Verwaltungsrecht

Gemeinderatsmitglieder, Fortsetzungsfeststellungsklage, Rehabilitationsinteresse, Verwaltungsgerichte, Wiederholungsgefahr, Besondere Feststellungsinteresse, Fortsetzungsfeststellungsinteresse

Aktenzeichen  4 ZB 17.1490

Datum:
17.4.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 8598
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 1004 Abs. 1 Satz 2
GG Art. 2 Abs. 1

 

Leitsatz

Verfahrensgang

Au 7 K 16.327 2017-07-03 Urt VGAUGSBURG VG Augsburg

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 10.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Gegenstand des Verfahrens ist ein Unterlassungs- und Widerrufsbegehren des Klägers in seiner Eigenschaft als erster Bürgermeister einer Gemeinde gegenüber dem Beklagten, einem ehemaligen Gemeinderatsmitglied.
Der Kläger begehrt die Feststellung,
– dass der Beklagte verpflichtet war, es zu unterlassen, wörtlich oder sinngemäß in der Öffentlichkeit die Behauptung aufzustellen, dass ein Gemeinderatsprotokoll im Nachhinein verändert worden sei und
 – dass der Beklagte die Behauptung, dass ein Gemeinderatsprotokoll im Nachhinein verändert worden sei, hätte widerrufen müssen und den Widerruf in der nächsten öffentlichen Gemeinderatssitzung hätte erklären müssen, wenn er sein Amt als Gemeinderatsmitglied nicht niedergelegt hätte.
Der Kläger hatte im verwaltungsgerichtlichen Verfahren seine zunächst auf Unterlassung und Widerruf gerichtete Klage nach dem Ausscheiden des Beklagten aus dem Gemeinderat auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage umgestellt. Diese wies das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 3. Juli 2017 ab; sie sei unzulässig, weil es dem Kläger an dem erforderlichen besonderen Feststellungsinteresse fehle. Es liege weder ein Rehabilitationsinteresse noch eine Wiederholungsgefahr vor.
Gegen das Urteil richtet sich der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung, dem der Beklagte entgegentritt.
Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten und die vorgelegten Behördenakten verwiesen.
II.
1. Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg, da die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht vorliegen. Weder bestehen ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), noch weist die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO). Auch die weiter geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nrn. 3 VwGO) liegt nicht vor; eine Divergenz (Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) ist nicht ausreichend dargelegt (vgl. § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO), jedenfalls liegt sie ebenfalls nicht vor.
a) An der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils bestehen keine ernstlichen Zweifel im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Solche Zweifel sind nur gegeben, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird (vgl. etwa BVerfG, B.v. 10.9.2009 – 1 BvR 814/09 – NJW 2009, 3642).
