Verwaltungsrecht

Erfolgreicher Eilantrag gegen die Nebenentscheidungen zum Widerruf von Waffenbesitzkarten

Aktenzeichen  W 9 S 19.509

Datum:
8.5.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 11385
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80 Abs. 5 S. 1
WaffG § 46

 

Leitsatz

1 Auch bei einem sofort vollziehbaren Widerruf von Waffenbesitzkarten muss die Frist zu deren Rückgabe an die Waffenbehörde angemessen bemessen und darf im Regelfall zwei Wochen nicht unterschreiten. (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)
2 Zur Abgabe von Waffen und Munition ist in der Regel eine Frist von einem Monat angemessen. (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers im Verfahren W 9 K 19.508 gegen den Bescheid des Landratsamts Main-Spessart vom 25. April 2019 wird bezüglich Ziffern 2 und 3 wiederhergestellt und bezüglich Ziffer 6 angeordnet.
Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
II. Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens zu ¾ und der Antragsteller zu ¼ zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 5.875,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen die im verfahrensgegenständlichen Bescheid ergangenen Nebenentscheidungen zum Widerruf seiner beiden Waffenbesitzkarten.
1. Mit Bescheid vom 25. April 2019 widerrief das Landratsamt Main-Spessart (im Folgenden: Landratsamt) die waffenrechtlichen Erlaubnisse (Waffenbesitzkarte Nr. …5 und Waffenbesitzkarte Nr. …9) des Antragstellers (Ziffer 1 des Bescheides). Dem Antragsteller wurde aufgegeben, die Waffenbesitzkarten unverzüglich, spätestens jedoch bis zum 10. Mai 2019 beim Landratsamt abzugeben (Ziffer 2). Darüber hinaus wurde der Antragsteller verpflichtet, die vorhandenen zehn Langwaffen sowie die noch vorhandene Munition bis spätestens 10. Mai 2019 einem Berechtigten zu überlassen oder dauerhaft unbrauchbar machen zu lassen. Dies sei dem Landratsamt schriftlich nachzuweisen (Ziffer 3). Für die Ziffern 2 und 3 wurde die sofortige Vollziehung angeordnet (Ziffer 4). Nach fruchtlosem Ablauf der in Ziffer 3 genannten Frist würden die zehn Langwaffen sowie die noch vorhandene Munition vom Landratsamt sichergestellt (Ziffer 5). Für den Fall, dass der Antragsteller die Verpflichtungen in Ziffern 2 und 3 nicht rechtzeitig erfülle, werde ein Zwangsgeld in Höhe von 300,00 EUR zur Zahlung fällig. Sei das Zwangsgeld uneinbringlich, könne das Landratsamt beim Verwaltungsgericht Würzburg Ersatzzwangshaft beantragen (Ziffer 6). Dem Antragsteller wurden die Kosten des Verfahrens auferlegt und es wurde eine Gebühr in Höhe von 150,00 EUR festgesetzt (Ziffer 7).
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Antragsteller als Jäger Inhaber zweier Waffenbesitzkarten sei. Dem Landratsamt sei am 13. Februar 2019 bekannt geworden, dass gemäß einem Ermittlungsprotokoll der Kriminalpolizeiinspektion Würzburg vom 6. Februar 2019 anlässlich anderweitiger Ermittlungen eine Durchsuchung in der Wohnung des Antragstellers am 31. Januar 2019 stattgefunden habe. Dabei sei in einem unverschlossenen Zimmer der Wohnung festgestellt worden, dass Waffen und Munition nicht in der vorgeschriebenen Weise aufbewahrt worden seien. Vielmehr belege der Ermittlungsbericht, dass zwei Langwaffen zugriffsbereit neben der Zimmertür an der Wand gelehnt hätten. Der einzig vorhandene Waffenschrank habe offen gestanden. Neben dem Waffenschrank habe eine weitere Langwaffe ohne Futteral gestanden und eine weitere Langwaffe habe im Futteral auf dem Fußboden gelegen. Die Polizeibeamten seien auf größere Mengen Munition gestoßen, die ebenfalls offen herumgelegen hätten. Es sei auch eine geöffnete Munitionskiste entdeckt worden. Nach dem Wegräumen von Kleidungsstücken und Papieren auf dem Schreibtisch seien Einzelpatronen und Patronenschachteln zum Vorschein gekommen. Nach dem Polizeibericht und auch nach einer Rücksprache mit dem ermittelnden Polizeibeamten sei der Eindruck entstanden, dass den gesetzlich vorgesehenen Aufbewahrungsvorschriften in keiner Weise nachgekommen worden sei. Erschwerend sei hinzugekommen, dass der Antragsteller seine Wohnung in dem beschriebenen Zustand während seiner arbeitsbedingten Abwesenheit zurückgelassen habe. Dem Antragsteller sei Gelegenheit zur Äußerung mit Schreiben vom 21. März 2019 bis zum 11. April 2019 gegeben worden. Am 8. April 2019 habe der Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers sich gegenüber dem Landratsamt als Bevollmächtigter angezeigt. Eine Vollmacht sei erst am 17. April 2019 vorgelegt worden. In rechtlicher Hinsicht führte das Landratsamt zu den im hiesigen Verfahren relevanten Ziffern aus, dass nach dem Widerruf einer waffenrechtlichen Erlaubnis der Inhaber die Erlaubnisurkunde nach § 46 Abs. 1 Satz 1 WaffG der zuständigen Behörde unverzüglich zurückzugeben habe. Angesichts des Widerrufs ordne das Landratsamt nach § 46 Abs. 2 Satz 2 WaffG zudem an, dass der Antragsteller seine Waffen und Munition binnen angemessener Frist einem Berechtigten zu überlassen oder dauerhaft unbrauchbar zu machen habe. Würden die Waffen und die Munition nicht innerhalb der festgelegten Frist einem Berechtigten überlassen oder dauerhaft unbrauchbar gemacht, so könne das Landratsamt diese sicherstellen (§ 46 Abs. 2 Satz 2 WaffG). Rechtsgrundlage für die Anordnung des sofortigen Vollzugs der Ziffern 2 und 3 sei § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO. Es liege im überwiegenden öffentlichen Interesse, dass die angeordneten Maßnahmen vor der bei Ausschöpfung des Verwaltungsrechtsweges unter Umständen erst in mehreren Jahren zu erwartenden Unanfechtbarkeit des Bescheids wirksam würden. Durch die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei sichergestellt, dass dem Antragsteller innerhalb kürzester Zeit keine Möglichkeit verbleibe, die tatsächliche Gewalt über waffenrechtliche Erlaubnisurkunden sowie Waffen und Munition auszuüben. Dies solle vor allem der Sicherheit des Rechtsverkehrs und der Verhinderung eines eventuellen Missbrauchs dienen. Die Abwägung der widerstreitenden Interessen habe einen Vorrang der öffentlichen Belange ergeben. Die Androhung des Zwangsgeldes werde auf Art. 29, 30, 31 und 36 VwZVG gestützt.
Laut Empfangsbekenntnis wurde der Bescheid dem Bevollmächtigten des Antragstellers am 29. April 2019 zugestellt.
2. Am 3. Mai 2019 ließ der Antragsteller beim Verwaltungsgericht Würzburg Klage mit dem Antrag erheben, den Bescheid des Landratsamts vom 25. April 2019 in den Ziffern 1, 2, 3, 6, 7 aufzuheben. Gleichzeitig ließ er im hiesigen Verfahren beantragen,
die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid des Landratsamts Main-Spessart vom 25. April 2019 im Hinblick auf Ziffer 4 des mit der Klage angefochtenen Bescheids wiederherzustellen und die Ziffern 5 und 6 des Bescheids auszusetzen.
Zur Begründung wurde ausgeführt, die durch den Antragsgegner angesetzten Fristen bis zum 10. Mai 2019 seien unverhältnismäßig kurz. Der Antragsteller sei über den Bescheid von seinem Bevollmächtigten am 30. April 2019 informiert worden. Wegen des Maifeiertags und der Brückentage sei die Erledigung bis zum 10. Mai 2019 schlechterdings nicht möglich gewesen. Aus diesem Grund sei auch die Festsetzung des Zwangsgelds rechtswidrig. Gleiches gelte für die Androhung der Sicherstellung. Für die Eile des Antragsgegners gebe es keinen sachlichen Grund. Die Hausdurchsuchung beim Antragsteller am 31. Januar 2019 sei in Ansehung des Anlasses – Feststellungen zum Vorhandensein kinderpornographischen Materials – völlig erfolglos gewesen. Das Ermittlungsverfahren sei eingestellt worden. Der hier verfahrensgegenständliche Umstand sei ein Zufallsfund gewesen. Auch die Polizeibeamten hätten bei der Durchsuchung offenbar keine Gefahr im Verzug erkannt. Der Antragsteller habe noch am 31. Januar 2019 seine Waffen und Munition in den Waffenschrank geräumt. Eine besondere Eilbedürftigkeit habe danach nicht mehr bestanden. Es habe keine konkrete Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung bestanden. Der Antragsteller lebe allein in seiner abgeschlossenen Wohnung. Das Haus selbst sei ohne Schlüssel von außen durch fremde Personen nicht zu betreten. Im Haus wohnten ausschließlich Verwandte des Antragstellers. Die Vertretung des Antragstellers durch den Verfahrensbevollmächtigten sei dem Antragsgegner bereits mit Fax vom 8. April 2019 angezeigt worden. Das Datum auf der Vollmacht bestätige lediglich den Tag, an dem die Vollmacht unterschrieben worden sei. Im Übrigen werde auf den Vortrag im Hauptsacheverfahren Bezug genommen.
3. Das Landratsamt beantragte für den Antragsgegner,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung wurde auf den verfahrensgegenständlichen Bescheid verwiesen und im Übrigen insbesondere ausgeführt, dass die dem Antragsteller gesetzten Fristen nicht zu kurz bemessen seien. Der Antragsteller sei bereits am 21. März 2019 über den drohenden Widerruf seiner waffenrechtlichen Erlaubnisse informiert worden. Es sei für ihn auch kein Problem, die zehn Langwaffen einem Berechtigten aus dem engsten Familienkreis zu überlassen. Dieser Übertrag sei sofort möglich. Ein weiteres Zuwarten trotz des Anwaltswechsels sei nicht angezeigt gewesen. Es könne nicht von einer übertriebenen Eile gesprochen werden.
4. Hinsichtlich des weiteren Vortrags der Beteiligten sowie der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die vorliegende Behördenakte Bezug genommen. Die Verfahrensakte W 9 K 19.508 wurde beigezogen.
II.
Der Antrag hat überwiegend Erfolg. Er ist teilweise zulässig und ist in diesem Umfang auch begründet.
1. Der Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO ist bezüglich der Ziffern 2, 3 und 6 zulässig und insbesondere statthaft. Der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO ist statthaft, wenn der Kläger die Anordnung bzw. die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung einer in der Hauptsache erhobenen Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO begehrt, deren aufschiebende Wirkung nach § 80 Abs. 2 VwGO nicht gegeben ist. Dies ist vorliegend der Fall. Der Antragsteller hat zeitgleich mit dem vorliegenden Antrag eine Anfechtungsklage gegen die Ziffern 2, 3 und 6 des Bescheids des Landratsamts vom 25. April 2019 erhoben. Der Antrag zur Ziffer 4 ist auch darüber hinaus statthaft. Dabei geht das Gericht unter Berücksichtigung der §§ 88, 122 Abs. 1 VwGO und des weiteren Vortrags in der Antragsbegründung davon aus, dass der Antragsteller mit diesem Antrag die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 VwGO im Hinblick auf die Ziffern 2 und 3 begehrt, da die erhobene Klage wegen der Anordnung der sofortigen Vollziehung in Ziffer 4 nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO insoweit keine aufschiebende Wirkung hat. Auch bezüglich der Ziffer 6 des Bescheids ist der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO statthaft. Die aufschiebende Wirkung der Klage entfällt bezüglich dieser Ziffer nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. Art. 21a VwZVG.
Unbeschadet der Tatsache, dass der Antragsteller bislang gegen Ziffer 5 des Bescheids keine Klage erhoben hat, ist der Antrag bezüglich dieser Ziffer unzulässig. Dies folgt unabhängig von der Frage, ob die nach § 46 Abs. 2 Satz 2 WaffG eröffnete Möglichkeit, nach fruchtlosem Ablauf der Frist für die dauerhafte Unbrauchbarmachung von Waffen oder Munition oder für deren Überlassung an einen Berechtigten die Waffen oder die Munition sicherzustellen, auch zum Erlass eines entsprechenden Verwaltungsakts berechtigt (vgl. OVG Bautzen, B.v. 15.8.2017 – 3 B 157/17 – juris), daraus, dass der Antragsgegner diesbezüglich weder eine Anordnung der sofortigen Vollziehung nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO getroffen hat noch diese auf Grundlage der Fälle nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 – 3 oder Satz 2 VwGO entfällt.
2. Soweit der Antrag zulässig ist, ist er auch begründet.
Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 bis 3 VwGO ganz oder teilweise anordnen und im Fall des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ganz oder teilweise wiederherstellen. Das Gericht trifft dabei eine originäre Ermessensentscheidung. Es hat bei seiner Entscheidung über die Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung abzuwägen zwischen dem kraft Gesetzes bestehenden bzw. von der Behörde geltend gemachten Interesse an der sofortigen Vollziehung ihres Bescheids und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs. Bei dieser Abwägung sind auch die Erfolgsaussichten der Hauptsache als wesentliches, wenn auch nicht alleiniges Indiz für die vorzunehmende Interessenabwägung zu berücksichtigen. Ergibt die im Rahmen des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO allein mögliche, aber auch ausreichende summarische Prüfung, dass der Rechtsbehelf in der Hauptsache offensichtlich bzw. mit hoher Wahrscheinlichkeit erfolglos sein wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid schon bei summarischer Prüfung als offensichtlich bzw. mit hoher Wahrscheinlichkeit rechtswidrig, besteht kein öffentliches Interesse an dessen sofortiger Vollziehung. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens nicht hinreichend absehbar, verbleibt es bei einer (dann reinen) Interessenabwägung. Zudem prüft das Gericht in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO, ob die formellen Voraussetzungen des § 80 Abs. 3 VwGO eingehalten wurden.
2.1. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung ist vorliegend formell rechtmäßig. Insbesondere hat der Antragsgegner die Anordnung der sofortigen Vollziehung in ausreichender Weise gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO begründet. Er hat sich ausreichend mit den Umständen des Einzelfalls auseinandergesetzt und diese dargelegt. Auf dieser Grundlage hat er dem besonderen öffentlichen Interesse am sofortigen Wirksamwerden den Vorrang eingeräumt.
2.2. Eine summarische Prüfung des Bescheids nach dem obigen Maßstab ergibt vorliegend, dass die Klage gegen den verfahrensgegenständlichen Bescheid – soweit er hier Gegenstand des Antrags auf einstweiligen Rechtsschutz und zulässig ist – voraussichtlich Erfolg haben wird.
2.2.1.
Die Anordnung in Ziffer 2 wird sich voraussichtlich als rechtswidrig erweisen. Zwar sind die Voraussetzungen hierfür nach dem kraft Gesetzes sofort vollziehbaren Widerruf der Waffenbesitzkarten des Antragstellers nach § 45 Abs. 2, 5 WaffG grundsätzlich gegeben. Die für die Rückgabe der Urkunden gesetzte Frist des Antragsgegners ist aber zu kurz bemessen. Nach § 46 Abs. 1 Satz 1 WaffG hat der Erlaubnisinhaber seine Urkunden unverzüglich zurückzugeben. Eine „unverzügliche“ Rückgabe erfordert, dass er ohne schuldhaftes Zögern handelt, wobei nach Nr. 46.1 WaffVwV die Rückgabe innerhalb von zwei Wochen in der Regel als unverzüglich anzusehen ist. Da der verfahrensgegenständliche Bescheid am 29. April 2019 zugestellt wurde, unterschreitet die vorliegend gesetzte Frist bis zum 10. Mai 2019 diesen Zeitraum zu Lasten des Antragstellers, sodass diese insgesamt als rechtswidrig zu bewerten ist. Anhaltspunkte, dass im hier gegebenen Fall ausnahmsweise eine kürzere Frist angezeigt gewesen wäre, lassen sich der Begründung des verfahrensgegenständlichen Bescheids nicht entnehmen und sind darüber hinaus nicht ersichtlich.
2.2.2.
Die Verpflichtung zur Abgabe von Waffen und Munition in Ziffer 3 des Bescheids wird sich ebenfalls als rechtswidrig erweisen, da auch insoweit die gesetzte Frist nicht den gesetzlichen Anforderungen nach § 46 Abs. 2 Satz 1 WaffG entspricht. Die bis zum 10. Mai 2019 gesetzte Frist kann vor dem Hintergrund der Zustellung am 29. April 2019 nicht als „angemessen“ im Sinne des Gesetzes angesehen werden. Der dem Antragsteller verbliebene Zeitraum unterschreitet deutlich die nach Rechtsprechung und Literatur als angemessen angesehene Frist von einem Monat, die aus § 46 Abs. 5 WaffG hergeleitet wird (vgl. VG München, B.v. 18.6.2013 – M 7 S 13.2331 – juris; Runkel in Adolph/Brunner/Bannach, Waffenrecht, § 46 Rn. 10). Hiergegen greift nicht der Vortrag des Antragsgegners durch, wonach es dem Antragsteller aufgrund seines Verwandtschaftsverhältnisses zu Jägern möglich sein soll, diese Frist leicht einzuhalten, und er auch bereits durch das Anhörungsschreiben vom 21. März 2019 vom Widerruf seiner waffenrechtlichen Erlaubnisse in Kenntnis gesetzt worden sei. Eine Anhörung stellt noch keine abschließende Entscheidung einer Behörde dar, sondern erfolgt im Rahmen des Verwaltungsverfahrens zur weiteren Klärung des Sachverhalts und zur Wahrung der Rechte des Betroffenen. Es ist für den Bürger in diesem Stadium noch nicht ersichtlich, ob und wie die Behörde abschließend entscheiden wird. Damit bestand für den Antragsteller bis zur Bekanntgabe des Bescheids am 29. April 2019 noch keine Veranlassung, Dispositionen für die Abgabe an einen Berechtigten zu treffen. Darüber hinaus können allein die verwandtschaftlichen Beziehungen zu anderen Jägern nicht zu einer derart kurzen Frist, wie sie vorliegend festgesetzt wurde, führen. Die grundsätzlich als angemessen angesehene Frist von einem Monat wird mit nicht einmal zwei Wochen um mehr als die Hälfte unterschritten.
2.2.3.
Darüber hinaus ist die Zwangsgeldandrohung (Ziffer 6) zu unbestimmt erfolgt und ist bei summarischer Prüfung ebenfalls rechtswidrig. Die pauschale Anordnung eines Zwangsgeldes bei einem Verstoß gegen die Anordnungen in Ziffern 2 und 3 des Bescheids genügt nicht den Anforderungen des Art. 36 Abs. 5 VwZVG, Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG. Nach Auffassung der Kammer ist nicht eindeutig ersichtlich, ob das Zwangsgeld in Höhe von 300,00 EUR bereits bei Nichterfüllung einer der genannten Pflichten in Ziffer 2 oder 3 anfällt oder ob es erst bei Nichteinhaltung beider Handlungspflichten nach Ziffern 2 und 3 fällig wird.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. In Anbetracht des überwiegenden Obsiegens des Antragstellers schien eine Quotelung von ¾ zu Lasten des Antragsgegners im Verhältnis von ¼ zu Lasten des Antragstellers als angemessen.
4. Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG. Das Gericht orientiert sich dabei an Nr. 50.2 des Streitwertkatalogs 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit sowie dem Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 5. Juli 2017, Az. 21 CS 17.856. Danach ist – unabhängig von der Anzahl der im Streit befindlichen Waffenbesitzkarten – für eine Waffenbesitzkarte einschließlich einer Waffe von einem Wert von 5.000,00 EUR auszugehen; zuzüglich 750,00 EUR für jede weitere Waffe. Daher ergibt sich für die zwei Waffenbesitzkarten und die insgesamt zehn registrierten Waffen unter Abweichung von der vorläufigen Streitwertfestsetzung in der Hauptsache ein Streitwert von 11.750,00 EUR. Unter Berücksichtigung von Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs ist hiervon nur die Hälfte im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes anzusetzen, sodass ein Streitwert von 5.875,00 EUR festzusetzen ist. Diesen Streitwert hat die Kammer vorliegend trotz des Umstands als maßgeblich erachtet, dass der Antragsteller sich nicht gegen Ziffer 1 des Bescheids (Widerruf der Waffenbesitzkarten) gewandt hat. Hierfür war ausschlaggebend, dass die mit dem vorliegenden Verfahren angegriffenen Maßnahmen aus dem Widerruf seiner beiden Waffenbesitzkarten resultiert haben.

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