Verwaltungsrecht

Fachkundeprüfung für den Taxi- und Mietwagenverkehr

Aktenzeichen  AN 4 S 19.02344

Datum:
2.3.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 3264
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayVwVfG Art. 48
PBZugV § 1
VwGO § 80 Abs. 5

 

Leitsatz

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Der Streitwert wird auf 7.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller wendet sich im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gegen einen Bescheid, mit dem die ihm ausgestellte Bescheinigung über die fachliche Eignung für den innerstaatlichen und grenzüberschreitenden Verkehr mit Taxen und Mietwagen zurückgenommen und deren Herausgabe gefordert wird.
Die Antragsgegnerin stellte durch ihren (ehemaligen) Mitarbeiter Herrn … … dem Antragsteller am … 2018 eine Bescheinigung über die fachliche Eignung für den innerstaatlichen und grenzüberschreitenden Verkehr mit Taxen und Mietwagen, Nr. … (im Folgenden: Bescheinigung), aus. Darin wurde bestätigt, dass der Antragsteller am … 2018 den Nachweis der fachlichen Eignung zum Beruf des Personenverkehrsunternehmers im innerstaatlichen und grenzüberschreitenden Verkehr gemäß § 4 Abs. 1 oder § 6 Abs. 1 und 2 oder § 7 der Berufszugangsverordnung für den Straßenpersonenverkehr vom 15. Juni 2000, BGBl. I S. 851 (PBZugV), erbracht habe und aufgrund seiner fachlichen Eignung die Voraussetzungen zur Berufsausübung eines Unternehmers des Taxen- und Mietwagenverkehrs erfülle.
Am 30. August 2018 erhielt die Antragsgegnerin einen anonymen telefonischen Hinweis, dass Fachkundeprüfungen für den Taxen- und Mietwagenverkehr in den letzten Jahren nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden seien. Dies führte zu internen Ermittlungen, die folgende Erkenntnisse ergaben: Die Fachkundeprüfungen werden von der Antragsgegnerin im vierteljährlichen Turnus abgenommen, deren Durchfallquote bei 70% liegt. Außerhalb des Turnus fanden zwischen 2016 und 2018 „Sonderprüfungstermine“ mit einer Durchfallquote von 0% statt. Bei einer Vielzahl von Prüfungsterminen, an denen ehrenamtliche Prüfer teilgenommen haben sollen, wurde nicht die sonst übliche „Prüferabrechnung“ mit der Abrechnung des Verdienstausfalls und der Zeitversäumnis vorgenommen. Ausweislich der Behördenakte datiert die verbindliche Prüfungsanmeldung auf den 17. April 2018, die Bestätigung der Prüfungsanmeldung mit dem Gebührenbescheid und der Ankündigung einer schriftlichen Einladung zur Prüfung ca. zwei Wochen vor dem Prüfungstermin sowie die Fachkundeprüfung selbst auf den 20. April 2018. Auf der vom Antragsteller unterschriebenen verbindlichen Prüfungsanmeldung wurden die sechs planmäßigen Mitglieder des Prüfungsausschusses mit Namen und Funktion (ein Vorsitzender, fünf Beisitzer) aufgelistet. Ausweislich der Prüfungsniederschrift seien der (ehemalige) Mitarbeiter der Antragsgegnerin, Herr … … (Vorsitz) und die ehrenamtlichen Prüfer Frau … … und Herr … … (Beisitz) als Prüfer anwesend gewesen. Die Prüfer seien dem Prüfling bekannt gemacht worden und der Prüfling über sein Recht, Prüfer wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, unterrichtet worden. Der Antragsteller erklärte mit seiner Unterschrift, dass er die in der Prüfungseinladung genannte Person sei und gegen die vorgesehenen Prüfer keine Einwendungen erhebe. Auch für diese Prüfung lagen keine Prüferabrechnungen der ehrenamtlichen Prüfer vor. Am 8. Oktober 2018 erklärte Herr … gegenüber der Antragsgegnerin, an keiner der „Sonderprüfungstermine“ teilgenommen und seine Unterschrift auf den Prüfungsniederschriften aufgrund kollegialer Loyalität geleistet zu haben. Da Herr … eine Nebentätigkeit als Dozent bei dem Landesverband Bayerischer Taxen- und Mietwagenunternehmer e.V. ausübe, habe sein Name in den Unterlagen nicht auftauchen sollen. Die Antragsgegnerin erstattete am 9. Oktober 2018 Strafanzeige gegen Herrn … und Herrn … wegen des Verdachts der Bestechlichkeit und der Falschbeurkundung (Az.: …). In der Folge bestätigten auch die beiden ehrenamtlichen Prüfer mit Schreiben vom 21. Januar und 21. Februar 2019 bzw. vom 16. Januar 2019 gegenüber der Antragsgegnerin, bei der Prüfung des Antragstellers nicht anwesend gewesen zu sein und die Prüfungsniederschrift auf Bitten des Herrn … nachträglich in den Räumen der Taxi-Zentrale … unterzeichnet zu haben. Auf den weiteren Inhalt dieser Schreiben wird ergänzend Bezug genommen.
Nach Abschluss der internen Ermittlungen im Mai 2019 hörte die Antragsgegnerin den Antragsteller mit Schreiben vom 19. August 2019 zur beabsichtigten Rücknahme der Bescheinigung und sofortigen Vollziehung dieser Maßnahme an und wies ihn außerdem auf die Möglichkeit einer freiwilligen Rückgabe der Bescheinigung hin. Er erhielt Gelegenheit zur Äußerung bis zum 12. September 2019. Der Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers führte mit Schreiben vom 30. August 2019 im Wesentlichen aus, dass der Antragsteller keine mündliche Prüfung abgelegt habe. Er habe in der schriftlichen Prüfung eine Punktzahl von 83 – so sei es ihm durch den Prüfer mitgeteilt worden – erreicht und sei deshalb nicht für eine mündliche Prüfung vorgesehen gewesen. Auch die weitere Teilnehmerin an der Prüfung habe keine mündliche Prüfung ablegen müssen. Der Antragsteller kenne sich mit den Voraussetzungen, unter denen eine Prüfung stattfinden konnte, nicht aus. Es sei ihm gleichgültig gewesen, wer die Prüfung durchführe, weil er keine der genannten Personen gekannt habe. Er habe den ihm bekannten Herrn …, mit dem er schon früher bei der IHK im Taxiwesen zu tun gehabt und den er als „Chef“ angesehen habe, als maßgebliche Prüfungsperson gekannt. Deshalb sei es für ihn auch normal gewesen, dass Herr … die Prüfung abnehmen würde. Auszüge aus den Behördenakten wurden mit Schreiben der Antragsgegnerin vom 3. September 2019 an den Antragstellerbevollmächtigten übersandt.
