Verwaltungsrecht

Erfolgloses Berufungszulassungsbegehren eines ukrainischen Asylbewerbers

Aktenzeichen  11 ZB 17.31745

Datum:
28.11.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 136938
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 78 Abs. 3 Nr. 1, Abs. 4 S. 4

 

Leitsatz

Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache, wenn für die verwaltungsgerichtliche Entscheidung eine konkrete, jedoch fallübergreifende Tatsachen- oder Rechtsfrage von Bedeutung war, deren noch ausstehende obergerichtliche Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten ist und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zu einer bedeutsamen Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint. (Rn. 2) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

W 6 K 16.32374 2017-10-11 Urt VGWUERZBURG VG Würzburg

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Kläger tragen die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der zulässige Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
Der geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung ist nicht hinreichend dargelegt (§ 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG). Einer Rechtssache kommt grundsätzliche Bedeutung gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG zu, wenn für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts eine konkrete, jedoch fallübergreifende Tatsachen- oder Rechtsfrage von Bedeutung war, deren noch ausstehende obergerichtliche Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten ist und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zu einer bedeutsamen Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124 Rn. 36). Dementsprechend verlangt die Darlegung der rechtsgrundsätzlichen Bedeutung nach § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG, dass eine konkrete Tatsachen- oder Rechtsfrage formuliert und aufgezeigt wird, weshalb die Frage im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts klärungsbedürftig und klärungsfähig, insbesondere entscheidungserheblich, ist; ferner, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung dieser Frage besteht (vgl. Happ in Eyermann, a.a.O. § 124a Rn. 72; Meyer-Ladewig/Rudisile in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Oktober 2016, § 124a Rn. 102 ff.; Berlit in GK-AsylG, Stand Oktober 2017, § 78 Rn. 88 m.w.N.). Bei einer auf tatsächliche Verhältnisse gestützten Grundsatzrüge muss der Rechtsmittelführer Erkenntnisquellen zum Beleg dafür angeben, dass die Feststellungen, Erkenntnisse und Einschätzungen des Verwaltungsgerichts unzutreffend oder zumindest zweifelhaft sind (vgl. BayVGH, B.v. 1.6.2017 – 11 ZB 17.30602 – juris Rn. 2; OVG NW, B.v. 9.10.2017 – 13 A 1807/ 17.A – juris Rn. 5; B.v. 12.12.2016 – 4 A 2939/15.A – juris Rn. 7 m.w.N.; Berlit, a.a.O., § 78 Rn. 609 ff.).
Die von den Klägern für grundsätzlich bedeutsam erachtete Frage, ob einem ukrainischen Staatsangehörigen, der bereits seinen Wehrdienst abgeleistet hat und zu den Reservisten gehört, in der Ukraine bei Verweigerung der Entgegennahme des Einberufungsbefehls eine Gefängnisstrafe und somit eine unmenschliche und erniedrigende Behandlung im Sinne des § 3a Abs. 2 Nr. 3 AsylG droht, ist nicht entscheidungserheblich. Dem Kläger zu 1. droht, entgegen seiner Meinung, keine Bestrafung nach Art. 336 Ukrainisches Strafgesetzbuch. Denn ihm ist kein Einberufungsbefehl zugestellt worden und er muss bei einer Rückkehr in sein Heimatland auch nicht hinreichend wahrscheinlich damit rechnen, einen Einberufungsbefehl zu erhalten, dessen Annahme er verweigern könnte.
Die im Zulassungsantrag nicht ansatzweise belegte oder näher substantiierte Behauptung, der Annahmeverweigerung durch den Betroffenen selbst stehe eine Annahmeverweigerung durch einen Angehörigen, hier die Mutter des Klägers zu 1., bzw. durch einen Dritten gleich, entbehrt der Grundlage. Nach der Feststellung des Verwaltungsgerichts ist der Kläger zu 1. nicht wirksam einberufen worden. Es hat sich hiermit den Erkenntnissen des Senats angeschlossen, wonach Einberufungsbefehle nur persönlich gegen Empfangsbestätigung ausgehändigt werden; bei Aushändigung an Dritte können sie keine rechtlichen Konsequenzen für den Betroffenen nach sich ziehen (vgl. BayVGH, U.v. 24.8.2017 – 11 B 17.30392 – juris Rn. 18, 25 mit Nachweisen zur Auskunftslage). Dem haben die Kläger nichts entgegengesetzt, das Anlass zu Zweifeln bieten könnte.
Dasselbe gilt für die auf Erkenntnisse des Auswärtigen Amts und des österreichischen Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (vgl. dazu die Nachweise in BayVGH, U.v. 24.8.2017, a.a.O. Rn. 18) gestützte Einschätzung des Verwaltungsgerichts, dass der Kläger zu 1. als Reservist bei einer Rückkehr in sein Heimatland auf absehbare Zeit nicht hinreichend wahrscheinlich damit rechnen muss, eingezogen zu werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylG.
Mit dieser gemäß § 80 AsylG unanfechtbaren Entscheidung wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).


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