Der Kläger trägt vor, entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sei das besondere Feststellungsinteresse in Form eines Rehabilitationsinteresses des Klägers, einer Wiederholungsgefahr und eines Präjudizinteresses im Hinblick auf die Vorbereitung eines Entschädigungsprozesses gegeben. Bei der Prüfung des Rehabilitationsinteresses gehe das Verwaltungsgericht zu Unrecht davon aus, dass die Teilnehmer der Bürgerversammlung nicht hätten erkennen können, dass sich der Vorwurf der nachträglichen Veränderung eines Gemeinderatsprotokolls gegen den Kläger richte. Hinsichtlich der Gemeinderatsmitglieder ziehe das Verwaltungsgericht zwar in Erwägung, dass diese von einem Betroffensein des Klägers hätten ausgehen können, weil ihnen das Procedere der Erstellung einer Sitzungsniederschrift und der notwendigen Unterschriften im Gegensatz zu Bürgern bekannt sei, ignoriere jedoch dann die Anwesenheit von Gemeinderatsmitgliedern bei der Bürgerversammlung. Das sei widersprüchlich. Auch sei aus dem Urteil nicht klar, ob das Verwaltungsgericht für das Bestehen eines Rehabilitationsinteresses verlange, dass allen Versammlungsteilnehmern klar sein müsste, dass der Kläger mit den Vorwurf gemeint sei, oder ob das Verwaltungsgericht die überwiegende Zahl fordere. Das Rehabilitationsinteresse sei aber schon dann gegeben, wenn ein bestimmter Teil der Adressaten den Kläger als von dem Vorwurf betroffen erachte. Daher reichten die anwesenden Gemeinderatsmitglieder aus, um ein Rehabilitationsinteresse zu bejahen. Im Übrigen könne auch der normale Bürger, der nicht Mitglied des Gemeinderats sei, sich aber wie hier für Gemeindeangelegenheiten interessiere, bei einer kleineren Gemeinde, deren Verwaltung nur aus dem ersten Bürgermeister und einer Gemeindesekretärin bestehe, aus der Äußerung des Beklagten nur schließen, dass zumindest auch der Kläger gemeint sei. Das Verwaltungsgericht verneine auch zu Unrecht eine Wiederholungsgefahr. Infolge der Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs habe das Verwaltungsgericht den Fall unter allen in Betracht kommenden rechtlichen, auch zivilrechtlichen Gesichtspunkten zu entscheiden. Durch die Aufgabe der Gemeinderatsmitgliedschaft durch den Beklagten habe sich möglicherweise für die Zukunft bei künftigen Fälschungsvorwürfen die Rechtswegfrage geändert; das ändere aber nichts daran, dass das Verwaltungsgericht hätte berücksichtigen müssen, ob auch ein künftiges „zivilrechtliches“ Fehlverhalten für die Wiederholungsgefahr berücksichtigt werden müsse. Das Verwaltungsgericht hätte daher prüfen müssen, ob die hinreichende Gefahr bestehe, dass der Beklagte den Fälschungsvorwurf in Zukunft – unabhängig von einer zwischenzeitlich entfallenen Mitgliedschaft im Gemeinderat – nochmals erhebe. Überhaupt nicht in Erwägung gezogen habe das Verwaltungsgericht, ob das besondere Feststellungsinteresse auch zur Vorbereitung eines Entschädigungsprozesses dienen könne. Amtshaftungs- oder sonstige Entschädigungsprozesse vor den ordentlichen Gerichten seien nicht völlig ausgeschlossen. Möglicherweise wäre das Handeln des Beklagten als Gemeinderatsmitglied dem Dienstherrn zuzurechnen, gegen den sich dann eine Entschädigungsforderung richten würde. Wahrscheinlicher wäre aber ein Entschädigungsanspruch direkt gegenüber dem Beklagten.
Diese Darlegungen begründen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts.
aa) Das Verwaltungsgericht hat das Rehabilitationsinteresse des Klägers zu Recht verneint.
Das Verlangen nach Rehabilitierung begründet nach ständiger Rechtsprechung ein Feststellungsinteresse nur dann, wenn es bei vernünftiger Würdigung der Verhältnisse des Einzelfalls als schutzwürdig anzuerkennen ist. Dafür reicht es nicht aus, dass der Betroffene die von ihm beanstandete Maßnahme als diskriminierend empfunden hat. Maßgebend ist vielmehr, ob bei objektiver und vernünftiger Betrachtungsweise abträgliche Nachwirkungen der Maßnahme fortbestehen, denen durch eine gerichtliche Feststellung der Rechtswidrigkeit des Verwaltungshandelns wirksam begegnet werden könnte (vgl. BVerwG, U.v. 21.3.2013 – 3 C 6.12 – NVwZ 2013, 1550). Das berechtigte Feststellungsinteresse geht damit über das bloße Interesse an der Klärung der Rechtswidrigkeit hinaus. Ein berechtigtes ideelles Interesse an einer Rehabilitierung besteht nur, wenn sich aus der angegriffenen Maßnahme eine für Außenstehende erkennbare und fortdauernde Stigmatisierung des Betroffenen ergibt, die geeignet ist, sein Ansehen in der Öffentlichkeit oder im sozialen Umfeld herabzusetzen (vgl. BVerwG, U.v. 16.5.2013 – 8 C 14.12 – BVerwGE 146, 303 Rn. 25 m.w.N.; BayVGH, B.v. 28.11.2016 – 4 ZB 16.1610 – BayVBl 2017, 380 Rn. 17).
