Verwaltungsrecht

Familienzuschlag nach Umwandlung einer Lebenspartnerschaft in eine Ehe

Aktenzeichen  3 ZB 19.1356

Datum:
24.7.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 20681
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
EheöffnungsG Art. 3 Abs. 2
LPartG § 20a Abs. 5
BBesG § 39, § 41
BayVwVfG Art. 35
BayBesG Art. 13
BayBesG Art. 108 Abs. 6, Abs. 10

 

Leitsatz

1. Art. 108 Abs. 10 BayBesG erfasst ausschließlich Beamte, die zum maßgeblichen Zeitpunkt seiner Anwendung „in einer Lebenspartnerschaft“ leben. Die Regelung gilt damit nicht mehr, wenn Beamte ihre Lebenspartnerschaft vor dem Hintergrund des am 1. Oktober 2017 in Kraft getretene EheöffnungsG in eine Ehe umgewandelt haben.  (Rn. 11) (redaktioneller Leitsatz)
2. Diese Beamte können deshalb auch nachträglich den Famlienzuschlag der Stufe 1 erhalten. (Rn. 2) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

W 1 K 18.1277 2019-05-14 Urt VGWUERZBURG VG Würzburg

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Beklagte trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.759,96 Euro festgesetzt.

Gründe

Der Beklagte verfolgt im Zulassungsverfahren seinen Klageabweisungsantrag weiter.
Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten verurteilt, dem Kläger für den Zeitraum vom 7. November 2005 bis 31. Dezember 2009 Familienzuschlag der Stufe 1 (zuzüglich Zinsen) zu zahlen, nachdem dieser die am 7. November 2005 begründete eingetragene Lebenspartnerschaft gemäß dem Gesetz zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts vom 20. Juli 2017 (BGBl S. 2787 – Eheöffnungsgesetz -) am 7. November 2017 in eine Ehe umgewandelt hatte. Die entsprechende Nachzahlung begehrte der Kläger erstmals mit Schreiben vom 31. Oktober 2010, dem weitere Anträge, zuletzt vom 13. Juni 2018, folgten. Im laufenden Bezug erhält er den Familienzuschlag seit 1. Januar 2011; mit Schreiben des Beklagten vom 19. Juni 2013, dessen Rechtsqualität zwischen den Beteiligten strittig ist, wurde dem Kläger mitgeteilt, dass er seinen Anspruch „zeitnah geltend gemacht“ habe und der Familienzuschlag für den Zeitraum 1. Januar bis 31. Dezember 2010 (gemäß Art. 108 Abs. 12 Satz 2 BayBesG in der damals geltenden Fassung) nachgezahlt werde. Mit den im vorliegenden Verfahren streitgegenständlichen, vom Verwaltungsgericht aufgehobenen Bescheiden des Landesamts für Finanzen vom 29. Juni 2018 und dem hierzu ergangenen Widerspruchsbescheid vom 7. September 2018 lehnte der Beklagte eine Nachzahlung für den streitgegenständlichen Zeitraum (7. November 2005 bis 31. Dezember 2009) unter Verweis auf das Erfordernis der zeitnahen Geltendmachung nach Art. 108 Abs. 10 BayBesG ab; der Anspruch auf Familienzuschlag entstehe für zurückliegende Zeiträume mit der Umwandlung der Lebenspartnerschaft in eine Ehe nicht neu.
Die Zulassung der Berufung war abzulehnen, weil keiner der drei geltend gemachten Zulassungsgründe – ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), besondere rechtliche Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) oder die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) – vorliegt.
1. Ernstliche Zweifel, die die Zulassung der Berufung rechtfertigen, sind zu bejahen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird (BVerfG, B.v. 6.6.2018 – 2 BvR 350/18 – juris Rn. 16; B.v. 3.3.2004 – 1 BvR 461/03 – juris Rn. 19; B.v. 23.6.2000 – 1 BvR 830/00 – NVwZ 2000, 1163/1164; B.v. 23.6.2007 – 1 BvR 2228/02 – BayVBl 2007, 624) und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen (vgl. BVerfG, B.v. 9.6.2016 – 1 BvR 2453/12 – juris Rn. 17; BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – NVwZ-RR 2004, 542 f.). Dies ist hier nicht der Fall.
