Verwaltungsrecht

Gaststättenrechtliche Auflage

Aktenzeichen  22 ZB 18.229

Datum:
10.9.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BayVBl – 2020, 133
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GG Art. 2 Abs. 2 S. 1, Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 S. 1
GastG § 5 Abs. 1 Nr. 3
GewO § 34a

 

Leitsatz

1. Ein Bescheid, nach dessen Wortlaut sichergestellt werden soll, dass Gäste sich im Außenbereich so ruhig verhalten, dass keine erheblichen Belästigungen durch Lärm und keine Handgreiflichkeiten, Sachbeschädigungen und Beleidigungen auftreten, ist bei einer Auslegung nach seinem Sinn und Zweck  nicht auf etwas rechtlich Unmögliches gerichtet. Die Auflage wäre auch nicht zur Erreichung ihres Ziels ungeeignet und damit rechtswidrig, wenn trotz der vorgesehenen Tätigkeit eines Ordnungsdienstes unter Ausnutzung seiner Möglichkeiten Belästigungen ggf. nicht vollständig und nicht bei jedem Vorfall vermieden werden könnten. (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)
2. Der Tätigkeit von Personen, die entweder mit behördlicher Erlaubnis das Bewachungsgewerbe nach § 34a GewO selbständig ausüben oder für einen solchen Gewerbebetrieb tätig sind und über die entsprechende Sachkunde verfügen, kann nicht von vornherein eine Wirksamkeit abgesprochen werden, Belästigungen der Nachbarschaft zu unterbinden oder jedenfalls auf ein vertretbares Maß zu begrenzen. (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)
3. Für die Beurteilung der Verhältnismäßigkeit einer gaststättenrechtlichen Auflage zum Schutz der Nachbarn ist zwar einerseits das vom Recht auf Berufsfreiheit und auch vom Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb geschützte Interesse des Gatwirts zu berücksichtigen, mit dem Betrieb der Gaststätte einen möglichst hohen Gewinn zu erzielen, andereseits kann jedoch Art. 12 Abs. 1 GG  zum Schutz wichtiger Gemeinschaftsgüter beschränkt werden, zu denen auch die Nachtruhe und damit die ebenfalls grundrechtlich garantierte Gesundheit der Anwohner zählt. Entsprechende Beschränkungen sind auch mit Blick auf das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb möglich, ggf. auch ohne Rücksicht auf die Wirtschaftlichkeit des Gaststättenbetriebs (vgl. BayVGH BeckRS 2013, 55314 Rn. 33 mwN). Eine Art von Bestandsschutz, eine Gaststätte auf längere Sicht so betreiben zu können, wie sie genehmigt und zu einem früheren Zeitpunkt betrieben worden ist, folgt aus dem Gaststättengesetz nicht.   (Rn. 24 und 25) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

AN 4 K 16.2155 2017-11-15 Urt VGANSBACH VG Ansbach

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Der Kläger wendet sich gegen einen gaststättenrechtlichen Auflagenbescheid des Beklagten, mit dem ihm auferlegt wurde, im Außenbereich seiner Gaststätte einen Ordnungsdienst mit zwei Personen einzusetzen, die das Bewachungsgewerbe mit Erlaubnis nach § 34a GewO selbständig betreiben oder für einen solchen Betrieb tätig sind und die erforderliche Sachkunde besitzen.
Mit Bescheid vom 9. August 2005 erteilte das Landratsamt N. dem Kläger die Erlaubnis zum Betrieb einer Schank- und Speisewirtschaft mit Außenbewirtschaftung in näher bezeichneten Räumlichkeiten in B. Durch Auflagen wurde u.a. angeordnet, dass der Betrieb der Außenbewirtschaftung während der Nachtzeit von 22.00 bis 6.00 Uhr unzulässig sei und der Kläger dafür zu sorgen habe, dass alles unterlassen werde, was zu Belästigungen für die Nachbarschaft führen könne, insbesondere dass die Gäste während des Aufenthaltes in der Gastwirtschaft bei geöffneten Fenstern oder im Außenwirtschaftsbereich, aber auch auf dem Nachhauseweg, soweit dies dem Gaststättenbetrieb zuzuordnen sei, singen und grölen.