Das ist hier nicht der Fall. Dabei kann offen bleiben, ob es zur Verneinung des Rehabilitationsinteresses allein ausreicht, dass die bei der Informationsveranstaltung der Gemeinde anwesenden Bürger nicht wussten, wer für die Richtigkeit des Protokolls einer Gemeinderatsitzung verantwortlich ist, somit den möglichen Adressaten des Vorwurfs nicht identifizieren konnten, wie das Verwaltungsgericht darlegte. Der Senat beurteilt die Behauptung des Beklagten, zumindest ein Gemeinderatsprotokoll sei im Nachhinein verändert worden, unter den hier gegebenen speziellen Umständen nicht als derart ehrenrührig, dass allen möglichen Betroffenen, die als Verantwortliche für die Änderung in Betracht kommen, ein Rehabilitationsinteresse zur Seite stünde. Auch wäre der Vorwurf, der nicht zwingend als (strafbarer) Fälschungsvorwurf anzusehen ist, ohne weiteres auch vorgerichtlich zu klären gewesen.
Die Behauptung des Beklagten, ein Protokoll einer Gemeinderatssitzung sei nachträglich geändert worden, bezieht sich allein auf die Sitzung vom 7. Oktober 2013, wie der Beklagte mit Schreiben vom 14. August 2015 ausdrücklich klargestellt hat. Hinsichtlich des Protokolls zur Sitzung vom 20. Januar 2014 hat der Beklagte in dem Schreiben zwar weiter ausgeführt, es sei von einem Gemeinderatskollegen zwischenzeitlich festgestellt worden, dass im „Auszug aus dem Sitzungsbuch“ vom 20. Januar 2014 eine Texterweiterung vorgenommen worden sei; diese Behauptung wird auch in der Klageerwiderung des Beklagten vom 5. April 2016 wiederholt. Jedoch liegt darin ersichtlich kein Vorwurf der nachträglichen Veränderung eines Protokolls über eine Gemeinderatssitzung. Der Auszug aus dem Sitzungsbuch (Anlage B 3, Bl. 55 der VG-Akte), dessen Inhalt auch im Beschlusstext erheblich vom Protokoll über die Gemeinderatssitzung vom 20. Januar 2014 (Anlage K 2, Bl. 11 f. der VG-Akte) abweicht, ist nur vom Kläger, nicht aber von den Gemeinderatsmitgliedern unterschrieben und stellt damit kein Sitzungsprotokoll dar.
Hinsichtlich des Veränderungsvorwurfs bezüglich des Protokolls vom 7. Oktober 2013 wurde der zwischen den Parteien streitige Sachverhalt im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geklärt. Die Bevollmächtigten des Beklagten legten mit Schriftsatz vom 5. April 2016 die Anlage B 1 (Protokoll der Sitzung des Gemeinderats vom 7.10.2013) mit anderem Inhalt als dem von den Gemeinderatsmitgliedern unterschriebenen Original vor und erklärten hierzu mit Schriftsatz vom 25. April 2017, dass der Beklagte die Anlage B 1 seiner Erinnerung nach – wie üblich – mit der Ladung zur nächsten Gemeinderatssitzung erhalten habe. Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 31. Mai 2016 ebenfalls bestätigt, dass es sich bei der Anlage B 1 um einen Entwurf des Protokolls handelt. Damit ist offensichtlich, dass es sich bei der Anlage B 1 um den nach der Sitzung vom 7. Oktober 2013 zur Vorbereitung der nächsten Sitzung, in der die Niederschrift durch Unterschrift der Gemeinderatsmitglieder gebilligt werden sollte, versandten Entwurf des Protokolls handelt, der nicht identisch war mit der später beschlossenen Fassung.
