Verwaltungsrecht

Erfolgloses Berufungszulassungsverfahrens eines algerischen Asylbewerbers wegen der behaupteten Verletzung rechtlichen Gehörs

Aktenzeichen  15 ZB 20.32243

Datum:
1.12.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 36139
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GG Art. 103 Abs. 1
AsylG § 78 Abs. 3
VwGO § 86, § 108 Abs. 2, § 138 Nr. 3

 

Leitsatz

1. Ein Verfahrensfehler in Form der Versagung rechtlichen Gehörs liegt nur vor, wenn das Gericht einen entscheidungserheblichen Vortrag der Beteiligten nicht zur Kenntnis genommen bzw. bei seiner Entscheidung nicht erwogen hat (vgl. VGH München BeckRS 2019, 32478) oder einen entsprechenden Vortrag dadurch vereitelt hat, dass es unter Verstoß gegen das Prozessrecht den Beteiligten die Möglichkeit zu weiterem Vortrag angeschnitten hat, und dieser übergangene bzw. vereitelte Vortrag nach der maßgeblichen Rechtsauffassung des Gerichts entscheidungserheblich war (VGH München BeckRS 2020, 14603). (Rn. 6) (red. LS Clemens Kurzidem)
2. Die Ablehnung eines formell ordnungsgemäßen, prozessrechtlich beachtlichen Beweisantrags i.S.v. § 86 Abs. 2 VwGO verletzt die Verfahrensgarantie des rechtlichen Gehörs im Sinne von Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2, § 138 Nr. 3 VwGO, wenn sie im Prozessrecht keine Stütze mehr findet und willkürlich folgt (VGH München BeckRS 2019, 22552). (Rn. 6) (red. LS Clemens Kurzidem)
3. Eine fehlerhafte Ablehnung eines bedingten Beweisantrags kann allenfalls dann eine Gehörsrüge begründen, wenn das Gericht die Beweisanregung nicht zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat oder ihr nicht gefolgt ist, obwohl sich dies hätte aufdrängen müssen (VGH München BeckRS 2020, 24804). (Rn. 6) (red. LS Clemens Kurzidem)
4. Es besteht in Algerien keine ernsthafte, realistische und mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohende Gefahr von Repressalien allein aufgrund der formalen Mitgliedschaft in der MAK-Bewegung. Repressalien algerischer Sicherheitsbehörden erfolgen nur gegenüber ihnen bekannten Aktivisten, die in regimekritischer Weise öffentlich in Erscheinung getreten sind. (Rn. 9) (red. LS Clemens Kurzidem)