Nach Beschwerden der Nachbarn über Ruhestörungen erteilte das Landratsamt N. dem Kläger mit Bescheid vom 17. Dezember 2010 die zusätzliche Auflage, durch den Einsatz eines Ordnungsdienstes sicherzustellen, dass sich im Außenbereich der Gastwirtschaft aufhaltende Gäste sich so ruhig verhalten, dass eine erhebliche Lärmbelästigung der Nachbarschaft nicht erfolge.
Im Anschluss kam es zu weiteren Beschwerden aus der Nachbarschaft und Feststellungen der Polizeiinspektion B. u.a. über nächtliche Ruhestörungen. Daraufhin erteilte das Landratsamt N. dem Kläger mit Bescheid vom 6. November 2014 die Auflage, durch den Einsatz eines Ordnungsdienstes sicherzustellen, dass sich im Außenbereich der Gastwirtschaft aufhaltende Gäste sich so ruhig verhalten, dass die Nachbarschaft nicht erheblich durch Lärm belästigt werde und sich keine Handgreiflichkeiten und Sachbeschädigungen ereignen könnten; der Kläger habe jeweils am Samstag, Sonntag und Montag zwischen 0.00 Uhr und Betriebsende einen Ordner vor der Gaststätte zu platzieren.
Im weiteren Verlauf kam es erneut zu Beschwerden der Nachbarn über erhebliche nächtliche Ruhestörungen sowie zu Polizeieinsätzen wegen von der Gaststätte ausgehender Störungen. Das Landratsamt erließ daraufhin nach Anhörung des Klägers den streitgegenständlichen Bescheid vom 12. Oktober 2016, mit dem diesem auferlegt wurde, durch den Einsatz eines Ordnungsdienstes sicherzustellen, dass sich im Außenbereich der Gastwirtschaft aufhaltende Gäste sich so ruhig verhalten, dass die Nachbarschaft nicht erheblich durch Lärm belästigt werde und sich keine Handgreiflichkeiten, Sachbeschädigungen und Beleidigungen von Nachbarn und anderen Gästen ereignen könnten. Der Kläger habe jeweils samstags, sonntags und montags von 0.00 Uhr bis Betriebsende zwei „gewerbliche“ Ordner vor der Gaststätte zu platzieren, wobei es sich bei den Ordnern um Personen handeln müsse, die entweder das Bewachungsgewerbe mit behördlicher Erlaubnis selbstständig ausübten oder für einen solchen Gewerbebetrieb tätig seien und über die entsprechende Sachkunde gemäß § 34a GewO verfügten. Der Ordnungsdienst müsse so eingesetzt werden, dass er in der Lage sei, Handgreiflichkeiten, Sachbeschädigungen, Lärmbelästigungen und Beleidigungen von Nachbarn und anderen Gästen zukünftig zu verhindern. Dies wurde damit begründet, dass die zurückliegenden Vorkommnisse dem Gaststättenbetrieb zuzuordnen seien. Ein milderes Mittel sei nicht ersichtlich. Die in den bisherigen Auflagenbescheiden enthaltenen milderen Mittel hätten nicht zur Beruhigung im Umgriff der Gaststätte geführt; die Beschwerden hätten sich dagegen massiv verstärkt.
Der Kläger erhob gegen den Bescheid Klage zum Verwaltungsgericht Ansbach, die mit Urteil vom 15. November 2017 abgewiesen wurde. Der Bescheid sei hinreichend bestimmt im Sinne des Art. 37 BayVwVfG. Soweit die Nachbarschaft nach dem Bescheid nicht erheblich durch Lärm belästigt werden solle, sei aufgrund der weiteren Ausführungen und durch Bezugnahme auf Ereignisse in der Vergangenheit für den Kläger erkennbar, welche Verhaltensweisen unerwünscht seien.
