Verwaltungsrecht

Erwerb eines Erbbaurechtsgrundstücks – Verletzung beamtenrechtlicher Fürsorgepflicht

Aktenzeichen  W 1 K 15.222

Datum:
5.4.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BeamtStG BeamtStG § 54 Abs. 1
VwGO VwGO § 43
GO Art. 75
BauGB BauGB § 196

 

Leitsatz

1 Der Verkauf eines bisher im Rahmen eines Erbbaurechts genutzten, im Eigentum des Dienstherrn stehenden Grundstücks an den erbbauberechtigten Beamten berührt weder die Fürsorgepflicht des Dienstherrn, noch ist darin überhaupt eine Leistung des Dienstherrn aus dem bestehenden Dienst- und Treuverhältnis zu sehen. Der Grundstücksverkauf findet vielmehr im Bereich fiskalischen Handels der Behörde in der Form des Privatrechts statt. (redaktioneller Leitsatz)
2 Art. 75 Abs. 1 S. 2 GO schützt nicht den Erwerber des Grundstücks, sondern den Wertbestand des Gemeindevermögens vor Verschenkungen und spricht deshalb für die Veräußerung eines Grundstücks zum aktuellen Bodenrichtwert. Der Beamte kann aus dieser Vorschrift grundsätzlich keine Rechte ableiten. (redaktioneller Leitsatz)
3 Wird im Angebotsschreiben ausdrücklich auf die bevorstehende Änderung der Bodenrichtwerte hingewiesen und die Bindung an das Verkaufsangebot bis zur deren Veröffentlichung beschränkt, verletzt dies nicht die Fürsorgepflicht. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu vollstreckenden Kosten abwenden, falls nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Gegenstand der Klage ist nach dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Klageantrag die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Kaufpreiserhöhung durch den streitgegenständlichen Beschluss des Liegenschaftsausschusses der Beklagten.
I.
Der Verwaltungsrechtsweg ist gemäß § 54 Abs. 1 BeamtStG eröffnet, weil es sich um eine Streitigkeit aus dem Beamtenverhältnis handelt. Maßgeblich für die Bestimmung des zulässigen Rechtsweges ist die Rechtsnatur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Kläger seinen Anspruch ableitet (BVerwG, U.v. 15.11.1990 – 7 C 9/89 – juris Rn. 18 m. w. N.). Der Kläger stützt seinen Anspruch ausdrücklich auf das Beamtenverhältnis, insbesondere auf die beamtenrechtliche Fürsorgepflicht nach § 45 BeamtStG. Eine Verweisung des Rechtsstreits auf den ordentlichen Rechtsweg gemäß § 17a Abs. 2 Satz 1 Gerichtsverfassungsgesetz – GVG – kam daher nicht in Betracht.
II.
Die zulässige Klage ist nicht begründet.
1. Die Klage ist als Feststellungsklage gemäß § 43 Abs. 1 VwGO zulässig.
1.1 Dem steht insbesondere nicht die Subsidiarität der Feststellungsklage nach § 43 Abs. 2 VwGO entgegen. Ein Leistungsurteil, mit dem die Beklagte zur Erstattung der Kaufpreisdifferenz in Höhe von 5.685,00 EUR an den Kläger verurteilt würde, würde den begehrten Rechtsschutz nicht in gleichem Umfange gewähren wie ein Feststellungsurteil. Denn es geht dem Kläger ausdrücklich darum, die Rechtswidrigkeit der von ihm als Abstrafung und damit als Verstoß gegen die beamtenrechtliche Fürsorgepflicht empfundenen Kaufpreiserhöhung festzustellen. Die Rechtskraft des Leistungsurteils würde sich jedoch nicht auf das in seinen Gründen zu behandelnde Bestehen des Rechtsverhältnisses, das Gegenstand des Feststellungsbegehrens ist, erstrecken (vgl. BayVGH, B.v. 20.5.1999 – 7 B 99.557 – juris Rn. 13 f.m. w. N.).
1.2 Unter dem Gesichtspunkt der geltend gemachten Verletzung der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht fehlt der Klage auch weder die Klagebefugnis entsprechend § 42 Abs. 2 VwGO noch das Rechtsschutzbedürfnis. Der Kläger hat sich mit seinem Begehren zunächst an die Beklagte gewendet, diese hat demselben jedoch nicht abgeholfen (vgl. BVerwG, U.v. 18.6.2009 – 2 B 64/08 – juris Rn. 4). Es ist deshalb nicht ersichtlich, dass der begehrte Rechtsschutz für den Kläger nutzlos wäre, dass es eine einfachere und effektivere Möglichkeit zur Realisierung des Rechtsschutzes gäbe oder dass die Inanspruchnahme desselben rechtsmissbräuchlich wäre (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl. 2015, Vorbem. zu § 40 Rn. 38 ff., 48 ff., 52 ff.).
2. Die Klage ist jedoch nicht begründet. Eine Verletzung der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht aus § 45 BeamtStG durch die Kaufpreiserhöhung im streitgegenständlichen Beschluss des Liegenschaftsausschusses bzw. durch die zu diesem Beschluss führenden tatsächlichen und rechtlichen Umstände liegt nicht vor.
Nach § 45 Satz 1 BeamtStG hat der Dienstherr im Rahmen des Dienst- und Treueverhältnisses für das Wohl der Beamtinnen und Beamten und ihrer Familien zu sorgen. Er schützt gemäß § 45 Satz 2 BeamtStG die Beamtinnen und Beamten bei ihrer amtlichen Tätigkeit und in ihrer Stellung. Die Fürsorgepflicht beinhaltet damit zum einen die Pflicht des Dienstherrn, für das Wohl seiner Beamten und deren Familienangehörigen umfassend Sorge zu tragen, wovon nicht nur der rein dienstrechtliche Bereich erfasst ist, sondern auch teilweise das private Umfeld des Beamten (Knauff/Badenhausen-Fähnle in Brinktrine/Schollendorf, BeckOK Beamtenrecht Bund, BeamtStG § 45 Rn. 7; Plog/Wiedow, BeamtStG, § 45 Rn. 3). Daneben enthält § 45 Satz 2 BeamtStG eine Schutzpflicht des Dienstherrn gegenüber seinem Beamten, die sich auf die amtliche Tätigkeit und auf die Beamtenstellung bezieht, wobei der Schutz hinsichtlich der amtlichen Tätigkeit vor allem auf die Bewahrung der persönlichen Rechtsgüter des Beamten gerichtet ist, während der Schutz in der Beamtenstellung die Abwehr von außen kommender Angriffe auf die dienstrechtliche Tätigkeit erfasst (Knauff/Badenhausen-Fähnle in Brinktrine/Schollendorf a. a. O., BeamtStG § 45 Rn. 8 ff.; Plog/Wiedow, BeamtStG, § 45 Rn. 4 m. w. N.).
Über die genannten Pflichten hinaus traf die Beklagte keine besondere Fürsorgepflicht gegenüber dem Kläger aufgrund dessen dienstlicher Stellung als Leiter des Rechnungsprüfungsamtes. Das Rechnungsprüfungsamt ist zwar dem Stadt- oder Gemeinderat bzw. dem Oberbürgermeister unmittelbar verantwortlich (Art. 104 Abs. 2 Satz 1 GO); es ist bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen (Art. 104 Abs. 2 Satz 3 GO). Der Leiter des Rechnungsprüfungsamtes, sein Stellvertreter sowie die Rechnungsprüfer werden vom Stadt- bzw. Gemeinderat bestellt und abberufen; sie genießen besonderen Schutz gegen eine Abberufung nach Art. 104 Abs. 3 Satz 2, 3 GO. Der Leiter des Rechnungsprüfungsamtes muss zur Gewährleistung seiner Unabhängigkeit Beamter auf Lebenszeit sein und bestimmte laufbahnrechtliche Anforderungen erfüllen (Art. 104 Abs. 4 GO). Aus diesen Vorschriften folgt zwar eine besondere dienstliche Stellung des Klägers als Leiter des Rechnungsprüfungsamtes, nicht aber eine erhöhte Fürsorgepflicht der Beklagten etwa auch im Bereich ihres privatrechtlichfiskalischen Handelns.
