Verwaltungsrecht

Erteilung einer Erlaubnis zur Ausübung des ärztlichen Berufs

Aktenzeichen  M 16 K 15.3571

Datum:
12.4.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BÄO BÄO § 3 Abs. 1 Nr. 2, § 8

 

Leitsatz

Die Approbation als Arzt ist nur zu erteilen, wenn der Arzt sich nicht eines Verhaltens schuldig gemacht hat, aus dem sich die Unwürdigkeit für die Ausübung des Berufs ergibt. Unwürdig ist, wer nicht mehr das Ansehen und Vertrauen besitzt, das zur Berufsausübung erfoderlich ist. Dies kann sich aus einem schwerwiegenden Fehlverhalten des Arztes ergeben. Bestimmte Straftaten können wegen ihre Schwere oder spezifischen Prägung das für einen Arzt unabdingbare Vetrauen zerstören, auch wenn ihre Begehung keinen unmittelbaren Bezug zur ärztlichen Tätigkeit hat (BVerwG BeckRS 2003, 21187) (redaktioneller Leitsatz)
Behörden und Gerichte können sich zur Beurteilung der Würdigkeit des Arztes auf den im rechtskräftigen Strafurteil festgestellten Sachverhalt stützen. Etwas anderes kann ausnahmsweise gelten, wenn gewichtige Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit des Strafurteils sprechen, insbesondere ersichtlich Wiederaufnahmegründe vorliegen oder Behörde und Verwaltungsgericht den Sachverhalt nunmehr besser aufklären können (BVerwG BeckRS 2014, 48928). Solche Anhaltspunkte ergeben sich nicht aus einem privaten Rechtsgutachten. (redaktioneller Leitsatz)
Nach dem Widerruf der Approbation kann die Würdigkeit wieder erlangt werden, wenn der Arzt das zur Berufsausübung erforderliche Vertrauen und Ansehen wieder gewonnen hat. Dazu ist das Durchlaufen eines Reifeprozesses erforderlich, dessen Beginn und Dauer in der Rechtsprechung unterschiedlich beantwortet wird. Maßgeblich ist eine Gesamtwürdigung. Dabei sind die seit der Tat vergangene Zeit, die beanstandungsfreie Lebensführung und die Einsicht in das Fehlverhalten von Bedeutung. Einem Wohlverhalten während des schwebenden Widerrufsverfahrens kommt nur geringe Bedeutung zu. (redaktioneller Leitsatz)
Nach dem Widerruf der Apporbation kann ein Antrag auf Wiedereteilung zurückgestellt und zunächst im Wege einer Ermessensentscheidung eine auf zwei Jahre befristete Erlaubnis zur Ausübung des ärztlichen Berufs erteilt werden, wenn zu erwarten ist, dass der Arzt innerhalb dieser Zeit die Würdigkeit zur Ausübung des Berufs wieder erlangt. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Die Bescheide der Regierung von Oberbayern vom 22. Juli 2015 und vom 21. Oktober 2015 werden aufgehoben. Der Beklagte wird verpflichtet, über die Erteilung einer Berufserlaubnis gemäß § 8 BÄO erneut zu entscheiden und hierbei die Rechtsauffassung des Gerichts zu beachten. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II.
Von den Kosten des Verfahrens tragen der Kläger 2/3 und der Beklagte 1/3.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die Kammer entscheidet ohne weitere mündliche Verhandlung, nachdem die Beteiligten sich damit einverstanden erklärt haben, § 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
A. Der Kläger begehrt mit seinem hilfsweise gestellten Antrag in seinem Schriftsatz vom 7. Dezember 2015, die Regierung zu verpflichten, ihm eine ärztliche Erlaubnis zu erteilen. Nach § 88 VwGO ist der Antrag dahingehend auszulegen, dass der Kläger die Aufhebung des Bescheids vom 21. Oktober 2015 und die Verpflichtung des Beklagten, ihm eine ärztliche Erlaubnis zur Ausübung des ärztlichen Berufes auf eine nicht selbstständige und nicht leitende Tätigkeit zu erteilen, begehrt.
B. Mit dem Schriftsatz vom 7. Dezember 2015 hat der Kläger seine Klage erweitert. Die damit verbundene Klageänderung ist nach § 91 Abs. 1 Alt. 2 VwGO sachdienlich, da der Zuspruch einer Erlaubnis nach § 8 BÄO als ein Minus zum Zuspruch der beantragten Approbation angesehen werden kann. Nach der gesetzlichen Regelung kann eine Erlaubnis nach § 8 BÄO dann erteilt werden, wenn noch nicht alle Voraussetzungen für die Erteilung einer Approbation erfüllt sind, insbesondere, wenn noch kein Verhalten prognostiziert werden kann, das eine Unwürdigkeit oder eine Unzuverlässigkeit ausschließt (vgl. VG Augsburg, B.v. 18.6.2015 – Au 2 E 14.1733 – juris Rn. 18; VG Freiburg, U. v. 22.5.2007 – 1 K 1634/06 – juris Rn. 27; VG München, U.v. 6.8.2002 – M 16 K 01.2779 – juris Rn. 40).
C. Die zulässige Klage ist teilweise begründet. Die Ablehnung der Approbationserteilung durch die Regierung ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Die Klage war daher insoweit abzuweisen. Die Verweigerung einer Berufserlaubnis gem. § 8 BÄO ist hingegen ermessensfehlerhaft und führt dazu, dass der Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden ist, § 113 Abs. 5 Sätze 1 und 2 VwGO. Der Kläger hat einen Anspruch darauf, dass ihm eine Erlaubnis gemäß § 8 BÄO dem Grunde nach erteilt wird. Die inhaltlichen Maßgaben einer Berufserlaubnis liegen im Ermessen der Regierung, so dass diese zur Neubescheidung zu verpflichten war. Die beantragte Erteilung einer Erlaubnis nach § 8 BÄO enthält als Minus einen Bescheidungsantrag. Da § 8 Abs. 1 BÄO eine Zurückstellung der Entscheidung über die Approbationserteilung vorsieht, war der Bescheid vom 22. Juli 2015 ebenfalls aufzuheben, obwohl der Kläger derzeit keinen Anspruch auf die Approbation hat (vgl. VG Freiburg, U. v. 22.5.2007 – 1 K 1634/06 – juris Rn. 19 und 27).
Der Kläger hat im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung durch das Gericht keinen Anspruch auf eine Wiedererteilung der Approbation als Arzt. Da die Beteiligten mit der Fortführung im schriftlichen Verfahren einverstanden waren, tritt dieser Zeitpunkt an Stelle des Zeitpunkts der letzten mündlichen Verhandlung.
I.
Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BÄO ist die Approbation als Arzt u. a. dann zu erteilen, wenn der Antragsteller sich nicht eines Verhaltens schuldig gemacht hat, aus dem sich seine Unwürdigkeit (oder Unzuverlässigkeit) für die Ausübung des ärztlichen Berufes ergibt. Ein Arzt ist zur Ausübung des ärztlichen Berufs unwürdig, wenn er durch sein Verhalten nicht mehr das Ansehen und das Vertrauen besitzt, das für die Ausübung seines Berufs unabdingbar nötig ist. Diese Definition knüpft die Feststellung der Berufsunwürdigkeit im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit an hohe Voraussetzungen an. Sie verlangt ein schwerwiegendes Fehlverhalten des Arztes, das bei Würdigung aller Umstände seine weitere Berufsausübung im maßgeblichen Zeitpunkt untragbar erscheinen lässt. Entscheidend ist, dass das Verhalten des Arztes für jeden billig und gerecht Denkenden als Zerstörung der für die ärztliche Tätigkeit unverzichtbaren Vertrauensbasis erscheint. Bestimmte Straftaten können wegen ihrer Schwere und ihrer spezifischen Prägung selbst dann das für einen Arzt unabdingbare Vertrauen und Ansehen zerstören, wenn sie bei ihrer Begehung keinen unmittelbaren Bezug zur ärztlichen Tätigkeit haben (BVerwG, B.v. 28.1.2003 – 3 B 149/02 – juris Rn. 4 f.).
II.
Die im Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 16. November 2010 (Az. M 16 K 10.3784) festgestellten Voraussetzungen für eine Unwürdigkeit bestehen beim Kläger auch im heutigen Entscheidungszeitpunkt, in dem es um die Wiedererteilung der Approbation geht, weiter fort. Eine Unzuverlässigkeit des Klägers wurde im damaligen Urteil nicht festgestellt.
1. Zunächst führt das vom Kläger eingeholte Rechtsgutachten zu keiner anderslautenden Bewertung des strafrechtlich gewürdigten Sachverhalts im Hinblick auf die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BÄO (vgl. insoweit auch VG München, B.v. 14.9.2015 – M 16 E 15.3563 – juris Rn. 25). Wie das Gericht bereits in seinem Urteil vom 16. November 2010 ausgeführt hat, kann der in rechtskräftigen Strafurteilen festgestellte Sachverhalt – ebenso wie die vorgenommene strafgerichtliche Würdigung – regelmäßig zur Grundlage einer behördlichen oder gerichtlichen Beurteilung der betroffenen Persönlichkeit gemacht werden. Etwas anderes könnte ausnahmsweise nur dann gelten, wenn gewichtige Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der strafgerichtlichen Tatsachenfeststellungen sprechen, insbesondere wenn ersichtlich Wiederaufnahmegründe im Sinne von § 359 StPO, namentlich im Falle der Beibringung neuer Tatsachen oder Beweismittel, die eine für den Betroffenen günstigere strafrechtliche Entscheidung zu begründen geeignet sind, vorliegen oder wenn die Behörden oder Verwaltungsgerichte den Sachverhalt nunmehr besser als das Strafgericht aufklären können. Es bedarf insoweit der Darlegung substantiierter, nachprüfbarer Umstände, die eine Unrichtigkeit der in dem rechtskräftigen Strafurteil getroffenen Feststellungen belegen können (vgl. BVerwG, B.v.13.2.2014 – 3 B 68.13 – juris Rn. 5; BayVGH, U.v. 18.10.2011 – 21 BV 11.55 – juris Rn. 28 ff.). Die vom Kläger geltend gemachte abweichende Rechtsauffassung sowie das hierzu vorgelegte Rechtsgutachten stellen keine Beweismittel in diesem Sinne dar, welche sich auf den strafrechtlich gewürdigten Sachverhalt beziehen.
2. Bei den Regelungsinstrumenten der Approbationserteilung (§ 3 BÄO) und ihrer Aufhebung (§ 5 BÄO) handelt es sich nicht um Sanktions- bzw. Strafbestimmungen, sondern um Sicherungsmaßnahmen, um die Gesundheit des einzelnen Patienten und der Bevölkerung zu schützen, indem unzuverlässige wie auch unwürdige Ärzte von der Ausübung ihres Berufs ferngehalten werden. Der Widerruf wie auch die (Wieder)-Erteilung der Approbation stehen nicht im Ermessen der Behörde; sie müssen vielmehr ausgesprochen bzw. versagt werden, wenn ihre Voraussetzungen vorliegen. Die Wiedererlangung der Würdigkeit setzt voraus, dass sich an der zum Widerruf führenden Sachlage nachweislich etwas zum Guten geändert hat, also der Arzt das für die Ausübung seines Berufes erforderliche Ansehen und Vertrauen zurückerlangt hat. Dazu ist es erforderlich, dass der Arzt einen Reifeprozess durchläuft. Den erforderlichen Reifeprozess hat ein Arzt erfolgreich durchlaufen, wenn bei Würdigung aller Umstände nicht mehr zu besorgen ist, dass dessen selbstständige Berufstätigkeit das Vertrauen der Öffentlichkeit in den Berufsstand nachhaltig erschüttern könnte (vgl. BVerwG, B.v. 15.11.2012 – 3 B 36/12 – juris Rn. 7).
3. In der Rechtsprechung wird die Frage, welcher Zeitpunkt für den Beginn des erforderlichen Reifeprozesses maßgeblich ist, nicht einheitlich gesehen. Jedoch wird nicht nur der Beginn des Reifeprozesses verschieden beurteilt, sondern auch die Dauer des Reifeprozesses teilweise nach unterschiedlichen Regelzeiträumen bewertet. Allen Ansichten in der Rechtsprechung ist gemeinsam, dass sie nicht auf feste zeitliche Grenzen für die Wiedererlangung der Würdigkeit abstellen, sondern eine Gesamtschau vornehmen. Nach allen in der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte vertretenen Ansichten, hat der Kläger den erforderlichen Reifeprozess noch nicht durchlaufen, weshalb ihm keine Approbation zu erteilen ist.
a. Die Rechtsprechung der süddeutschen Verwaltungsgerichte im Land Baden-Württemberg und im Freistaat Bayern knüpft bislang in aller Regel an den Zeitpunkt an, in dem der Widerruf der ärztlichen Approbation bestandskräftig geworden oder in dem die Ausübung der ärztlichen Tätigkeit tatsächlich eingestellt worden ist (vgl. BayVGH, U.v. 15.2.2000 – 21 B 96.1637 – juris Rn. 59; VG Regensburg, U.v. 29.7.2010 – RO 5 K 09.2408 – juris Rn.65; VG Würzburg, U.v. 26.10.2009 – W 7 K 09.90 – juris Rn. 17 und 19; VG Freiburg, B.v. 22.5.2007 – 1 K 1634/06 -, juris Rn. 22; VG Stuttgart U.v. 21.09.2006 – 4 K 2576/06 – juris Rn. 20, 24). Die süddeutsche Rechtsprechung fordert darüber hinaus grundsätzlich das Vorliegen einer außerberuflichen Bewährungszeit. Während eines schwebenden Straf- und/oder Widerrufverfahrens wird sich ein Betroffener besonders rechtstreu verhalten, so dass diesem Umstand nach der süddeutschen Rechtsprechung kein besonderes Gewicht zukommen kann. Im Rahmen einer Gesamtschau ist zu untersuchen, ob der jeweilige Arzt den erforderlichen Reifeprozess durchlaufen hat. Der Zeitablauf, für den die süddeutsche Rechtsprechung vielfach einen Regelzeitraum von fünf Jahren annimmt, ist nur ein Faktor unter vielen, wobei der schlichte Zeitablauf allein nicht ausreicht, den grundlegend erforderlichen Persönlichkeitswandel anzunehmen.
Die außerberufliche Bewährungszeit begann nach der süddeutschen Rechtsprechung mithin vorliegend frühestens am 13. Februar 2014 (Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 13. Februar 2014, Az. …), mit dem die Beschwerde der Nichtzulassung der Revision durch den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zurückgewiesen wurde). Richtigerweise wäre wohl auf den Zeitpunkt der Rückgabe der Approbation am 31. März 2014 abzustellen. Der Zeitraum der – wohlwollend für den Kläger gerechnet vom 13. Februar 2014 bis heute – mit zwei Jahren und etwas mehr als zwei Monaten für eine Bewährungsbeurteilung zur Verfügung steht, ist jedoch vor dem Hintergrund der tatmehrheitlich in mehr als 6.000 Fällen über mehrere Jahre begangenen Straftaten des Klägers und den zu Unrecht erhaltenen ärztlichen Honoraren in Höhe von mehr als EUR 150.000,00 zu kurz, um das Verdikt der Unwürdigkeit zu überwinden.
Der Umstand, dass der Kläger die strafgerichtliche Verurteilung vom … Dezember 2009 noch im Eilverfahren auf (vorläufige) Erteilung einer Approbation als Fehlurteil ansah (vgl. VG München, B.v. 14.9.2015 – M 16 E 15.3563 – juris Rn. 21), spricht ebenfalls gegen das vollständige Durchlaufen eines Reifeprozesses, der es erlaubt, den erforderlichen Persönlichkeitswandel beim Kläger anzunehmen. Auch eine Antragstellung zur Neuerteilung einer Approbation unmittelbar nach Abschluss der Gerichtsverfahren betreffend den Approbationswiderruf am 15. April 2014 – d. h. kurz nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 2014 – zeugt nicht von einer Einsicht in ein vorangegangenes Fehlverhalten (vgl. BayVGH, B.v. 29.3.2007 – 21 ZB 06.1880 – juris Rn. 10) und das erforderliche Durchlaufen eines Reifeprozesses. Daran ändert auch die anwaltliche Beratung des Klägers, alle Rechtsschutzmöglichkeiten auszuschöpfen, nichts. Der Kläger hat die jeweiligen Rechtsanwälte offensichtlich selbst beauftragt und mandantiert. Den ersten Antrag auf Wiedererteilung der Approbation hat der Kläger sogar selbst gestellt.
Die süddeutsche Rechtsprechung erlaubt es, auch weitere Umstände in die Gesamtwürdigung einfließen zu lassen, die vor einer außerberuflichen Bewährungszeit liegen. Der Kläger hat die beanstandete Abrechnungsmethode bereits Anfang 2006 bzw. Ende 2005 eingestellt. Von Anfang 2006 bis Anfang 2014 hat der Kläger zudem weiter als Arzt praktiziert und ordnungsgemäß abgerechnet. Auch wenn diese Zeiträume in die Gesamtwürdigung mit dem nach der süddeutschen Rechtsprechung gebotenen eher geringen Gewicht einbezogen werden, ändert das nichts an der noch nicht wieder erlangten Würdigkeit.
Besondere Umstände, durch welche der Kläger in aktiver Weise über den bloßen Umstand einer beanstandungsfreien Lebensführung an der Wiederherstellung seiner Würdigkeit besonders mitgewirkt hat, sind nicht ersichtlich. Der sehr kurze Einsatz für Bergbauern kann insoweit nicht herangezogen werden. Der Zeitpunkt der Vorlage der Bescheinigung und der Zeitraum der Tätigkeit für Bergbauern erwecken zudem den Eindruck, dass der Kläger noch für das hiesige Gerichtsverfahren versuchte, Fakten zu schaffen, die besonders für einen Reifeprozess sprechen.
Für den noch nicht absolvierten Reifeprozess spricht auch der von der süddeutschen Rechtsprechung angenommene Regelzeitraum von fünf Jahren. Diese fünf Jahre sind noch nicht abgelaufen, sondern allenfalls erst zur Hälfte absolviert. Das Gericht betont in diesem Zusammenhang allerdings, dass dieser Regelzeitraum keinesfalls schematisch anzuwenden ist, vielmehr ist jeder Einzelfall gesondert zu beurteilen. Die vom Gericht vorgenommene Bewertung des Einzelfalls erlaubt hier mangels wieder erlangter Würdigkeit keine Erteilung einer Approbation
b. Nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Niedersachsen (NdsOVG, B.v. 29.07.2015 – 8 ME 33/15 – juris Rn. 21 ff. und B.v. 23.09.2015 – 8 LA 126/15 – juris Rn. 12 ff.) beginnt die Bewährungszeit mit dem Einstellen der zum Vorwurf gemachten Handlungen. Das erforderliche Wohlverhalten ist auch während eines behördlichen Verfahrens möglich. Ein Appell der Läuterung durch behördliche oder gar gerichtliche Entscheidung betrachtet die niedersächsische Rechtsprechung als nicht notwendig. Darüber hinaus nimmt die niedersächsische Rechtsprechung auch eine Gesamtwürdigung vor. Dabei kommt Zeiten der inneren Reifung unter Eindruck eines behördlichen Verfahrens ein geringeres Gewicht zu. Zu berücksichtigen sind ferner die Art und Schwere sowie Zahl der Verfehlungen. Die Dauer der Reifezeit bei gravierenden Verfehlungen im außerberuflichen Wirkungskreis setzt die niedersächsische Rechtsprechung grundsätzlich mit mindestens fünf Jahren und mit mindestens acht Jahren im beruflichen Wirkungskreis fest. Die niedersächsische Rechtsprechung lehnt sich nach eigener Angabe an die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Fortdauer einer die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft ausschließenden Berufsunwürdigkeit an. Die Auswirkung des Drucks eines straf- und approbationsrechtlichen Verfahren auf die Dauer der gesamten Bewährungszeit beurteilt die niedersächsische Rechtsprechung auch in einer Gesamtschau, wobei das Oberverwaltungsgericht Niedersachsen (NdsOVG, B.v. 29.07.2015 – 8 ME 33/15 – juris Rn. 30) in einem Einzelfall von einem Verhältnis von drei zu zwei ausgegangen ist. In den vorgenannten Entscheidungen wurden viereinhalb Jahre Bewährungszeit unter Druck eines straf- bzw. verwaltungsrechtlichen Verfahrens in drei Jahre Bewährungszeit umgerechnet.
Auch nach der niedersächsischen Rechtsprechung ist die erforderliche Wohlverhaltensphase des Klägers noch nicht beendet. Seit dem Einstellen der fehlerhaften Abrechnung sind rund zehn Jahre vergangen. Zugunsten des Klägers unterstellt das Gericht, dass er erst mit Zustellung der Anklage im Oktober 2009 von einer möglichen Strafbarkeit seines Verhaltens ausgehen konnte. Ab Oktober 2009 bis zum Frühjahr 2014 stand der Kläger beinahe durchgehend unter dem Eindruck eines Strafverfahrens und des Approbationswiderrufsverfahrens. Dabei handelt es sich um einen Zeitraum von rund viereinhalb Jahren, der mit einem deutlich geringeren Gewicht als die weiteren fünfeinhalb Jahre Bewährungszeit zu werten ist.
Die vom Kläger begangenen Abrechnungsbetrügereien sind schwere Straftaten mit unmittelbarem Bezug zum beruflichen Wirkungskreis des Arztes, so dass nach dem aufgezeigten Maßstab der niedersächsischen Rechtsprechung regelmäßig ein Reifeprozess von mindestens acht Jahren zu absolvieren ist, um eine Kompensation der zu Tage getretenen charakterlichen Mängel annehmen zu können. In diesem Zusammenhang merkt das erkennende Gericht nochmals an, dass auch die niedersächsische Rechtsprechung keineswegs von starren Regelzeiträumen ausgeht und ebenfalls eine Gesamtschau vornimmt.
Das Gericht erachtet es im Fall des Klägers für angemessen, von dem viereinhalb Jahre währenden Bewährungszeitraum unter dem Eindruck eines straf- bzw. verwaltungsrechtlichen Verfahrens eine Reifedauer von zwei Jahren anzuerkennen. Hierbei berücksichtigt das Gericht die fehlende Einsichtigkeit des Klägers hinsichtlich der strafrechtlichen Relevanz seines Handelns in dem Eilverfahren vor dem Verwaltungsgericht München mit dem Aktenzeichen M 16 E 15.3563. Auch hat der Kläger über einen Zeitraum von mehreren Jahren in einer Vielzahl von Fällen nicht erbrachte Leistungen abgerechnet und so ärztliche Honorare in Höhe von mehr als EUR 150.000,00 zu Unrecht erhalten. Dieses Fehlverhalten wiegt offensichtlich schwer. Zugunsten des Klägers ist das Ausbleiben neuer Vorwürfe berufsrechtlicher Verfehlungen zu werten, wobei der Kläger unter dem Eindruck des strafrechtlichen Verfahrens und des Verfahrens rund um den Widerruf seiner Approbation besonders darauf geachtet haben wird, keine neuen Verfehlungen zu begehen.
Zu den vorgenannten (umgerechneten) zwei Jahren Bewährungszeit kommen weitere fünfeinhalb Jahre Bewährungszeit, die voll zu zählen sind. Damit kommt der Kläger auf eine Bewährungszeit von insgesamt siebeneinhalb Jahren. Diese Bewährungszeit ist nach den Maßstäben der niedersächsischen Rechtsprechung nicht ausreichend. Der Zeitraum von acht Jahren ist zwar auch nach dieser Rechtsprechung kein Dogma. Das erkennende Gericht erachtet es aber als angemessen, hier siebeneinhalb Jahre Bewährungszeit nicht ausreichen zu lassen. Hierfür sprechen die bereits soeben genannten Gesichtspunkte und die Ausführungen zu der süddeutschen Rechtsprechung.
c. Die vom Kläger zitierte sächsische Rechtsprechung (SächsOVG U.v. 13.03.2012 – 4 A 18/11 – Rn. 36 ff.) fordert in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung der übrigen Verwaltungsgerichte zunächst, dass sich etwas zum Guten gewandt haben muss. Dies setzt im Fall der Unwürdigkeit regelmäßig einen längeren inneren Reifeprozess zur Kompensation der zu Tage getretenen charakterlichen Mängel voraus. Ein innerer Reifeprozess hängt jedoch nicht von dem Eintritt rechtlicher Tatsachen ab. Eine Bewährung und innere Reife während einer Tätigkeit innerhalb des bisherigen und wieder angestrebten Berufes scheint nach der sächsischen Rechtsprechung am ehesten die Gewähr zu bieten, dass sich der Betreffende in maßgebender Weise zum Guten gewandelt hat, da dies die Bedingungen sind, unter denen er auch zukünftig seine Fähigkeit zu beanstandungsfreier Berufsausübung zeigen muss. Es ist nicht auf die rein zufällige Rechtskraft einer Widerrufsentscheidung abzustellen, zumal dadurch die Geltendmachung von Rechtsschutz zu Nachteilen bei Wiedererteilung der Approbation führen würde. Daher ist auch das Verhalten während eines laufenden Rechtsstreits über die Wirksamkeit des Widerrufs einer Approbation zu berücksichtigen. Die sächsische Rechtsprechung nimmt eine Gesamtschau vor. Auch im Zusammenhang mit der sächsischen Rechtsprechung verbietet sich jede schematische Anwendung von bestimmten Zeitabläufen, zumal das vorgenannte Urteil keinen Regelzeitraum für die Wiedererlangung der Würdigkeit vorgibt.
Wie bereits bei Anwendung der süddeutschen und niedersächsischen Rechtsprechung ausgeführt, ist nicht erkennbar, dass der Kläger zum aktuellen Zeitpunkt bereits den erforderlichen Reifeprozess endgültig durchlaufen hat. Dafür sprechen die bereits oben aufgeführten Tatsachen, vor allem der Umstand, dass der Kläger die strafgerichtliche Verurteilung vom … Dezember 2009 mindestens noch bis Herbst des Jahres 2015 im Verfahren M 16 E 15.3563 vor dem Verwaltungsgericht München als fehlerhaft ansah.
d. Das Bundesverwaltungsgericht (jüngst BVerwG B.v. 15.11.2012 – 3 B 36/12 – juris Rn. 7) fordert für die Wiederherstellung der Würdigkeit, dass sich die Sachlage „zum Guten geändert hat“, nämlich der Arzt das erforderliche Ansehen und Vertrauen zurückerlangt hat. Das ist der Fall, wenn bei Würdigung aller Umstände nicht mehr zu besorgen ist, dass dessen selbstständige Berufstätigkeit das Vertrauen der Öffentlichkeit in den Berufsstand nachhaltig erschüttern könnte. Im Wiedererteilungsverfahren sind daher im Rahmen einer Gesamtbetrachtung Art und Schwere des Fehlverhaltens sowie der zeitliche Abstand zu den die Unwürdigkeit begründenden Verfehlungen zu berücksichtigen, des Weiteren alle Umstände, die nach Abschluss des behördlichen Widerrufsverfahrens eingetreten sind. Ein beanstandungsfreies Verhalten, insbesondere eine nachträgliche berufliche Bewährung, fällt hiernach positiv ins Gewicht, während umgekehrt etwaige neue Verfehlungen negativ zu Buche schlagen.
Auf welchen Zeitpunkt sich die vorzitierte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts für den Beginn des erforderlichen Reifeprozesses bezieht, ist zwischen den Beteiligten streitig. Das erkennende Gericht geht zugunsten des Klägers davon aus, dass die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sich zumindest so auslegen lässt, dass auf den Zeitpunkt des Einstellens der zum Vorwurf gemachten Verfehlungen abzustellen ist.
Aber auch bei einer für den Kläger günstigen Auslegung hat er keinen Anspruch auf Erteilung einer Approbation, da es an dem erforderlichen Durchlaufen des Reifeprozesses fehlt. Nach der vorzunehmenden Gesamtwürdigung kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Würdigkeit des Klägers wiederhergestellt ist. Hierfür sprechen die bereits bei den anderen Rechtsansichten ausgeführten Argumente, insbesondere die noch im Herbst 2015 gezeigte Uneinsichtigkeit hinsichtlich der Strafbarkeit der fehlerhaften Abrechnungsmethode.
4. Dem Kläger wurde mit Bescheid der Landeshauptstadt München am 12. März 2016 die Erlaubnis zur Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung erteilt. Daraus folgt allerdings nicht, dass der Kläger wieder würdig im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 2 BÄO ist. Dies ergibt sich schon daraus, dass die für die Erteilung der Ausübung der Heilkunde entscheidende Norm des § 2 Abs. 1 Buchst. f der ersten DVHeilprG und die hier streitentscheidende Norm des § 3 Abs. 1 Nr. 2 BÄO völlig verschiedene unbestimmte Rechtsbegriffe beinhalten. § 2 Abs. 1 Buchst. f der 1. DVHeilprG spricht von sittlicher Zuverlässigkeit. § 3 Abs. 1 Nr. 2 BÄO verwendet die Begriffe der Zuverlässigkeit und der Würdigkeit. Diese Begriffe sind nach ihrem Wortlaut nicht deckungsgleich, auch der durch die Rechtsprechung geprägte Inhalt der beiden Begriffe ist verschieden.
a. An der Zuverlässigkeit im Sinne des § 2 Abs. 1 Buchst. f der 1. DVHeilprG fehlt es, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, der Heilpraktiker werde in Zukunft die Vorschriften und Pflichten nicht beachten, die sein Beruf mit sich bringt, und sich dadurch Gefahren für die Allgemeinheit oder die von ihm behandelten Patienten ergeben (vgl. VG Bremen, U.v. 26.09.2013 – 5 K 909/12 – juris Rn. 27).
b. An der hier entscheidenden Würdigkeit fehlt es, wenn ein Arzt durch sein Verhalten nicht mehr das Ansehen und das Vertrauen besitzt, das für die Ausübung seines Berufs unabdingbar nötig ist. Dies setzt ein schwerwiegendes Fehlverhalten des Arztes voraus, das bei Würdigung aller Umstände seine weitere Berufsausübung im maßgeblichen Zeitpunkt untragbar erscheinen lässt. Hierfür ist unerheblich, inwieweit das Fehlverhalten des Arztes in der Öffentlichkeit bekannt geworden ist. Entscheidend ist vielmehr, dass das Verhalten des Arztes für jeden billig und gerecht Denkenden als Zerstörung der für die ärztliche Tätigkeit unverzichtbaren Vertrauensbasis erscheint (vgl. BVerwG, B.v. 28.1.2003 – 3 B 149/02 – juris Rn. 4).
D. Der Kläger hat einen Anspruch darauf, dass ihm eine Erlaubnis gemäß § 8 BÄO dem Grunde nach erteilt wird. Die inhaltlichen Maßgaben einer Berufserlaubnis liegen hingegen im Ermessen der Regierung, so dass sie im Ergebnis zur Neubescheidung zu verpflichten war (VG Freiburg, U.v. 22.5.2007 – 1 K 1634/06 – juris Rn. 30).
I.
§ 8 Abs. 1 BÄO bestimmt, dass bei einem Arzt, dessen Approbation widerrufen worden ist und der einen Antrag auf Wiedererteilung der Approbation gestellt hat, die Entscheidung über diesen Antrag zurückgestellt und zunächst eine Erlaubnis zur Ausübung des ärztlichen Berufs bis zu einer Dauer von zwei Jahren erteilt werden kann. Bei dieser Entscheidung handelt es sich um eine Ermessensentscheidung (vgl. VG Freiburg, U.v. 16.4.2008 – 1 K 2521/07 – juris Rn. 17 ff., VG Freiburg, U.v. 22. Mai 2007 – 1 K 1634/06 – juris Rn. 27 und VG Gießen, U.v. 25.2.2002 – 10 E 2998/00 – juris Rn. 31). Dabei wird davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BÄO, nämlich hier die Wiederherstellung der Würdigkeit zur Ausübung des ärztlichen Berufs, im Zeitpunkt der Entscheidung hierüber noch nicht erfüllt sind, jedoch im Verlauf der Zweijahresfrist des § 8 Abs. 1 BÄO vorliegen werden (vgl. NdsOVG, B.v 29.7.2015 – 8 ME 33/15 – juris Rn. 16 und 17; im Sinne einer „Bewährungserlaubnis“ auch Spickhoff, Medizinrecht, 2. Aufl. 2014, § 8 BÄO Rn. 4).
II.
Der Kläger hat dem Grunde nach einen Anspruch auf die genannte Erlaubnis. Der Kläger erfüllt – wie dargelegt – im heutigen Zeitpunkt die Voraussetzung für eine endgültige Erteilung einer Approbation noch nicht. Entgegen der Auffassung der Regierung rechtfertigt die noch bestehende Unwürdigkeit gleichwohl nicht, dem Kläger auch eine vorläufige Berufserlaubnis nach § 8 BÄO zu versagen.
Die Würdigkeit des Klägers zur Ausübung des ärztlichen Berufs wird prognostisch innerhalb der maßgeblichen Frist von zwei Jahren wieder hergestellt sein. Entscheidend ist insoweit der im schriftlichen Verfahren greifende Zeitpunkt der Urteilsfassung.