Mit Bescheid vom 18. September 2019, der am 19. September 2019 um 13:15 Uhr zur Post gegeben wurde, hatte die Antragsgegnerin – unter Anordnung der sofortigen Vollziehung (Ziff. IV) – die Bescheinigung vom 20. April 2018 zurückgenommen (Ziff. I) und die Herausgabe derselben im Original spätestens fünf Kalendertage nach Zugang des Bescheids gefordert (Ziff. II). Zudem regelte sie die Erstattung der gezahlten Prüfungsgebühr (Ziff. III). In einem Begleitschreiben vom 18. September 2019 bot sie dem Antragsteller außerdem an, kurzfristig und gebührenfrei eine Fachkundeprüfung in ihrem Hause abzulegen.
Zur Begründung führte die Antragsgegnerin im Wesentlichen aus, die Bescheinigung sei nach den internen Ermittlungsergebnissen rechtswidrig, weil der Antragsteller keine ordnungsgemäße Fachkundeprüfung abgelegt und damit keinen ordnungsgemäßen Nachweis für seine fachliche Eignung erbracht habe. Es bestünden bereits erhebliche Zweifel daran, dass überhaupt eine Prüfung stattgefunden habe. Selbst wenn ein Vorgang stattgefunden habe, der den äußerlichen Anschein einer Prüfungshandlung erwecken sollte, liege keine ordnungsgemäße Prüfung vor. Denn der Prüfungsausschuss sei fehlerhaft und nicht ausreichend besetzt gewesen, was einen wesentlichen Verfahrensfehler darstelle.
Als Ermessenserwägungen wurden angeführt, dass die öffentliche Sicherheit und Ordnung potentiell gefährdet sei, weil der Antragsteller möglicherweise nicht über die zur Führung eines Taxiunternehmens erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten verfüge. Gegenüber diesen wichtigen Rechtsgütern seien die Interessen des Antragstellers, auch etwaige im Vertrauen auf den Bestand der Bescheinigung getätigten Investitionen, nicht schutzwürdig. Insbesondere sei für ihn aus der Prüfungsanmeldung und der Prüfungsniederschrift ohne weiteres erkennbar gewesen, dass der tatsächlich lediglich aus einer Person bestehende Prüfungsausschuss nicht ordnungsgemäß besetzt gewesen sei. Dennoch habe er durch seine Unterschrift eine unrichtige Prüfungsniederschrift bestätigt und damit aktiv zur Ausstellung der rechtswidrigen Bescheinigung beigetragen. Er gestehe selbst zu, dass ihm Herr …, der auf der Niederschrift nicht genannt sei, bekannt gewesen sei. Sein weiterer Vortrag sei widersprüchlich, weil er bei einer Punktzahl von 83 eine mündliche Prüfung hätte ablegen müssen, was er aber nach eigener Aussage nicht getan habe. Diese Punktzahl decke sich auch nicht mit den Angaben in der Niederschrift. Überdies stehe es dem Antragsteller frei, die Fachkundeprüfung jederzeit ordnungsgemäß abzulegen und eine rechtmäßige Bescheinigung zu erlangen. Darüber hinaus könne er durch Einsetzung eines Betriebsleiters sein Taxiunternehmen dauerhaft oder übergangsweise weiter betreiben.
Das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung bestehe insbesondere darin, Gefahren für eine Vielzahl von Fahrgästen und anderen Verkehrsteilnehmern abzuwehren. Überdies solle das rechtswidrige Verwaltungshandeln nicht dadurch manifestiert werden, dass der Antragsteller auf Grundlage der rechtswidrigen Bescheinigung, ggf. zulasten redlicher Mitbewerber, eine Genehmigung nach § 13 PBefG für sein Taxiunternehmen erhalte. Die Vollziehungsanordnung, die eine Einschränkung der Berufsausübungsfreiheit des Antragstellers darstelle, sei zum Zwecke der effektiven Gefahrenabwehr gerechtfertigt, zumal der Antragsteller die Rechtswidrigkeit der Bescheinigung selbst verursacht habe und daher nicht schutzwürdig sei.
Auf den weiteren Inhalt des Bescheids wird ergänzend Bezug genommen.
Mit bei der Antragsgegnerin am 19. September 2019 um 17:26 Uhr eingegangenem Schreiben teilte der Antragstellerbevollmächtigte mit, dass der Antragsteller nicht mehr wisse, wer Prüfer gewesen sei. Herr … gehöre zu den Personen, die die Prüfung abgenommen hätten. Weitere Personen habe er nicht gekannt. Der ursprüngliche Vortrag, dass keine mündliche Prüfung absolviert worden sei, könne so nicht ganz aufrechterhalten werden. Es habe nach der schriftlichen Prüfung ein Gespräch gegeben, das relativ informell ausgefallen sei und in dem über verschiedene Fragen des Taxiwesens gesprochen worden sei. Eine Prüfungssituation im eigentlichen Sinn habe der Antragsteller damit nicht verbunden. An diesem Gespräch habe eine weibliche Person ebenfalls teilgenommen, wobei diese im gleichen Raum von einer anderen Person befragt worden sei.
Mit bei der Antragsgegnerin am 30. September 2019 eingegangenem Schreiben wurde die Bescheinigung vom 20. April 2018 im Original übersandt.
Mit bei Gericht am 14. Oktober 2019 eingegangenem Schreiben seines Verfahrensbevollmächtigten hat der Antragsteller Klage (Az.: AN 4 K 19.01991) erhoben und beantragt mit weiterem Schreiben seines Bevollmächtigten vom 25. November 2019 zusätzlich die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den streitgegenständlichen Bescheid.