2.1 Der Vorwurf des Klägers, das Verhalten der Beklagten gefährde seine Unabhängigkeit, entbehrt der sachlichen Grundlage. Es fehlt bereits an einem erkennbaren objektiven Bezug des Grundstücksgeschäftes und der damit verbundenen Kaufpreiserhöhung zur dienstlichen Stellung oder zur Amtsführung des Klägers. Der Grundstücksverkauf fand im Bereich des fiskalischen Handelns der Beklagten in der Rechtsform des Privatrechts und damit auf der Ebene der Gleichordnung der Vertragsparteien statt, es handelte sich dagegen nicht um eine Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben (Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl. 2015, § 40 Rn. 25b). Im Bereich der Wohnungsfürsorge des Dienstherrn ist lediglich die Zuweisung einer Dienstwohnung als öffentlichrechtliches Handeln zu qualifizieren, weil sie ein öffentlichrechtliches Nutzungsverhältnis im Rahmen des bestehenden Beamtenverhältnisses begründet (Plog/Wiedow, BBG 2009 § 78 Rn. 51). Darum geht es hier aber nicht. Demgegenüber erfolgt beispielsweise auch die Gewährung von Darlehen, die Vereinbarung und Ausübung von Besetzungsrechten zugunsten eines Beamten gegenüber dem Eigentümer sowie die Vermietung von im Eigentum des Dienstherrn stehenden Wohnungen im Wege des Privatrechts; soweit darin Subventionsvorteile enthalten sind, ist deren Gewährung weder Gegenstand der Fürsorgepflicht des Dienstherrn noch überhaupt eine Leistung des Dienstherrn aus dem bestehenden Dienst- und Treuverhältnis (Plog/Wiedow, a. a. O. Rn. 48 m. w. N.). Der Verkauf eines bisher im Rahmen eines Erbbaurechts genutzten, im Eigentum des Dienstherrn stehenden Grundstücks an den erbbauberechtigten Beamten kann daher nicht anders beurteilt werden.
2.2 Aufgrund des entsprechenden Vorbehaltes im Angebotsschreiben vom 6. Mai 2013 konnte beim Kläger kein Zweifel daran aufkommen, dass zum Abschluss des Kaufvertrags eine Zustimmung des Liegenschaftsausschusses erforderlich war. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang geltend macht, die Zuständigkeitsverteilung zwischen Oberbürgermeister und Liegenschaftsausschuss wirke sich zu seinem Nachteil aus, weil Grundstücksgeschäfte, die der Oberbürgermeister in eigener Zuständigkeit erledige, schneller vollzogen werden könnten, kann dies nicht zur Rechtswidrigkeit der Maßnahme führen. Zum einen ist die Aufgabenverteilung zwischen dem Oberbürgermeister einerseits und dem Stadtrat bzw. dessen beschließendem Ausschuss andererseits in Konkretisierung der Zuständigkeitsvorschriften der Gemeindeordnung, insbesondere der Art. 29, Art. 32 Abs. 2 und Art. 37 Abs. 1, Abs. 2 GO, der Regelung durch die Geschäftsordnung des Stadtrates überlassen. Die Anknüpfung an den Verkehrswert des zu veräußernden Grundstücks als Kriterium der Organzuständigkeit ist üblich und verstößt dem Grunde nach nicht gegen die Gemeindeordnung. Zum anderen ist darin keine Verletzung eines subjektivöffentlichen Rechtes des Klägers, insbesondere keine Verletzung seines Rechtes auf Fürsorge aus § 45 BeamtStG erkennbar. Geschäftsordnungsbestimmungen bzw. Richtlinien i. S. d. Art. 37 Abs. 1 Satz 2 GO kommt als bloßen Innenrechtssätzen bzw. Verwaltungsvorschriften keine rechtliche Außenwirkung zu (vgl. Hölzl/Hien/Huber, Gemeindeordnung, Art. 37 Anm. 2, Art. 45 Anm. 3 f.; Widtmann/Grasser/Glaser, Gemeindeordnung, Art. 37 Rn. 11, Art. 45 Rn. 3).
2.3 Die Anwendung der am 4. Juni 2013 mit Rückwirkung zum 31. Dezember 2012 beschlossenen neuen Bodenrichtwerte durch den Liegenschaftsausschuss verletzt den Kläger ebenfalls nicht in seinen Rechten. Es mag dahinstehen, ob die Anwendung des aktuellen Bodenrichtwertes durch die Vorschrift des Art. 75 Abs. 1 Satz 2 GO zwingend gefordert gewesen wäre. Danach dürfen Vermögensgegenstände in der Regel nur zu ihrem vollen Wert veräußert werden; dies bedeutet, dass im Regelfall eine Veräußerung unzulässig ist, die gegen zu geringes Entgelt erfolgt (Widtmann/Grasser/Glaser, GO, Art. 75 Rn. 4). Dabei ist grundsätzlich vom Verkehrswert auszugehen (Hölzl/Hien/Huber, GO, Art. 75 Anm. 2; Widtmann/Grasser/Glaser a. a. O.), der bei Grundstücken jedoch nicht identisch mit dem Bodenrichtwert ist. Die Bodenrichtwerte stellen nach § 196 Abs. 1 Satz 1 des Baugesetzbuchs – BauGB – durchschnittliche Lagewerte für den Boden unter Berücksichtigung des unterschiedlichen Entwicklungszustands dar, die aufgrund der Kaufpreissammlung des Gutachterausschusses nach §§ 195, 193 Abs. 5 Satz 1 BauGB flächendeckend zu ermitteln sind. Sie dienen der Transparenz des Grundstücksmarktes und können eine Grundlage für die Ermittlung des Verkehrswertes darstellen (vgl. Federwisch in Spannowsky/Uechtritz, BeckOK BauGB, § 196 Rn. 7). Dem gegenüber wird der Verkehrswert (Marktwert) eines Grundstücks nach § 194 BauGB durch den Preis bestimmt, der in dem Zeitpunkt, auf den sich die Ermittlung bezieht, im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach den rechtlichen Gegebenheiten und tatsächlichen Eigenschaften, der sonstigen Beschaffenheit und der Lage des Grundstücks oder des sonstigen Gegenstands der Wertermittlung ohne Rücksicht auf ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse zu erzielen wäre. Unter dem Blickwinkel des Art. 75 Abs. 1 Satz 2 GO kann damit die Änderung des Bodenrichtwertes ein Indiz dafür darstellen, dass der Verkehrswert eines im Eigentum der Gemeinde stehenden Grundstücks vor dessen Veräußerung neu zu ermitteln ist. Ob insoweit von einer Rechtspflicht der Beklagten auszugehen ist, braucht jedoch nicht entschieden zu werden. Denn selbst wenn der Liegenschaftsausschuss bei seiner Beschlussfassung von einer verkürzten oder unzutreffenden Darstellung der Rechtslage geleitet gewesen wäre, hätte dies keine subjektivöffentlichen Rechte des Klägers verletzt. Art. 75 Abs. 1 Satz 2 GO schützt nicht den Erwerber des Grundstücks, sondern den Wertbestand des Gemeindevermögens vor Verschenkungen (Art. 74 Abs. 1 GO, Art. 81 BV; vgl. Hölzl/Hien/Huber, GO, Art. 75 Anm. 1) und damit die Allgemeinheit. Der Kläger scheint insoweit die Rechtsschutzfunktion des verwaltungsgerichtlichen Klageverfahrens zu verkennen. Der Verwaltungsprozess ist grundsätzlich als Individualrechtsschutz ausgestaltet (vgl. Art. 19 Abs. 4 GG, § 42 Abs. 2 VwGO) und dient daher dem Schutz subjektivöffentlicher Rechte des Bürgers gegenüber der Verwaltung, nicht hingegen einer objektiven Rechts- und Zweckmäßigkeitskontrolle des Verwaltungshandelns. Daher stellt das verwaltungsgerichtliche Klageverfahren auch kein Instrument dar, um eine bestimmte dienstliche Rechtsauffassung eines Beamten gegenüber anderen Stellen innerhalb seiner Behörde bzw. gegenüber anderen Behörden desselben oder eines anderen Rechtsträgers durchzusetzen. Insoweit ist der Kläger auf sein Antrags- und Beschwerderecht unter Einhaltung des Dienstweges zu verweisen (Art. 7 BayBG).
2.4 Die Beklagte hat ihre Fürsorgeverpflichtung gegenüber dem Kläger nicht verletzt. Sie hat diesen im Angebotsschreiben vom 6. Mai 2013 ausdrücklich auf die bevorstehende Änderung der Bodenrichtwerte hingewiesen und ihre Bindung an das schriftliche Verkaufsangebot bis zur voraussichtlichen Veröffentlichung derselben zum 1. Juli 2013 beschränkt. Gerade in Anbetracht dieser klaren Hinweise traf die Beklagte keine besondere Beratungspflicht. Im Übrigen trifft den Dienstherrn selbst in dienstlichen Angelegenheiten keine Verpflichtung zu umfassender rechtlicher Beratung (st. Rspr., z. B. BVerwG, U.v. 30.1.1997 – 2 C 10/96 – juris; BayVGH, B.v. 13.1.2011 – 3 ZB 07.3411 – juris; Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl/Baßlsperger, BeamtStG § 45 Rn. 180 f.). Besondere Umstände wie eine üblicherweise erfolgende Belehrung oder eine ausdrückliche Bitte des Klägers um Beratung liegen nicht vor.
Auch ein qualifiziertes Fehlverhalten der Beklagten, welches eine besondere Fürsorgepflicht auslösen könnte, ist nicht erkennbar (vgl. BayVGH, B.v. 13.1.2011 – 3 ZB 07.3411 – juris). Die Beklagte hat nicht durch eigenes Verhalten dazu beigetragen, dass dem Kläger die bevorstehende Erhöhung des Kaufpreises aufgrund der bevorstehenden Änderung der Bodenrichtwerte unerkannt geblieben ist, sie hat auch keinen erkennbaren, darauf bezogenen Irrtum des Klägers hervorgerufen, bestärkt oder nicht beseitigt. Aufgrund der ausdrücklichen Hinweise und des Zustimmungsvorbehaltes im Angebotsschreiben vom 6. Mai 2013 wäre es vielmehr die Obliegenheit des Klägers gewesen, bei der Beklagten nachzufragen, ob sich die neuen Bodenrichtwerte auf den ihm gegenüber angebotenen Kaufpreis auswirken. Die Beklagte hat den Kläger auch nicht zu seiner Kaufentscheidung verleitet. Vielmehr lag es in der Risikosphäre des Klägers, dass er den Grundstückserwerb aufgrund Zeitablaufs nur noch zu für ihn ungünstigeren Bedingungen durchführen konnte, nachdem die Bodenrichtwerte neu beschlossen und bekannt gemacht waren. Dass er in der unzutreffenden Vorstellung, die neuen Bodenrichtwerte würden auf seinen Grundstückserwerb auch nach dem genannten Zeitpunkt des Wegfalls der Angebotsbindung der Beklagen (1. Juli 2013) nicht angewendet, etwaige vertragliche Verpflichtungen gegenüber Dritten eingegangen ist oder nicht bzw. nur unter Inkaufnahme von Nachteilen rückgängig zu machende Vermögensdispositionen getroffen hat, kann nicht der Beklagten angelastet werden. Vielmehr hat sich insoweit das Risiko eines jeden Grundstückskäufers verwirklicht, dass in dem Zeitraum, der bis zur notariellen Beurkundung des Grundstückskaufvertrags verstreicht, tatsächliche oder rechtliche Änderungen zu seinen Lasten eintreten. Hätte der Kläger dies ausschließen wollen, so hätte er entweder vom Vertrag zurücktreten oder eine Beurkundung des Vertrages vor dem 1. Juli 2013 anstreben müssen.
2.5 Ein Verstoß gegen den aus der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht folgenden Grundsatz der Gleichbehandlung liegt ebenfalls nicht vor. Es ist nicht feststellbar, dass die Beklagte in der Vergangenheit trotz zwischenzeitlicher Änderung der Bodenrichtwerte an ihren Verkaufsangeboten auf der Grundlage der nicht mehr aktuellen Richtwerte festgehalten hätte. Vielmehr ergibt sich aus der E-Mail-Nachricht des Herrn …. an Frau … … vom 19. März 2015 (Akte des Büros des Oberbürgermeisters, Bl. 19), dass in den letzten fünf Jahren – einschließlich des streitgegenständlichen Grundstücksverkaufs – etwa 17 Verkäufe von Erbbaugrundstücken im Privatwohnungsbau erfolgt sind, wobei die Kaufangebote mit Ausnahme eines Falles immer auf der Grundlage der geltenden Bodenrichtwerte erfolgt waren, aber bis zur Beschlussfassung im Liegenschaftsausschuss bzw. Entscheidung des Oberbürgermeisters keine Änderungen der Bodenrichtwerte eingetreten waren. In dem Einzelfall, in welchem im Zeitraum zwischen dem Verkaufsangebot und der notariellen Beurkundung des Kaufvertrages eine Änderung der Bodenrichtwerte erfolgt war, hatte der Käufer den Kaufvertrag zum nunmehr höheren Kaufpreis abgeschlossen. Diese Feststellungen hat der Kläger nicht substantiiert bestritten; es sind auch keine gegenteiligen Anhaltspunkte ersichtlich. Selbst wenn aber eine derartige Übung bestanden hätte, wie sie der Kläger behauptet, hätte der Vorbehalt im Angebotsschreiben vom 6. Mai 2013 gerade eine Änderung bzw. Nichtanwendung dieser Übung dargestellt. Es wäre dann die Obliegenheit des Klägers gewesen, auf die Anwendung der behaupteten Übung auch in seinem Falle hinzuwirken.
III.
Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Würzburg, Hausanschrift: Burkarderstraße 26, 97082 Würzburg, oder Postfachanschrift: Postfach 11 02 65, 97029 Würzburg, schriftlich zu beantragen. Hierfür besteht Vertretungszwang.
Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist; die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder Postfachanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München, Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach, einzureichen.
Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn
1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4. das Urteil von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte, Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, oder die in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf 5.685,00 EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 3 GKG).
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde.
Für die Streitwertbeschwerde besteht kein Vertretungszwang.
Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Würzburg, Hausanschrift: Burkarderstraße 26, 97082 Würzburg, oder Postfachanschrift: Postfach 11 02 65, 97029 Würzburg, schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.
Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht.


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben