Verwaltungsrecht

Erfolgloser Eilantrag gegen die Ablehnung der Feststellung der luftsicherheitsrechtlichen Zuverlässigkeit

Aktenzeichen  RN 8 S 20.42

Datum:
30.1.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 3006
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Regensburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80 Abs. 5
LuftSiG § 7
LuftSiZÜV § 3 Abs. 5, § 5 Abs. 2 S. 2

 

Leitsatz

1. Durch die Ablehnung des Antrags auf erneute Zuverlässigkeitsfeststellung erlischt die Zuverlässigkeitsfiktion des § 5 Abs. 2 Satz 2 LuftSiZÜV; erhebt der Betroffene Versagungsgegenklage gegen den ablehnenden Bescheid, lebt die Zuverlässigkeitsfiktion aufgrund der aufschiebenden Wirkung des enthaltenen Aufhebungsantrags wieder auf. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
2. Daran, dass derjenige als zuverlässig im Sinne des Luftsicherheitsgesetzes anzusehen ist, der die Gewähr bietet, jederzeit das ihm Mögliche zum Schutz der Sicherheit des Luftverkehrs zu erbringen, hat auch die Einfügung von § 7 Abs. 1a LuftSiG nichts geändert, zumal insbesondere § 7 Abs. 6 LuftSiG insoweit keine entscheidende Änderung erfahren hat. (Rn. 34 – 36) (redaktioneller Leitsatz)
3. Eine nicht ausschließbare Zugehörigkeit zur Reichsbürgerszene begründet berechtigte Zweifel an der Zuverlässigkeit des Betroffenen. (Rn. 37 – 40) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 2.500,- festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller wendet sich im einstweiligen Rechtsschutz gegen die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit der Ablehnung der luftsicherheitsrechtlichen Zuverlässigkeitsfeststellung nach § 7 Luftsicherheitsgesetz (§ 7 LuftSiG) durch die Regierung von Oberbayern, Luftamt Südbayern (Luftamt).
Der Antragsteller ist seit 1. April 2007 bei der Sicherheitsgesellschaft am Flughafen M… mbH (SGM) als Luftsicherheitsassistent tätig. Der Antragsteller wurde mit Urkunde vom 20. August 2007, befristet bis 20. Februar 2008, und mit Urkunde vom 7. September 2009 unbefristet als Hilfsorgan des Luftsamtes dazu bestellt, mit der Berufsbezeichnung Luftsicherheitsassistent auf dem Flughafen M… Passagiere und das von ihnen mitgeführte Gepäck zu durchsuchen. Mit Befähigungszeugnis vom 17. Januar 2019 wurde der Antragsteller für die Tätigkeit als Luftsicherheitskontrollkraft für Personal- und Warenkontrollen zugelassen.
Der Antragsteller beantragte mit Antrag vom 7. Juli 2018 nach erfolgter Feststellung seiner Zuverlässigkeit am 22. Januar 2014 die erneute Feststellung seiner luftsicherheitsrechtlichen Zuverlässigkeit. Mit am 10. August 2018 bei der Regierung von Oberbayern eingegangenem Schreiben teilte das Polizeipräsidium Niederbayern mit, dass die Stadt L… den Antragsteller mit Schreiben vom 2. Mai 2018 als möglichen Angehörigen der Reichsbürgerbewegung gemeldet habe. Der Antragsteller habe bei der Stadt L… einen Staatsangehörigkeitsausweis beantragt. Der Antrag habe keine Auffälligkeiten gezeigt, ebenso sei das Auftreten unauffällig gewesen. Im Anschluss habe der Antragsteller bei der Regierung von Niederbayern eine Apostille für den Auszug aus dem Liegenschaftskataster und für den Staatsangehörigkeitsausweis beantragt und sei dabei in einer Art und Weise aufgetreten, die eine Zuordnung zur Reichsbürgerbewegung nahe lege. Die Stadt L… habe geschrieben, dass der Antragsteller aufgrund seines Auftretens als „harter Reichsbürger“ anzusehen sei. Der Antragsteller habe auf die Fragen des Sachbearbeiters der Regierung von Niederbayern reagiert, indem er dem Sachbearbeiter und seinen anwesenden Kollegen den Beamtenstatus abgesprochen habe, die Existenz der Bundesrepublik Deutschland in Frage gestellt habe, sich zur Durchsetzung seiner Rechte auf das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) und die Haager Landkriegsordnung berufen habe, und den Organen der Bundesrepublik Deutschland unterstellt habe, dass sie durch konkretes Handeln Leute überwachen und drangsalieren wollten. Der Antragsteller habe erklärt, dass er eine natürliche und keine juristische Person sei. Bei der polizeilichen Anhörung hätten der Antragsteller und seine Lebensgefährtin versucht, den Verdacht auf Reichsbürgerzugehörigkeit auszuräumen. In der Gesamtschau habe der Antragsteller die Verdachtsmomente nicht ausräumen können.
Das Luftamt erhielt am 27. August 2018 ein Gedächtnisprotokoll des Sachbearbeiters der Regierung von Niederbayern. Danach sei der Antragsteller am 18. April 2018 in Begleitung seiner Lebensgefährtin erschienen und habe eine Apostille für den Auszug aus dem Liegenschaftskataster und den Staatsangehörigkeitsausweis – er habe lediglich vom „gelben Schein“ gesprochen – beantragt. Auf die Frage des Sachbearbeiters, welche ausländische Behörde dies von ihm verlange, habe der Antragsteller keine Antwort gewusst bzw. als Ausflucht spontan mehrere Staaten angegeben. Auf weitere Nachfragen habe der Antragsteller seine Reichsbürgergesinnung offenbart. Er habe dem Sachbearbeiter und dem anwesenden Kollegen den Beamtenstatus abgesprochen, die Existenz der Bundesrepublik Deutschland in Frage gestellt, sich zur Durchsetzung seiner Rechte auf das BGB und die Haager Landkriegsordnung berufen, und den Organen der Bundesrepublik unterstellt, dass sie die Leute überwachen und drangsalieren wollten. Er sei eine natürliche Person nach dem BGB und keine juristische. Der Antragsteller sei den Richtigstellungen der anwesenden Beamten nicht zugänglich gewesen und sei mit zunehmender Gesprächsdauer latent aggressiv geworden.
Mit Schreiben vom 27. August 2018 fragte das Luftamt bei der SGM an, ob über den Antragsteller bedeutsame, die persönliche Zuverlässigkeit betreffende, negative Informationen bekannt seien. Die SGM teilte mit am 30. August 2018 beim Luftamt eingegangenem Schreiben mit, dass keine Erkenntnisse über den Antragsteller aktenkundig seien.
Das Luftamt informierte den Antragsteller mit Schreiben vom 27. August 2018 über die Mitteilung des Polizeipräsidiums Niederbayern und gab dem Antragsteller Gelegenheit zur Äußerung. Mit Schriftsatz vom 26. September 2018 führte der Bevollmächtigte des Antragstellers an, dass der Antragsteller wiederholt erklärt habe, sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung zu bekennen und die Bundesrepublik Deutschland als souveränen Staat anzuerkennen. Der Antragsteller bestreite, den Sachbearbeiter und seinem Kollegen den Beamtenstatus abgesprochen und die Existenz der Bundesrepublik Deutschland in Frage gestellt zu haben. Die Lebensgefährtin des Antragstellers könne bestätigen, dass die gemachten Vorhaltungen aus dem Kontext gegriffen seien und teilweise nicht den Tatsachen entsprechen würden. Während der gesamten Zeit, die der Antragsteller für die SGM gearbeitet habe, habe dieser sich rechtstreu und zuverlässig verhalten.
Nach dem Protokoll über eine persönliche Anhörung des Antragstellers beim Luftamt vom 25. Oktober 2018 hat der Antragsteller u.a. geäußert, dass er einen verbindlichen Nachweis gewollt habe, dass er deutsch sei. Er glaube, dass er den Ausweis für einen Grundstücksstreit im Kosovo brauche. Den Ausdruck „gelben Schein“ habe er unter dem Begriff „Staatsangehörigkeit“ im Internet gefunden. Er habe gedacht, die Apostille für den Kosovo zu brauchen. Er habe dem Sachbearbeiter nichts abgesprochen, sondern nur gefragt, ob dieser Beamter oder Angestellter sei. Er lehne eine Infragestellung der Existenz der Bundesrepublik Deutschland strikt ab. Die Unterscheidung zwischen natürlicher und juristischer Person habe er mal gehört, wolle aber nicht darüber sprechen. Er habe die Haager Landkriegsordnung eigentlich nicht zur Sprache bringen wollen. Aber er frage sich, ob die Haager Landkriegsordnung nicht ein Werkzeug zur Wahrung der Menschenrechte sei. Er beschäftige sich aus geschichtlichem Interesse mit dem Untergang des deutschen Reichs und rechtlichen Themen. Auf Frage, ob es das Deutsche Reich seiner Meinung nach noch gebe: Das sei unerheblich, man solle nur seine Lehren aus der Geschichte ziehen. Es sei ein einmaliger Vorfall gewesen und eine Ausnahmesituation. Er habe dem Staat immer gedient, habe nie hoheitliche Akte angefochten und sei nicht Mitglied bei einer einschlägigen Vereinigung gewesen.
Mit Bescheid vom 13. März 2019 lehnte das Luftamt den Antrag auf erneute Feststellung der persönlichen Zuverlässigkeit ab, da insoweit Zweifel bestünden (Ziffer 1). Dem Antragsteller wurde die Zutrittsberechtigung zum Sicherheitsbereich des Flughafens M… entzogen (Ziffer 2). Der Antragsteller wurde verpflichtet, den Flughafenausweis innerhalb einer Woche nach Zustellung des Bescheides an die Ausweisstelle der Flughafen M…n GmbH zurückzugeben (Ziffer 3). Als Begründung wird u.a. ausgeführt, dass sich der Antragsteller als unzuverlässig im Sinne des Luftsicherheitsgesetzes erwiesen habe. Zuverlässig sei nur, wer die Gewähr dafür biete, die ihm obliegenden Pflichten zum Schutz vor Angriffen auf die Sicherheit des Luftverkehrs jederzeit im vollen Umfang zu erfüllen. Eine Zugehörigkeit des Antragstellers zur sogenannten Reichsbürgerszene könne nicht ausgeschlossen werden, weshalb Zweifel an dessen Zuverlässigkeit verbleiben würden. Der Antragsteller habe sich weder durch das Schreiben vom 26. September 2018 noch im persönlichen Gespräch mit Vertretern des Luftamtes glaubhaft von der Einschätzung der Polizei distanzieren können. Die Sicherheit des Luftverkehrs und der sich am Flughafen aufhaltenden Menschen gehe dem beruflichen Interesse des Antragstellers an seinem Arbeitsplatz eindeutig vor. Nach einer Gesamtwürdigung der Persönlichkeit könne das Luftamt derzeit nicht die persönliche Zuverlässigkeit nach § 7 LuftSiG feststellen. Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 Luftsicherheits-Zuverlässigkeitsüberprüfungsverordnung (LuftSiZÜV) sei die Zuverlässigkeit somit zwingend zu verneinen. Nach § 10 Satz 1 LuftSiG i.V.m. § 7 Abs. 6 LuftSiG sei die Zutrittsberechtigung zum Sicherheitsbereich zu entziehen. Der Ausweis sei zurückzugeben, wenn die Zugangsberechtigung entfalle, damit er nicht für einen unberechtigten Zugang verwendet werden könne. Auf die weitere Begründung des dem Bevollmächtigten des Antragstellers gegen Empfangsbekenntnis am 20. März 2019 zugestellten Bescheids wird Bezug genommen.
Mit Schreiben von 26. März 2019 teilte das Luftamt der SGM mit, dass festgestellt worden sei, dass der Antragsteller nicht zuverlässig im Sinne des § 7 LuftSiG sei und daher keine Tätigkeit ausführen dürfe, die durch eine konkrete Funktion oder durch Arbeitsabläufe dazu geeignet sei, einen unmittelbaren Einfluss auf die Sicherheit des Luftverkehrs zu nehmen.
Mit am 23. April 2019 beim Verwaltungsgericht Regensburg eingegangenem Schriftsatz seines Bevollmächtigten hat der Antragsteller Klage gegen den Bescheid vom 13. März 2019 erheben lassen, über die noch nicht entschieden ist (Az. RN 8 K 19.721), und gleichzeitig um einstweiligen Rechtsschutz, gerichtet auf Feststellung, dass die erhobene Klage aufschiebende Wirkung entfaltet, nachsuchen lassen. Mit Beschluss vom 5. November 2019 hat das Verwaltungsgericht Regensburg dem Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz stattgegeben (Az. RN 8 S 19.725); auf die Gründe des Beschlusses wird verwiesen.
Mit Bescheid vom 28. November 2019 ordnete das Luftamt die sofortige Vollziehung der Ziffern 1 und 2 des Bescheids vom 13. März 2019 an. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass das öffentliche Interesse, unzuverlässige Personen umgehend aus sicherheitsempfindlichen Bereichen oder von Tätigkeiten, die unmittelbaren Einfluss auf die Sicherheit des Luftverkehrs haben, auszuschließen, gegenüber dem privaten Interesse des Betroffenen, seine Tätigkeit bis zur Bestandskraft des Bescheides weiterzuführen, überwiege. Auf die weitere Begründung des Bescheids wird Bezug genommen.
Mit am 10. Januar 2020 beim Verwaltungsgericht Regensburg eingegangenem Schriftsatz seines Bevollmächtigten hat der Antragsteller um einstweiligen Rechtsschutz gegen die Anordnung der sofortigen Vollziehung nachsuchen lassen. Zur Begründung wird unter Verweis auf die Klageschrift im Verfahren RN 8 K 19.721 ausgeführt, dass der Antragsgegner ohne konkrete Nachweise behaupte, dass der Antragsteller der sogenannten Reichsbürgerszene angehöre. Es sei besonders zu berücksichtigen, dass der Bescheid vom 13. März 2019 nicht bestandskräftig sei und der Antragsteller bis zum bestandskräftigen Abschluss des Überprüfungsverfahrens aufgrund der Fiktionswirkung des § 5 Abs. 2 Satz 2 LuftSiZÜV als zuverlässig angesehen werde. Subjektive Einschätzungen Dritter, die dieser in einer Gesprächsnotiz niedergeschrieben habe, seien nicht ausreichend, um die auf der Antragstellerseite bestehende Fiktionswirkung zu erschüttern.
Für den Antragsteller wird beantragt,
Die aufschiebende Wirkung der Klage (RN 8 K 19.721) hinsichtlich des Versagungsbescheides vom 13. März 2019 wird wiederhergestellt.
Für den Antragsgegner beantragt das Luftamt,
den Antrag abzulehnen.
Zu Begründung wird unter Verweis auf die Gründe des Bescheids vom 13. März 2019 ausgeführt, dass die Zuverlässigkeit bereits dann zu verneinen sei, wenn Zweifel an der Zuverlässigkeit des Antragstellers bestünden. Es müsse nicht nachgewiesen werden, dass der Antragsteller der Reichsbürgerbewegung angehöre oder nahestehe. Es genüge, wenn nicht sicher ausgeschlossen werden könne, dass der Antragsteller sich dieser Bewegung angeschlossen habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte zu diesem und den weiteren genannten Verfahren und der beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.
II.
Der Antrag ist zulässig, aber nicht begründet.
Der Antragsteller begehrt unter Zugrundelegung seines Rechtsschutzzieles die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die Ziffer 1 (Ablehnung des Antrags auf erneute Feststellung der persönlichen Zuverlässigkeit) und Ziffer 2 (Entziehung der Zutrittsberechtigung zum Sicherheitsbereich des Flughafens M…) des Bescheids vom 13. März 2019.
1. Vorliegend ist der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO gerichtet auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der erhobenen Klage statthaft.
Verweigert die Luftsicherheitsbehörde die beantragte Feststellung der Zuverlässigkeit, ist in der Hauptsache eine Verpflichtungsklage nach § 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO statthaft, denn der Antragsteller begehrt den Erlass eines begünstigenden Verwaltungsaktes i.S.d. Art. 35 Satz 1 BayVwVfG. Ein solches Hauptsachebegehren ist im Eilrechtsschutz regelmäßig mit einem Antrag nach § 123 VwGO zu sichern, der auf die vorläufige Feststellung der Zuverlässigkeit gerichtet ist.
Das gilt für den Antrag des Antragstellers indessen nicht, weil das Rechtsschutzziel des Antragstellers, bis zu einer Entscheidung als zuverlässig behandelt zu werden, durch einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO erreicht werden kann (vgl. VG Düsseldorf, B.v. 7.2.2019 – 6 L 181/19 – BeckRS 2019, 2484). Nach § 123 Abs. 5 VwGO sperrt ein statthafter Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 VwGO den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.
Hat ein bereits in der Vergangenheit als luftsicherheitsrechtlich zuverlässig festgestellter Antragsteller einen Antrag auf Wiederholungsprüfung nach § 3 Abs. 5 LuftSiZÜV gestellt, gilt er nach § 5 Abs. 2 Satz 2 LuftSiZÜV bis zum Abschluss der Wiederholungsüberprüfung als zuverlässig, wenn er die Wiederholungsprüfung spätestens drei Monate vor Ablauf der Geltungsdauer der Zuverlässigkeitsüberprüfung beantragt. Diese Geltungsdauer der Zuverlässigkeitsüberprüfung beträgt nach § 3 Abs. 5 LuftSiZÜV fünf Jahre ab Bekanntgabe des Ergebnisses der letzten Überprüfung.
Bei einem Verlängerungsantrag, der die Zuverlässigkeitsfiktion des § 5 Abs. 2 Satz 2 LuftSiZÜV für die Dauer des Wiedererteilungsverfahrens auslöst, besteht das Rechtsschutzziel im Eilverfahren also darin, das Erlöschen der Fiktionswirkung zu verhindern. Die Fiktionswirkung tritt nicht mehr ein, wenn der Versagungsbescheid bestandskräftig ist oder Rechtsmittel gegen ihn keine aufschiebende Wirkung entfalten. Dabei kommt der in der Hauptsache erhobenen Verpflichtungsklage in Form der Versagungsgegenklage hinsichtlich der versagenden Behördenentscheidung grundsätzlich aufschiebende Wirkung zu: Entfaltet die Ablehnung eines beantragten Verwaltungsaktes eine über diese Ablehnung hinausreichende Belastungswirkung, kommt auch dem in der Versagungsgegenklage enthaltenen Antrag auf Aufhebung der versagenden Entscheidung ein Suspensiveffekt nach § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO zu (vgl. Schenke in: Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, 22. Auflage 2016, § 80 Rn. 12). Diese über die Ablehnung hinausreichende Belastungswirkung besteht im Rahmen der luftrechtlichen Zuverlässigkeitsüberprüfung darin, dass durch die Ablehnung des Antrags auf erneute Zuverlässigkeitsfeststellung die Zuverlässigkeitsfiktion des § 5 Abs. 2 Satz 2 LuftSiZÜV erlischt. Erhebt der Betroffene Versagungsgegenklage gegen den ablehnenden Bescheid, lebt die Zuverlässigkeitsfiktion des § 5 Abs. 2 Satz 2 LuftSiZÜV aufgrund der aufschiebenden Wirkung des enthaltenen Aufhebungsantrags wieder auf. Die aufschiebende Wirkung entfällt nur, wenn die Behörde die sofortige Vollziehung anordnet, § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO. Ein Entfallen der aufschiebenden Wirkung der Versagungsgegenklage ist nicht gesetzlich angeordnet (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VwGO) und insbesondere auch der LuftSiZÜV nicht zu entnehmen. Zum einen ergibt sich dies weder aus § 5 LuftSiZÜV, noch aus der Verordnungsbegründung (Bundesrat Drucksache 234/07). § 5 LuftSiZÜV enthält keine Regelung über die Zuverlässigkeitsfiktion für den Fall, dass Klage gegen eine versagende Entscheidung erhoben wird. Auch der Verordnungsbegründung ist insoweit nur zu entnehmen, dass der Betroffene nach Ablauf der Gültigkeitsdauer der Zuverlässigkeitsüberprüfung als zuverlässig gilt, wenn er seine Wiederholungsüberprüfung rechtzeitig beantragt hat, da sich nicht von ihm zu verantwortende Verfahrensverzögerungen nicht zu seinen Lasten auswirken sollen. Eine Regelung für den Fall der Klageerhebung war damit vom Verordnungsgeber nicht intendiert. Zum anderen ist die aufschiebende Wirkung in § 80 Abs. 1 VwGO, mithin in einem formellen Gesetz geregelt. Ein Entfallen der aufschiebenden Wirkung kann daher nur durch ein formelles Bundes- oder Landesgesetz erfolgen (vgl. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VwGO). Folglich kann ein Entfallen der aufschiebenden Wirkung mit einem damit verbundenen Ende der Zuverlässigkeitsfiktion nicht in der LuftSiZÜV als Verordnung geregelt werden.
Das Rechtsschutzziel des Betroffenen, das Erlöschen der Fiktionswirkung zu verhindern, kann dieser damit im Fall einer behördlichen Anordnung der sofortigen Vollziehung durch einen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung nach § 80 Abs. 5 VwGO erreichen. Vorliegend hat das Luftamt mit Bescheid vom 28. November 2019 die sofortige Vollziehung der Ziffern 1 und 2 des Bescheids vom 13. März 2019 angeordnet und damit die Zuverlässigkeitsfiktion des § 5 Abs. 2 Satz 2 LuftSiZÜV, die durch die fristgerechte Beantragung der Wiederholungsüberprüfung durch den Antragsteller ausgelöst wurde, durchbrochen. Der erhobenen Versagungsgegenklage, die zugleich die Anfechtung des versagenden Bescheids enthält, kommt damit keine aufschiebende Wirkung mehr zu. Der Antragsteller kann daher sein Rechtsschutzziel, bis zur Hauptsacheklage als zuverlässig behandelt zu werden, durch einen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung erreichen. Ein Wiederherstellen der aufschiebenden Wirkung führt zum Wiederaufleben der Zuverlässigkeitsfiktion des § 5 Abs. 2 Satz 2 LuftSiZÜV.
2. Der Antrag auf Wiederherstellung der Klage gegen Ziffern 1 und 2 des Bescheids vom 13. März 2019 ist nicht begründet.
a. Das Luftamt hat das besondere Interesse an der Anordnung des Sofortvollzugs hinreichend begründet.
Nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ist bei behördlicher Anordnung des Sofortvollzugs gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung schriftlich zu begründen. Die schriftliche Begründung soll dem Betroffenen ermöglichen, seine Rechte wirksam wahrnehmen und die Erfolgsaussichten seines Rechtsmittels abschätzen zu können. Außerdem dient die Begründungspflicht dazu, der Behörde den Ausnahmecharakter einer Vollzugsanordnung vor Augen zu führen und die Behörde zu der Prüfung zu veranlassen, ob tatsächlich ein überwiegendes Vollzugsinteresse den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung erfordert. Es bedarf daher einer auf den konkreten Einzelfall abstellenden Darlegung des besonderen öffentlichen Interesses an einer sofortigen Vollziehung, die nicht lediglich formelhaft sein darf.
An den Inhalt der Begründung sind dabei keine zu hohen Anforderungen zu stellen. Insbesondere ist für bestimmte Arten behördlicher Anordnungen das Erlassinteresse mit dem Vollzugsinteresse identisch (vgl. Hoppe in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 80 Rn. 46, 55). In solchen Fällen ist die Behörde daher nicht verpflichtet, eine Begründung zu geben, die ausschließlich auf den konkreten Einzelfall zutrifft. Insbesondere, wenn immer wiederkehrenden Sachverhaltsgestaltungen eine typische Interessenlage zugrunde liegt, kann sich die Behörde zur Rechtfertigung der Anordnung der sofortigen Vollziehung vielmehr darauf beschränken, die für diese Fallgruppen typische Interessenlage aufzuzeigen und deutlich zu machen, dass diese Interessenlage nach ihrer Auffassung auch im konkreten Fall vorliegt. Das kommt insbesondere auch im Bereich des Sicherheitsrechts in Betracht (vgl. BayVGH, B. v. 8.9.2015 – CS 15.1634 – juris Rn. 6 m.w.N.).
Vorliegend genügt die gegebene Begründung diesen Anforderungen. Das Luftamt hat zur Begründung der sofortigen Vollziehung ausgeführt, dass das öffentliche Interesse, unzuverlässige Personen umgehend aus sicherheitsempfindlichen Bereichen oder von Tätigkeiten, die unmittelbaren Einfluss auf die Sicherheit des Luftverkehrs haben, auszuschließen, gegenüber dem privaten Interesse des Antragstellers, bis zur Bestandskraft des Bescheides die Tätigkeit fortzuführen, überwiege. Eine Zugehörigkeit zur sogenannten Reichsbürgerszene könne nicht ausgeschlossen worden. Es sei davon auszugehen, dass aus Umständen, aus denen die Unzuverlässigkeit folge, regelmäßig auch gleichzeitig das besondere öffentliche Interesse am sofortigen Vollzug der Rücknahme einer Zutrittsberechtigung resultiere, da es sich dabei um eine Gefahrenabwehrmaßnahme handele. Der Schutz vor Innentätern sei ein ganz wesentliches Element der auf den internationalen Luftverkehr bezogenen vorbeugenden Gefahrenabwehr. Personen, die aufgrund erheblicher Zweifel an der Zuverlässigkeit diese nicht besitzen, müssten am Betreten des Sicherheitsbereichs und an der Ausführung von Tätigkeiten, die unmittelbaren Einfluss auf die Sicherheit des Luftverkehrs haben, gehindert werden. Bei der Abwägung der privaten und öffentlichen Belange müsse angesichts der überragenden Bedeutung der Luftsicherheit letztere vorgehen. Im gerichtlichen Verfahren erfolgt im Übrigen keine materielle Überprüfung der Begründung der Behörde nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO, sondern es wird eine eigene Interessenabwägung durchgeführt.
b. Die vom Gericht vorzunehmende Interessenabwägung ergibt, dass das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung das private Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs überwiegt.
Für diese Interessenabwägung sind in erster Linie die Erfolgsaussichten in der Hauptsache maßgeblich. Führt eine summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache dazu, dass der Rechtsbehelf offensichtlich Erfolg haben wird, so kann kein Interesse der Öffentlichkeit oder anderer Beteiligter daran bestehen, dass der mit hoher Wahrscheinlichkeit rechtswidrige Verwaltungsakt sofort vollzogen wird. Wird der Hauptsacherechtsbehelf umgekehrt aller Voraussicht nach erfolglos bleiben, weil nach der im vorläufigen Rechtschutzverfahren gebotenen summarischer Prüfung keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids bestehen, kann der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO abgelehnt werden, ohne dass es einer zusätzlichen Interessenabwägung bedarf. Denn der Bürger hat grundsätzlich kein schutzwürdiges privates Interesse daran, von der Vollziehung eines offensichtlich rechtmäßigen Verwaltungsaktes verschont zu bleiben, ohne dass es darauf ankommt, ob der Vollzug dringlich ist oder nicht (vgl. zum Ganzen BayVGH, B.v. 24.3.2009 – 11 CS 08.3273, m.w.N.).
(1) Nach summarischer Prüfung wird die Klage gegen Ziffer 1 des Bescheids vom 13. März 2019 keinen Erfolg haben, da die Ablehnung der erneuten Feststellung der persönlichen Zuverlässigkeit rechtmäßig ist und den Antragsteller nicht in seinen Rechten verletzt (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Das Luftamt ist zu Recht davon ausgegangen, dass bezüglich der Zuverlässigkeit des Antragstellers Zweifel verbleiben, und hat die Zuverlässigkeit des Antragstellers in rechtmäßiger Weise verneint.
§ 7 Abs. 1 LuftSiG regelt, dass die Luftsicherheitsbehörde die Zuverlässigkeit bestimmter Personen zu überprüfen hat. Darunter fallen natürliche Personen, die nach § 16a Abs. 1 LuftSiG als Beliehene eingesetzt werden. Nach § 16a Abs. 1 LuftSiG kann die zuständige Luftsicherheitsbehörde natürlichen Personen sowie teilrechtsfähigen Vereinigungen und juristischen Personen des Privatrechts als Beliehenen die Wahrnehmung bestimmter Aufgaben bei der Durchführung von Sicherheitsmaßnahmen sowie Zulassungs-, Zertifizierungs- und Überwachungsaufgaben übertragen. Die Überprüfung erfolgt auf Antrag des Betroffenen, § 7 Abs. 2 Satz 1 LuftSiG.
Die Feststellung der Zuverlässigkeit ist nach der eindeutigen gesetzlichen Bewertung nicht erst dann ausgeschlossen, wenn sich konkrete gewichtige Sicherheitsrisiken durch den Betroffenen positiv feststellen lassen. Nach § 7 i.V.m. § 1 LuftSiG ist viel-mehr nur derjenige als zuverlässig anzusehen, der die Gewähr bietet, jederzeit das ihm Mögliche zum Schutz der Sicherheit des Luftverkehrs zu erbringen (BVerwG, U.v. 11.11.2004 – 3 C 8/04 – BeckRS 2005, 21899, Rn. 2.1.) Der Betroffene muss nach dem Gesamtbild seiner Persönlichkeit das erforderliche Maß an Verantwortungsbewusstsein und Selbstbeherrschung aufbringen, selbst bei dem Inaussichtstellen von Vorteilen oder bei der Androhung von Nachteilen die Belange der Sicherheit des Luftverkehrs zu wahren und die ihm obliegenden Pflichten zum Schutz vor Eingriffen, insbesondere vor Flugzeugentführungen und Sabotageakten, jederzeit in vollem Umfang zu erfüllen. Dabei ist mit Blick auf die in Rede stehenden Rechtsgüter ein strenger Maßstab anzulegen. Aus § 7 Abs. 6 LuftSiG ergibt sich, dass von der luft-verkehrsrechtlichen Zuverlässigkeit nur ausgegangen werden kann, soweit keine Zweifel verbleiben. Die Zuverlässigkeit ist somit schon bei geringen Zweifeln zu verneinen, ohne dass sich hieraus im Hinblick auf das inmitten stehende Recht des Betroffenen aus Art. 12 GG Bedenken ergeben (vgl. zum Ganzen: OVG NRW, B.v. 30.5.2018 – 20 A 89/15 – BeckRS 2018, 12715, Rn. 9 ff.). Der Begriff der persönlichen Zuverlässigkeit ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, der zwar der Konkretisierung bedarf, sich indes anhand gängiger juristischer Auslegungsmethoden unter Einbeziehung insbesondere der Zielsetzung des Gesetzes und einschlägiger Rechtsprechung zum Begriff der Zuverlässigkeit in anderen ordnungsrechtlichen Zusammenhängen hinreichend präzisieren lässt. Verbleibende Zweifel müssen dabei zulasten des Antragstellers gehen. Die luftverkehrsrechtliche Zuverlässigkeit kann bereits dann nicht festgestellt werden, wenn ausreichend begründete Anknüpfungspunkte vorhanden sind, die auf einen charakterlichen Mangel oder eine sonstige Schwäche der Persönlichkeit hinweisen, die sich ihrerseits gefährdend auf die Belange der Luftsicherheit auswirken können (BayVGH, B.v. 10.8.2010 – 8 CW 10.1566 – BeckRS 2010, 51883, Rn. 18).
An den vorstehenden strengen Maßstäben hat auch die Einfügung von § 7 Abs. 1a LuftSiG durch Art. 1 Nr. 7 Buchstabe b des Ersten Gesetzes zur Änderung des Luftsicherheitsgesetzes vom 23. Februar 2017 (BGBl. I S. 298) nichts geändert, zumal insbesondere § 7 Abs. 6 LuftSiG insoweit keine entscheidende Änderung erfahren hat.
§ 7 Abs. 1a Satz 1 LuftSiG stellt insofern klar, dass die Zuverlässigkeit des Betroffenen auf Grund einer Gesamtwürdigung des Einzelfalls zu bewerten ist. In § 7 Abs. 1a Satz 2 LuftSiG sind Fälle aufgeführt, in den es in der Regel an der erforderlichen Zuverlässigkeit fehlt. Liegen in Satz 2 nicht genannte Verurteilungen oder sonstige Erkenntnisse vor, ist im Wege einer Gesamtwürdigung zu prüfen, ob sich daraus im Hinblick auf die Sicherheit des Luftverkehrs Zweifel an der Zuverlässigkeit des Betroffenen ergeben (§ 7 Abs. 1a Satz 3 LuftSiG). Dabei kommen als sonstige Erkenntnisse insbesondere Sachverhalte Betracht, aus denen sich Zweifel am Bekenntnis zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung ergeben (§ 7 Abs. 1a Satz 4 Nr. 3 LuftSiG). Das Gesetz bietet nunmehr mit dem eingefügten § 7 Abs. 1a LuftSiG Anhaltspunkte für die Auslegung des Begriffs der Zuverlässigkeit. Ergänzend stellt § 5 Abs. 1 Satz 1 LuftSiZÜV klar, dass die Zuverlässigkeit eines Betroffenen zu verneinen ist, wenn daran Zweifel verbleiben.
Dies zugrunde gelegt, hat das Luftamt zu Recht die Zuverlässigkeit des Antragstellers mit Bescheid vom 13. März 2019 verneint. Diese Einschätzung stützt das Luftamt da-rauf, dass eine Zugehörigkeit zu der sogenannten Reichsbürgerszene nicht ausgeschlossen werden kann und somit Zweifel an der Zuverlässigkeit des Antragstellers verbeiben.
Der Verfassungsschutzbericht Bayern 2018 (S. 174 ff.) definiert die Reichsbürgerszene als Gruppierungen und Einzelpersonen, die aus unterschiedlichen Motiven und mit unterschiedlichen Begründungen die Existenz der Bundesrepublik Deutschland und deren Rechtssystem ablehnen. Dabei berufen sie sich unter anderem auf das historische Deutsche Reich, verschwörungstheoretische Argumentationsmuster oder ein selbst definiertes Naturrecht. Den Vertretern des Staates sprechen sie die Legitimation ab oder definieren sich als außerhalb der Rechtsordnung stehend. Dabei treten sie zur Verwirklichung ihrer Ziele zum Teil aggressiv gegenüber Behörden und Gerichten auf. Die Reichsbürgerideologie ist geeignet, Personen in ein geschlossenes verschwörungstheoretisches Weltbild zu verstricken, im dem aus Staatsverdrossenheit Staatshass werden kann. Dies kann die Grundlage für Radikalisierungsprozesse sein bis hin zur Gewaltanwendung. Reichsbürger entfalten gegenüber staatlichen Institutionen eine Vielzahl von Aktivitäten, die z.T. Ausdruck ihrer Ideologie sind, aber auch auf die gezielte Lahmlegung der öffentlichen Verwaltung zielen. Dazu zählt u.a. die Beantragung eines Staatsangehörigkeitsausweises, des sog. „gelben Scheins“ (Verfassungsschutzbericht Bayern 2018, S. 179 ff.). Aufgrund der Leugnung der Existenz der Bundesrepublik Deutschland bestimmt sich aus ihrer Sicht ihre Staatsangehörigkeit nach dem Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz in der im Jahr 1913 geltenden Fassung, wonach die Reichsangehörigkeit zum Deutschen Reich gegeben war, wenn eine Staatsangehörigkeit eines Landes des Deutschen Reichs bestand. Zur Bestätigung ihrer Reichs- und Staatsangehörigkeit beantragen sie häufig einen Staatsangehörigkeitsausweis. Dabei besteht die Notwendigkeit, die deutsche Staatsangehörigkeit mit einem Staatsangehörigkeitsausweis nach dem Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG) nachzuweisen, nur ausnahmsweise, beispielsweise wenn beim Erwerb oder Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit durch persönliche Ereignisse wie Adoption oder beim Erwerb einer ausländischen Staatsangehörigkeit Zweifel entstanden sind.
Personen, die ihren Äußerungen oder ihrem sonstigen Verhalten nach erkennbar die Existenz und staatliche Hoheitsgewalt der Bundesrepublik Deutschland oder ihrer Bundesländer und damit die geltende Rechtsordnung offensiv ablehnen oder ignorieren, bieten keine hinreichende Gewähr dafür, dass sie bereit sind, auch in luftverkehrsrechtlichen Zusammenhängen jederzeit für die Geltung und Durchsetzung der Rechtsordnung einzustehen. Dies trifft aufgrund ihrer Ideologie auch auf Angehörige der Reichsbürgerszene zu.
Vorliegend bestehen aufgrund der Äußerungen des Antragstellers und der Beantragung eines Staatsangehörigkeitsausweises berechtigte Zweifel an der Zuverlässigkeit des Antragstellers. Durch sein Verhalten ist der Verdacht entstanden, dass er ein Angehöriger der Reichsbürgerszene ist; diesen Verdacht konnte der Antragsteller auch nicht ausräumen.
Der Antragsteller hat am 18. April 2018 bei der Regierung von Niederbayern eine Apostille für den Auszug aus dem Liegenschaftskataster und den Staatsangehörigkeitsausweis beantragt. Nach dem in den Behördenakten enthaltenen Gedächtnisprotokoll hat der Antragsteller dabei lediglich vom „gelben Schein“ gesprochen. Im Verlauf der Vorsprache hat der Antragsteller dem Behördenmitarbeiter und dem an-wesenden Kollegen den Beamtenstatus abgesprochen, die Existenz der Bundesrepublik Deutschland infrage gestellt und sich zur Durchsetzung seiner Rechte auf das BGB und die Haager Landkriegsordnung berufen. Weiterhin lässt sich dem Gedächtnisprotokoll entnehmen, dass der Antragsteller bei der Vorsprache den Organen der Bundesrepublik Deutschland unterstellt hat, dass diese durch ihr konkretes Handeln die Leute überwachen und drangsalieren wollen. Er führte weiterhin aus, dass er eine natürliche Person nach BGB sei und keine juristische.
Aufgrund dieser Äußerungen und des Verhaltens des Antragstellers kann eine Zugehörigkeit zu der Reichsbürgerszene nicht ausgeschlossen werden. Die Beantragung eines Staatsangehörigkeitsausweises findet sich, wie bereits dargestellt, häufig in der Reichsbürgerszene und ist Ausdruck der Verleugnung der Existenz der Bundesrepublik Deutschland. Der Antragsteller hat mit der Bezeichnung „gelber Schein“ auch die in der Reichsbürgerszene verbreitete Bezeichnung für einen Staatsangehörigkeitsausweis benutzt. Eine schlüssige Erklärung, warum und wozu er den Staatsangehörigkeitsausweis benötigt, konnte der Antragsteller auf Nachfrage des Sachbearbeiters nicht liefern. Vielmehr bediente er sich der Ideologie der Reichsbürgerszene, stellte die Existenz der Bundesrepublik Deutschland infrage und sprach dem sachbearbeitenden Behördenmitarbeiter und seinem Kollegen den Beamtenstatus ab. In diesem Kontext ist auch die Aussage des Antragstellers, er sei eine natürliche Person, keine juristische, zu sehen: Ein Argument der Reichsbürgerszene ist, dass die Bundesrepublik Deutschland in Gestalt einer GmbH bestehe und die Bürgerinnen und Bürger juristische Personen und Personal der Bundesrepublik Deutschland seien (Caspar/Neubauer, LKV 2017, 1, 2).
Die Kammer schließt sich daher der Auffassung des Luftamtes an, dass vorliegend eine Zugehörigkeit des Antragstellers zur Reichsbürgerszene nicht ausgeschlossen werden kann. Der Antragsteller hat bei seiner Vorsprache bei der Regierung von Niederbayern Verhaltensweisen und Auffassungen gezeigt, die typischerweise der Reichsbürgerszene zuzuordnen sind. Insbesondere die Leugnung der Existenz der Bundesrepublik Deutschland lässt den Schluss zu, dass sich der Antragsteller die Ideologie der Reichsbürgerbewegung zu Eigen gemacht hat. Der Antragsteller konnte auch bei der Vorsprache keine plausible Begründung für die Beantragung eines Staatsangehörigkeitsausweises liefern. Vielmehr ist ein solches Vorgehen typisch für die Reichsbürgerszene.
Den Verdacht einer Zugehörigkeit zu der Reichsbürgerszene können auch die schriftlichen Einlassungen des Antragstellers und seine Stellungnahme bei der persönlichen Anhörung beim Luftamt nicht ausräumen. Auch im Verwaltungsverfahren konnte der Antragsteller nicht nachvollziehbar darlegen, warum er einen Staatsangehörigkeitsausweis beantragt hat. Die gemachten Angaben stellen keine glaubhafte Distanzierung von der Ideologie der Reichsbürgerbewegung dar. Das Bestreiten, dass die Existenz der Bundesrepublik Deutschland in Frage gestellt worden sei, ist als Schutzbehauptung zu sehen: es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass das Gedächtnisprotokoll des Sachbearbeiters der Regierung Niederbayern diesbezüglich fehlerhaft sein könnte. Vielmehr hat der Antragsteller in seiner Anhörung beim Luftamt am 25. Oktober 2018 ausgeführt, dass es ein einmaliger Vorfall gewesen sei und damit die Äußerung von der Reichsbürgerszene typischen Ansichten bestätigt. Dass der Antragsteller – wie er im Schriftsatz vom 26. September 2018 im Verwaltungsverfahren vorträgt – seinen Dienst bei der SGM rechtstreu und zuverlässig erfüllt hat, kann dabei nicht den Nachweis der Zuverlässigkeit begründen, weil das Erfüllen arbeitsvertraglicher Pflichten von jedermann erwartet werden darf (vgl. VG Düsseldorf, B.v. 6.6.2018 – 6 L 1452/18 – BeckRS 2018, 13239, Rn. 18).
Auch bei der persönlichen Anhörung beim Luftamt am 25. Oktober 2018 konnte der Antragsteller den Verdacht der Zugehörigkeit zur Reichsbürgerbewegung nicht entkräften. Hinsichtlich des beantragten Staatsangehörigkeitsausweises führte der Antragsteller u.a. aus, dass er einen verbindlichen Nachweis gewollt habe, dass er deutsch sei. Er habe gedacht, er brauche den Ausweis für einen Grundstücksstreit im Kosovo. Den Begriff „gelber Schein“ habe er gewählt, da dies im Internet so gelesen habe. Auch die Unterscheidung zwischen natürlicher und juristischer Person habe er mal gehört, wolle aber gar nicht darüber sprechen. Auf Nachfrage, ob das „Deutsche Reich“ noch bestehe, reagierte der Antragsteller ausweichend und gab an, das das unerheblich sei, man solle nur seine Lehren aus der Geschichte ziehen. Auf Frage, dass er das komplette Klischee eines Reichsbürgers bediene, antwortete der Antragsteller, dass dies ein einmaliger Vorfall gewesen sei und eine Ausnahmesituation, weil er sich so geärgert habe. Auch dies stellt keine ausreichende und glaub-würdige Distanzierung von der Ideologie der Reichsbürger dar. Der Antragsteller hat insbesondere mit der Beantragung eines Staatsangehörigkeitsausweises, der Nutzung des Begriffs „Gelber Schein“, der Leugnung der Existenz der Bundesrepublik Deutschland und der Unterscheidung zwischen natürlicher und juristischer Person eine Vielzahl von für die Reichsbürgerszene typischen Verhaltens- und Ansichtsweisen gezeigt, weshalb diese nicht als der Situation geschuldet angesehen werden können, sondern darauf hinweisen, dass der Antragsteller sich die Ideologie der Reichsbürger zu Eigen gemacht hat. Damit kann eine Zugehörigkeit zur Reichsbürgerbewegung und deren Ideologie nicht ausgeschlossen werden.
Aufgrund der nicht ausschließbaren Zugehörigkeit zur Reichsbürgerszene und der mit dieser verbundenen Ideologie verbleiben begründete Zweifel an der Zuverlässigkeit des Antragstellers. Diese Zweifel an der Zuverlässigkeit des Antragstellers müssen zu dessen Lasten gehen. Denn die Sicherheit des Luftverkehrs und der davon betroffenen Rechtsgüter wie das Leben und die körperliche Unversehrtheit anderer Personen verlangt es, einen strengen Maßstab an die Zuverlässigkeit zu stellen. Der Antragsteller als Beliehener nach § 16a Absatz 1 LuftSiG nimmt die Durchführung von Sicherheitsmaßnahmen nach § 5 Abs. 1 bis 3 LuftSiG war. Er ist u.a. für die Personen- und Gepäckkontrolle und daher in besonderem Maße für die Sicherheit des Flugverkehrs verantwortlich. Unter Zugrundelegung des hohen Stellenwertes der Sicherheit des Luftverkehrs und der damit in unmittelbaren Zusammenhang stehenden Tätigkeit des Antragstellers rechtfertigt der nicht mögliche Ausschluss der Zugehörigkeit zu der Reichsbürgerszene Zweifel an der Zuverlässigkeit des Antragstellers. Es sind ausreichend begründete Anknüpfungspunkte vorhanden, die auf einen charakterlichen Mangel des Antragstellers hinweisen, der sich aufgrund der Tätigkeit des Antragstellers gefährdend auf die Belange der Luftsicherheit auswirken kann. Wer der Ideologie der Reichsbürgerszene folgend die Existenz und Legitimation der Bundesrepublik Deutschland negiert, gibt Anlass zu der Befürchtung, dass er die der Sicherheit des Luftverkehrs dienenden Vorschriften nicht jederzeit strikt befolgen wird. Von einem Beliehenen nach § 16a Abs. 1 LuftSiG kann erwartet werden, dass er jederzeit die Existenz und Rechtsordnung der Bundesrepublik verbindlich anerkennt. Die dem widersprechenden Äußerungen müssen bei einer Gesamtwürdigung des Einzelfalls zu Zweifeln hinsichtlich der Zuverlässigkeit des Antragstellers führen und mithin zu einer Verneinung der erforderlichen Zuverlässigkeit.
Das Luftamt hat damit den Antrag auf erneute Feststellung der persönlichen Zuverlässigkeit zu Recht abgelehnt. Bei einer summarischen Prüfung hat die Hauptsacheklage daher keine Aussicht auf Erfolg.
(2) Auch die in Ziffer 2 des streitgegenständlichen Bescheids vom 13. März 2019 erfolgte Entziehung der Zutrittsberechtigung erweist sich nach summarischer Prüfung als rechtmäßig. Erweist sich jemand – wie vorliegend der Antragsteller aufgrund der dargelegten Zweifel an der Zuverlässigkeit – als unzuverlässig, so ist ihm nach § 10 Satz 1 i.V.m. § 7 Abs. 6 LuftSiG die Zutrittsberechtigung zum Sicherheitsbereich zu entziehen. Die Entziehung der Zutrittsberechtigung steht dabei nicht im Ermessen der Luftsicherheitsbehörde (Buchberger in: Schenke/Graulich/Ruthig, Sicherheitsrecht des Bundes, 2. Auflage 2019, § 19 LuftSiG Rn. 7).
Nach allem war der Antrag daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 GKG.


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