Zur Begründung führte der Antragstellerbevollmächtigte im Wesentlichen aus, dass der Antragsteller seit 1999 als angestellter Taxifahrer berufstätig sei. Er habe sich entschlossen, als selbständiger Taxiunternehmer tätig zu werden und sich die erforderlichen Kenntnisse im Selbststudium angeeignet. Am Prüfungstag sei er dem Herrn … vorgestellt worden. Dieser sei ihm zwar nicht persönlich bekannt gewesen. Jedoch habe jeder Taxifahrer gewusst, dass er der entscheidende Mann für das Taxiwesen bei der IHK gewesen sei. Herr … habe den Antragsteller in einen Besprechungsraum mit einem großen Tisch geführt, der kein Prüfungsraum im eigentlichen Sinne gewesen sei. Der Antragsteller wisse nicht mehr, wann er die Unterschrift im Zusammenhang mit seiner Identitätsfeststellung auf dem Blatt „Niederschrift“ geleistet habe. Er habe auf Aufforderung an der vorgesehenen Stelle unterschrieben, ohne den Text weiter gelesen zu haben. Im Zusammenhang mit der Prüfung sei er aufgeregt gewesen habe nicht die Ruhe hierzu gehabt. Selbst wenn er festgestellt hätte, dass bestimmte Personen als Prüfer tätig sein würden, hätte er nicht angenommen, dass diese bei der Prüfung gegenwärtig sein hätten müssen. Die genannten Personen hätten die Prüfungsbögen auch ohne persönliche Anwesenheit auswerten und dem Kläger das Bestehen der Prüfung schriftlich bestätigen können. Über den Prüfungsablauf habe der Antragsteller sich überhaupt keine Gedanken gemacht. Er habe sich zur Prüfung eingefunden und diese abgelegt, wie es der für die IHK auftretende Herr … verlangt hätte. Dieser sei in seinen Augen „die Autorität“ bei der IHK für das Taxiwesen gewesen. Herr … habe dem Antragsteller zunächst einen Block mit Fragen vorgelegt. Nach Bearbeitung dieses Blocks habe es eine größere Pause gegeben. Anschließend sei der zweite Block bearbeitet worden. Nach Abgabe der ausgefüllten Unterlagen an Herrn … habe es eine längere Pause, etwa eine gute halbe Stunde, gegeben. Dem Antragsteller sei angekündigt worden, dass er im Anschluss daran das Prüfungsergebnis mitgeteilt bekomme. Der Antragsteller habe zusammen mit einer weiteren weiblichen Person die schriftliche Prüfung abgelegt. Herr … habe die Prüfungsaufsicht geführt. Wenn er den Raum verlassen habe, habe er zuvor eine andere Person zu seiner Vertretung geholt. Nach der Pause hätten sich der Antragsteller und die weitere Prüfungsteilnehmerin wieder im Prüfungszimmer eingefunden. Herr … habe mit dem Antragsteller, ebenso mit der weiteren Prüfungsteilnehmerin, ein aus Sicht des Antragstellers informelles Gespräch begonnen, das der Antragsteller nicht als mündliche Prüfung im eigentlichen Sinne aufgefasst habe. Herr … habe über Fragen des Taxiunternehmens gesprochen. Im Anschluss an das Gespräch habe Herr … beiden Prüfungsteilnehmern gratuliert. Der Antragsteller habe keine Veranlassung gehabt, anzunehmen, dass er die Prüfung in Gegenwart von drei Personen, einer Prüfungskommission, habe ablegen müssen. Dies sei im Übrigen auch ungewöhnlich. Eine juristische Staatsprüfung werde auch nicht in Gegenwart von Prüfern geschrieben, sondern nur unter Aufsicht völlig anderer Personen. Da der Antragsteller seit Jahrzehnten in … lebe, ließen sich Unregelmäßigkeiten, die im Zusammenhang mit auswärtigen Bewerbern stünden, nicht auch auf ihn übertragen. Die Einzelheiten des Prüfungsablaufs habe die IHK in Gestalt des in den Augen des Antragstellers dafür verantwortlichen Herrn … vorgegeben. Wie dieser die Prüfung im Einzelnen dokumentiert habe, sei als Internum bei der IHK dem Antragsteller naturgemäß nicht bekannt. Für die Rücknahme gemäß Art. 48 BayVwVfG genüge ein Verstoß gegen Verwaltungsvorschriften, hier die internen Vorgaben der IHK über die Voraussetzungen und den Ablauf der Fachkundeprüfung, grundsätzlich nicht. Die Genehmigungsvoraussetzungen des § 13 PBefG seien offensichtlich nicht gegeben (wohl: gegeben). Gerade die fachliche Eignung des Antragstellers werde nach § 13 Abs. 1 Satz 2 PBefG durch seine langjährige Tätigkeit in Unternehmen des Straßenpersonenverkehrs indiziert. Zusätzlich habe er die Fachkundeprüfung bestanden.
Mit Schreiben vom 18. Dezember 2019 beantragt die Antragsgegnerin, den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, dass es unerheblich sei, ob dem Antragsteller die Prüfer namentlich bekannt gewesen seien. Er habe mit seiner Unterschrift auf der Prüfungsniederschrift wahrheitswidrig bestätigt, dass die drei genannten Prüfer, welche nachweislich in keiner Weise an einer Prüfungssituation teilgenommen hätten, anwesend gewesen und ihm bekannt gemacht worden seien. Selbst bei Unterstellung, dass sich bei dem Prüfungstermin am 20. April 2018 eine Person (etwa Herr …) als Prüfer ausgegeben habe, hätte dem Antragsteller, jedenfalls im Rahmen der mündlichen Prüfung (die nach seinem eigenem Vortrag gar nicht stattgefunden habe), zumindest die Diskrepanz der Anwesenheit lediglich einer Person zu der von ihm bestätigten Anwesenheit von drei Prüfern auffallen müssen. Aus diesem Umstand müsse ihm klar gewesen sein, dass die Prüfung nicht ordnungsgemäß stattfinde. Wenn er selbst ihm vorgelegte Unterlagen, die er unterschreiben solle, nicht lese, so sei ihm der Inhalt gleichwohl zuzurechnen. Die Niederschrift sei im Übrigen stets im Vorfeld der Prüfung zu unterzeichnen, da es hier u.a. auch um die Identitätsfeststellung sowie um eine mögliche Ablehnung des Prüfungsausschusses als befangen gehe. Aus der Schilderung des Antragstellers zum Ablauf der „mündlichen Prüfung“ müsse geschlossen werden, dass insbesondere hier keinesfalls eine klassische Prüfungssituation stattgefunden habe. Das beschriebene informelle Gespräch könne keinesfalls den Anspruch an einer mündlichen Prüfung haben. Bei der PBZugV handele es sich nicht um eine interne Verwaltungsvorschrift, sondern um eine Bundesverordnung. Im Übrigen wurde auf den angefochtenen Bescheid verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtssowie beigezogenen Behördenakten verwiesen.
II.
Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ist zulässig, aber unbegründet.
1. Der Antrag ist zulässig, insbesondere statthaft. Der Antragsteller begehrt (§§ 88, 122 Abs. 1 VwGO) vorläufigen Rechtsschutz gegen die behördlich angeordnete sofortige Vollziehung (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO) der Ziff. I und II des angefochtenen Bescheids, sodass der Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 VwGO statthaft ist. Unschädlich ist, dass der Antragsteller die Bescheinigung im Original bereits an die Antragsgegnerin herausgegeben hat. Die Regelungswirkung eines Verwaltungsaktes dauert bei einer bloßen Erfüllung oder sonstigen Vollziehung fort, wenn der hierdurch eingetretene Zustand – wie vorliegend durch Rückgabe der Bescheinigung an den Antragsteller – jederzeit wieder rückgängig gemacht werden kann (vgl. Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 113 Rn. 107 m.w.N.).
2. Der Antrag ist aber unbegründet.
Die Anordnung der sofortigen Vollziehung nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO ist formell rechtmäßig. Insbesondere genügt ihre Begründung (Ziff. B.IV, S. 9 f. des Bescheids) den formellen Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Notwendig ist eine auf die Umstände des konkreten Falles bezogene Darlegung des besonderen Interesses gerade an der sofortigen Vollziehbarkeit des Verwaltungsakts, die insbesondere erkennen lassen muss, dass sich die Behörde des rechtlichen Ausnahmecharakters der Anordnung bewusst ist (Schoch in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 37. EL Juli 2019, § 80 Rn. 247). Vorliegend erkannte die Antragsgegnerin ausdrücklich, dass die Vollziehungsanordnung ein Eingriff in die Berufsfreiheit des Antragstellers bedeute (S. 10). Auch erfolgte eine auf das konkrete Verhalten des Antragstellers bezogene Darlegung des öffentlichen Vollziehungsinteresses. Ob diese Erwägungen auch inhaltlich zutreffen, ist im vorliegenden Zusammenhang unbeachtlich (Schoch in Schoch/Schneider/Bier, a.a.O. Rn. 246 m.w.N.). Im Übrigen wurde der Antragsteller – unabhängig davon, ob die analoge Anwendung des Art. 28 BayVwVfG zu bejahen wäre – vorliegend jedenfalls mit Schreiben vom 19. August 2019 auch zur sofortigen Vollziehung der Rücknahmeentscheidung angehört.
Das öffentliche Vollziehungsinteresse überwiegt das Aussetzungsinteresse des Antragstellers. Das Gericht trifft im Rahmen des § 80 Abs. 5 VwGO eine eigene, originäre Ermessensentscheidung, bei der es die widerstreitenden Interessen der Beteiligten abwägt. Maßgeblich ist, ob das öffentliche Interesse an einer sofortigen Vollziehung oder das private Interesse des Antragstellers an einer Aussetzung des Sofortvollzugs überwiegt. Wesentliches, aber nicht alleiniges, Kriterium für die Beurteilung der Interessenlage sind die aufgrund einer summarischen Prüfung ermittelten Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens. Ergibt die im Eilverfahren allein mögliche und gebotene summarische Prüfung, dass der angefochtene Bescheid rechtswidrig ist und das Hauptsacheverfahren damit voraussichtlich Erfolg hat, überwiegt das Aussetzungsinteresse des Antragstellers. Denn an der Vollziehung eines rechtswidrigen Verwaltungsakts kann kein öffentliches Interesse bestehen (vgl. § 80 Abs. 4 Satz 3 Alt. 1 VwGO). Erweist sich der Bescheid hingegen als rechtmäßig und das Hauptsacheverfahren damit als voraussichtlich erfolglos, überwiegt das öffentliche Vollziehungsinteresse, wenn zusätzlich ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheids besteht, das über jenes Interesse hinausgeht, das den Bescheid selbst rechtfertigt (BVerfG, B.v. 13.6.2005 – 2 BvR 485/05 – NVwZ 2005, 1053 – juris Rn. 21). Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens schließlich offen, bedarf es einer umfassenden Interessenabwägung (BVerfG, B.v. 29.5.2007 – 2 BvR 695/07 – NVwZ 2007, 1176 – juris Rn. 31).
Bei summarischer Prüfung wird die Anfechtungsklage des Antragstellers in der Hauptsache voraussichtlich keinen Erfolg haben. Der angefochtene Bescheid erweist sich als voraussichtlich rechtmäßig und verletzt den Antragsteller nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
a) Die Rücknahme der Bescheinigung (Ziff. I des Bescheids) findet ihre Rechtsgrundlage – mangels spezieller Rücknahmevorschiften – in Art. 48 Abs. 1 und 4 BayVwVfG. Demnach kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt, der nicht unter Art. 48 Abs. 2 BayVwVfG fällt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, zurückgenommen werden. Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Rücknahmeentscheidung ist auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung, vorliegend des Bescheidserlasses, abzustellen (vgl. J. Müller in BeckOK VwVfG, 45. Ed. 1.1.2019, § 48 Rn. 128a).
aa) Die Rücknahmeentscheidung ist formell rechtmäßig. Insbesondere ist die Antragsgegnerin nach Art. 48 Abs. 5 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 Nr. 2 BayVwVfG i.V.m. § 1 Abs. 2 der Satzung der Antragsgegnerin örtlich zuständig, weil der Beruf des Antragstellers als Taxenverkehrsunternehmer im Regierungsbezirk Mittelfranken ausgeübt werden soll.
bb) Die Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 48 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG sind erfüllt. Die streitgegenständliche Bescheinigung ist ein Verwaltungsakt i.S.d. Art. 35 Satz 1 BayVwVfG, weil durch sie eine rechtserhebliche Eigenschaft, namentlich die fachliche Eignung des Antragstellers zur ordnungsgemäßen Führung eines Taxen- und Mietwagenverkehrsunternehmens (§ 3 Abs. 2 PBZugV), sowohl gegenüber anderen Behörden als auch gegenüber dem Antragsteller verbindlich festgestellt wird (vgl. Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 35 Rn. 87; Müller in Huck/Müller, VwVfG, 2. Aufl. 2016, § 35 Rn. 49). Sie ist auch objektiv rechtswidrig. Auf die Verletzung subjektiver öffentlicher Rechte kommt es hingegen nicht an; diese finden nur im Rahmen der Ermessensausübung Berücksichtigung (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 20. Aufl. 2019, § 48 Rn. 51).
Die Bescheinigung ist nach derzeitiger Erkenntnislage materiell rechtswidrig, weil die Feststellung nicht dem geltenden Recht entspricht (vgl. Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, a.a.O. § 35 Rn. 219). Nach § 4 Abs. 6 Satz 1 PBZugV i.V.m. § 14 Abs. 1 der Prüfungsordnung der Antragsgegnerin für Fachkundeprüfungen für den Straßenpersonen- und Güterkraftverkehr (PrüfO) wird die Bescheinigung der fachlichen Eignung dem Prüfling nach bestandener Fachkundeprüfung erteilt. Für die Bewertung der Prüfungsleistungen, die Feststellung des Prüfungsergebnisses und die Erklärung der Prüfung für „(nicht) bestanden“ ist der Prüfungsausschuss zuständig, § 11 Abs. 1 und 5 PrüfO. Nach derzeitiger Erkenntnislage ist davon auszugehen, dass die der Bescheinigung zugrunde liegende Fachkundeprüfung am 20. April 2018 jedenfalls nicht von einem hierfür nach § 5 Abs. 2 und 3 PBZugV i.V.m. § 3 Abs. 2 und 3 PrüfO zuständigen Prüfungsausschuss abgenommen wurde, sodass der Antragsteller entgegen der Feststellung in der Bescheinigung die fachliche Eignung i.S.d. § 3 Abs. 2 PBZugV nicht nachgewiesen hat.
Dies ergibt sich bereits aus den Erkenntnissen der internen Ermittlungen der Antragsgegnerin. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird zunächst auf die Begründung des angefochtenen Bescheids (Ziff. B.I.2, S. 5 f.) verwiesen, der sich das Gericht anschließt, § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO. Diese Erkenntnislage hat der Antragsteller mit seinem Vorbringen im gerichtlichen Verfahren nicht maßgeblich in Zweifel ziehen können. Vielmehr räumte er selbst ein, dass seine Fachkundeprüfung ausschließlich von einer – unzuständigen – Person, dem Herrn …, abgenommen wurde.
Legt man den vom Antragsteller geschilderten Prüfungsablauf als wahr zugrunde, wäre darüber hinaus davon auszugehen, dass ihm die Bescheinigung trotz nicht bestandener Fachkundeprüfung erteilt wurde. Nach § 4 Abs. 4 und 5 PBZugV i.V.m. § 11 Abs. 2 bis 4 PrüfO ist die Prüfung bestanden, wenn der Bewerber mindestens 60 Prozent der möglichen Gesamtpunktezahl, d.h. 90 von insgesamt 150 Punkten (§ 8 Abs. 3 Alt. 3, § 9 Abs. 2 Alt. 3 PrüfO), erreicht hat, wobei der in jeder Teilprüfung erzielte Punkteanteil nicht unter 50 Prozent der jeweils möglichen Punktezahl liegen darf. Die mündliche Prüfung entfällt, wenn der Bewerber bereits in den schriftlichen Teilprüfungen mindestens 90 Punkte erzielt hat. Bei einem schriftlichen Ergebnis von 83 Punkten hätte der Antragsteller daher zusätzlich die mündliche Prüfung ablegen müssen, sofern er nicht bereits durch eine schriftliche Teilprüfung gefallen war. Ein informelles Gespräch, in dem Herr … über verschiedene Fragen des Taxiunternehmens gesprochen haben soll, genügt sowohl aus objektiver Sicht als auch aus Sicht des Antragstellers selbst nicht dem Anspruch an einer mündlichen Prüfung „im eigentlichen Sinne“. Jedenfalls hätte die Bewertung der mündlichen Prüfungsleistung ebenfalls durch den zuständigen Prüfungsausschuss erfolgen müssen, § 11 Abs. 1 PrüfO. Sofern ausweislich der Prüfungsniederschrift der Antragsteller in der schriftlichen Prüfung 62,5 Punkte erreicht, an der mündlichen Prüfung teilgenommen und dort 32 Punkte erreicht hat (Bl. 7 f. der Behördenakte), wäre bei Wahrunterstellung der Angaben des Antragstellers die gesamte Prüfung unrichtig beurkundet worden. Damit wäre die Niederschrift jedenfalls nicht geeignet, zugunsten des Antragstellers den (Gegen-)Beweis des ordnungsgemäßen Ablaufs seiner Prüfung zu begründen.
Entgegen der Ansicht des Antragstellers verstößt die Bescheinigung auch gegen Rechtsnormen, d.h. hoheitliche abstrakt-generelle Regelungen mit Außenwirkung. Die PBZugV hat die Rechtsnatur einer Rechtsverordnung, § 57 Abs. 1 Nr. 4 PBefG. Die PrüfO der Antragsgegnerin dient ihrer Konkretisierung, § 4 Abs. 7 PBZugV.
cc) Als feststellender Verwaltungsakt bestätigt die Bescheinigung einen rechtlich erheblichen Vorteil des Antragstellers. Sie ist somit begünstigender Natur (vgl. Kopp/Ramsauer, a.a.O. § 48 Rn. 64) und darf nur unter den Einschränkungen der Art. 48 Abs. 2 bis 4 BayVwVfG zurückgenommen werden, Art. 48 Abs. 1 Satz 2 BayVwVfG.