Die Übersendung eines Protokollentwurfs an die Gemeinderatsmitglieder vor der Sitzung, in der das Protokoll durch Unterschrift aller Gemeinderatsmitglieder genehmigt werden muss, soll Gemeinderatsmitgliedern die Gelegenheit geben, in Ruhe die Richtigkeit des Protokolls zu prüfen, so dass sie das nicht erst in der Sitzung tun müssen. Wird den Gemeinderatsmitgliedern allerdings in der Sitzung ein anderer Text zur Beschlussfassung vorgelegt als im Entwurf enthalten, so müssen die veränderten Passagen (von der Korrektur von Rechtschreibfehlern abgesehen) kenntlich gemacht oder mündlich kundgetan werden, unabhängig davon, wer die Änderungen vorgeschlagen oder vorgenommen hat. Dies ist hier offenbar nicht geschehen, da auch nach Abschluss des erstinstanzlichen Verfahrens unklar geblieben ist, wie es zu der Textänderung zwischen Protokollentwurf und dem von den Gemeinderatsmitgliedern unterschriebenen Original gekommen ist.
Der Senat sieht es hiernach nicht als zwingend an, die Behauptung, dass zumindest „ein Protokoll im Nachhinein verändert worden“ sei, als ehrenrührigen Vorwurf der Urkundenfälschung, also als Textveränderung des Protokolls nach Unterschrift der Gemeinderatsmitglieder auszulegen. Der Beklagte hat ausweislich des Berichts der Polizeiinspektion Marktoberdorf vom 2. September 2015 bewusst davon abgesehen, Strafanzeige wegen Urkundenfälschung zu erheben. Seine Äußerung, „zumindest ein Gemeinderatsprotokoll sei im Nachhinein verändert worden“, ist demnach dahingehend zu verstehen, dass das den Gemeinderatsmitgliedern zur Unterschrift vorgelegte Protokoll von dem übersandten Entwurf abwich, ohne dass das deutlich gemacht wurde.
Eine diesbezügliche Behauptung beinhaltet keine für Außenstehende erkennbare und fortdauernde Stigmatisierung der in Frage kommenden Betroffenen, die geeignet ist, ihr Ansehen in der Öffentlichkeit oder im sozialen Umfeld herabzusetzen. Der Kläger hat auch nicht vorgetragen, dass der Vorwurf des Beklagten über den Artikel in der Allgäuer Zeitung vom 22. Mai 2015 hinaus in der Öffentlichkeit thematisiert worden wäre oder er gar persönlich von dritter Seite mit dem Vorwurf einer Protokollfälschung konfrontiert worden wäre.
bb) Entgegen der Auffassung des Klägers ergibt sich das besondere Feststellungsinteresse hier auch nicht aus einer Wiederholungsgefahr. Dass der Beklagte die streitige Äußerung nicht mehr als Mitglied des Gemeinderats tätigen kann, führt zur Erledigung der verwaltungsgerichtlichen Streitigkeit. Unabhängig von der Frage, ob das Verwaltungsgericht den bereits anhängigen Rechtsstreit im Wege einer Klageänderung als zivilrechtliche Unterlassungsklage hätte fortführen und gegebenenfalls entscheiden müssen, ist eine solche zivilrechtliche Unterlassungsklage „nach Erledigung der verwaltungsrechtlichen Streitsache“ nicht erhoben bzw. die Klage nicht entsprechend geändert worden. Vielmehr hat der Kläger auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage umgestellt. Ein etwaiger zivilrechtlicher Unterlassungsanspruch kann aber nicht ein Feststellungsinteresse des Klägers für die verwaltungsgerichtliche Streitigkeit auf Unterlassung des Beklagten gerade in dessen Eigenschaft als Mitglied des Gemeinderats begründen, für die andere rechtliche Maßstäbe gelten. Der Fortsetzungsfeststellungsklage steht insoweit der Vorrang der Leistungsklage entgegen. Folgt man der Ansicht des Klägers, hätte er die Leistungsklage auf Unterlassen der Äußerung – als zivilrechtliche Klage – aufrechterhalten können.