Die Voraussetzungen für eine Auflage nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG lägen vor. Von schädlichen Umwelteinwirkungen, erheblichen Gefahren oder Belästigungen im Sinne der Vorschrift sei auszugehen. Die Zwischenfälle seien der Gaststätte des Klägers zurechenbar. Dies gelte für kommende und gehende Gäste sowie für Raucher, auch für einen vom Kläger angeführten Vorfall vom 25. Juni 2016, als 20 – 30 betrunkene junge Leute vor der Gaststätte Ruhestörungen verursacht hätten. Auch der Lärm von Personen, denen der Zutritt zur Gaststätte verwehrt worden sei, sei dieser zurechenbar. Der Kläger könne dem nicht mit einem Hinweis auf die Aufgaben der Sicherheitsbehörden entgehen.
Die Auflage sei ermessensfehlerfrei ergangen sowie verhältnismäßig. Sie sei zur Erreichung ihres Ziels geeignet, da damit zu rechnen sei, dass zwei „gewerbliche“ Ordner aufgrund eines gewissen Maßes an Professionalität in der Lage seien, in geeigneter Weise auf die Gäste einzuwirken, so dass sich die Lärm- und Belästigungssituation jedenfalls verbessern werde. Die Maßnahme sei auch erforderlich, da eine Sperrzeitverlängerung kein milderes Mittel darstelle und auch sonst kein milderes Mittel ersichtlich sei. Kein milderes gleich effektives Mittel sei die Anordnung lediglich eines Ordners. Der Beklagte habe aufgrund der Erfahrungen mit dem bisherigen Ordner davon ausgehen können, dass eine solche Anordnung nicht ausreiche. Dies gelte auch mit Blick auf das Erfordernis eines „gewerblichen“ Ordners.
Der Bescheid sei trotz der wirtschaftlichen Belastung verhältnismäßig im engeren Sinne. Die Wirtschaftlichkeit des Betriebes sei das unternehmerische Risiko des Gewerbetreibenden; Rechte Dritter könnten nur ausnahmsweise zurückstehen.
Der Kläger beantragte die Zulassung der Berufung. Der Beklagte beantragte die Ablehnung des Zulassungsantrags.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und die beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg, da sich aus den Darlegungen in der Antragsbegründung des Klägers vom 2. März 2018 (vgl. zu deren Maßgeblichkeit § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO) nicht ergibt, dass die Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung vorliegen.
1. Dabei ist unschädlich, dass sich die Begründungsschrift vom 2. März 2018 nicht ausdrücklich auf einen der gesetzlichen Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 VwGO bezieht. In ihr wird jedenfalls vorgetragen, warum das angefochtene Urteil und einzelne seiner Begründungselemente aus der Sicht des Klägers unrichtig seien. Dieses Vorbringen kann bei sachgerechter Auslegung als Geltendmachung ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO verstanden werden (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 124a Rn. 63 a.E.).
Aus den Darlegungen des Klägers ergeben sich solche Zweifel indessen nicht. Der Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel läge nur vor, wenn vom Rechtsmittelführer ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt würde (vgl. BVerfG, B.v. 23.6.2000 – 1 BvR 830/00 – juris Rn. 15; B.v. 26.3.2007 – 1 BvR 2228/02 – juris Rn. 25). Das ist nicht der Fall.
1.1 Der Kläger trägt vor, die Auflage sei auf Unmögliches gerichtet und rechtswidrig, weil er dem Bescheid zufolge nicht nur zu versuchen habe, auf seine Gäste einzuwirken, sondern einen bestimmten Erfolg zu erzielen habe. Dies könne ein „gewerblicher“ Ordnungsdienst nicht leisten; er könne Gäste lediglich des Hauses verweisen, habe darüber hinaus aber keine Befugnisse. Mit Blick auf den angeordneten Erfolg sei die Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (B.v. 16.3.1981 – 22 CS 81 A. 185 – GewArch 1981, 229) anzuwenden. Vorliegend sei nicht einmal die Polizei in der Lage gewesen, Belästigungen der Nachbarschaft zu unterbinden. Ungeachtet dessen habe der Kläger einen Dienstleistungsvertrag mit einem Sicherheitsdienst abgeschlossen, der seit Januar 2018 mit jeweils einem und seit Mai 2018 mit jeweils zwei Mitarbeitern samstags und sonntags von 0.00 Uhr bis 5.00 Uhr vor der Gaststätte Dienst tue; nur von Freitag auf Samstag und von Samstag auf Sonntag sei die Gaststätte geöffnet. Der Kläger legte ergänzend eine schriftliche Aussage seiner Lebensgefährtin, die in der Gaststätte bediene, vom 18. Juni 2018 zur Tätigkeit des Sicherheitsdienstes vor.