1. Seit der Rückgabe der Approbation durch den Kläger am 31. März 2014 sind mittlerweile zwei Jahre vergangen. Auf diesen Zeitpunkt ist für den Beginn der von der süddeutschen Rechtsprechung (vgl. die Nachweise oben) geforderten außerberuflichen Bewährungszeit abzustellen.
a. Es ist keine Entscheidung ersichtlich, die auf das Ende der strafvollstreckungsrechtlichen Bewährungszeit für den Beginn des erforderlichen Reifeprozesses abstellt. Die Regierung benennt auch keine Rechtsprechung, die diese Ansicht belegt. Das von der Regierung zitierte Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg (VG Regensburg U.v. 29.7.2010 – RO 5 K 09.2408) stellt lediglich fest, dass der dortige Kläger vor dem Ende der strafvollstreckungsgerichtlichen Bewährungszeit unter einem Druck zum Wohlverhalten stehe. Gleichwohl knüpft auch dieses Urteil für den Beginn des Reifeprozesses an einen anderen Zeitpunkt an, nämlich an die Haftentlassung aus der Justizvollzugsanstalt des dortigen Klägers (VG Regensburg U.v. 29.7.2010 – RO 5 K 09.2408 – juris Rn. 64). Darüber hinaus konstatiert das Verwaltungsgericht Regensburg im damals zu entscheidenden Einzelfall, dass es im Hinblick auf die Tragweite und Bedeutung des Grundrechts der Berufsfreiheit und wegen des insgesamt langen Zeitraums, der seit der Begehung der Straftaten verstrichen ist, unverhältnismäßig wäre, dem Kläger auch nach Ablauf der strafrechtlichen Bewährungszeit noch eine weitere außerberufliche Bewährungszeit aufzuerlegen (VG Regensburg U.v. 29.7.2010 – RO 5 K 09.2408 – juris Rn. 107). Auch diese Feststellung des Verwaltungsgerichts Regensburg stützt die Rechtsansicht der Regierung nicht.
b. Ein Anknüpfen an den Zeitpunkt des Endes der strafvollstreckungsrechtlichen Bewährungszeit würde im vorliegenden Einzelfall nicht im Einklang mit der Forderung der süddeutschen Rechtsprechung einer „außerberuflichen Bewährungszeit“ (so die Rechtsprechung ausdrücklich, vgl. die Nachweise oben bei Darstellung der süddeutschen Rechtsprechung) stehen, da die strafvollstreckungsrechtliche Bewährungszeit – wie im Fall des Klägers – nach dem Beginn der außerberuflichen Phase liegen kann. Sobald der Kläger nicht mehr beruflich tätig war, bestand auch kein Druck mehr sich (beruflich) einwandfrei zu verhalten. Eine mögliche weitere Straftat außerhalb des beruflichen Bereichs hätte zudem nicht zwingend einen Widerruf der Aussetzung der Strafe zur Bewährung nach sich gezogen. Entsprechend § 56f Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StPO hätte der Kläger eine weitere Straftat begehen müssen, die erkennen lässt, dass er sich die Verurteilung nicht hat zur Warnung dienen lassen und er sich nicht ohne die Einwirkung des Strafvollzugs straffrei verhalten wird. Ein Arzt steht ferner auch ohne strafvollstreckungsrechtliche Bewährungsphase in der außerberuflichen Bewährungszeit zur Wiedererlangung der Approbation unter einem gewissen Druck zum Wohlverhalten, da erneute Verfehlungen zeigen, dass sich das Verhalten eines Arztes eben nicht zum Guten gewandt hat (vgl. BVerwG, B.v. 15.11.2012 – 3 B 36/12 – juris Rn. 7). Ein Abstellen auf das Ende der strafvollstreckungsrechtlichen Bewährungszeit ist auch aus anderen Gründen nicht sachgerecht.
c. Im Fall von betroffenen Ärzten, die gegen den behördlichen Widerruf ihrer Approbation nicht den Rechtsweg beschreiten, würde die strafvollstreckungsrechtliche Bewährungszeit möglicherweise erst Jahre nach der Einstellung der ärztlichen Tätigkeit und der Rückgabe der Approbation enden. Gleichwohl würde nach Ansicht der Regierung – diese konsequent angewandt – erst zu diesem Zeitpunkt die außerberufliche Bewährungszeit beginnen, obwohl ein Betroffener in solchen Fällen bereits für Jahre zuvor nicht als Arzt tätig war und sich damit möglicherweise bereits seit längerem außerberuflich bewährt hat.
2. Ein bloßer Zeitablauf von zwei weiteren Jahren außerberuflicher Bewährung ist für die Wiedererlangung der Würdigkeit zur Ausübung des ärztlichen Berufs prognostisch allein nicht ausreichend. Jedoch erkennt das Gericht beim Kläger einen mittlerweile greifenden Reifeprozess, der prognostisch innerhalb der nächsten zwei Jahre abgeschlossen sein wird.
Erkennbar ist der Kläger von seiner Ansicht, dass die strafrechtliche Verurteilung ein Fehlurteil darstellt, in den letzten Monaten abgerückt. Abgesehen von dem Schriftsatz vom 18. August 2015 vertritt der Kläger im vorliegenden Verfahren nicht mehr die Rechtsansicht, dass das strafrechtliche Urteil ein Fehlurteil sei. Vielmehr beschränkt er sich mit der Argumentation der Rechtsprechung anderer Verwaltungsgerichte zu der Frage der Wiedererlangung der Würdigkeit, was keineswegs gegen einen Reifeprozess spricht.
Der Kläger erweckte in der mündlichen Verhandlung vom 15. März 2016 zudem auch nicht den Eindruck, dass er sein fehlerhaftes Abrechnungsverhalten weiterhin für richtig hält.
3. Das durchaus zu berücksichtigende Wohlverhalten in der Vergangenheit stützt aus Sicht des Gerichts die Prognose, dass der Kläger mit dem Ablauf von zwei weiteren Jahren die Würdigkeit zur Ausübung des Berufs des Arztes wieder erlangt haben wird.
Auch die süddeutsche Rechtsprechung erlaubt es weitere Umstände in die Gesamtwürdigung einfließen zu lassen, die vor einer außerberuflichen Bewährungszeit liegen. Dementsprechend stellt die bayerische Rechtsprechung (vgl. etwa VG Bayreuth, U.v. 03.04.2012 – B 1 K 10.242 – juris Rn. 43) fest, dass dem Wohlverhalten vor einer außerberuflichen Bewährungszeit kein besonderes Gewicht zukommt – die bayerische Rechtsprechung verbietet es hingegen nicht, eine solche Phase des Wohlverhaltens nicht zu berücksichtigen. Der Kläger hat die beanstandete Abrechnungsmethode bereits Anfang 2006 bzw. Ende 2005 eingestellt. Von Anfang 2006 bis Anfang 2014 hat der Kläger zudem weiter als Arzt praktiziert und ordnungsgemäß abgerechnet. Der Umstand, dass die Verfehlungen des Klägers bereits zehn Jahre zurückliegen und dass er acht Jahre ordnungsgemäß als Arzt praktiziert hat, muss daher ebenfalls – mit dem gebotenen geringen Gewicht – in die Prognose der Wiedererlangung der Würdigkeit des Klägers einbezogen werden.
4. Eine zu der Rechtsansicht des Gerichts vergleichbare Bewertung wurde bereits im Verfahren M 16 K 10.3784 in der mündlichen Verhandlung vom 16. November 2010 von der Regierung vor dem Verwaltungsgericht München vertreten. Damals wurde dem Kläger angeboten, ihm nach Ablauf von zwei Jahren außerberuflicher Bewährungszeit eine Erlaubnis nach § 8 BÄO zu erteilen. Zum Zeitpunkt der damaligen mündlichen Verhandlung waren auch noch kein Ablauf von rund zehn Jahren nach Einstellen der Verfehlungen und acht Jahren beruflicher Bewährung gegeben, wie das mittlerweile der Fall ist. Trotzdem sah die Regierung eine außerberufliche Bewährungszeit von zwei Jahren bis zum Erteilen einer Erlaubnis nach § 8 BÄO als angemessen an. Es wurde damals auch noch nicht auf das Ende der strafvollstreckungsrechtlichen Bewährungszeit abgestellt, so dass der Kläger bereits während noch laufender Bewährung wieder als Arzt hätte tätig werden könne.
Mittlerweile bewertet die Regierung die erforderliche Länge der außerberuflichen Bewährungszeit abweichend und fordert den Ablauf einer längeren Zeitspanne, nämlich von drei Jahren, beginnend mit Ablauf der strafvollstreckungsrechtlichen Bewährungszeit. Der Hinweis der Regierung auf eine nunmehr geänderte Verwaltungspraxis und der diesbezügliche Aktenvermerk vermögen insoweit jedoch nicht zu überzeugen. Zunächst fällt auf, dass der Aktenvermerk in weiten Teilen den Eindruck vermittelt, dass zur Wiedererlangung der Würdigkeit eines Arztes bestimmte Zeitspannen vergehen müssen. Die Feststellung, dass ein Arzt wieder würdig ist, – das sei an dieser Stelle nochmals ausdrücklich betont – ist eine Einzelfallbetrachtung, die sich nicht in ein Korsett aus Regelzeiträumen zwängen lässt, mögen diese auch die alltägliche Verwaltungsarbeit der Regierung erleichtern. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg (VG Regensburg, U.v. 29. Juli 2010 – RO 5 K 09.2408), auf Grundlage dessen die Regierung auf den Ablauf der strafvollstreckungsrechtlichen Bewährungszeit abstellte, war der Regierung zudem am 16. November 2010 bekannt. Die Regierung war in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Regensburg (VG Regensburg, U.v. 29. Juli 2010 – RO 5 K 09.2408 – juris Rn. 24, 29 und 46) selbst beteiligt.
5. Die Erteilung einer Erlaubnis nach § 8 BÄO erscheint auch vor dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, dem gerade im Kontext des vorangegangenen Widerrufs einer Approbation wegen des Eingriffs in das Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG (Stufe der subjektiven Berufszulassungsschranke) besondere Bedeutung zukommt, geboten. Zugunsten des Klägers spricht insoweit auch, dass der bei ihm zu fordernde innere Persönlichkeitswandel (Wiedererlangung der Würdigkeit) nicht völlig beziehungslos zu Art und Umfang eines sozial und beruflich normalen Rahmens steht. Das heißt, dass der Kläger sich gerade auch anlässlich einer Berufsausübung des in den rechtskräftigen Urteilen zur Last gelegten Fehlverhaltens bewusst werden kann. Auch hierdurch kann parallel und in einem gewissen Sinne aktiv die Läuterung der Persönlichkeit erzielt bzw. vorangetrieben werden (vgl. VG Freiburg, U.v. 22.5.2007 – 1 K 1634/06 – juris Rn. 29).
6. Aufgrund dieser Erwägungen hält es das Gericht für gerechtfertigt bzw. geboten, dem Kläger in dem durch § 8 BÄO zur Verfügung gestellten, eingeschränkten Rahmen eine Berufsausübung zu ermöglichen. Die neuerdings von der Regierung vertretene Rechtsposition, erst drei Jahre nach Ablauf des Endens der strafvollstreckungsrechtlichen Bewährungsphase in eine solche Prüfung einzutreten, lässt sich nicht halten. Allerdings wird die Regierung im Rahmen des § 8 Abs. 2 BÄO noch Ermessen dahin auszuüben haben, mit welcher Frist und bezogen auf welche Tätigkeiten und Beschäftigungsstellen die Berufserlaubnis erteilt wird.
E. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung auf § 167 Abs. 1 und Abs. 2 VwGO in Verbindung mit den §§ 708 ff. ZPO.
Rechtsmittelbelehrung:
Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
schriftlich beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.
Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,
Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder
Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München
Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach
einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.
Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf EUR 30.000,– festgesetzt.
(§ 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG) in Verbindung mit Ziffern 16.1 und 1.1.4 des Streitwertkatalogs.)
Maßgeblich ist der Streitwert des Hauptantrags. Eine Addition von Haupt- und Hilfsantrag ist gem. § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG nicht vorzunehmen, da derselbe Gegenstand betroffen ist.


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