Die Jahresfrist nach Art. 48 Abs. 4 BayVwVfG ist gewahrt. Hierbei handelt es sich nicht um eine Bearbeitungs-, sondern um eine Entscheidungsfrist. Daraus folgt, dass die Frist erst zu laufen beginnt, wenn die Behörde vollständige Kenntnis der für die Rücknahme maßgebenden Sach- und Rechtslage, insbesondere auch der für eine sachgerechte Ermessensausübung unter Berücksichtigung von Gesichtspunkten des Vertrauensschutzes wesentlichen Umstände, erlangt hat und auf dieser Grundlage den zutreffenden rechtlichen Schluss gezogen hat, dass ihr die Rücknahmebefugnis zusteht (BVerwG, U.v. 28.6.2012 – 2 C 13/11 – BVerwGE 143, 230 – juris Rn. 27, 29; B.v. 19.12.1984 – GrSen 1/84, GrSen 2/84 – BVerwGE 70, 356 – juris Rn. 19). Vorliegend hat die Sachverhaltsaufklärung durch die Antragsgegnerin frühestens mit Zugang der Stellungnahme des Antragstellerbevollmächtigten im Rahmen der Anhörung (Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG) am 2. September 2019 (Bl. 29 der Behördenakte) zur Entscheidungsreife geführt, sodass die Jahresfrist erst ab diesem Zeitpunkt zu laufen begann.
Weitere Tatbestandsvoraussetzungen bestehen vorliegend nicht, da die Bescheinigung nicht unter Art. 48 Abs. 2 BayVwVfG fällt.
dd) Die nach Art. 48 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG zu treffende Ermessensentscheidung ist bei der insoweit – auf den Rahmen des § 114 Satz 1 VwGO – beschränkten gerichtlichen Überprüfungsmöglichkeit nicht zu beanstanden. Insbesondere hat die Antragsgegnerin auch die in den Fällen des Art. 48 Abs. 3 BayVwVfG zu berücksichtigenden Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes (BVerfG, B.v. 16.12.1981 – 1 BvR 898/79 – BVerfGE 59, 128 – juris Rn. 85; BVerwG, B.v. 7.11.2000 – 8 B 137/00 – NVwZ-RR 2001, 198 – juris Rn. 9; B.v. 30.9.2003 – 2 B 10/03 – Buchholz 237.7 § 20 NWLBG Nr. 1 – juris Rn. 5; U.v. 24.5.2012 – 5 C 17/11 – BVerwGE 143, 161 – juris Rn. 27; Kopp/Ramsauer, a.a.O. § 48 Rn. 137; a.A. BVerwG, U.v. 28.1.2010 – 3 C 17/09 – BVerwGE 136, 43 – juris Rn. 25 unter Verweis auf BT-Drs. 7/910, S. 71) angemessen abgewogen. Die unter Hinweis auf die Erkenntnisse aus den internen Ermittlungen gezogene Schlussfolgerung, dass kein schutzwürdiges Vertrauen des Antragstellers in den Bestand der Bescheinigung bestehe, ist gerichtlicherseits nicht zu beanstanden.
In Anlehnung an Art. 48 Abs. 2 Satz 3 BayVwVfG kann der Begünstigte sich nicht auf Vertrauen berufen, wenn er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat (Nr. 1), oder die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte (Nr. 3). Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, insbesondere einfachste, ganz nahe liegende Überlegungen nicht anstellt, bestehenden Zweifeln an der Richtigkeit des Verwaltungsaktes nicht nachgeht oder grob pflichtwidrig keine kritische Prüfung des Bescheids vornimmt (vgl. Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 48 Rn. 161 m.w.N.).
Zwar kann nicht mit hinreichender Sicherheit das Vorliegen einer Bestechung (§ 334 StGB) oder Vorteilsgewährung (§ 333 StGB) bejaht werden, weil dem Gericht insbesondere Einzelheiten betreffend einer möglicherweise zugrunde liegenden Unrechtsvereinbarung nicht bekannt sind. Auch eine Erwirkung durch arglistige Täuschung scheidet vorliegend aus, weil der maßgeblich beteiligte (ehemalige) Mitarbeiter der Antragsgegnerin, Herr …, die wahren Umstände kannte. Nach derzeitiger Erkenntnislage hätte dem Antragsteller aber jedenfalls kraft „Parallelwertung in der Laiensphäre“ aufdrängen müssen, dass die Bescheinigung „nicht richtig“ sein kann (vgl. Kopp/Ramsauer, a.a.O. § 48 Rn. 122). Denn es ist davon auszugehen, dass er den Umstand, dass seine Fachkundeprüfung nicht von einem ordnungsgemäß besetzten Prüfungsausschuss abgenommen wurde, kannte oder zumindest grobfahrlässig verkannte.
Zur Vermeidung von Wiederholungen wird zunächst auf die Begründung des angefochtenen Bescheides (Ziff. B.I.3, S. 7 f.) verwiesen, der sich das Gericht anschließt, § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO. Dem wurde im gerichtlichen Verfahren nichts Maßgebliches entgegengesetzt. Nach eigenen Angaben des Antragstellers sei ihm Herr … bereits vor der Prüfung namentlich bekannt gewesen und am Prüfungstag auch persönlich bekannt gemacht worden. Er konnte nicht vernünftig davon ausgehen, dass Herr …, der weder in der verbindlichen Prüfungsanmeldung noch in der Prüfungsniederschrift als Prüfer aufgeführt wurde, gleichwohl für die Abnahme von Prüfungsleistungen zuständig gewesen sein sollte. Insbesondere konnte er eine solche Zuständigkeit nicht aus dem Umstand, dass Herr … ihn am Prüfungsort empfangen sowie die schriftliche Prüfung organisiert und beaufsichtigt hat, ableiten. Der Antragstellerbevollmächtigte behauptet selbst, dass eine Prüfung gewöhnlicher Weise nicht in Gegenwart von Prüfern geschrieben werde. Tatsächlich existiert im Übrigen bereits kein allgemeiner Erfahrungswert, ob bei einer Kombination von schriftlichen und mündlichen Prüfungsteilen die Prüfer gewöhnlicher Weise auch die schriftlichen Prüfungen organisieren und beaufsichtigen. Unabhängig davon ist der Vergleich mit einer juristischen Staatsprüfung von vornherein verfehlt, weil der Antragsteller als juristischem Laien kaum auf Erfahrungswerte aus einer juristischen Staatsprüfung zurückgreifen konnte. Demgegenüber konnte der Antragsteller eindeutig der Prüfungsniederschrift entnehmen, dass der Prüfungsausschuss für seine konkrete Prüfung aus den drei namentlich aufgeführten Personen bestand. Damit war für ihn ohne weiteres erkennbar, dass kein einziges Mitglied dieses Prüfungsausschusses in der Prüfung anwesend war. Überdies mussten ihm die Prüfer nicht namentlich oder gar persönlich bekannt gewesen sein, weil ihm zumindest die fehlende Übereinstimmung der Anzahl der angegebenen Prüfer zu den tatsächlich prüfenden Personen hätte auffallen müssen. Hierzu ist kein (juristisches) Sonderwissen erforderlich. Dass er die Niederschrift unterschrieben haben soll, ohne deren Inhalt zu lesen, ist unschädlich. Die Annahme grober Fahrlässigkeit verlangt gerade keine positive Kenntnis. Dass die Fachkundeprüfung an einem wesentlichen Verfahrensfehler leidet, weil sie nicht von dem vorgesehenen dreiköpfigen Prüfungsausschuss, sondern von einer einzigen (zuständigen oder unzuständigen) Person abgenommen wurde, sodass die Bescheinigung zu Unrecht ausgestellt wurde, hätte sich dem Antragsteller auch als juristischem Laien aufdrängen müssen. Die Frage der Anzahl der Prüfer ist keine bloße Formalie, da ein kollegial zusammengesetzter Prüfungsausschuss gerade auch Missbräuche verhindern soll, wie sie hier zugleich Gegenstand weiterer staatsanwaltlicher Ermittlungen geworden sind.
Zwar fällt ein Besetzungsmangel nicht in die Sphäre des Antragstellers als Prüfling, sondern ist nach den maßgeblichen Rechtsvorschriften von der Antragsgegnerin als Prüfungsbehörde selbständig zu beachten (vgl. Jeremias in Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 7. Aufl. 2018, Rn. 373 m.w.N.). Im Einzelfall ist dem Prüfling jedoch eine Rüge der fehlerhaften Besetzung vor oder zumindest unverzüglich nach Ablegung der Prüfung zuzumuten, wenn er – wie vorliegend jedenfalls in der verbindlichen Prüfungsanmeldung – bereits vor Ablegung der Prüfung über die Regelungen der ordnungsgemäßen Besetzung des Prüfungsausschusses hinreichend informiert gewesen ist (vgl. NdsOVG, U.v. 8.6.2011 – 8 LB 199/09 – juris Rn. 45). Dass eine Rüge des Besetzungsmangels unterblieb, führt aber nicht zur Heilung dieses objektiven Verfahrensfehlers und hindert auch nicht die Rücknehmbarkeit der Bescheinigung. Die Antragsgegnerin als Prüfungsbehörde hat bei erheblichen und offensichtlichen Mängeln im Prüfungsverfahren der vorliegenden Art, bei denen wegen Verletzung der Chancengleichheit aller Prüflinge die Bewertung der einzelnen Prüfungsleistungen von vornherein ausscheidet, von Amts wegen zu reagieren, sobald sie den Mangel erkennt. Dies gilt selbst dann, wenn der einzelne Prüfling durch den Mangel begünstigt worden ist. Dieser kann sich nicht darauf berufen, dass der Verfahrensmangel im Verantwortungsbereich der Antragsgegnerin liegt, weil es um die objektive Wahrung der Chancengleichheit der Prüflinge insgesamt geht. Jedenfalls bei berufsbezogenen Prüfungen ist nicht nur auf die Prüflinge einer einzelnen Prüfungsgruppe, sondern auf den gesamten Kreis der Prüflinge abzustellen, die mit dem Abschluss die Berechtigung für den Eingang in einen bestimmten Beruf anstreben (vgl. zum Ganzen: Jeremias in Niehues/Fischer/Jeremias, a.a.O. Rn. 500 f.). Fachkundeprüfungen für den Taxen- und Mietwagenverkehr sind den Berufszugang eröffnende Prüfungen, die gemäß § 57 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Satz 2 PBefG i.V.m. §§ 3 bis 5 PBZugV bundeseinheitlich geregelt werden, wobei diese Regelungen zudem der Umsetzung der Verordnung (EG) Nr. 1071/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Oktober 2009 zur Festlegung gemeinsamer Regeln für die Zulassung zum Beruf des Kraftverkehrsunternehmers (ABl. L 300 S. 51) dienen. Die nach bestandener Prüfung erteilte Bescheinigung nach § 4 Abs. 6 PBZugV wird auch in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union anerkannt, Art. 21 der Verordnung (EG) Nr. 1071/2009.
b) Die Verpflichtung zur Herausgabe der Bescheinigung im Original (Ziff. II des Bescheids) findet ihre Rechtsgrundlage in Art. 52 BayVwVfG. Über den Gesetzeswortlaut hinaus kann eine Herausgabe bereits dann verlangt werden, wenn Rücknahme oder Widerruf des Verwaltungsaktes nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO sofort vollziehbar ist (vgl. Kopp/Ramsauer, a.a.O. § 52 Rn. 7 m.w.N.). Angesichts der voraussichtlich rechtmäßigen Rücknahme der Bescheinigung war die Herausgabeverpflichtung im Hinblick auf das öffentliche Interesse an der Sicherheit im Rechtsverkehr und der Vermeidung von Missbrauch (vgl. Falkenbach in BeckOK VwVfG, 45. Ed. 1.10.2019, § 52 Rn. 11) ermessensfehlerfrei und verhältnismäßig.
c) Ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung der Rücknahme der Bescheinigung liegt vor. Die sofortige Vollziehung der Rücknahmeentscheidung stellt einen selbständigen Eingriff in die subjektive Berufswahlfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) des Antragstellers dar, weil der Nachweis der fachlichen Eignung i.S.d. § 3 Abs. 2 PBZugV eine berufseröffnende Bedingung darstellt, sodass die berufliche Betätigung des Antragstellers schon vor einer Entscheidung in der Hauptsache beeinträchtigt wird. Als solcher ist sie nur gerechtfertigt, wenn sie aufgrund einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls schon vor Rechtskraft des Hauptsacheverfahrens als Präventivmaßnahme zur Abwehr konkreter Gefahren für wichtige Gemeinschaftsgüter oder für Dritte notwendig ist und unter strikter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes erfolgt (vgl. zu § 6 Abs. 1 Nr. 1 BÄO: BVerfG, B.v. 19.12.2007 – 1 BvR 2157/07 – juris Rn. 20-22).
Vorliegend würden bei einem Aufschub des Vollzugs konkrete Gefahren insbesondere für das Leben und die körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) einer unbestimmten Vielzahl von Personen drohen. Der vom Antragsteller beabsichtigte Betrieb eines Taxenverkehrsunternehmens setzt qualifizierte berufliche Kenntnisse voraus, die insbesondere zum Schutz der Fahrgäste und sonstigen Verkehrsteilnehmer, des Fahrpersonals sowie der allgemeinen Sicherheit des Straßenverkehrs notwendig sind. So muss der Unternehmer nach § 3 Abs. 2 i.V.m. Anlage 3 PBZugV u.a. die erforderlichen Qualifikationen des Fahrpersonals (Fahrerlaubnis, ärztliche Bescheinigungen, Befähigungszeugnisse) und die Vorschriften über die Kindersicherungspflicht (Ziff. A.1.2), das Arbeitszeitgesetz und die Lenk- und Ruhezeiten des Fahrpersonals im Straßenverkehr (Ziff. A.1.3), den technischen Betrieb und die Betriebsdurchführung (z.B. Zulassung und Betrieb von Fahrzeugen, Ausrüstung und Beschaffenheit der Fahrzeuge, Instandhaltung und Untersuchung der Fahrzeuge) (Ziff. A.3), Straßenverkehrssicherheit, Unfallverhütung sowie Grundregeln des Umweltschutzes bei der Verwendung und Wartung der Fahrzeuge (Ziff. A.4) kennen. Eine Missachtung der entsprechenden Schutzvorschriften im Rahmen der Geschäftsführung infolge mangelnder Kenntnisse könnte zu Schäden für die vorgenannten hohen Schutzgüter führen, die unter Umständen nicht wiedergutzumachen wären. Entgegen der Ansicht des Antragstellers wird seine fachliche Eignung auch nicht bereits durch die langjährige Tätigkeit als angestellter Taxifahrer indiziert. Der Verweis auf die allgemeine Regelung des § 13 Abs. 1 Satz 2 PBefG, die auf alle Genehmigungen im Anwendungsbereich des Personenbeförderungsgesetzes Anwendung findet, berücksichtigt nicht die für den Taxenverkehr geltenden speziellen Regelungen nach § 57 Abs. 1 Nr. 4 PBefG i.V.m. § 7 PBZugV über die Voraussetzungen, unter denen eine Tätigkeit in einem Straßenpersonenverkehrsunternehmen angemessen ist. Demnach erfolgt die Anerkennung einer leitenden Tätigkeit in einem Taxen- und Mietwagenverkehrsunternehmen durch die IHK in einem eigenständigen Prüfungsverfahren. Eine nähere Erörterung dieser nicht streitgegenständlichen Frage bedarf es vorliegend nicht.
Demgegenüber würde der Antragsteller infolge des Sofortvollzugs bereits keine erheblichen wirtschaftlichen Nachteile erleiden und auch in seiner privaten Lebensführung nicht erheblich beeinflusst werden. Nach eigenen Angaben ist er derzeit weiterhin als angestellter Taxifahrer tätig. Etwaige im Vertrauen auf den Bestand der Bescheinigung getroffene Vermögensdispositionen sind nicht vorgetragen. Im Übrigen wären solche Nachteile für den Antragsteller weitgehend vermeidbar, insbesondere durch Bestellung einer fachlich geeigneten Person für die Geschäftsführung (vgl. § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Alt. 2 PBefG), jedenfalls weitgehend reparabel, zumal er deren Dauer und Ausmaß maßgeblich selbst bestimmen könnte. Ihm stünde es jederzeit frei, durch Ablegung einer ordnungsgemäßen Fachkundeprüfung eine rechtmäßige Bescheinigung über seine fachliche Eignung zu erlangen. Diesbezüglich hat die Antragsgegnerin ihm sogar mit Begleitschreiben vom 18. September 2019 angeboten, eine Prüfung kurzfristig und gebührenfrei in ihrem Hause abzulegen. Auch die bereits gezahlte Prüfungsgebühr würde ihm auf fristgerechtem Antrag erstattet werden (Ziff. III des Bescheids, Art. 48 Abs. 3 BayVwVfG).
Mithin müssen bei einem derart unterschiedlichen Gewicht der gegenüberstehenden Interessen die dem Antragsteller drohenden Nachteile des Sofortvollzugs hingenommen werden und sein privates Interesse an einer Aussetzung des Sofortvollzugs der Rücknahmeentscheidung hinter dem überwiegenden öffentlichen Interesse an einer sofortigen Vollziehung zurückstehen.
Vor diesem Hintergrund ist auch ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung der Herausgabeverpflichtung gegeben.
Nach alledem war der Antrag abzulehnen.
3. Der Antragsteller trägt als unterliegender Teil die Kosten des Verfahrens, § 154 Abs. 1 VwGO.
4. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 53 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 1.5 Satz 1, Nr. 36.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.


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