Die Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils wird durch dieses Vorbringen nicht in Frage gestellt. Es begründet keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Auflage mit Blick auf ihre Eignung zum Schutz gegen schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des § 3 Abs. 1 BImSchG und sonst gegen erhebliche Nachteile, Gefahren oder Belästigungen für die Bewohner des Betriebsgrundstücks oder der Nachbargrundstücke (§ 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG). Der Bescheid ist nicht auf etwas rechtlich Unmögliches gerichtet. Nach seinem Wortlaut soll sichergestellt werden, dass Gäste sich im Außenbereich so ruhig verhalten, dass keine erheblichen Belästigungen durch Lärm und keine Handgreiflichkeiten, Sachbeschädigungen und Beleidigungen auftreten. Nach ihrem Sinn und Zweck ist die Auflage so auszulegen, dass der Ordnungsdienst im Rahmen seiner tatsächlichen und rechtlichen Möglichkeiten (vgl. § 34a Abs. 5 GewO) tätig werden muss, um Lärmbelästigungen der Nachbarschaft, Handgreiflichkeiten, Sachbeschädigungen und Beleidigungen so weit wie möglich zu vermeiden. Wie im Einzelnen vorzugehen ist, ist von Fall zu Fall zu entscheiden und ließe sich abstrakt gar nicht regeln. Die Auflage wäre auch nicht zur Erreichung ihres Ziels ungeeignet und damit rechtswidrig, wenn trotz der vorgesehenen Tätigkeit eines Ordnungsdienstes unter Ausnutzung seiner Möglichkeiten Belästigungen ggf. nicht vollständig und nicht bei jedem Vorfall vermieden werden könnten. Das Verwaltungsgericht ist dementsprechend zutreffend davon ausgegangen, dass damit zu rechnen sei, dass bei Positionierung der beiden Ordner vor der Gaststätte entsprechend den Anforderungen des Bescheids jedenfalls eine Verbesserung der Lärm- und Belästigungssituation im Umfeld der Gaststätte eintreten werde.
Dabei ist insbesondere nicht anzunehmen, dass zwei Personen, die entsprechend dem Bescheid entweder mit behördlicher Erlaubnis das Bewachungsgewerbe nach § 34a Abs. 1 GewO selbständig ausüben oder für einen solchen Gewerbebetrieb tätig sind und über die entsprechende Sachkunde gemäß § 34a Abs. 1a GewO verfügen, von vornherein nicht in der Lage seien, die genannten Belästigungen der Nachbarschaft zu unterbinden oder jedenfalls auf ein vertretbares Maß zu begrenzen. Zwar stehen solchen Personen gemäß § 34a Abs. 5 GewO keine polizeilichen Befugnisse, sondern nur die sog. Jedermann-Rechte zu. Der Kläger als Gastwirt kann dem von ihm beschäftigten Ordnungsdienst aber sein Hausrecht übertragen, soweit dieses reicht. Von der Wirksamkeit von Hinweisen an Gäste und dem Gebrauch des Hausrechts des Gastwirts ist der Bayerische Verwaltungsgerichtshof auch mit Blick auf eine behördlicherseits ausgesprochene Verpflichtung eines Gastwirts ausgegangen, durch organisatorische Maßnahmen sicherzustellen, dass Gäste nach 23.00 Uhr keine offenen Getränke aus einem Lokal mit ins Freie nehmen (vgl. BayVGH, B.v. 26.11.2018 – 22 CS 18.2073 – juris Rn. 33). Darüber hinaus gehört zum Aufgabenprofil eines Bewachungsunternehmers nach § 34a GewO die Fähigkeit, potentielle Konflikte aufzuspüren und ihnen durch deeskalierendes Verhalten entgegenzutreten (vgl. BayVGH, U.v. 20.2.2014 – 22 BV 13.1909 – juris Rn. 26). Die Erlaubnis zur Ausübung des Gewerbes kann nur bei entsprechender Sachkunde über die rechtlichen und fachlichen Grundlagen erteilt werden, die durch eine vor der Industrie- und Handelskammer erfolgreich abgelegte Prüfung nachzuweisen ist (§ 34a Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GewO); der Gewerbetreibende darf mit der Durchführung von Bewachungsaufgaben nur Personen beschäftigen, die durch eine Bescheinigung der Industrie- und Handelskammer nachweisen, dass sie über die notwendigen rechtlichen und fachlichen Grundlagen unterrichtet worden und mit ihnen vertraut sind (§ 34a Abs. 1a Satz 1 Nr. 2 GewO). Der Tätigkeit derart qualifizierter Personen kann eine entsprechende Wirksamkeit z.B. bei Hinweisen an Gäste, sich ruhig zu verhalten, nicht von vornherein abgesprochen werden.
Soweit der Kläger sich gegen die Auffassung des Verwaltungsgerichts wendet, der Bejahung der Eignung der Auflage zur Bekämpfung von Belästigungen stehe nicht die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 16.3.1981 – 22 CS 81 A. 185 – GewArch 1981, 229 entgegen, führt dies nicht zum Erfolg seines Antrages. In dem dortigen Verfahren nahm der Verwaltungsgerichtshof auf vorangehende Entscheidungen Bezug, nach denen eine Sperrzeitverlängerung für eine Gaststätte in aller Regel nicht deshalb unverhältnismäßig sei, weil die Behörde nicht zuvor als milderes Mittel versucht habe, eine Lärmberuhigung durch eine Auflage an den Gastwirt zu erreichen, selbst oder durch Angestellte vor der Tür für Ruhe zu sorgen. In diesem Zusammenhang führte der Verwaltungsgerichtshof für den damals zu entscheidenden Fall aus, dass auch eine entsprechende Tätigkeit von zwei Ordnern, die von der Behörde verfügt worden war, keine größere Erfolgsaussicht als der Einsatz des Gastwirts selbst oder seines eigenen Personals biete, zumal nicht von einem einsichtsvollen Kundenkreis der Gaststätte auszugehen sei. Der Kläger legt nicht dar, dass diese Überlegungen sich auf einen vergleichbaren Sachverhalt bezogen hätten. Aus seinem Vortrag wird nicht ersichtlich, dass die damalige Entscheidung das Tätigwerden von Ordnern zum Gegenstand gehabt hätte, die das Bewachungsgewerbe mit behördlicher Erlaubnis selbständig ausüben oder für einen solchen Gewerbebetrieb tätig sind und die entsprechende Sachkunde besitzen, wie es der vorliegend angegriffene Bescheid verlangt. Schon deshalb können sie nicht in der Weise generalisiert werden, dass ein Ordnungsdienst grundsätzlich zur Reduzierung von Lärm und sonstigen Störungen durch Gäste im Außenbereich einer Gaststätte ungeeignet sei. Zu berücksichtigen ist im Übrigen auch, dass Ordnungs- und Sicherheitsdienste im Vergleich zu dem Zeitpunkt der genannten Entscheidung heute erheblich stärker verbreitet und professionalisiert sein dürften, auch angesichts der zwischenzeitlichen Entwicklung des § 34a GewO und der darin enthaltenen rechtlichen Anforderungen an die Erlaubnis zur Ausübung des Bewachungsgewerbes sowie an das mit Bewachungsaufgaben betraute Personal von Bewachungsunternehmern.
Für die Geeignetheit und Wirksamkeit des von dem Kläger nach Ergehen des erstinstanzlichen Urteils vertraglich verpflichteten Sicherheitsdienstes zur Reduzierung von Lärm- und sonstigen Belästigungen der Nachbarschaft und somit für die Rechtmäßigkeit der verfügten Auflage spricht im Übrigen auch die schriftliche Auskunft der Lebensgefährtin des Klägers vom 18. Juni 2018. Sie hat ausgeführt, dass der Sicherheitsdienst eingreife, wenn Raucher im Gang oder im Hof zu laut seien. Nach ihrer Darstellung hat sich die Situation durch die Tätigkeit des Sicherheitsdienstes erheblich verbessert.
Schließlich steht der Eignung der vom Beklagten ausgesprochenen Auflage zum Schutz gegen Belästigungen der Anwohner nicht der Vortrag des Klägers entgegen, dass noch nicht einmal die Polizei in der Lage gewesen sei, Handgreiflichkeiten, Sachbeschädigungen und Beleidigungen von Nachbarn zu unterbinden. Dabei nimmt der Kläger wohl auf einen einzelnen Vorfall am 25. Juni 2016 Bezug, bei dem nach seiner Darstellung 20 – 30 betrunkene Jugendliche gegen 3.45h Einlass in die Gaststätte begehrt und sich trotz Aufforderung durch den Türsteher des Klägers nicht entfernt und sich vor der Gaststätte unangemessen verhalten hätten; die herbeigerufene Polizei (ein Streifenwagen mit zwei Beamten) habe die Situation nicht bewältigen können. Dass es (Ausnahme-)Situationen geben kann, die von zwei Polizeibeamten ebenso wenig wie von zwei Ordnungskräften gelöst werden können, führt aber nicht dazu, dass der Einsatz von Ordnungskräften generell als nicht zur Reduzierung von Lärm- und sonstigen Belästigungen durch Gäste, die die Gaststätte verlassen, geeignet anzusehen wäre.
1.2 Der Kläger trägt weiter vor, er habe seiner bisherigen Sicherheitskraft monatlich 160 € bezahlt. Der nunmehr von ihm zur Erfüllung der angefochtenen Auflage abgeschlossene Dienstleistungsvertrag mit einem Sicherheitsdienst führe zu einer finanziellen Belastung von 1.680 € netto im Monat. Er mache mit der Gaststätte jährlich nur einen Gewinn von 20.000 €. Dies ergebe sich aus vorgelegten Steuerbescheiden, die ihrerseits auf Schätzungen seitens des Finanzamts basierten. Die monatliche Zahlungsverpflichtung gegenüber dem Sicherheitsdienst bedeute den „Tod“ der Gaststätte. Der Kläger könne den Betrieb der Gaststätte auch nicht einfach aufgeben, da er durch einen Pachtvertrag noch zwei Jahre gebunden sei.
Der Vortrag begründet keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils mit Blick auf die Verhältnismäßigkeit der Auflage im engeren Sinne.
Der Kläger hat zunächst die dem Bescheid zugrundeliegende und in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht durch die Vertreter des Beklagten dargelegte Annahme, dass zwei Ordner mit der geforderten Qualifikation nach § 34a GewO erforderlich sind, um der Situation an seiner Gaststätte mit Blick auf die Betroffenheit der Nachbarn Herr zu werden, nicht substantiiert in Zweifel gezogen. Er hat insbesondere nichts dazu vorgetragen, dass etwa bereits die Auflage aus dem Bescheid vom 6. November 2014, auf die hin er offenbar seine bisherige Sicherheitskraft beschäftigt hatte, zum Schutz der Nachbarschaft ausreiche.
Angesichts dessen bestehen trotz der nach dem klägerischen Vortrag entstehenden finanziellen Belastung keine Zweifel an der Verhältnismäßigkeit der Auflage im engeren Sinne. Für den Kläger streitet hier zwar sein Interesse, mit dem Betrieb der Gaststätte einen möglichst hohen Gewinn zu erzielen, das in dem Recht auf Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG grundrechtlich verankert und auch vom Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb umfasst ist (vgl. hierzu mit Blick auf Sperrzeitverlängerungen BVerwG, U.v. 5.11.1985 – 1 C 14/84 – juris Rn. 19; BayVGH, B.v. 22.8.2013 – 22 CS 13.1530 – juris Rn. 32 f.; OVG NW, B.v. 28.9.2017 – 4 B 885/17 – juris Rn. 30 ff.) – unabhängig von der Frage, ob dieses der verfassungsrechtlichen Eigentumsgarantie des Art. 14 GG unterfällt (offen gelassen in BVerfG, U.v. 6.12.2016 – 1 BvR 2821/11 u.a. – juris Rn. 240).
Art. 12 Abs. 1 GG kann jedoch zum Schutz wichtiger Gemeinschaftsgüter beschränkt werden, zu denen auch die Nachtruhe und damit die Gesundheit der Anwohner zählt (vgl. BayVGH, B.v. 22.8.2013 – 22 CS 13.1530 – juris Rn. 32; OVG NW, B.v. 28.9.2017 – 4 B 885/17 – juris Rn. 32), die ebenfalls grundrechtlich garantiert ist (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG). Sie ist hier angesichts der festgestellten langjährigen Ruhestörungen und anderen Störungen in erheblicher Weise betroffen. Entsprechende Beschränkungen sind mit Blick auf das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb möglich, dem angesichts der Regelungen des Gaststättengesetzes von vornherein das Risiko nachträglicher Anordnungen nach § 5 GastG sowie von Sperrzeitverlängerungen nach § 18 GastG i.V.m. § 8 GastV immanent ist, ggf. auch ohne Rücksicht auf die Wirtschaftlichkeit des Gaststättenbetriebs (vgl. BVerwG, U.v. 5.11.1985 – 1 C 14/84 – juris Rn. 19; BayVGH, B.v. 22.8.2013 – 22 CS 13.1530 – juris Rn. 33). Eine Art von Bestandsschutz, eine Gaststätte auf längere Sicht so betreiben zu können, wie sie genehmigt und zu einem früheren Zeitpunkt betrieben worden ist, folgt aus dem Gaststättengesetz nicht. Im konkreten Fall ist auch zu berücksichtigen, dass schon die dem Kläger mit Bescheid vom 9. August 2005 erteilte Gaststättenerlaubnis die Auflage enthielt, dafür zu sorgen, dass alles unterlassen wird, was zu Belästigungen der Nachbarn führen kann, insbesondere dass Gäste im Außenwirtschaftsbereich sowie auf dem Nachhauseweg, soweit dies dem Gaststättenbetrieb zuzuordnen sei, singen und grölen. Damit war bereits klar erkennbar, dass der Kläger zur Vermeidung von Lärm im Zusammenhang mit dem Betrieb seiner Gaststätte verpflichtet ist.
Eine Abwägung der widerstreitenden Interessen ergibt angesichts der Erheblichkeit der dokumentierten Lärmbelästigungen, dass dem Gesundheitsschutz der Anwohner der Vorrang vor den wirtschaftlichen Interessen des Klägers zukommt, soweit die angefochtene Auflage reicht. Es ist dem Kläger als Gastwirt zumutbar, durch den Einsatz eines Ordnungsdienstes in der vom Bescheid geforderten Weise im Außenbereich der Gaststätte an den Betriebstagen ab 0.00 Uhr für Ruhe zu sorgen, um den Anwohnern eine weitgehend ungestörte Nachtruhe zu verschaffen, auch wenn damit die von ihm geltend gemachten Kosten verbunden sind und dies die Rentabilität seines Betriebs in Frage stellen sollte. Dauerhafte erhebliche Störungen der Nachtruhe müssen nicht hingenommen werden. Dies gilt auch deshalb, weil der Kläger die Möglichkeit hätte, sein Betriebskonzept zu ändern und auf diese Weise die von ihm gepachteten Räume in anderer Weise mit Aussicht auf Gewinn gaststättengewerblich zu nutzen (vgl. auch BVerwG, U.v. 5.11.1985 – 1 C 14/84 – juris Rn. 19). Auf die Fragen, wie hoch der Gewinn des Klägers aus dem Betrieb der Gaststätte tatsächlich ist und zu welchem Zeitpunkt er seinen Pachtvertrag kündigen könnte, kommt es deshalb nicht an.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 47 i.V.m. § 52 Abs. 2 GKG. Für die gaststättenrechtliche Auflage gilt der Auffangstreitwert (wie Vorinstanz).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 2 VwGO). Mit ihm wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben