Verwaltungsrecht

Fehlerhafte Sondernutzungsgebühr

Aktenzeichen  M 10 S 19.5599

Datum:
20.2.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 7942
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 58 Abs. 2,§ 80 Abs. 5, Abs. 6
SNGS § 2 Abs. 2

 

Leitsatz

Tenor

I. Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 13. Juni 2019 wird insoweit angeordnet, als im Bescheid eine Sondernutzungsgebühr über 160 EUR hinaus festgesetzt worden ist.
II. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
III. Von den Kosten des Verfahrens hat der Antragsteller 1/12, die Antragsgegnerin 11/12 zu tragen.
IV. Der Streitwert wird auf 500 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller wendet sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen die Erhebung von Sondernutzungsgebühren durch die Antragsgegnerin.
Die Antragsgegnerin erhebt für Sondernutzungen an ihren öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen Sondernutzungsgebühren auf Grundlage ihrer Satzung über die Erhebung von Gebühren für Sondernutzungen an öffentlichem Verkehrsraum (Sondernutzungsgebührensatzung – SNGS) vom 15. Februar 2001. Nach § 2 Abs. 1 SNGS bemisst sich die Höhe der Gebühr nach dem der Satzung als Anlage beigefügten Gebührenverzeichnis. Nach Nr. 1a Sondernutzungsgebührenverzeichnis (Stand: 12.3.2010) beträgt die Gebühr für das Aufstellen von Baugerüsten, Bauhütten und Baucontainern sowie die Lagerung von Baustoffen und Materialien aller Art pro Quadratmeter Bodenfläche und Woche 1 EUR. Nach Nr. 11 des Verzeichnisses ist für „Veranstaltungen, Aufführungen, z.B. Autoausstellung“ pro Auto eine Gebühr von 10 EUR vorgesehen. Bei Sondernutzungen, die nicht im Gebührenverzeichnis aufgeführt sind, bemessen sich die Gebühren nach § 2 Abs. 2 SNGS im Einzelfall nach Art und Ausmaß der Einwirkung auf die Straße und den Gemeingebrauch sowie nach dem wirtschaftlichen Interesse des Gebührenschuldners. Gemäß § 2 Abs. 5 SNGS beträgt die Mindestgebühr „5 DM“.
Unter dem 22. Mai 2019 erteilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller eine Erlaubnis für die Durchführung einer Veranstaltung auf öffentlicher Verkehrsfläche nach § 29 Abs. 2 Straßenverkehrsordnung für ein Street Food Festival 2019/Schlemmerfest im Zeitraum vom 31. Mai bis 2. Juni 2019 auf einer Teilfläche des Viehmarktplatzes. In der Erlaubnis sind bei der voraussichtlichen Zahl der Teilnehmer 25 Fahrzeuge, 5.000 Personen und 25 Trucks angegeben. Der Erlaubnis war ein Plan vom 22. Mai 2019 beigefügt, in dem die genehmigte Veranstaltungsfläche mit 1.560,75 m² eingezeichnet war.
Mit Erlaubnis- und Gebührenbescheid vom 13. Juni 2019 erteilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller eine Sondernutzungserlaubnis für die Durchführung der Veranstaltung Street Food Festival 2019 gemäß der straßenverkehrsrechtlichen Anordnung vom 22. Mai 2019. Für die Sondernutzung wurde im Bescheid eine Gebühr in Höhe von 2.000 EUR festgesetzt. Als Berechnungsgrundlage wurde ein Gebührensatz von 1 EUR pro Quadratmeter Bodenfläche und Woche herangezogen, wobei angenommen wurde, dass der Viehmarktplatz mit 2.000 m² in Anspruch genommen wurde. In der beigefügten Rechtsbehelfsbelehrung:wird darauf hingewiesen, dass gegen den Bescheid innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Klage bei dem Verwaltungsgericht München schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Gerichts erhoben werden könne. Es bestehe keine Möglichkeit, gegen diesen Bescheid Widerspruch einzulegen.
