Verwaltungsrecht

Erfolgloser Eilantrag eines minderjährigen albanischen Staatsangehörigen gegen die Ablehnung des Asylantrags als offensichtlich unbegründet

Aktenzeichen  Au 6 S 18.31961

Datum:
17.12.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 37139
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GG Art. 16a
AsylG § 3, § 3c, § 4, § 29a Abs. 1, § 30 Abs. 1, § 36 Abs. 1
AufenthG § 11 Abs. 1, § 58 Abs. 1a, § 60 Abs. 5 u. 7
VwGO § 80 Abs. 5

 

Leitsatz

§ 58 Abs. 1a AufenthG schließt eine existenzielle Gefahr für den Minderjährigen aus, sodass kein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG besteht. (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens zu tragen.

Gründe

I.
Der Kläger und Antragsteller (im Folgenden: Antragsteller) begehrt im Klageverfahren (Au 6 K 18.31960) nach Ablehnung seines Asylantrags als offensichtlich unbegründet die Anerkennung als Asylberechtigter, die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, die Zuerkennung subsidiären Schutzes und die Feststellung nationaler Abschiebungsverbote und im vorliegenden Antragsverfahren die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die Abschiebungsandrohung nach Albanien.
Der nach seinen Angaben am … 2003 geborene Antragsteller ist albanischer Staatsangehöriger albanischer Volks- und muslimischer Religionszugehörigkeit. Er verließ Albanien nach eigenen Angaben im Juli 2018, reiste über Griechenland, Italien und dann mit dem Bus ein paar Tage später in die Bundesrepublik ein und beantragte durch seinen Vormund Asyl.
Im Rahmen seiner auf Albanisch geführten Anhörung vor dem Bundesamt am 28. November 2018 (BAMF-Akte Bl. 53 ff.) gab der Antragsteller im Wesentlichen an, er habe bis zu seiner Ausreise zusammen mit seinen Eltern, zwei Schwestern und einem Bruder in einer Wohnung in … (Albanien) gelebt. Die Familie sei von seinem Großvater unterstützt worden; seine Großmutter sei verstorben. Ebenfalls lebten einige Onkel und Tanten in Albanien. Seine gesamte Familie lebe noch immer dort; er selbst habe zwei bis drei Jahre überlegt, ob er aus Albanien weggehen solle und schließlich aus eigenem Entschluss heraus Albanien zusammen mit einem Freund verlassen. Die Reise sei ganz schön teuer gewesen; er habe das Geld von Freunden und anderen Leuten, denen er leidgetan habe, bekommen. Er sei in Albanien bis zu seiner Ausreise neun Jahre lang zur Schule gegangen und habe diese abgeschlossen. Da er nach Deutschland gereist sei, habe er nicht mehr auf das Gymnasium gehen können. Albanien habe er wegen seiner sehr schlechten wirtschaftlichen Situation verlassen. Sie hätten zu sechst in einem Haushalt gelebt. Sein Vater und sein Bruder hätten erfolglos Arbeit gesucht. Die Mutter habe seine kleine Schwester, die sehr krank sei, versorgt und sei derzeit selbst im Krankenhaus wegen erhöhter Temperatur. Das Leben in Albanien sei nicht erträglich gewesen. Er wolle in Deutschland zur Schule gehen und anschließend hier arbeiten. Probleme mit albanischen Behörden und insbesondere der Polizei habe er nicht gehabt.
Das Bundesamt lehnte mit Bescheid vom 30. November 2018, dem Vormund des Antragstellers zugestellt am 4. Dezember 2018, die Anträge auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Ziffer 1), auf Asylanerkennung (Ziffer 2) und auf Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus (Ziffer 3) jeweils als offensichtlich unbegründet ab und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen (Ziffer 4). Es forderte den Antragsteller zur Ausreise binnen einer Woche nach Bekanntgabe der Entscheidung auf und drohte die Abschiebung nach Albanien oder einen anderen Staat an, in den er einreisen dürfe oder der zu seiner Rücknahme verpflichtet sei (Ziffer 5). Das Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 7 AufenthG wurde auf zehn Monate ab dem Tag der Ausreise (Ziffer 6) und das Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 AufenthG auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung (Ziffer 7) befristet. Zur Begründung wurde ausgeführt, ein Anspruch auf Asylanerkennung oder Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder auf Zuerkennung des subsidiären Schutzes liege offensichtlich nicht vor. Der Antragsteller stamme aus einem sicheren Herkunftsstaat und habe keine gegenteiligen Beweise vorgelegt, um die gesetzliche Vermutung nach § 29a Abs. 1 AsylG zu widerlegen. Er sei weder verfolgt ausgereist noch drohe ihm ein ernsthafter Schaden. Es sei insbesondere weder eine Verfolgungshandlung noch ein flüchtlingsrelevantes Anknüpfungsmerkmal ersichtlich. Der Antragsteller habe Albanien lediglich aufgrund seiner schlechten wirtschaftlichen Situation, der Arbeitslosigkeit seines Vaters und Bruders sowie der besseren Schul- und Arbeitsmarktsituation in Deutschland verlassen. Dies sei flüchtlingsrechtlich nicht relevant. Nachdem der Antragsteller lediglich aus wirtschaftlichen Gründen ausgereist sei, sei auch die Gefahr eines ernsthaften Schadens i.S.d. § 4 AsylG nicht ersichtlich. Abschiebungsverbote lägen nicht vor. Die derzeitigen humanitären Bedingungen in Albanien führten nicht zu der Annahme, dass bei einer Abschiebung des Antragstellers eine Verletzung des Art. 3 EMRK vorliege. In Albanien sicherten soziale und familiäre Netzwerke sowie die in ländlichen Gebieten übliche Subsistenzwirtschaft das Überleben. Darüber hinaus werde eine geringe Sozialhilfe gewährt. Wenn auch die Sicherung des Existenzminimums in Einzelfällen problematisch sei, liege im Allgemeinen keine existenzielle Gefährdung vor. Der 15-jährige Antragsteller habe die Mittelschule nach neun Schuljahren abgeschlossen und könne in Albanien auf ein familiäres und soziales Netzwerk zurückgreifen, das ihn bei einer Rückkehr unterstützen und auffangen werde. In Albanien lebten noch seine Eltern, zwei Schwestern, ein Bruder sowie Tanten und Onkel. Auch bisher sei es für die Familie des Antragstellers möglich gewesen, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten, so dass nicht ersichtlich sei, weshalb dies nicht auch bei einer Rückkehr des Antragstellers möglich sein sollte. Die Abschiebungsandrohung und die Ausreisefrist beruhten auf § 34 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 59 AufenthG und auf § 36 Abs. 1 AsylG. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 7 AufenthG sei auf zehn Monate zu befristen, da der Antragsteller keine schutzwürdigen Belange, insbesondere keine verwandtschaftlichen Beziehung im Bundesgebiet, vorgetragen habe. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 AufenthG für den Fall einer Abschiebung sei auf 30 Monate zu befristen. Schutzwürdige Belange seien ebenfalls weder vorgetragen noch ersichtlich.
Hiergegen erhob der Vormund des Antragstellers am 10. Dezember 2018 Klage (Au 6 K 18.31960), über die noch nicht entschieden ist, mit dem Antrag, unter Aufhebung des Bescheids des Bundesamtes vom 30. November 2018, zugestellt am 4. Dezember 2018, Gesch.-Z.:, die Antragsgegnerin zu verpflichten, festzustellen, dass der Antragsteller Asylberechtigter ist und ihm die Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG zuzuerkennen, dem Antragsteller subsidiären Schutz nach § 4 AsylG zuzuerkennen, hilfsweise festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG im Hinblick auf Albanien vorliegen sowie das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot auf null zu befristen.
Weiter wurde beantragt,
die aufschiebende Wirkung der Klage nach § 80 Abs. 5 VwGO anzuordnen.
Die Antragsgegnerin hat keinen Antrag gestellt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und die von der Beklagten am 13. Dezember 2018 vorgelegte Behördenakte verwiesen.
II.
Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hat keinen Erfolg.
Der zulässige Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO i.V.m. § 36 Abs. 3 AsylG auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage ist unbegründet.
1. Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Eilverfahrens nach § 36 Abs. 3 AsylG ist die von der Antragsgegnerin ausgesprochene Abschiebungsandrohung, beschränkt auf die sofortige Vollziehbarkeit.
Nach § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG darf die Aussetzung der Abschiebung nur angeordnet werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen. Dies bedeutet, dass die Vollziehung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme nur dann ausgesetzt werden darf, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die Maßnahme einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhält (BVerfG, U.v. 14.5.1996 – 2 BvR 1507/93, 2 BvR 1508/93 – DVBl 1996, 729). Dabei muss das Verwaltungsgericht bereits im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes diese Prüfung auch auf das Merkmal der Offensichtlichkeit erstrecken (vgl. BVerfG, B.v. 5.2.2003 – 2 BvR 153/02 – InfAuslR 2003, 244). Denn nachdem diese Regelung und die damit verbundene Ausreisefrist von einer Woche (§ 36 Abs. 1 AsylG) die Folge aus der qualifizierten Asylablehnung sind, ist Anknüpfungspunkt der gerichtlichen Überlegungen zur Frage der Bestätigung oder Verwerfung des Sofortvollzugs die Prüfung, ob die für eine Aussetzung der Abschiebung erforderlichen ernstlichen Zweifel auch bezogen auf das Offensichtlichkeitsurteil des Bundesamtes vorliegen.
2. Im vorliegenden Verfahren bestehen keine ernstlichen Zweifel daran, dass der Asylantrag i.w.S. als offensichtlich unbegründet abzulehnen war.
a) Der Antragsteller hat offensichtlich keinen Anspruch auf Asylanerkennung nach Art. 16a GG, da er auf dem Landweg in die Bundesrepublik eingereist ist.
Ein Asylantrag ist offensichtlich unbegründet, wenn die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und die Voraussetzungen für internationalen Schutz offensichtlich nicht vorliegen (§ 30 Abs. 1 AsylG). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts setzt eine Abweisung der Asylklage als offensichtlich unbegründet voraus, dass im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichts an der Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen des Gerichts vernünftigerweise keine Zweifel bestehen können und bei einem solchen Sachverhalt nach allgemein anerkannter Rechtsauffassung die Abweisung der Klage sich dem Verwaltungsgericht geradezu aufdrängt (vgl. BVerfG, B.v. 20.9.2001 – 2 BvR 1392/00 – InfAuslR 2002, 146). Aus den Gründen muss sich klar ergeben, weshalb dieser Ausspruch in Betracht kommt, insbesondere, warum der Asylantrag nicht nur als schlicht unbegründet, sondern als offensichtlich unbegründet abgewiesen worden ist (vgl. grundlegend BVerfG, B.v. 3.9.1996 – 2 BvR 2353/95 – BayVBl 1997, 15; BVerfG, B.v. 2.5.1984 – 2 BvR 1413/83 – juris Rn. 27). Dieser Maßstab muss entsprechend auch für die behördliche Offensichtlichkeitsentscheidung nach § 30 AsylG gelten. Es kommt also darauf an, ob die Offensichtlichkeitsentscheidung in Bezug auf die geltend gemachten Asylgründe bei der hier gebotenen Prüfung im Eilverfahren mit der erforderlichen Richtigkeitsgewähr bestätigt werden kann.
Nach Art. 16a Abs. 2 Satz 1 und 2 GG kann sich auf das Asylrecht nicht berufen, wer aus einem Mitgliedsstaat der Europäischen Gemeinschaft oder aus einem anderen durch Gesetz zu bestimmenden Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Da alle Nachbarstaaten der Bundesrepublik Deutschland entweder auf Grund ihrer Mitgliedschaft in der Europäischen Gemeinschaft oder auf Grund der Anlage I zu § 26a AsylG sichere Drittstaaten sind, hat jeder Asylsuchende, der auf dem Landweg in die Bundesrepublik Deutschland gelangt ist, den Ausschlussgrund der Einreise aus einem sicheren Drittstaat verwirklicht (vgl. BVerwG, U.v. 7.11.1995 – 9 C 73/95 – BVerwGE 100, 23). Die Drittstaatenregelung nach Art. 16a Abs. 2 GG greift nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfG, U.v. 14.5.1996 – 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93 – DVBl 1996, 729) immer dann ein, wenn feststeht, dass der Ausländer nur über einen sicheren Drittstaat in die Bundesrepublik Deutschland eingereist sein kann. Dies ist vorliegend wegen der Einreise auf dem Landweg per Bus über Italien der Fall. Ausnahmen nach § 26a Abs. 1 Satz 3 AsylG liegen nicht vor. Die Anerkennung als Asylberechtigter scheidet daher nach Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG i.V.m. § 30 Abs. 1 AsylG offensichtlich aus.
b) Des Weiteren besteht auch nach § 29a Abs. 1 AsylG offensichtlich kein Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter oder auf Zuerkennung internationalen Schutzes.
Ein Asylantrag ist nach § 29a Abs. 1 AsylG und nach Art. 16a Abs. 3, Abs. 4 GG offensichtlich unbegründet, wenn der Asylbewerber aus einem sicheren Herkunftsstaat stammt, es sei denn, die vom Ausländer angegebenen Tatsachen oder Beweismittel begründen die Annahme, dass ihm abweichend von der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat politische Verfolgung i.S.d. Art. 16a GG oder Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG oder ein ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Abs. 1 AsylG drohen.
Albanien ist nach Anlage II zu § 29a AsylG ein sicherer Herkunftsstaat (§ 29a Abs. 2 AsylG), so dass es auf die Widerlegung der Vermutung genereller Sicherheit vor Verfolgung ankommt. Diese Vermutung genereller Sicherheit in einem sicheren Herkunftsstaat ist erst ausgeräumt, wenn der Asylbewerber die Umstände zu seiner individuellen Verfolgung oder zu seiner Annahme der Gefahr eines ernsthaften Schadens schlüssig und substantiiert vorträgt. Dieser Vortrag muss vor dem Hintergrund der Feststellung des Gesetzgebers, dass in dem jeweiligen Staat im Allgemeinen keine Verfolgung stattfindet und dort allgemein kein ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Abs. 1 AsylG droht, sowie der Erkenntnisse der Behörden und Gerichte zu den allgemeinen Verhältnissen des Staates glaubhaft sein.
(1) Von einer Widerlegung der Regelvermutung kann nicht ausgegangen werden, da im vorliegenden Verfahren eine Verfolgung des Antragstellers nicht ansatzweise erkennbar ist. Weder ist eine Verfolgungshandlung durch den Staat oder einen anderen Akteur i.S.d. § 3c AsylG ersichtlich noch ein Verfolgungsgrund i.S.d. § 3b AsylG. Der Antragsteller trägt vor, ausschließlich aus wirtschaftlichen Gründen und zur Ermöglichung eines Schulbesuchs in der Bundesrepublik aus Albanien ausgereist zu sein; er habe keine Probleme mit Behörden oder der Polizei gehabt. Eine Verfolgung i.S.d. Art. 16a GG oder des § 3 AsylG ist daher in keiner Weise auch nur vorgetragen.
(2) Ebenso wenig ist ersichtlich, dass dem Antragsteller mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine Gefahr i.S.d. § 4 Abs. 1 AsylG droht. Insbesondere ist nichts dafür ersichtlich, dass dem Antragsteller Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG durch einen Akteur i.S.d. § 4 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 3c AsylG droht.
Die Gewährung subsidiären Schutzes auf Grundlage von § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG kommt auch nicht unter dem allgemeinen Gesichtspunkt der Situation von (minderjährigen) Rückkehrern in Albanien in Betracht. Erforderlich ist nach § 4 Abs. 3 Satz 1 AsylG i.V.m. § 3c AsylG, dass die Gefahr eines ernsthaften Schadens von einem der in § 3c AsylG genannten Akteure ausgeht, also vom Staat, von Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen, oder von nichtstaatlichen Akteuren, sofern die vorgenannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise der tatsächlichen Gefahr eines ernsthaften Schadens zu bieten. An einem erforderlichen Akteur fehlt es vorliegend. Denn die (im Allgemeinen zumutbare) humanitäre Lage und die Lebensumstände sind nicht dem Staat oder Akteuren nach § 3c AsylG zuzurechnen (vgl. ausführlich zum Ganzen VGH BW, U.v. 17.1.2018 – A 11 S 241/17 – Rn. 167 ff.; U.v. 24.1.2018 – A 11 S 1265/17 – juris Rn. 103 ff.).
(3) Der Antragsteller hat folglich die Vermutung des § 29a Abs. 1 AsylG und des Art. 16a Abs. 3 GG nicht widerlegt.
3. Es bestehen auch keine ernstlichen Zweifel daran, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 AufenthG nicht vorliegen.
Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist. Nach Art. 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe unterworfen werden. Ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK setzt voraus, dass der Betroffene im Falle einer Rückkehr einer besonderen Ausnahmesituation ausgesetzt wäre. Dies ist insbesondere auch dann der Fall, wenn es dem Betroffenen nicht (mehr) gelingen würde, seine elementaren Bedürfnisse, wie Nahrung, Hygiene und Unterkunft, zu befriedigen (vgl. BayVGH, U.v. 21.11.2014 – 13a B 14.30285 – Asylmagazin 2015, 197).
In Albanien ist die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln gewährleistet. Der albanische Staat gewährt Bedürftigen Sozialhilfe in monatlicher Höhe von 3.000 ALL (derzeit ca. 24 EUR) bis 8.000 ALL (derzeit ca. 64 EUR) sowie Invalidengeld von monatlich 9.900 ALL (derzeit ca. 80 EUR) sowie einem gleichhohen Betreuungsgeld. Ebenfalls werden Sozialdienstleistungen und soziale Pflegedienste staatlich gewährleistet. Empfänger von Sozialhilfe und Sozialleistungen sind u.a. Familien mit keinem oder geringem Einkommen. Grundnahrungsmittel, in erster Linie Brot, werden subventioniert. Eine Vielzahl von lokalen und internationalen Nichtregierungsorganisationen engagiert sich im sozialen Bereich. Insbesondere im ländlichen Bereich kommt der Großfamilie nach wie vor die Rolle zu, Familienmitglieder in Notlagen aufzufangen (vgl. zum Ganzen Auswärtiges Amt, Bericht vom 10.8.2018, S. 13). Der albanische Staat zeigt sich auch willig und fähig, gerade die Lage der Minderjährigen zu verbessern. So hat der albanische Staat 2010 ein Gesetz zum Schutz der Rechte der Kinder verabschiedet, das neue institutionelle Strukturen etabliert. Es wurden weitere Kinderschutz-Center gegründet, Informations- und Aufklärungskampagnen organisiert sowie ein Memorandum of Understanding zur Abschaffung von Kinderarbeit unterzeichnet. Die Regierung und etliche NGOs haben kostenfreie Notrufnummern für Opfer von Menschenhandel und häuslicher Gewalt sowie eine Kinder- und Jugendlichen-Seelsorge eingerichtet. Waisenhäuser sind vorhanden, aber oftmals sehr schlecht ausgestattet (vgl. Auswärtiges Amt, a.a.O., S. 9 f.).
Der Antragsteller trägt vor, bis zu seiner Ausreise in einer Wohnung zusammen mit seinen Geschwistern bei seinen Eltern in der Stadt * gelebt zu haben. Die Familie sei vom Großvater unterstützt worden; außerdem lebten noch Tanten und Onkel in Albanien. Er habe neun Jahre lang die Schule besucht; auf das Gymnasium habe er wegen seiner Ausreise nicht wechseln können. Die unbegleitete Ausreise nach Deutschland beruhe auf seinem eigenen Entschluss. Zwar gibt der Antragsteller auch an, seine wirtschaftliche Situation sei wegen der Arbeitslosigkeit des Vaters und des Bruders sowie wegen der Erkrankung der kleinen Schwester sehr schlecht gewesen, indes ist nach seinen Ausführungen sowie nach der Auskunft des Auswärtigen Amtes davon auszugehen, dass der Antragsteller bisher und auch im Falle einer Rückkehr seinen Lebensunterhalt in Albanien – wenn auch auf sehr niedrigen, aber zumutbaren Niveau – wird sicherstellen können. Der Antragsteller verfügt in Albanien über seine Kernsowie über seine Großfamilie. Angesichts der bisherigen Lebensführung und der Auskunftslage zur gegenseitigen Unterstützung innerhalb der (Groß-)Familie ist davon auszugehen, dass der Antragsteller in seinen Familienverbund zurückkehren kann und dadurch auch über eine Unterkunft in Form der elterlichen Wohnung verfügt. Die Grundversorgung mit Nahrungsmitteln ist in Albanien ebenfalls gewährleistet; gegenteiliges hat auch der Antragsteller nicht geltend gemacht. Der neunjährige Schulbesuch des Antragstellers legt ebenfalls nahe, dass der Antragsteller zwar aus einfachen, nicht aber aus unzumutbaren Verhältnissen stammt. Dass er zudem nach seinen eigenen Angaben in der Lage war, die „sehr teuren“ Schleuserkosten über Zuwendungen Dritter zu finanzieren, zeigt ebenfalls, dass der Antragsteller erforderlichenfalls in der Lage ist, den nötigen Barunterhalt zu beschaffen. Ein Abschiebungsverbot ist demnach nicht ersichtlich.
Dies gilt umso mehr, als ihm darüber hinaus der inlandsbezogene Schutz des § 58 Abs. 1a AufenthG zusätzlich zu Gute kommt, wonach sich die Ausländerbehörde vor der Abschiebung eines unbegleiteten minderjährigen Ausländers zu vergewissern hat, dass dieser einem Mitglied seiner Familie oder einer zur Personensorge berechtigten Person oder einer geeigneten Aufnahmeeinrichtung übergeben wird. Dies vorausgesetzt, genügt es vor einer Abschiebung nicht, dass der Antragsteller „auf dem Papier“ einer geeigneten Person oder Einrichtung übergeben wird, sondern die Übergabe muss unter Vermittlung der deutschen Botschaft mit dem Grad der geforderten Vergewisserung sichergestellt sein (dazu BVerwG, U.v. 13.6.2013 – 10 C 13.12 – BVerwGE 147, 8 ff., juris Rn. 18, 20). Im Zeitpunkt der Abschiebung muss diese Vergewisserung bestehen, so dass umgekehrt eine existenzielle Gefahr für den Antragsteller ausgeschlossen ist. Entweder kann er in Albanien einer geeigneten Person oder Einrichtung übergeben werden, dann droht ihm keine Ausnahmesituation i.S.d. § 60 Abs. 5 AufenthG, oder dies ist nicht der Fall, dann besteht im Zeitpunkt einer Abschiebung bereits ein inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis im Sinne des § 58 Abs. 1a AufenthG.
4. Es bestehen auch keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung in Ziffer 5 des streitgegenständlichen Bescheids.
Die Abschiebungsandrohung und die Ausreisefrist folgen aus § 34 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 59 AufenthG und aus § 36 Abs. 1 AsylG.
5. Die in Ziffer 6 des Bescheides enthaltene Anordnung eines behördlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots entspricht § 11 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 AufenthG. Nach § 11 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1, Sätze 2 ff. kann das Bundesamt gegen einen Ausländer, dessen Asylantrag – wie hier – nach § 29a Abs. 1 AsylG als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, bei dem das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt, ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Insbesondere macht der Antragsteller insofern auch keine schutzwürdigen Belange geltend, sodass sich die Anordnung des behördlichen Einreise- und Aufenthaltsverbotes im Sinne einer ordnungsgemäßen Ermessensentscheidung im Rahmen von § 40 VwVfG bewegt.
Ebenso wenig bestehen rechtliche Bedenken gegen das Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 AufenthG in Ziffer 7 des Bescheides.
6. Die Kostenfolge ergibt sich aus § 154 VwGO i.V.m. § 83b AsylG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 80 AsylG.


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