Verwaltungsrecht

Genehmigung eines Gastschulverhältnisses

Aktenzeichen  7 ZB 17.496

Datum:
3.8.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 121579
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayEUG Art. 43 Abs. 5

 

Leitsatz

1. Ein wichtiger Grund für die Genehmigung des gastweisen Besuchs einer anderen als der zuständigen Sprengelberufsschule liegt nur dann vor, wenn die geltend gemachten Gründe von einigem Gewicht sind und aufzeigen, dass der Besuch der Sprengelschule eine unbillige Belastung darstellt. (redaktioneller Leitsatz)
2. Die für den Gastschulbesuch einer Berufsschule geltend gemachten Gründe müssen geeignet sein, das öffentliche Interesse an der Einhaltung der Sprengelpflicht, das vor allem durch die Notwendigkeit einer gleichmäßigen und sinnvollen Verteilung der Schüler auf die mit erheblichen Mitteln geschaffenen und unterhaltenen Pflichtschulen begründet ist, zu überwiegen. (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

B 3 K 16.557 2017-02-13 GeB VGBAYREUTH VG Bayreuth

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Der Kläger begehrt zur Erfüllung seiner Berufsschulpflicht die Zulassung zum Besuch der Gastschule in B. anstelle der Sprengelschule in K. ab dem Schuljahr 2016/17.
Die Regierung von Oberfranken hat den Antrag des Klägers auf Genehmigung eines Gastschulverhältnisses mit Bescheid vom 5. Juli 2016 abgelehnt. Die Sprengelschule und deren Schulaufwandsträger hätten ihre Zustimmung zum Antrag versagt. Wichtige Gründe für eine Genehmigung des Gastschulverhältnisses lägen nicht vor. Auf die Gründe des Bescheids wird Bezug genommen.
Das vom Kläger betriebene und auf vorläufige Zulassung zum Besuch der Gastschule in B. gerichtete gerichtliche Eilverfahren blieb ohne Erfolg. Wegen der Einzelheiten wird auf den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 7. September 2016 (Az. B 3 E 16.575) und den Beschluss des Senats im Beschwerdeverfahren vom 21. Dezember 2016 (Az. 7 CE 16.1843) Bezug genommen.
Das Bayerische Verwaltungsgericht Bayreuth hat die Klage des Klägers mit Gerichtsbescheid vom 13. Februar 2017 abgewiesen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Gerichtsbescheid Bezug genommen.
Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung macht der Kläger unter Wiederholung und Ergänzung seines Vorbringens im erstinstanzlichen Verfahren ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils geltend (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts lägen insbesondere wegen der vom Kläger geltend gemachten ehrenamtlichen Tätigkeit bei der Wasserwacht (nunmehr stellvertretender Jugendleiter) und nachteiliger Änderungen der Zugfahrpläne wichtige Gründe für den gewünschten Besuch der Gastschule in B. vor. Die Rechtssache habe wegen der ehrenamtlichen Tätigkeit des Klägers und seiner Beeinträchtigung „im Rahmen der Sozialisierung und Persönlichkeitsentwicklung“ auch grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Schließlich beruhe der Gerichtsbescheid auch auf einem Verfahrensmangel (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO), weil die gesetzlichen Voraussetzungen für dessen Erlass nicht vorlägen und das Verwaltungsgericht den Kläger hierzu auch nicht vorher angehört habe. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz des Klägerbevollmächtigten vom 19. April 2017 verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die vorgelegte Behördenakte verwiesen.
II.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die vom Kläger geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor.
1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Gerichtsbescheids (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestehen nicht. Der Senat folgt den Gründen des angefochtenen Gerichtsbescheids und sieht zur Vermeidung von Wiederholungen von einer weiteren Begründung ab (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Lediglich ergänzend ist zu bemerken:
Nach Art. 43 Abs. 5 Satz 1 des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen (BayEUG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 31. Mai 2000 (GVBl S. 414; BayRS 2230-1-1-K), zuletzt geändert durch Gesetz vom 12. Juli 2017 (GVBl S. 362), kann der Besuch einer anderen Berufsschule als der Sprengelschule „aus wichtigen Gründen“ genehmigt werden. Ein wichtiger Grund für die Genehmigung des gastweisen Besuchs einer anderen als der zuständigen Sprengelberufsschule liegt nur dann vor, wenn die geltend gemachten Gründe von einigem Gewicht sind und aufzeigen, dass der Besuch der Sprengelschule eine unbillige Belastung darstellt. Die Anforderungen sind zwar nicht so streng wie bei der entsprechenden Regelung für Grundschulen und Mittelschulen (Art. 43 Abs. 1 Satz 1 BayEUG), wonach für den Besuch einer anderen als der Sprengelschule „zwingende persönliche Gründe“ gegeben sein müssen. Die für den Gastschulbesuch einer Berufsschule geltend gemachten Gründe müssen aber geeignet sein, das öffentliche Interesse an der Einhaltung der Sprengelpflicht, das vor allem durch die Notwendigkeit einer gleichmäßigen und sinnvollen Verteilung der Schüler auf die mit erheblichen Mitteln geschaffenen und unterhaltenen Pflichtschulen begründet ist, zu überwiegen. Der gastweise Besuch einer anderen Berufsschule ist nach dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers auch im beruflichen Schulwesen ein Ausnahmefall (vgl. BayVGH, B.v. 6.3.2006 – 7 CE 06.361 – juris Rn. 7). Derartige gewichtige Gründe zugunsten des Besuchs der Gastschule hat der Kläger – auch in der Gesamtschau seines Vorbringens im Eilverfahren, im erstinstanzlichen Verfahren sowie nunmehr im Zulassungsverfahren – nicht geltend gemacht. Die Einschätzung des Verwaltungsgerichts, dass es dem Kläger zuzumuten ist, bei seiner persönlichen Lebensgestaltung Rücksicht auf die Berufsschulpflicht und den in diesem Zusammenhang nicht unzumutbaren Besuch der Sprengelschule zu nehmen und dass im Ergebnis die vom Kläger vorgetragenen Nachteile beim Besuch der Sprengelschule nicht schwerer wiegen als das öffentliche Interesse an der Einhaltung der Sprengelpflicht, ist somit nicht zu beanstanden.
2. Entgegen der Ansicht des Klägers hat die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO), weil weder der ehrenamtlichen Tätigkeit des Klägers noch der geltend gemachten Beeinträchtigung seiner „Sozialisierung und Persönlichkeitsentwicklung“ eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommen.
3. Die gerichtliche Entscheidung beruht schließlich auch nicht auf einem Verfahrensmangel (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO). Der Einwand des Klägers, er sei vor Erlass des Gerichtsbescheids nicht gehört worden, trifft bereits nicht zu. Das Verwaltungsgericht hat den Kläger mit Schreiben vom 2. Januar 2017 auf die Möglichkeit eines Gerichtsbescheids hingewiesen. Auf die Frage, ob die vom Verwaltungsgericht bejahten gesetzlichen Voraussetzungen für den Erlass eines Gerichtsbescheids (§ 84 Abs. 1 VwGO) tatsächlich vorliegen, kommt es im Übrigen nicht entscheidungserheblich an. Dem Kläger hätte es ohne weiteres – worauf er in der Rechtsmittelbelehrungdes Gerichtsbescheids auch ausdrücklich hingewiesen worden ist – offen gestanden, nach Erlass des Gerichtsbescheids eine mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht zu beantragen (§ 84 Abs. 2 Nr. 2 VwGO), mit der Folge, dass der Gerichtsbescheid als nicht ergangen gegolten hätte (§ 84 Abs. 3 VwGO). Von diesem Rechtsmittel hätte er Gebrauch machen müssen, wenn er sich gegen den Erlass des Gerichtsbescheids als solchen hätte wenden wollen.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung für das Zulassungsverfahren ergibt sich aus § 47 Abs. 3 und § 52 Abs. 1 GKG und entspricht der Streitwertfestsetzung im erstinstanzlichen Verfahren.
5. Dieser Beschluss, mit dem die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig wird (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO), ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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