1.1 Der Beklagte hält die zentrale Annahme des verwaltungsgerichtlichen Urteils für unzutreffend, bei dem Schreiben vom 19. Juni 2013, mit die Nachzahlung von Familienzuschlag für das Jahr 2010 mitgeteilt worden sei, handele es sich mangels Regelungswirkung nicht um einen der Bestandskraft zugänglichen Verwaltungsakt; damit stelle sich die Frage nicht, ob von Art. 3 Abs. 2 Eheöffnungsgesetz eine umfassende Rückwirkung auch unter Durchbrechung der Bestandskraft vorangegangener Bescheide beabsichtigt gewesen sei. Der Beklagte hält dem entgegen, einer Gesamtschau der einzelnen Absätze des Schreibens vom 19. Juni 2013 lasse sich der konkrete Regelungsgegenstand dieses Verwaltungsaktes entnehmen, denn mit der Bewilligung der Nachzahlung für den Zeitraum 2010 werde zugleich auch der Antrag des Klägers auf Nachzahlung für den davorliegenden Zeitraum abgelehnt. Dies ergebe sich aus dem Hinweis in Absatz 4 des Schreibens auf Art. 108 Abs. 12 Satz 2 BayBesG, wonach eine Nachzahlung frühestens mit Wirkung ab 1. Januar des Kalenderjahres möglich sei, in dem der (hier am 2. September 2010 eingegangene) Antrag gestellt worden sei. Das Urteil durchbreche die Bestandskraft eines Bescheids entgegen der mit dem Erlass von § 20a Abs. 5 LPartG verfolgten Intention des Bundesgesetzgebers und greife so unzulässig in einen abgeschlossenen Sachverhalt ein.
Bereits das äußere Gepräge des einseitigen Schreibens vom 19. Juni 2013 („Dienstbezüge nach dem Bayer. Besoldungsgesetz/Familienzuschlag für eingetragene Lebenspartnerschaften“), das weder einen Tenor noch eine Rechtsbehelfsbelehrung:noch einen konkreten Hinweis auf seine Eigenschaft als Verwaltungsakt enthält, spricht gegen die Absicht des Landesamts für Finanzen, einen Verwaltungsakt erlassen zu wollen. Entscheidend ist jedoch, wie vom Verwaltungsgericht (UA S. 8) zu Recht festgestellt, dass das Schreiben nicht die für einen Verwaltungsakt notwendige Regelungsfunktion erfüllt, die von Art. 35 Satz 1 BayVwVfG verlangt wird. Denn dem Schreiben vom 19. Juni 2013 ist lediglich die Information zu entnehmen, dem Kläger werde nunmehr der Familienzuschlag für das Jahr 2010 nachgezahlt. Auf die zugleich begehrte Nachzahlung für den Zeitraum ab 7. November 2005 geht es dagegen nicht ein. Damit kommt ihm ebenso wie einer Besoldungsmitteilung nur eine unterrichtende Funktion zu der sich aus dem Gesetz ergebenden Nachzahlung des Familienzuschlags der Stufe 1 für das Jahr 2010 zu. Hinsichtlich des darüber hinaus begehrten Familienzuschlags enthält es sich nicht nur einer Regelung, sondern jeglicher Aussage, insbesondere auch einer Begründung, warum dieses Begehren nicht erfüllt werde.