cc) Das Feststellungsinteresse wegen der Geltendmachung von Entschädigungsansprüchen ist zwar nicht deshalb ausgeschlossen, weil der Kläger im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht vorgetragen hat, dass er ein derartiges Verfahren anstreben wird (vgl. BayVGH, B.v. 29.9.2017 – 15 ZB 17.848 – juris Rn. 9 m.w.N.). Jedoch genügt sein erstmaliger Vortrag im Berufungszulassungsverfahren nicht den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO. Bei einer Fortsetzungsfeststellungsklage reicht insoweit die bloß abstrakte Möglichkeit eines derartigen Sekundärverfahrens nicht aus (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl. 2017, § 113 Rn. 136 ff.). Vielmehr ist bei einer Fortsetzungsfeststellungsklage, die der Vorbereitung eines zivilgerichtlichen Amtshaftungsverfahrens dienen soll, das Fortsetzungsfeststellungsinteresse nur zu bejahen, wenn ein solcher Prozess bereits anhängig, mit Sicherheit zu erwarten oder ernsthaft beabsichtigt, die begehrte Feststellung in diesem Verfahren erheblich und die Rechtsverfolgung nicht offensichtlich aussichtslos ist (BayVGH, B.v. 20.12.2017 – 14 ZB 16.118 – juris Rn. 19; OVG NW, B.v. 23.1.2003 – 13 A 4859/00 – NVwZ-RR 2003, 696/697 m.w.N.); dabei muss der Kläger sein berechtigtes Fortsetzungsfeststellungsinteresse substantiiert darlegen (OVG NW, B.v. 23.1.2003 a.a.O. m.w.N.). An diesen Voraussetzungen fehlt es vorliegend. Es wird schon nicht die ernsthafte Absicht, eine Schadensersatzklage anhängig machen zu wollen, vorgetragen. Auch lässt der Kläger offen, gegen wen er einen solchen Prozess ggf. führen werde (vgl. hierzu Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 113 Rn. 88). Es kann daher offen bleiben, ob einem ersten Bürgermeister ein Amtshaftungsanspruch gegen die Gemeinde oder ein Schadensersatzanspruch gegen ein Gemeinderatsmitglied wegen einer auf einer Bürgerinformationsversammlung der Gemeinde getätigten Äußerung dieses Gemeinderatsmitglieds – wie sie hier geschehen ist – zustehen kann. Im Übrigen dürfte es hier auch an dem für einen Amtshaftungsanspruch erforderlichem Verschulden des Beklagten fehlen, nachdem das Verwaltungsgericht als Kollegialgericht die streitige Äußerung nicht als rechtswidrigen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers angesehen hat (vgl. Kopp/Schenke a.a.O. Rn. 137).
b) Die Berufung ist auch nicht wegen besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten der Rechtssache zuzulassen (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO). Diese weist bei der Rechtsanwendung keine über das normale Maß hinausgehenden Schwierigkeiten auf. Dass sich der hier vorliegende Einzelfall nicht ohne weiteres aus dem Gesetz heraus lösen lässt, reicht hierfür nicht.
c) Um einen auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) gestützten Zulassungsantrag zu begründen, muss der Rechtsmittelführer eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formulieren, ausführen, weshalb diese Rechtsfrage für den Rechtsstreit entscheidungserheblich ist, erläutern, weshalb die formulierte Frage klärungsbedürftig ist, und darlegen, weshalb der Frage eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (vgl. Happ in Eyermann, a.a.O. § 124a Rn. 72). Diesen Anforderungen wird die Begründung des Zulassungsantrags nicht gerecht. Der Kläger formuliert schon keine (allgemeine) Frage. Wann in Fallkonstellationen wie hier ein Rehabilitationsinteresse besteht, kann auch nur im jeweiligen Einzelfall beurteilt werden.
d) Der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO ist nicht ausreichend dargelegt (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO), liegt jedenfalls nicht vor. Eine Divergenz setzt voraus, dass ein Rechts- oder Tatsachensatz des Verwaltungsgerichts von einem tragenden Rechts- oder Tatsachensatz des Divergenzgerichts abweicht und die Entscheidung darauf beruht. Die divergierenden Sätze müssen einander so gegenübergestellt werden, dass die Abweichung erkennbar wird (Happ in Eyermann, a.a.O. § 124a Rn. 73 m.w.N.). Zwischen den Gerichten muss ein prinzipieller Auffassungsunterschied über den Bedeutungsgehalt einer bestimmten Rechtsvorschrift oder eines Rechtsgrundsatzes bestehen. Dass in der angegriffenen Entscheidung ein in der Rechtsprechung der übergeordneten Gerichte aufgestellter Grundsatz lediglich übersehen, übergangen oder in sonstiger Weise nicht richtig angewendet wurde, ist nicht ausreichend (BVerwG, B.v. 20.7.2016 – 6 B 35.16 – juris Rn. 12 m.w.N.).
Hieran gemessen ist eine Divergenz schon deshalb nicht ausreichend dargelegt, weil es an einer den oben genannten Anforderungen genügenden Gegenüberstellung divergierender Sätze fehlt.
Zwar hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in seinem Urteil vom 11. Oktober 1994 (Az. 4 B 94.4010 – BeckRS 1995, 14114) ausgeführt, dass es für die Frage des persönlichen Betroffenseins durch eine ehrverletzende Behauptung nicht auf die subjektive Vorstellung des Erklärenden ankommt, sondern der objektive Erklärungsinhalt aus der Sicht dessen, an dem die Erklärung gerichtet ist, maßgeblich ist; jedoch hat das Verwaltungsgericht hier keinen gegenteiligen Rechtssatz aufgestellt; vielmehr hat es ausdrücklich ausgeführt (UA Seite 9 f., Rn. 46, 49), dass allein die Möglichkeit, dass sich die streitgegenständliche Behauptung gegen den Kläger richtet, dazu führe, dass diesem ein Anspruch auf Widerruf und Unterlassung zustehen könnte. Lediglich im Zusammenhang mit der Darlegung (des Fehlens) eines Rehabilitationsinteresses für die Fortsetzungsfeststellungsklage hat es als Argument gegen das Bestehen eines Rehabilitationsinteresses, ausgeführt, dass insoweit zu berücksichtigen sei, dass zumindest ein großer Teil der Zuhörer der Äußerung die mögliche Betroffenheit des Klägers nicht erkannt habe. Darin liegt keine Abweichung von dem o.g. Rechtssatz. Denn hierzu hat sich der Senat in seiner Entscheidung vom 11. Oktober 1994 (a.a.O.) nicht geäußert. Soweit das Verwaltungsgericht (UA S. 12) lediglich ergänzend ausführt, dass es dem Kläger auch an der Aktivlegitimation gefehlt habe, sind diese Ausführungen nicht entscheidungserheblich gewesen. Sie stellen im Übrigen ebenfalls keine Abweichung von dem o.g. Rechtssatz, sondern nur eine Rechtsanwendung im hier vorliegenden Einzelfall dar.
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 2 GKG i.V.m. Nr. 22.7 des Streitwertkatalogs.
3. Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

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