Verfahrensgang

W 8 K 20.30690 2020-09-28 Urt VGWUERZBURG VG Würzburg

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Gründe

I.
Der Kläger – ein algerischer Staatsangehöriger – wendet sich gegen den Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 27. März 2020, mit dem sein Antrag auf Asylanerkennung abgelehnt, ihm die Flüchtlingseigenschaft und der subsidiäre Schutzstatus nicht zuerkannt wurden, ferner festgestellt wurde, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen, und die Abschiebung nach Algerien oder einen anderen aufnahmebereiten Staat angedroht wurde.
Der Kläger erhob hiergegen Klage beim Verwaltungsgericht Würzburg mit den Anträgen, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 27. März 2020 zu verpflichten, ihm den Flüchtlingsstatus zuzuerkennen bzw. ihn als Asylberechtigten anzuerkennen, hilfsweise subsidiären Schutzstatus zu gewähren sowie weiter hilfsweise das Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG festzustellen. Wie bereits vorher schon mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 24. September 2020 angekündigt wurde, ließ der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Einzelrichter des Verwaltungsgerichts am 28. September 2020 den – bedingten – Beweisantrag stellen, zum Beweis der Tatsache, dass er im Fall der Rückkehr nach Algerien aufgrund seiner Zugehörigkeit zu der MAK-Bewegung und damit der provisorischen Kabyl-Regierung in Paris mit überwiegender Wahrscheinlichkeit Inhaftierung oder vergleichbare Repressalien zu befürchten habe, eine Auskunft von Amnesty International und der Gesellschaft für bedrohte Völker einzuholen.
Mit Urteil vom 28. September 2020 wies das Verwaltungsgericht die Klage ab. Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt der Kläger sein Rechtsschutzbegehren weiter. Zur Begründung lässt er über seinen Bevollmächtigten vortragen, ihm sei das rechtliche Gehör versagt worden, da das Gericht seinem Beweisantrag auf Einholung einer Auskunft von Amnesty International und der Gesellschaft für bedrohte Völker im Schriftsatz vom 24. September 2020 nicht nachgegangen sei. Das Verwaltungsgericht sei seiner Sachaufklärungspflicht nicht nachgekommen. § 86 Abs. 1 VwGO verpflichte das Gericht, von Amts wegen Beweise zu erheben. Das gelte insbesondere, wenn es in den vom Gericht eingeführten Erkenntnisquellen keine ausreichenden Informationen gebe, um eine Urteilsfindung zu begründen. Das angegriffene Urteil beruhe auf der Versagung des rechtlichen Gehörs. Aufgrund der Verletzung des rechtlichen Gehörs sei er auch in seinen Grundrechten aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 GG verletzt, da ihm bei Abschiebung in sein Heimatland akute Gefahr für Leib und Leben drohe.
Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf die Gerichtsakten und die Behördenakte Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Der ausschließlich vom Klägern geltend gemachte Berufungszulassungsgrund einer Verletzung des rechtlichen Gehörs (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG i.V. mit Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2, § 138 Nr. 3 VwGO) liegt nicht vor bzw. ist nicht gemäß den Anforderungen des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG substantiiert dargelegt worden.
Der durch Art. 103 Abs. 1 GG gewährleistete Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs gibt einem Prozessbeteiligten das Recht, alles aus seiner Sicht Wesentliche vortragen zu können. Ein Verfahrensfehler in Form der Versagung rechtlichen Gehörs liegt nur vor, wenn das Gericht einen entscheidungserheblichen Vortrag der Beteiligten nicht zur Kenntnis genommen bzw. bei seiner Entscheidung nicht erwogen hat (vgl. z.B. BVerwG, U.v. 20.11.1995 – 4 C 10.95 – NVwZ 1996, 378 = juris Rn. 13 m.w.N.; B.v. 2.5.2017 – 5 B 75.15 D – juris Rn. 11; BayVGH, B.v. 5.12.2019 – 15 ZB 19.34099 – juris Rn. 10 m.w.N.) oder einen entsprechenden Vortrag dadurch vereitelt hat, dass es unter Verstoß gegen das Prozessrecht den Beteiligten die Möglichkeit zu weiterem Vortrag abgeschnitten hat, und dieser übergangene bzw. vereitelte Vortrag nach der maßgeblichen Rechtsauffassung des Gerichts entscheidungserheblich war (vgl. BayVGH, B.v. 16.1.2019 – 15 ZB 19.30148 – juris Rn. 3 m.w.N.; B.v. 18.6.2020 – 15 ZB 20.30954 – juris Rn. 21). Die Ablehnung eines formell ordnungsgemäßen, prozessrechtlich beachtlichen Beweisantrags i.S.v. § 86 Abs. 2 VwGO verletzt die Verfahrensgarantie des rechtlichen Gehörs im Sinne von Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2, § 138 Nr. 3 VwGO, wenn sie im Prozessrecht keine Stütze mehr findet und willkürlich erfolgt (vgl. BayVGH, B.v. 19.9.2019 – 15 ZB 19.33171 – juris Rn. 15 mit zahlreichen weiteren Nachweisen). Fehlt es dagegen an einem förmlichen Beweisantrag, wird er also nur schriftsätzlich oder – wie vorliegend – bedingt gestellt, liegt lediglich eine Beweisanregung vor, also eine Anregung an das Gericht, den Sachverhalt nach § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO weiter zu erforschen (vgl. BVerwG, B.v. 19.8.2010 – 10 B 22.10 – juris Rn. 10 m.w.N.; BayVGH, B.v. 20.4.2020 – 4 ZB 20.30870 – juris Rn. 9; BayVGH, B.v 16.9.2020 – 6 ZB 20.31763 – juris Rn. 8). Eine – fehlerhafte – Ablehnung eines bedingten Beweisantrags kann allenfalls dann eine Gehörsrüge begründen, wenn das Gericht – nach allgemeinen Kriterien (s.o.) – die Beweisanregung nicht zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat oder ihr nicht gefolgt ist, obwohl sich dies hätte aufdrängen müssen (BVerwG, B.v. 4.3.2014 – 3 B 60.13 – juris Rn. 7 a.E.; BayVGH, B.v 16.9.2020 – 6 ZB 20.31763 – juris Rn. 8).
Letzteres ist nicht der Fall, weil das Verwaltungsgericht umfänglich auf Basis diverser Erkenntnisquellen seine Entscheidung getroffen und begründet hat und dabei auch in den Entscheidungsgründen ausgeführt hat, warum der bedingt gestellte Beweisantrag abzulehnen war. Mit den diesbezüglichen ausführlichen Erwägungen – vgl. im Folgenden – hat der Kläger sich nicht im Einzelnen auseinandergesetzt; er hat deshalb den Anforderungen an das Gebot zur Darlegung des Berufungszulassungsgrundes aus § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG nicht genügt.
Das Verwaltungsgericht ist in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils vom 28. September 2020 unter Verwertung u.a. des vom Auswärtigen Amt herausgegebenen Berichts über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Demokratischen Republik Algerien vom 11. Juli 2020 sowie auch zahlreicher weiterer Quellen (vgl. im Einzelnen Seite 10 – 13 des Originalurteils, vgl. auch die zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Quellen laut Seite 2 des Protokolls über die mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht vom 28. September 2020) nicht zu der Überzeugung gelangt, dass jedem Kabylen bzw. jedem Anhänger bzw. Mitglied der MAK-Bewegung allein aufgrund seiner Mitgliedschaft in dieser Bewegung oder bei niederschwelligen Aktivitäten politische Verfolgung oder sonst ein ernsthafter Schaden mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohe. Eine Verfolgungsgefahr – so das Verwaltungsgericht weiter (vgl. Originalurteil ab Seite 13 unten) – bestehe nur dann, wenn zum einen die Aktivitäten den algerischen Sicherheitsbehörden bekannt werden und sie aufgrund dessen den Betreffenden identifizieren können und zum anderen die konkreten Aktivitäten darüber hinaus ein konkretes Verfolgungsinteresse des algerischen Staates begründen. Dafür, dass nicht allen Mitgliedern der MAK gleichermaßen Verfolgung drohe, sprächen die zitierten Erkenntnisquellen, in denen zwar wiederholt angemerkt sei, dass Repressalien gegen Aktivisten erfolgt seien; demgegenüber sei nicht ersichtlich, dass die schlichte Mitgliedschaft in der MAK-Bewegung schon mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Verfolgungsmaßnahmen nach sich ziehe. Für diese Erkenntnis spreche auch der Umstand, dass es nach Angabe des Klägers 7 Millionen Kabylen gebe und etwa 1 Million Mitglieder der MAK-Bewegung. Würden aber gleichsam alle Mitglieder allein aufgrund der Mitgliedschaft verfolgt, hätte dies aus Sicht des Verwaltungsgerichts in ganz anderer Weise seinen Niederschlag in den zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Erkenntnisquellen