Am Fehlen der Qualität eines Verwaltungsakts vermag auch das Vorbringen nichts zu ändern, die Ablehnung ergebe sich im Wege einer Gesamtschau des Inhalts des Schreibens vom 19. Juni 2013, weil mit ihm die Nachzahlung auf das Jahr 2010 beschränkt und dabei ausdrücklich auf Art. 108 Abs. 12 Satz 2 BayBesG hingewiesen werde. Hieraus den Erlass eines Ablehnungsbescheids abzuleiten, hält der Senat nicht für zwingend; denn zum einen muss bei einer Besoldungs- oder Versorgungsmitteilung der Wille der Behörde, eine atypische auf Rechtsbeständigkeit zielende Regelung mit Außenwirkung zu treffen, die über das Mittel der bloßen Information hinausgeht, für den Beamten eindeutig erkennbar sein (Schnellenbach/Bodanowitz, 10. Aufl. 2020, § 15 Rn. 15). Das ist hier nicht der Fall. Außerdem ließe sich aus dem Fehlen einer Aussage über die weiterhin beantragte Nachzahlung auch folgern, dass hierüber erst später im Wege eines Verwaltungsakts entschieden werden solle. Damit beschränkt sich das Schreiben auf die Wiedergabe der bestehenden Gesetzeslage, ohne selbst eine Regelung in Form einer objektiv feststellbaren Ablehnung zu treffen (vgl. für eine Bezügemitteilung: BayVGH, U. v. 13.2.2014 – 14 B 12.1682 – juris Rn. 21; OVG Berlin-Bbg., U.v. 10.6.2015 – OVG 6 B 40.15 – juris Rn. 12; vgl. a. Nr. 12.2.6 BBesGVwV).
Die Richtigkeit der Auffassung des Verwaltungsgerichts wird dadurch bestätigt, dass das für den Beklagten handelnde Landesamt für Finanzen selbst weder in den streitgegenständlichen Bescheiden vom 29. Juni und 7. September 2018 noch in seiner Klageerwiderung vom 7. November 2018 die Rechtsqualität des Schreibens vom 19. Juni 2013 als Verwaltungsakt behauptet und an keiner Stelle vorgetragen hat, mit diesem Schreiben sei eine beantragte Nachzahlung des Familienzuschlags der Stufe 1 für den streitgegenständlichen Zeitraum, wie sie der Kläger erstmals mit Schreiben vom 31. Oktober 2010, erneut mit Schreiben vom 27. August 2012, 24. Mai 2013, 13. November 2017 und 13. Juni 2018 beantragt hatte, bestandskräftig abgelehnt worden.
Damit stellt sich die im Zulassungsverfahren thematisierte Frage, ob ein Wiederaufnahmegrund nach Art. 51 Abs. 1 Nr. 1 BayVwVfG vorliegt, in Ermangelung eines bestandskräftigen Verwaltungsaktes nicht. Auch die angefochtenen Bescheide lassen im Übrigen Art. 51 BayVwVfG außer Betracht, weil sie zu Recht nicht von einem Antrag auf Wiederaufnahme eines abgeschlossenen Verwaltungsverfahrens ausgehen.
1.2 Die Richtigkeit des angefochtenen Urteils ist auch nicht deswegen ernstlich zweifelhaft, weil das Verwaltungsgericht zu Unrecht die Anwendung von Art. 108 Abs. 10 BayBesG mit der Begründung verneint hätte, der Kläger sei nach Umwandlung seiner Lebenspartnerschaft in eine Ehe kein „Beamter in Lebenspartnerschaft“ mehr. Der Beklagte trägt im Wesentlichen vor (vgl. Zulassungsbegründung S. 13 bis 18), Art. 108 Abs. 10 BayBesG sei jedenfalls im Hinblick auf die Zeiträume vor der Umwandlung der Lebenspartnerschaft des Klägers in eine Ehe weiterhin anwendbar. Andernfalls würde den Vorstellungen des Gesetzgebers, die dieser mit § 20a Abs. 5 LPartG ausweislich der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 19/4670, S. 21) verfolge, zuwidergehandelt, denn abgeschlossene Sachverhalte sollten ungeachtet der mit der Konsumtion der Lebenspartnerschaft in eine Ehe verbundenen Rückwirkung keiner erneuten Entscheidung zugeführt werden.
Mit diesem und seinem weiteren Vortrag vermag der Beklagte die Anwendbarkeit von Art. 108 Abs. 10 Satz 1, 2 BayBesG auf den vorliegenden Sachverhalt nicht zu begründen. Entscheidend ist, dass die Übergangsvorschrift nach ihrem eindeutigen Wortlaut ausschließlich diejenigen Beamten und Beamtinnen erfasst, die zum maßgeblichen Zeitpunkt seiner Anwendung „in einer Lebenspartnerschaft“ (im Sinne des LPartG) leben. Dies ist bei dem Kläger seit dem 7. November 2017 nicht mehr der Fall, nachdem er und sein Lebenspartner vor dem Hintergrund des am 1. Oktober 2017 in Kraft getretenen Eheöffnungsgesetzes (Art. 2) die eingetragene Lebenspartnerschaft vom 7. November 2005 durch entsprechende Erklärungen in eine Ehe umgewandelt haben. In der Folge haben sie die gleichen Rechte und Pflichten, „als ob sie am Tag der Begründung der Lebenspartnerschaft geheiratet hätten“ (vgl. BR-Drs. 18/6665, S. 10; Art. 3 Abs. 2 Eheöffnungsgesetz, nahezu wortgleich umgesetzt in § 20a Abs. 5 LPartG).
Diese bundesrechtlich zum 1. Oktober 2017 eröffnete Gestaltungsmöglichkeit, nach der zu diesem Zeitpunkt bestehende eingetragene Lebenspartnerschaften (mit Rückwirkung zum Eintragungszeitpunkt) mit dem Ziel einer Beseitigung bestehender Ungleichbehandlungen (vgl. BR-Drs. 18/6665, S.10) durch entsprechende Erklärungen in eine Ehe umgewandelt werden konnten, hat der für die besoldungsrechtlichen Regelungen des Klägers zuständige bayerische Landesgesetzgeber nicht zum Anlass einer Änderung von Art. 108 Abs. 10 BayBesG (entspricht Art. 108 Abs. 12 BayBesG a.F.) genommen. Er hat insbesondere den Anwendungsbereich dieser Übergangsvorschrift nicht über die – aktuell und weiterhin – in eingetragener Lebensgemeinschaft lebenden Beamten hinaus, die von ihrem Umwandlungsrecht nach Art. 3 Abs. 2 Eheöffnungsgesetz keinen Gebrauch gemacht haben und machen, erweitert. Ungeachtet der mit einer solchen Änderung einhergehenden verfassungsrechtlichen Problematik hätte es nahegelegen, den Anwendungsbereich der Übergangsvorschrift auch auf diejenigen Beamten zu erstrecken, die zwar im Zeitpunkt des Inkrafttretens von Art. 3 Abs. 2 Eheöffnungsgesetz in eingetragener Lebensgemeinschaft gelebt haben, sie jedoch später in eine Ehe umwandeln. Möglichkeit hierzu hätte angesichts der zahlreichen Änderungen des Bayerischen Besoldungsgesetzes (vgl. etwa: Gesetz zur Änderung personalaktenrechtlicher und weiterer dienstrechtlicher Vorschriften v. 18.5.2018, GVBl. S. 286: § 6 Nr. 8) bestanden. Die Übergangsvorschrift zielte zudem nach ihrer ursprünglichen Konzeption auf eine Umsetzung der Verpflichtung des Gesetzgebers aus dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 19. Juni 2012 (2 BvR 1397/09); sie sollte die gesetzliche Grundlage für die Nachzahlung des Familienzuschlags „rückwirkend zum Zeitpunkt der Einführung des Instituts der eingetragenen Lebenspartnerschaft mit Wirkung vom 1. August 2001 zu schaffen“ (LT-Drs. 16/15832, S. 1); die Einführung der „Ehe für alle“ mit der unbefristeten Möglichkeit der Umwandlung bestehender Lebenspartnerschaften in eine reguläre Ehe war zum damaligen Zeitpunkt nicht absehbar, sondern wurde erst zum 1. Oktober 2017 eröffnet. Hätte der für die Besoldung des Klägers zuständige Landesgesetzgeber damals den heute im Verfahren vom Beklagten vorgetragenen Argumenten folgen wollen, hätte er einer Erweiterung des Anwendungsbereichs von Art. 108 Abs. 10 BayBesG näher treten müssen.
Vor diesem Hintergrund führt es auch nicht weiter, wenn der Beklagte darauf hinweist, das „Umwandlungsrecht“ nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz bestehe seiner Konzeption nach unbefristet und könne dazu führen, dass noch in vielen Jahren derartige Ansprüche mit entsprechenden haushaltsrechtlichen Folgen erhoben würden. Sollte der Landesgesetzgeber diese Gefahr bejahen, bliebe ihm der Erlass einer anspruchsbegrenzenden Übergangsregelung grundsätzlich unbenommen. In diesem Zusammenhang ist auf eine vergleichbare Problematik aus dem Bereich des Steuerrechts hinzuweisen; dort bestimmt eine Übergangsvorschrift (Art. 97 § 9 Einführungsgesetz zur Abgabenordnung – EGAO – i.d.F. v. 11.12.2018), dass im Falle der Umwandlung einer eingetragenen Lebenspartnerschaft in eine Ehe die Aufhebung oder Änderung von Steuerbescheiden zur nachträglichen Berücksichtigung der an eine Ehe anknüpfenden Rechtsfolgen (etwa: Ehegattensplitting) nur noch befristet beantragt werden kann.
Die in der Zulassungsbegründung weiter aufgestellte Behauptung, es handele sich im vorliegenden Fall um einen „abgeschlossenen Sachverhalt“, der deswegen einer rückwirkenden Änderung nicht zugänglich sei, ist nach den Ausführungen unter 1.1 schon nicht entscheidungserheblich, weil der Beklagte über den Antrag auf Nachzahlung für den streitgegenständlichen Zeitraum gerade nicht bestandskräftig entschieden hat und sich damit die Frage nach der Zulässigkeit einer rückwirkenden Änderung eines bestandskräftigen Bescheids nicht stellt. Damit bedarf es keiner näheren Befassung mit den verschiedenen Überlegungen des Beklagten, die sich letztlich immer auf die (angebliche) Unzulässigkeit einer rückwirkenden Korrektur der Verhältnisse nach Umwandlung der Lebenspartnerschaft in eine Ehe beziehen. Ebenso wenig bedarf es eines Eingehens auf die Frage, ob der Kläger eine rückwirkende Behebung verfassungswidriger Zustände im Hinblick auf seinen Anspruch auf amtsangemessene Alimentation beanspruchen kann oder hiervon wegen der fehlenden „zeitnahen Geltendmachung von Besoldungsansprüchen“ (hier: im Jahr 2005) trotz damals möglicherweise fehlender Erkennbarkeit der Ungleichbehandlung ausgeschlossen ist (vgl. zur Ungleichbehandlung eingetragener Lebenspartnerschaften in der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes und zum Antragserfordernis: BVerfG, B.v. 11.12.2019 – 1 BvR 3087/14 – juris).
1.3 Das Verwaltungsgericht hat schließlich zu Recht angenommen, dass der geltend gemachte Nachzahlungsanspruch nicht nach Ablauf der dreijährigen Verjährungsfrist des Art. 13 Satz 1 BayBesG verjährt ist. Die Auffassung des Beklagten (Zulassungsbegründung S.18 bis 24), der Nachzahlungsanspruch sei (unter Zugrundelegung des Verjährungsbeginns am 1. Januar 2011) mit Ablauf des 31. Dezember 2013 gemäß Art. 108 Abs. 6 Satz 1 Halbs. 1 BayBesG verjährt, ist nicht haltbar. Vielmehr begann die Verjährungsfrist erst mit Ablauf des 31. Dezember 2017 zu laufen, also des Jahres, in dem die eingetragene Lebenspartnerschaft des Klägers in eine Ehe umgewandelt wurde, womit der streitgegenständliche Nachzahlungsanspruch – mit Rückwirkung gemäß Art. 3 Abs. 2 Eheöffnungsgesetz – entstanden ist (vgl. Art. 13 Satz 2 BayBesG, § 198 Satz 1 BGB).
Der Eintritt der Verjährung eines Anspruchs vor seiner Entstehung ist mit dem Rechtsinstitut der Verjährung nicht vereinbar, denn sie berechtigt den Schuldner, nach einem bestimmten Zeitablauf die Leistung zu verweigern (vgl. § 214 Abs. 1 BGB). Das setzt aber denklogisch voraus, dass es dem Gläubiger für einen entsprechenden Zeitraum, der genau demjenigen der Verjährungsfrist entspricht, möglich war, die Leistung zu verlangen. Diese Möglichkeit bietet aber ein im Zeitpunkt seiner Entstehung bereits verjährter Anspruch nicht. Dementsprechend bezeichnet der Beklagte dieses Ergebnis auch selbst als „auf den ersten Blick…sonderbar anmutend“, rechtfertigt es aber mit nicht durchschlagenden Überlegungen. Die regulären Verjährungsvorschriften fänden zwar ihrem Wortlaut nach Anwendung, seien aber für den vorliegenden Fall nicht konzipiert, denn der Anspruch auf Nachzahlung sei „nur aufgrund einer rückwirkend erfolgten Änderung des Familienstands“ entstanden; zudem bestünden ansonsten üblicherweise erlassene „Sonder- bzw. Übergangsregelungen für den Verjährungsbeginn“ nicht. Ob tatsächlich die bestehenden Verjährungsvorschriften für eine sachgerechte Behandlung von besoldungsrechtlichen Nachzahlungen in der vorliegenden Konstellation nicht geeignet sind, mag dahinstehen; jedenfalls besteht kein „Recht“ des Dienstherrn, das bestehende verjährungsrechtliche Instrumentarium über seinen Anwendungsbereich hinaus in einer Weise anzuwenden, die letztlich dazu führen würde, dass nach Umwandlung einer eingetragenen Lebenspartnerschaft in eine Ehe niemals Nachzahlungen für die dem Jahr 2011 vorangegangenen Jahre der Lebenspartnerschaft zu leisten wären.
Der Versuch des Beklagten, in Bezug auf die Verjährung einen Widerspruch zwischen dem Zeitpunkt der Anspruchsentstehung (7.11.2017) und dem materiellen Rückwirkungszeitpunkt (7.11.2005), auf den dieser Anspruch bezogen ist, zu konstruieren, schlägt fehl. Das Erstgericht hat insbesondere nicht „für ein und dieselbe Rechtsfolge … eine gespaltene Rückwirkung“ angenommen, sondern ist nur der rechtlich gebotenen Unterscheidung zwischen dem Entstehungszeitpunkt eines Anspruchs und seiner inhaltlichen Bezogenheit auf einen anderen, davorliegenden Zeitpunkt gefolgt.
Auch der zutreffende Hinweis, weder das Eheöffnungs- noch das Lebenspartnerschaftsgesetz enthalte „eine Sonder- oder Übergangsregelung für die Verjährung“, führt nicht weiter, denn für besoldungsrechtliche Ansprüche von Beamten des Beklagten sind die anwendbaren Verjährungsregeln dem Bayerischen Besoldungsgesetz (hier: Art. 13, Art. 108 Abs. 6 Satz 1 BayBesG) zu entnehmen. Die letztgenannte Bestimmung führt jedoch – anders als der Beklagte meint – schon deshalb nicht zu dem von ihm gewünschten Ziel, weil sie sich nur auf Besoldungsansprüche bezieht, die vor dem 1. Januar 2011 entstanden sind; im vorliegenden Fall sind diese Ansprüche jedoch nach den Regelungen des Eheöffnungsgesetzes erst am 7. November 2017 – wenn auch mit Rückwirkung zum 7. November 2005 – entstanden. Der in der Zulassungsbegründung beklagte Umstand, dass infolge dieser Abhängigkeit der Verjährungsbeginn letztlich in das „Belieben“ der zeitlich unbefristet zur Abgabe der Umwandlungserklärung berechtigten Personen gestellt sei, ist dem Verjährungsrecht nicht grundsätzlich fremd und ohne Bedeutung, zumal dem Gesetzgeber des Landesbesoldungsrechts die Möglichkeit zur Verfügung steht, über Art. 108 Abs. 10 Satz 1, 2 BayBesG auf die Entstehung von Ansprüchen der hier streitgegenständlichen Art einzuwirken. Im Übrigen vermag der Senat die Auffassung des Beklagten nicht zu teilen, von dem für das Eheöffnungsgesetz zuständigen Bundesgesetzgeber sei „offenkundig nicht gewollt“ gewesen, dass die Verjährungsfrist immer erst mit dem Ende des Jahres der Abgabe der Umwandlungserklärung zu laufen beginne.
Nach alldem bedarf es keiner grundsätzlichen Entscheidung der offenbar auch vom Bundesgesetzgeber nicht eindeutig beantworteten Frage, ob das Eheöffnungsgesetz bzw. § 20a Abs. 5 LPartG eine tatbestandliche Rückanknüpfung nur „für noch nicht abgeschlossene Sachverhalte“ bestimmt und eine Durchbrechung der Bestandskraft von Bescheiden nicht zulässt (so etwa BT-Drs. 19/4670, S. 21) oder ob bestimmte bestandskräftige Entscheidungen insbesondere des Sozial- oder Steuerrechts „neu getroffen werden müssen“ (vgl. BR-Drs. 18/6665, S. 10), weil für die Rechte und Pflichten der Lebenspartner nach der Umwandlung ihrer Lebenspartnerschaft in eine Ehe der Tag der Begründung der Lebenspartnerschaft maßgebend ist (BT-Drs. 19/4670, S. 20, 4.).
2. Die Rechtssache weist auch nicht die geltend gemachten besonderen rechtlichen Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO), die die Zulassung der Berufung rechtfertigen könnten. Die hierfür erforderliche, das normale Maß nicht unerheblich überschreitenden Schwierigkeiten folgen nicht aus den bereits im Rahmen von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO dargelegten Argumenten des Beklagten im Zusammenhang mit der Frage nach der Qualität des Schreibens vom 19. Juni 2013 als Verwaltungsakt, der Auslegung der Übergangsregelung in Art. 108 Abs. 10 BayBesG oder von Rechtsfragen im Zusammenhang mit der Verjährung von Ansprüchen auf Nachzahlung eines Familienzuschlags im Falle einer Umwandlungserklärung nach dem Eheöffnungsgesetz. Der insoweit gebotene Verweis auf die Ausführungen unter 1. zeigt, dass die Lösung der aufgeworfenen Rechtsfragen keine überdurchschnittlichen Schwierigkeiten bereitet.
3. Die Rechtssache hat nicht die ihr zugedachte grundsätzliche Bedeutung. Die Frage, ob die Mitteilung einer Bezügestelle an einen Beamten über den Umfang der ihm nur für einen begrenzten Zeitraum nachgezahlten Besoldungsbestandteile einen Verwaltungsakt darstellt, ist einer rechtsgrundsätzlichen Beantwortung nicht zugänglich, sondern lässt sich nur – wie geschehen (1.1) – vor dem Hintergrund der konkreten Umstände des Einzelfalls beantworten. Die weiter als grundsätzlich bedeutsam aufgeworfene Frage, ob Art. 108 Abs. 10 BayBesG für einen zunächst in eingetragener Lebenspartnerschaft lebenden Beamten auch dann noch anwendbar ist, wenn er die Erklärung zur Umwandlung in eine Ehe nach § 20a Abs. 1 Satz 1 LPartG abgegeben hat, kann ohne Durchführung eines Berufungsverfahrens (verneinend) beantwortet werden (vgl. 1.2). Schließlich wirft auch die Frage nach dem Beginn des Laufs der Verjährung von Ansprüchen auf Nachzahlung von Familienzuschlägen in Fällen der vorliegenden Art keine grundsätzlichen klärungsbedürftigen rechtlichen Fragen auf, sondern lässt sich vielmehr auf der Basis allgemeingültiger Grundsätze des Verjährungsrechts lösen (1.3).
4. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG und entspricht derjenigen des Verwaltungsgerichts (vgl. Bl. 14, 15 d. VG-Akte).
Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben