. 24.3.2020 – 19 A4470/19.A – juris; BayVGH, B.v. 10.10.2019 – 19 CS 19.2136). In den Blick zu nehmen ist auch die zu erwartenden Aushändigung von 5000 Euro durch die Antragsgegnerin im Falle der Aufenthaltsbeendigung. Soweit der Antragsteller zudem vorträgt, aufgrund der Pandemie könne er keine sogenannte Kommunalka beziehen und auch keine öffentlichen Verkehrsmittel benutzen, er sei mithin auch bei der Suche nach Erwerbstätigkeit eingeschränkt, fehlt es im Vergleich zu den rechtskräftigen Feststellungen im Urteil des Senats ebenfalls an einer schlüssigen Darlegung von Wiederaufgreifensgründen betreffend eine extreme Gefahrenlage mit hoher Wahrscheinlichkeit. Wie ausgeführt ist nicht hinreichend dargetan, dass sich im Sinne eines Qualitätsumschlags die wirtschaftlichen Verhältnisse (auch wegen der Pandemie) entscheidungserheblich negativ verändert haben. Die Ausführungen zu der Unterkunft in einer sog. Kommunalka erfolgten wie dargestellt im Urteil des Senats (lediglich) beispielhaft. Der Antragsteller vermag auch der im rechtskräftigen Urteil dargelegten Möglichkeit, ohne einen Verstoß gegen ein nationales Abschiebungsverbot in Russland seinen Lebensunterhalt ggf. ohne Erwerbstätigkeit zu finanzieren, nicht schlüssig zu widersprechen. Da es sich bei der Pandemie um ein weltweites, voraussichtlich vorübergehendes (insoweit treten Situationsänderungen täglich auf, insbesondere ist auch der tägliche Impffortschritt zu berücksichtigen) Ereignis handelt, ist zudem in den Blick zu nehmen, dass die Aufenthaltsbeendigung des Antragstellers nicht unmittelbar bevorsteht. Streitgegenstand vielmehr allein die Frage ist, ob im Hinblick auf das Hauptsacheverfahren eine Verfahrensduldung wegen überwiegender Erfolgsaussichten der Klage zu erteilen ist.
Der Antragsteller legt das Vorliegen der Voraussetzungen für eine günstigere Entscheidung auch nicht im Hinblick auf eine behauptete Reiseunfähigkeit schlüssig dar.
Der Senat hat in seinem rechtskräftigen Urteil vom 23. Juli 2014 ausgeführt, es sei nicht davon auszugehen, dass die Gesundheit des Antragstellers durch den Abschiebungsvorgang selbst wesentlich beeinträchtigt werde (Rn. 30). Insbesondere drohten bei der Abschiebung keine produktiv-psychotischen Episoden, wenn er das Neuroleptikum Zyprexa einnehme (Rn. 46, 47). Es sei auch nicht wahrscheinlich, dass er nach der Abschiebung das Medikament Zyprexa absetzen werde (Rn. 48). Es spreche nichts für eine außergewöhnliche seelische und/oder kardiologische Belastung, da sich der Antragsteller mit der Abschiebung abfinde (Rn. 98).
Im Vergleich dazu legt er mehrfach ergänzte oder erweiterte Wiederaufgreifensantrag des Antragstellers das Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 51 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 BayVwVfG im Hinblick auf Beeinträchtigungen im Sinne des § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG bereits durch den Abschiebungsvorgang nicht dar:
Grundsätzlich gilt:
Gesundheitliche Probleme eines ausreisepflichtigen Ausländers können ein inlandsbezogenes Abschiebungshindernis wegen rechtlicher Unmöglichkeit darstellen: Zum einen scheidet eine Abschiebung aus, wenn und solange der Ausländer wegen Erkrankung transportunfähig ist, d.h. sich sein Gesundheitszustand durch und während des eigentlichen Vorgangs des „Reisens“ wesentlich verschlechtert oder eine Lebens- oder Gesundheitsgefahr transportbedingt erstmals entsteht (Reiseunfähigkeit im engeren Sinn). Zum anderen muss eine Abschiebung auch dann unterbleiben, wenn sie – außerhalb des eigentlichen Transportvorgangs – eine erhebliche konkrete Gesundheitsgefahr für den Ausländer bedeutet; dies ist der Fall, wenn das ernsthafte Risiko besteht, dass unmittelbar durch die Abschiebung als solche (unabhängig vom Zielstaat) sich der Gesundheitszustand des Ausländers wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtert (Reiseunfähigkeit im weiteren Sinn). Von einem inlandsbezogenen Abschiebungshindernis ist auch dann auszugehen, wenn sich die Erkrankung des Ausländers gerade aufgrund der zwangsweisen Rückführung in sein Heimatland wesentlich verschlechtert. Der Sphäre des Abschiebungsvorgangs sind nur solche Gefahren zuzurechnen, die sich unmittelbar bei Eintreffen im Heimatland realisieren können, beispielsweise wenn eine unmittelbar erforderliche Anschlussbehandlung nicht gewährleistet werden kann bzw. der Ausländer selbst nicht in der Lage ist, eine solche Anschlussbehandlung zu organisieren (vgl. Funke/Kaiser, GK-AufenthG, Stand 4/2017, § 60a AufenthG Rn. 132). Wird im Falle einer psychischen Erkrankung eine Gesundheitsgefahr infolge des Abbruchs einer im Bundesgebiet stattfindenden Behandlung geltend gemacht, ist von einem inlandsbezogenen Abschiebungshindernis wegen Reiseunfähigkeit nur dann auszugehen, wenn die Gefahr einer wesentlichen Gesundheitsverschlechterung schon während der Abschiebung und der sich unmittelbar daran anschließenden Zeitspanne der Ankunft im Heimatland droht und diese Gefahr nicht durch mögliche Vorkehrungen wie der Ausstattung mit einem Medikamentenvorrat, einer medizinischen Begleitung im Abschiebevorgang oder der Übergabe an medizinisches Personal im Heimatland begegnet werden kann (vgl. BayVGH, B.v. 19.6.2019 – 19 CE 19.329 – juris Rn. 10).
Gemäß § 60a Abs. 2c Satz 1 AufenthG wird gesetzlich vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen, wenn nicht der Ausländer eine im Rahmen der Abschiebung beachtliche Erkrankung durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft macht. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände enthalten, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben. Wird die geltend gemachte Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen soll, nicht durch eine qualifizierte Bescheinigung im Sinne von § 60a Abs. 2c AufenthG belegt, so wird auch die gesetzliche Vermutung für die Reisefähigkeit nicht widerlegt (BayVGH, B.v. 5.1.2017 – 10 CE 17.30 – juris Rn. 4).
Davon ausgehend ergeben sich aus dem (ersichtlich vornehmlich zu § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG) erfolgten Vortrag (soweit er sich auf die Frage der Reisefähigkeit beziehen kann) keine Anhaltspunkte für die schlüssige Darlegung von Wiederaufgreifensgründen betreffend eine Unmöglichkeit der Abschiebung aus rechtlichen Gründen (§ 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG i.V.m. Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) betreffend den Abschiebungsvorgang. Insbesondere genügt das Attest der Ärztin M. P. vom 8. Juni 2020, welches ausführt, der Antragsteller sei aufgrund der bestehenden Vorerkrankungen und der derzeitigen Situation durch Covid-19 aus ärztlicher Sicht „aktuell“ nicht reisefähig, schon nicht den Anforderungen des § 60a Abs. 2c AufenthG. Es enthält keine nachvollziehbaren Anhaltspunkte, die gegen eine Reisefähigkeit des Antragstellers sprechen könnten.
Unabhängig davon wird die Antragsgegnerin im Falle der Rückführung auch die Fragen einer medizinischen Begleitung und einer Begleitung durch Sicherheitskräfte im Abschiebevorgang sowie die Übergabe an medizinisches/betreuendes Personal zu prüfen haben.
Im Übrigen liegen die Voraussetzungen für eine Ermessensreduzierung auf Null im Hinblick auf Art. 51 Abs. 5 BayVwVfG nicht vor.
Fehlt es an den Voraussetzungen für ein Wiederaufgreifen des Verfahren nach Art. 51 Abs. 1 bis 3 BayVwVfG, (sogenanntes Wiederaufgreifen im engeren Sinn hier insbesondere betreffend einen sogenannten isolierten Folgeschutzantrag – Wiederaufgreifen des Verfahrens auf Feststellung des nationalrechtlichen Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 7 AufenthG) so kommt grundsätzlich lediglich ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung nach Art. 51 Abs. 5 i.V.m. Art. 48, 49 BayVwVfG (sogenanntes Wiederaufgreifen im weiteren Sinne) in Betracht. Sind die Voraussetzungen des Art. 51 Abs. 1 bis 3 BayVwVfG zu verneinen, könnte das Verwaltungsgericht mithin auch bei Bejahung einer Gefahr im Sinne von § 60 Abs. 7 AufenthG die Behörde nur zu einer Ermessensentscheidung über den Antrag des Antragstellers zu § 60 Abs. 7 AufenthG verpflichten (vgl. BVerwG, U.v. 17.10.2006 – 1 C 18/05 – juris Rn. 24; BVerwG, U.v. 15.12.1987 – 9 C 285/86 – juris Rn. 20). Bei dieser Fallgestaltung ist von Amts wegen zu klären, ob die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 AufenthG vorliegen oder nicht; bei der gerichtlichen Feststellung eines Ermessensfehlers darf nicht stehen geblieben und allein deshalb zur Neubescheidung verpflichtet werden. Kommt das Gericht zu dem Ergebnis, dass die geltend gemachten neuen Tatsachen die Feststellung der Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 AufenthG nicht rechtfertigen, so ist die Verpflichtungsklage in jedem Fall abzuweisen. Umgekehrt ist eine abschließende gerichtliche Entscheidung zugunsten des Ausländers dann geboten, wenn ein Festhalten an der bestandskräftigen negativen Entscheidung zu § 60 Abs. 7 AufenthG zu einem schlechthin unerträglichen Ergebnis führen würde und das Ermessen der Behörde (deshalb) auf Null reduziert ist. Dafür reicht es nicht aus, dass bei dem Betroffenen die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen. Erforderlich ist vielmehr, dass dieser über das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG hinaus einer extremen, individuellen Gefahrensituation ausgesetzt ist und deshalb ein Festhalten an der bestandskräftigen negativen Entscheidung zu § 60 Abs. 7 AufenthG zu einem schlechthin unerträglichen Ergebnis führen würde (BVerwG, U.v. 20.10.2004 – 1 C 15/03 – juris; Dickten a.a.O. Rn. 40) Selbst beim Vorliegen einer solchen extremen individuellen Gefahrensituation ist das Ermessen der Behörde schließlich nicht ausnahmslos auf Null reduziert. So ist es der Behörde ungeachtet des Vorliegens einer solchen besonderen Gefahrensituation etwa dann ein Ermessen eröffnet, wenn die Abschiebung des Betroffenen aktuell nicht ansteht, er etwa aufgrund tatsächlicher Hindernisse oder der Erlasslage ohnehin zurzeit nicht abgeschoben werden kann (vgl. z.B. OVG Lüneburg, U.v. 12.9.2007 – 8 LB 210/05 – juris Rn. 27 m.w.N; OVG Lüneburg, U.v. 28.6.2011 – 8 LB 221/09 – juris Rn. 26).
Davon ausgehend hat der Antragsteller (wie ausgeführt) schon das Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 AufenthG nicht schlüssig dargelegt, so dass bereits deshalb ein Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung gemäß Art. 51 Abs. 5 BayVwVfG ausscheidet.
Der Antragsteller trägt nach §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 2 VwGO die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Der Streitwert bestimmt sich für das Beschwerdeverfahren nach § 47 Abs. 1 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1, Abs. 2 GKG i.V.m. Ziffern 8.3, 1.5 des Streitwertkatalogs 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 152 Abs. 1, § 158 Abs. 1 VwGO).


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