finden müssen. Dort fänden sich vielmehr wie auch in allen allgemein zugänglich weiteren Quellen Belege für ein Vorgehen gegen die HIRAK-Bewegung, die sich für mehr Demokratie in Algerien einsetze und auch zu Demonstrationen im Land aufgerufen habe. Die MAK-Bewegung stehe aber nicht im Vordergrund. Gegen eine mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohende konkrete Verfolgungsgefahr des Klägers spreche aus Sicht des Erstgerichts auch, dass der Vater des Klägers unbehelligt in Algerien lebe. Des Weiteren sei festzuhalten, dass der Kläger über einen gültigen algerischen Reisepass verfüge, mit dem er in der Vergangenheit wiederholt ohne Probleme habe ein- und ausreisen können, zuletzt 2019. Auch die Ausstellung des Reisepasses sei offenbar problemlos erfolgt. Gegen ein Bekanntwerden seiner Mitgliedschaft in der MAK sowie darüber hinaus ein Verfolgungsinteresse des algerischen Staates sprächen auch die konkreten Aktivitäten des Klägers. Dieser habe zwar mit Bezug auf vorgelegte Lichtbilder angegeben, wiederholt in Frankreich im Jahr 2019 demonstriert zu haben. In Deutschland habe er aber in der Öffentlichkeit nicht an Demonstrationen teilgenommen. Zu seinem Hinweis, dass es hier keine Kabylen gäbe, sei anzumerken, dass der Kläger für sich keine Initiative gezeigt und etwa eine Demonstration organisiert oder zumindest in anderer Weise öffentlichkeitswirksam für die Sache der MAK geworben habe. Gegenüber der Regierung von Unterfranken habe der Kläger zudem ausdrücklich angegeben, früher weder in Algerien noch in Tunesien religiös oder politisch aktiv gewesen zu sein. In der mündlichen Verhandlung habe er erklärt, früher heimliches Mitglied gewesen und erst nach seiner Ausreise in Frankreich, 2019, Mitglied der MAK-Bewegung geworden zu sein. Einzig habe der Kläger in der mündlichen Verhandlung seine Facebook-Aktivitäten erwähnt, wobei er auf Nachfrage des Gerichts angegeben habe, dazu nicht seitens der kabylischen Regierung oder von sonst jemanden beauftragt worden zu sein, sondern dies aus eigenem Entschluss gemacht zu haben. Der Kläger sei damit nicht im Auftrag der MAK mit einer ihm übertragenen Aufgabe oder Funktion im Internet aktiv. In dem Zusammenhang sei aber festzuhalten, dass es heutzutage zahllose Internet-Veröffentlichungen gebe. Die Internet-Veröffentlichungen seien nicht isoliert zu würdigen, sondern im Gesamtzusammenhang der jeweiligen Aktivitäten und auch unter Berücksichtigung der ins Verfahren eingeführten Erkenntnismittel. Die Internet-Veröffentlichungen – beim Kläger beschränkt auf seinen Facebook-Account – belegten zwar ein gewisses Engagement, blieben aber qualitativ nur auf einem niedrigen oppositionellen Niveau. Dass sich der Kläger in seinem Facebook-Account exponiere und mit seinen Internet-Aktivitäten als Aktivist oder Blogger aus der Masse anderer algerischer Asylbewerber herausrage, die ebenfalls im Internet präsent seien, sei nicht ersichtlich. Der Kläger habe auch nicht vorgebracht, dass er gezielt im Internet aktiv sei, um konkret auf die Verhältnisse in Algerien einzuwirken und dort damit die separatistischen Tendenzen der MAK-Bewegung zu forcieren. Er habe lediglich eingeräumt, es gehe darum, Jugendlichen die ganze Sache über die Kabylei zu erklären, damit diese dann alles begriffen und auch Mitglied werden könnten. Schon die große Anzahl regimekritischer bzw. oppositionellen Internet-Seiten spreche laut den Entscheidungsgründen des angegriffenen Urteils dagegen, für alle gleichermaßen eine Verfolgungsgefahr mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit anzunehmen. Dass für Aktivisten, gerade für Leute, die sich exponierten, wie den Präsidenten der provisorischen Regierung, eine andere Gefahrenlage bestehe, wie auch den vom Kläger in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Unterlagen zu entnehmen sei, werde nicht infrage gestellt. Die vom Kläger vorgelegten Unterlagen beträfen aber vornehmlich die Repräsentanten der MAK-Bewegung, die auch in der Öffentlichkeit als solche aufträten. Gerade auch in den von Klägerseite vorgelegten Informationen von „Siwel“ usw. sei von Aktivisten die Rede, gegen die der algerische Staat repressiv vorgegangen ist. Ein solcher Aktivist sei der Kläger aber nach seinem Vorbringen nicht. Ihm sei auch nicht (wie nach seinen Angaben bei anderen Kabyle-Aktivisten) der Pass entzogen worden. Vielmehr habe er seinen algerischen Reisepass problemlos erhalten und besitze ihn immer noch. Insgesamt betrachtet – so das Verwaltungsgericht resümierend – sei nicht ersichtlich, wie die eher dürftigen exilpolitischen Aktivitäten des Klägers in Deutschland eine Verfolgungsgefahr mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit begründen sollten, weil schon nicht erkennbar sei, dass die Facebook-Aktivitäten des Klägers sowie die rein interne Beantragung und Ausstellung eines Mitgliedsausweises der MAK den algerischen Behörden bekannt werden könnten. Zudem seien die niederschwelligen Aktivitäten des Klägers (einschließlich seiner früheren Demonstrationsteilnahmen in Frankreich) nicht geeignet, aus der Sicht des algerischen Staates eine Gefahr zu begründen und dessen Verfolgungsinteresse zu wecken, weil der Kläger etwa als ernsthafter Regimegegner in gefährlicher Weise auf die Verhältnisse in Algerien einwirken würde.
Vor dem genannten Hintergrund drängte sich aus Sicht des Verwaltungsgerichts keine weitere Beweiserhebung auf, sodass in den Entscheidungsgründen des angegriffenen Urteils ausgeführt wird, dass der in der mündlichen Verhandlung vorsorglich gestellte bedingte Beweisantrag abzulehnen gewesen sei. Im Hinblick auf die verwerteten Auskünfte habe das Gericht genügend eigene Sachkunde erhalten, um sich ein Bild von der Gefahrenlage zu machen und zur Überzeugung zu gelangen, dass keine ernsthafte, realistische und mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohende Gefahr von Repressalien allein aufgrund der formalen Mitgliedschaft in der MAK-Bewegung anzunehmen sei. Dies gelte auch, wenn man die niederschwelligen Aktivitäten des Klägers im Internet sowie seine früheren Demonstrationsteilnahmen hinzunehme. Denn Repressalien der algerischen Sicherheitsbehörden erfolgten nur gegenüber ihnen bekannten Aktivisten, die – anders als der Kläger – in regimekritischer Weise öffentlich in Erscheinung getreten seien. Ein Beweisantrag könne aber abgelehnt werden, wenn wie hier die vorhandenen Erkenntnismittel ausreichten, die zum Beweisthema gemachte Frage hinreichend zu klären. Die Erkenntnismittel erlaubten vorliegend eine hinreichend sichere Beurteilung der aufgeworfenen Frage. Ein weiteres eigenes Gutachten sei daher nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (insofern beruft sich das Erstgericht auf BVerwG, B.v. 27.3.2013 – 10 B 34.12) nicht einzuholen gewesen. Darüber hinaus sei der Beweisantrag auch deshalb abzulehnen, weil er ins Blaue hinein erfolgt und als Ausforschungsbeweisantrag zu werten sei. Die Klägerseite wolle ihre Annahme (hier: eine beachtlich wahrscheinliche Verfolgungsgefahr allein aufgrund der Mitgliedschaft in der MAK-Bewegung), für die sie selbst keine Belege angeführt habe, erst durch eine Beweisaufnahme ausforschen lassen. Der Beweisantrag sei unsubstantiiert, weil er insoweit auf einer Vermutung beruhe. Irgendwelche Anhaltspunkte, dass allein die Mitgliedschaft in der MAK-Bewegung, ohne sonstige erhebliche Aktivitäten für Repressalien des algerischen Staates genügen könnten, habe weder die Klägerseite vorgetragen, noch seien solche sonst ersichtlich.
Dem hat der Kläger mit seiner Antragsbegründung (s.o. I.) nichts Substanzielles entgegengesetzt. Weder trifft es zu, dass das Verwaltungsgericht die Beweisanregung nicht zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat, noch setzt sich der Kläger in einer dem Darlegungsgebot des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG genügenden Weise damit auseinander, warum sich trotz der umfangreichen Begründung in den Entscheidungsgründen des angegriffenen Urteils (s.o.) sich dem Verwaltungsgericht dennoch die angeregte Beweiserhebung hätte aufdrängen müssen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).


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