Mit E-Mail vom 3. August 2019 teilte der Antragsteller der Antragsgegnerin mit, dass ihm der Erlaubnis- und Gebührenbescheid vorliege. Die festgesetzte Gebühr sei viel zu hoch und unwirtschaftlich. Bei der Veranstaltung seien lediglich 1.100 m² des Viehmarktplatzes in Anspruch genommen worden. Mit Schreiben vom 7. Oktober 2019 ergänzte der Antragsteller, dass nach der Sondernutzungsgebührensatzung bei Veranstaltungen lediglich pauschal 10 EUR pro Fahrzeug zu zahlen seien. Daraus ergebe sich vorliegend bei 14 Fahrzeugen (Foodtrucks) eine Gebühr von maximal 140 EUR. Er bitte um Korrektur des Gebührenbescheides sowie um entsprechende Information der Gerichtsvollzieherin.
Mit E-Mail vom 9. Oktober 2019 verwies die Antragsgegnerin darauf, dass für die Veranstaltung per verkehrsrechtlicher Anordnung vom 22. Mai 2019 eine Fläche von knapp unter 2.200 m² für den Antragsteller reserviert worden sei. Dies ergebe sich aus der Anlage zu diesem Bescheid. Diese Fläche sei vom Antragsteller auch tatsächlich in Anspruch genommen worden. In der Anordnung sei darauf hingewiesen worden, dass für diese Fläche eine Sondernutzungsgebühr berechnet werde.
Der Antragsteller hat mit undatiertem Schreiben, eingegangen bei dem Verwaltungsgericht München am 11. November 2019, Klage gegen diesen Bescheid erhoben (Az. M 10 K 19.5578) und beantragt,
nicht weiter zu vollstrecken, bis das Verwaltungsgericht München entschieden hat.
Zur Begründung wird ausgeführt, die tatsächlich beim Street Food Festival 2019 genutzte Fläche habe nur 1.139,31 m² betragen. In der verkehrsrechtlichen Anordnung sei von der Antragsgegnerin eine Fläche von 1.560,75 m² zugrunde gelegt worden; im Gebührenbescheid seien jedoch 2.000 m² angesetzt worden. In der Gebührensatzung sei unter keinem Punkt, der auf die Veranstaltung zutreffe, eine Gebühr von 1 EUR pro Quadratmeter erwähnt. Nr. 1a Gebührenverzeichnis beziehe sich auf Baustellen u.ä. und sei vorliegend nicht einschlägig. Nr. 11 Gebührenverzeichnis gelte eindeutig für Veranstaltungen und Aufführungen. Da 16 Fahrzeuge vor Ort gewesen seien, dürften auch nur Gebühren in Höhe von 160 EUR erhoben werden. Insoweit werde gebeten, die Gerichtsvollzieherin zu informieren, dass nicht weiter vollstreckt werden dürfe. Ferner werde beantragt, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, da der Gebührenbescheid den Antragsteller aufgrund des Firmenumzugs und eines eingerichteten Nachsendeauftrags erst verspätet erreicht habe.
Die Antragsgegnerin nahm mit Schriftsatz vom 30. Januar 2020 zum Verfahren Stellung. Die Klage gegen den Gebührenbescheid sei bereits verfristet, da der Antragsteller den Bescheid ausweislich seiner E-Mail vom 3. August 2019 bereits zu diesem Zeitpunkt gehabt habe. Hinsichtlich der Höhe der Gebühr habe die Antragsgegnerin den ortsüblichen Satz von 1 EUR pro Quadratmeter herangezogen (Nr. 1a Gebührenverzeichnis). Dieser Satz sei in der Vergangenheit auch anderen Veranstaltern auferlegt worden (z.B. beim Bierfestival). Der Antragsteller dürfe nicht besser behandelt werden als andere Antragsteller.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die vorgelegte Behördensowie die Gerichtsakte – auch im Verfahren M 10 K 19.5578 – verwiesen.
II.
Der gestellte Antrag ist nach dem erkennbaren Rechtsschutzbegehren (§ 122 Abs. 1 i.V.m. § 88 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO) als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 i.V.m. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO auszulegen.
Der so verstandene Antrag ist zulässig und insoweit begründet, als im angefochtenen Bescheid vom 13. Juni 2019 eine Sondernutzungsgebühr über 160 EUR hinaus festgesetzt worden ist. Insofern war die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen (vgl. zur teilweisen Stattgabe wegen sachlicher Teilbarkeit von Abgaben: Hoppe in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 80 Rn. 109). Im Übrigen war der Antrag abzulehnen, da er unbegründet ist.
1. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 i.V.m. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO ist zulässig.
a) Insbesondere ist der Antrag statthaft, da der Sondernutzungsgebührenbescheid sofort vollziehbar (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO) und nicht bestandskräftig ist.
aa) Im vorliegenden Fall gilt abweichend von der einmonatigen Klagefrist des § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO die Jahresfrist nach § 58 Abs. 2 Satz 1 VwGO, da die Rechtsbehelfsbelehrung:zum Bescheid vom 13. Juni 2019 hinsichtlich der festgesetzten Sondernutzungsgebühr unrichtig war.
Sind – wie hier – verschiedene Rechtsbehelfe gegen eine Entscheidung statthaft, ist über sämtliche Rechtsbehelfe zu belehren (vgl.: Hoppe, a.a.O., § 58 Rn. 8; Kimmel in BeckOK VwGO, 52. Ed. 1.1.2020, § 58 Rn. 13 jew. m.w.N.). Dies ist vorliegend unterblieben. In der Rechtsbehelfsbelehrung:wurde lediglich auf die Möglichkeit hingewiesen, Klage zum Verwaltungsgericht München zu erheben. Auf die nach Art. 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Ausführungsgesetz zur VwGO bei der Erhebung von Kommunalabgaben daneben bestehende Möglichkeit der Einlegung eines Widerspruchs wurde nicht verwiesen; diese wurde vielmehr ausgeschlossen.
Da dieser Fehler in der Rechtsbehelfsbelehrung:bereits dazu führt, dass diese als unrichtig im Sinne des § 58 Abs. 2 Satz 1 VwGO anzusehen ist, kommt es vorliegend nicht mehr entscheidungserheblich darauf an, dass nicht auf die Möglichkeit der elektronischen Einlegung der Klage hingewiesen worden ist (für eine Entbehrlichkeit eines derartigen Hinweises: Kimmel, a.a.O., Rn. 19).
bb) Die Jahresfrist war im Zeitpunkt der Erhebung der Klage am 11. November 2019 offensichtlich noch nicht verstrichen. Einer Entscheidung über den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bedurfte es demgemäß nicht.
b) Der gestellte Antrag ist auch nicht deswegen unzulässig, weil entgegen § 80 Abs. 6 Satz 1 VwGO ein behördliches Verfahren auf Aussetzung der Vollziehung vor Einreichung des gerichtlichen Eilantrages nicht durchgeführt worden ist.
Gemäß § 80 Abs. 6 Satz 1 VwGO ist in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO der Antrag nach Abs. 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Dies gilt allerdings nach § 80 Abs. 6 Satz 2 Nr. 2 VwGO nicht, wenn eine Vollstreckung droht.
Zwar hatte der Antragsteller vorliegend vor Einleitung des gerichtlichen Verfahrens einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung bei der Antragsgegnerin nicht gestellt. Ein solcher Antrag war aber entbehrlich, weil im Zeitpunkt der Stellung des Eilantrages die Vollstreckung drohte. Nach Aktenlage und Auskunft der Antragsgegnerin war bereits eine Gerichtsvollzieherin mit der Vollstreckung betraut und hatte sich an den Antragsteller gewandt.
c) Das Rechtsschutzbedürfnis für den gestellten Antrag ist auch nicht nachträglich entfallen, weil die Antragsgegnerin die Gerichtsvollzieherin mit E-Mail vom 15. Januar 2020 gebeten hat, die Vollstreckung aufgrund der Anhängigkeit des gerichtlichen Eilantrages für ein halbes Jahr auszusetzen. Abgesehen davon, dass der Wegfall des Rechtsschutzbedürfnisses aufgrund von Zusicherungen, nicht zu vollstrecken, nicht unumstritten ist (vgl. BayVGH, B.v. 20.6.2016 – 20 CS 16.368 – juris), handelt es sich im vorliegenden Fall lediglich um eine vorübergehende Einstellung der Vollstreckung, deren zeitliche Befristung insbesondere nicht vom Ausgang des gerichtlichen Hauptsacheverfahrens abhängig gemacht worden ist. Dies rechtfertigt den Wegfall des Rechtsschutzbedürfnisses jedenfalls nicht.
2. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage ist insoweit begründet, als im angefochtenen Bescheid eine Sondernutzungsgebühr über 160 EUR hinaus festgesetzt worden ist. Im Übrigen ist der Antrag unbegründet.
Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO kann das Gericht die aufschiebende Wirkung der Klage im Rahmen einer eigenen Ermessensentscheidung anordnen. Dabei sind insbesondere die Erfolgsaussichten der Klage einzubeziehen. Wird die Klage vor-aussichtlich erfolglos bleiben, so überwiegt regelmäßig das öffentliche Interesse am Sofortvollzug des Bescheids das private Interesse des Antragstellers, da kein schutzwürdiges Interesse daran besteht, von dem Vollzug eines rechtmäßigen Verwaltungsaktes verschont zu bleiben. Wird die Klage voraussichtlich erfolgreich sein, überwiegt regelmäßig das private Interesse des Antragstellers.
Nach § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO soll die Anordnung bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Abgabenbescheids bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgabenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
Nach der gemäß § 80 Abs. 5 VwGO gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung bestehen vorliegend ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Höhe der festgesetzten Sondernutzungsgebühren. Nach summarischer Prüfung ist der angegriffene Bescheid vom 13. Juni 2019 insoweit rechtswidrig, als im angefochtenen Bescheid eine Sondernutzungsgebühr über 160 EUR hinaus festgesetzt worden ist. Insofern wird nach vorläufiger Prüfung der Antragsteller in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO analog). Im Übrigen ist der Bescheid rechtmäßig und verletzt den Antragsteller nicht in seinen Rechten.
a) Rechtsgrundlage für die Erhebung der Sondernutzungsgebühren ist die Sondernutzungsgebührensatzung der Antragsgegnerin vom 15. Februar 2001.
Zweifel an der Gültigkeit der Rechtsgrundlage sind nicht vorgetragen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, der die Kammer folgt, ist in einem Eilverfahren, in dem nur eine überschlägige Überprüfung der Sach- und Rechtslage stattfinden kann, grundsätzlich von der Gültigkeit einer Norm auszugehen, wenn nicht ausnahmsweise Gründe, die die Annahme der Nichtigkeit rechtfertigen, offen zu Tage treten (BayVGH, B.v. 30.3.2015 – 20 CS 15.88 juris m.w.N.).
Offenkundige Mängel sind vorliegend nicht ersichtlich. Insbesondere ist die Erhebung einer Mindestgebühr in § 2 Abs. 5 SNGS im Umkehrschluss zu Art. 8 Abs. 2 Satz 3 HS. 2 Kommunalabgabengesetz grundsätzlich zulässig (so im Ergebnis auch: BayVGH, B.v. 17.12.2015 – 8 ZB 14.2702 – BeckRS 2016, 40058). Trotz fehlender Festlegung der Mindestgebühr in Euro ist diese aufgrund des fixen Umrechnungsfaktors von D-Mark zu Euro hinreichend bestimmt; die Höhe von 5 DM ist auch nicht unangemessen hoch.
b) Nach summarischer Prüfung ist der Bescheid insoweit materiell rechtswidrig, als eine Sondernutzungsgebühr über 160 EUR hinaus festgesetzt worden ist. Im Übrigen ist er formell und materiell rechtmäßig.
aa) Nach vorläufiger Prüfung ergibt sich im konkreten Fall eine Gebührenhöhe von 160 EUR auf der Grundlage von § 2 Abs. 1 SNGS i.V.m. Nr. 11 Sondernutzungsgebührenverzeichnis.
Nach § 2 Abs. 1 SNGS bemisst sich die Höhe der Gebühr nach dem der Satzung als Anlage beigefügten Gebührenverzeichnis. Bei Sondernutzungen, die nicht im Gebührenverzeichnis aufgeführt sind, bemessen sich die Gebühren nach § 2 Abs. 2 SNGS im Einzelfall nach Art und Ausmaß der Einwirkung auf die Straße und den Gemeingebrauch sowie nach dem wirtschaftlichen Interesse des Gebührenschuldners.
Entgegen der Rechtsauffassung der Antragsgegnerin ist § 2 Abs. 1 SNGS i.V.m. Nr. 1a Sondernutzungsgebührenverzeichnis nicht einschlägig, da es bei dem Street Food Festival nicht um das Aufstellen von Baugerüsten, Bauhütten oder Baucontainern oder die Lagerung von Baustoffen oder Materialien geht.
Vom Wortlaut der im Sondernutzungsgebührenverzeichnis aufgeführten Sondernutzungstatbestände ist hier alleine Nr. 11 passend; das Street Food Festival ist eine Veranstaltung im Sinne dieser Vorschrift. Da nach Angaben des Antragstellers in der Klage- und Antragsschrift tatsächlich 16 Fahrzeuge (Foodtrucks) auf dem Festival eingesetzt waren, errechnet sich bei Zugrundelegung eines Gebührensatzes von 10 EUR pro Auto eine Gebühr von 160 EUR. Dem steht nicht entgegen, dass in der verkehrsrechtlichen Anordnung von voraussichtlich 50 teilnehmenden Fahrzeugen ausgegangen wird. Bei der Berechnung der Gebühr kommt es auf die tatsächliche Inanspruchnahme an; nach Aktenlage und unbestrittenem Sachvortrag des Antragstellers waren 16 Fahrzeuge vor Ort.
Dass es möglicherweise im konkreten Fall im Hinblick auf das Ausmaß der Sondernutzung eines Street Food Festivals angemessener wäre, bei der Ermittlung der Gebührenhöhe auf die in Anspruch genommene Quadratmeterfläche des öffentlichen Raums abzustellen, ist zwar sachlich nachvollziehbar, lässt sich aber mit dem Wortlaut von Nr. 11 Gebührenverzeichnis nicht vereinbaren. Die Vorschrift stellt explizit nur auf die Maßeinheit „pro Auto“ ab. Da vorliegend bei der Veranstaltung tatsächlich Autos aufgestellt worden sind, ist diese Vorschrift als einschlägig anzusehen. Dass diese Norm in Fällen von Veranstaltungen, bei denen keine Autos eingesetzt werden, mangels Regelung einer alternativen Maßeinheit wohl leer läuft, ist vorliegend nicht entscheidungserheblich.
Da die spezielle Regelung in § 2 Abs. 1 SNGS i.V.m. Nr. 11 Gebührenverzeichnis hier greift, verbietet sich ein Rückgriff auf die generellere Vorschrift in § 2 Abs. 2 SNGS, nach der im Einzelfall auf Art und Ausmaß der Sondernutzung und damit unter Umständen auch auf die in Anspruch genommene Quadratmeterfläche abzustellen wäre.
bb) Im Hinblick auf die Festsetzung einer Sondernutzungsgebühr von 160 EUR ist die Erhebung rechtmäßig. Die Voraussetzungen von Gebührengegenstand, Gebührenschuldnerschaft, Entstehen und Fälligkeit der Gebührenschuld sind insoweit gegeben, §§ 1 Satz 1, 5 Abs. 1 Nr. a), 6 Abs. 1 Alt. 2 SNGS.
Gründe dafür, dass die Vollziehung des streitgegenständlichen Bescheids der Antragsgegnerin vom 13. Juni 2019 insoweit für den Antragsteller eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte, sind weder vorgetragen noch – angesichts des Betrags von 160 EUR – ersichtlich.
3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Der Antragsteller hat nach dem Ausmaß seines Unterliegens (160 EUR von 2.000 EUR) 1/12, die Antragsgegnerin 11/12 der Verfahrenskosten zu tragen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 3 Satz 1 GKG i.V.m. Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (1/4 der in der Hauptsache angegriffenen Gebührenfestsetzung).


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