Verwaltungsrecht

Gerichtlicher Prüfungsmaßstab bei Ablehnung eines Asylfolgeantrags als unzulässig

Aktenzeichen  M 29 E 18.34575

Datum:
29.8.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 21959
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 29 Abs. 1 Nr. 5, § 36 Abs. 4, § 71 Abs. 4 S. 1, Abs. 5 S. 1
AufenthG § 60 Abs. 7 S. 1
VwGO § 123 Abs. 1 S. 2
VwVfG § 51

 

Leitsatz

1 Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO, gerichtet auf die Verpflichtung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge, von einer Mitteilung an die Ausländerbehörde gem. § 71 Abs. 5 AsylG abzusehen bzw. eine solche zu widerrufen, ist zulässig und insbesondere statthaft (BVerfG BeckRS 1999, 30051599). (Rn. 13) (redaktioneller Leitsatz)
2 Durch § 71 Abs. 4 S. 1 AsylG iVm § 36 Abs. 4 AsylG wird im Falle der Ablehnung der Durchführung eines weiteren Asylverfahrens und der dadurch bedingten Ablehnung des Asylfolgeantrags als unzulässig iSv § 29 Abs. 1 Nr. 5 Alt. 1 AsylG der Maßstab der gerichtlichen Prüfung dahingehend spezialgesetzlich geregelt, das einstweiliger Rechtsschutz nach § 123 Abs. 1 VwGO nur gewährt werden darf, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen (BVerfG BeckRS 1999, 30051599). (Rn. 15) (redaktioneller Leitsatz)
3 Eine Behandlung einer chronischen Hepatitis-B Erkrankung ist in Mali kostenlos möglich. (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

I.
Der Antragsteller wendet sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen einen Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) vom 27. November 2018, mit dem sein Asylfolgeantrag als unzulässig abgelehnt worden ist.
Der Antragsteller ist nach eigenen Angaben malischer Staatsangehöriger vom Volk der Songhai. Sein Asylantrag wurde mit Bescheid des Bundesamtes vom 28. Juni 2017 abgelehnt. Die hiergegen erhobene Klage wurde mit Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 9. April 2018 als offensichtlich unbegründet abgewiesen (Az.: M 29 K 17.45378). Dieses Urteil ist unanfechtbar. Auf die Urteilsgründe wird im Einzelnen Bezug genommen.
Am 27. September 2018 stellte der Antragsteller einen Antrag auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens (Folgeantrag). Zur Begründung führte er aus, dass er aufgrund von Problemen mit seiner Leber zwei Wochen im Krankenhaus zugebracht habe. Er habe seine Medikamente nicht eingenommen, so dass sich sein Gesundheitszustand sehr verschlechtert habe. Der Antragsteller legte einen Arztbericht der Klinik … vom 27. August 2018 vor, nach dem sich beim Antragsteller Hinweise für einen akuten Schub einer chronischen Hepatitis B gezeigt hätten. Der Antragsteller habe selbst seine antivirale Therapie vor ca. drei Monaten beendet. Die Therapie mit Tenofovir sei eine Dauertherapie. Es werde daher empfohlen, die antivirale Therapie fortzuführen. Der Antragsteller legte außerdem ein Attest von Frau Dr. … vom 19. September 2018 vor, nach dem ebenfalls die dauerhafte Einnahme von Tenofovir empfohlen wird.
Mit Bescheid vom 27. November 2018 lehnte die Antragsgegnerin den Antrag als unzulässig ab (Ziffer 1 des Bescheids) und lehnte den Antrag auf Abänderung des Bescheides vom 28. Juni 2017 (Az.: 6936264-251) bezüglich der Feststellung zu § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG ebenfalls ab (Ziffer 2 des Bescheids). Zur Begründung wurde ausgeführt, dass der Antragsteller lediglich die bereits früher vorgebrachten medizinischen Gründe wiederhole. Eine Sach- und Rechtslagenänderung sei nicht vorgetragen und auch nicht anderweitig erkennbar. Gründe, die unabhängig von den Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG, eine Abänderung der bisherigen Entscheidung zu § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG gemäß § 49 VwVfG rechtfertigen würden, lägen ebenfalls nicht vor. Ein kostenloser Zugang zu einer antiretroviralen Behandlung sei in allen Regionen Malis gegeben. Die eigenmächtige Unterbrechung der Medikamenteneingabe müsse der Antragsteller gegen sich gelten lassen. Bei einer regelmäßigen Einnahme des genannten Medikaments sei insoweit mit einer alsbald eintretenden wesentlichen Verschlimmerung seines Gesundheitszustands mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit in absehbarer Zeit nicht zu rechnen.
Mit Schreiben vom 17. Dezember 2018, bei Gericht am selben Tage eingegangen, ließ der Antragsteller Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München (M 29 K 18.34574) erheben und gleichzeitig beantragen,
der Antragsgegnerin gemäß § 123 VwGO aufzugeben, die Mitteilung gemäß § 71 Abs. 5 Satz 2 AsylG einstweilen zurückzunehmen und der Ausländerbehörde mitzuteilen, dass ein Asylfolgeverfahren durchgeführt wird.
Hilfsweise, das Vorliegen von Abschiebungsverboten gemäß § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG zu prüfen.
Hilfsweise, nach § 80 Abs. 5 VwGO, die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.
Zur Begründung führte die Bevollmächtigte des Antragstellers im Wesentlichen aus, dass der Antragsteller nach Erhalt des Urteils im Erstverfahren so geschockt gewesen sei, dass er seine eigene Gesundheitsfürsorge in der Form vernachlässigt habe, dass er nicht mehr zu den notwendigen ärztlichen Konsultationen gegangen sei und auch seine Tabletten nicht mehr eingenommen habe. Daher habe er einen akuten Schub einer chronischen Hepatitis-B erlitten. Der Antragsteller befürchte, bei einer Rückkehr nach Mali keinen Zugang zu der für ihn lebensnotwendigen medikamentösen Behandlung zu haben, umgehend neu zu erkranken und an den Folgen zu sterben. Beim Antragsteller habe sich nun auch gezeigt, dass er zu der Gruppe von chronisch infizierten Hepatitis-B-Erkrankten gehöre, bei denen sich die Viruslast nach Absetzen der Medikamente umgehend auf ein Level erhöhe, welches einen erneuten Schub der Krankheit zur Folge habe und damit lebensbedrohlich sei. Es könne davon ausgegangen werden, dass sich die im Bescheid zitierte Auskunft der Deutschen Botschaft bezüglich des Zugangs zu einer antiretroviralen Behandlung auf die Krankheit HIV beschränke. Es sei zu klären, ob auch ein kostengünstiger Zugang zu einer antiretroviralen Behandlung in allen Regionen Malis bei der Krankheit HIV (wohl gemeint: Hepatitis-B) bestehe.
Die Antragsgegnerin hat die Akten vorgelegt, aber keinen Antrag gestellt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichts- bzw. die vorgelegten Behördenakten verwiesen.
II.
Der zulässige Antrag bleibt ohne Erfolg.
1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung im Sinne von § 123 Abs. 1 VwGO, gerichtet auf die Verpflichtung der Antragsgegnerin, von einer Mitteilung an die Ausländerbehörde gemäß § 71 Abs. 5 AsylG abzusehen bzw. eine solche zu widerrufen, ist zwar zulässig und insbesondere wohl statthaft (vgl. grundlegend BVerfG, B.v. 16.3.1999 – 2 BvR 2131/95 – juris Rn. 26; sowie VG München, B.v. 11.9.2018 – M 24 E 18.33442 – juris Rn. 13; B.v. 8.5.2017 – M 2 E 17.37375 – juris Rn. 14; HessVGH, B.v. 13.9.2018 – 3 B 1712/18.A – juris Rn. 3).
2. Der Antrag auf Erlass der begehrten Regelungsanordnung im Sinne von § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO ist jedoch unbegründet.
Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO ist eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig und ein dahingehender Antrag daher begründet, wenn diese Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Dies setzt gemäß § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO voraus, dass der jeweilige Antragsteller die Tatsachen, aus denen sich der sog. Anordnungsanspruch, d.h. im Fall des § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO das regelungsbedürftige Rechtsverhältnis und die im Rahmen dessen drohende Rechtsverletzung, und der sog. Anordnungsgrund, d.h. die Dringlichkeit der begehrten Regelung, ergeben, glaubhaft macht. Auf der Grundlage der glaubhaft gemachten Tatsachen muss – nach summarischer Prüfung – grundsätzlich eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für das Bestehen eines Anordnungsanspruchs sprechen (BayVGH, B.v. 16.8.2010 – 11 CE 10.262 – juris Rn. 20 und 32) und ein Anordnungsgrund bestehen. Allerdings sind gemäß § 71 Abs. 4 Halbsatz 1 AsylG die §§ 34, 35 und 36 AsylG entsprechend anzuwenden, wenn die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG nicht vorliegen. §§ 34, 35 und 36 AsylG befassen sich zwar mit Fällen der Abschiebungsandrohung, die im streitgegenständlichen Bescheid im Hinblick auf § 71 Abs. 5 Satz 1 AsylG gerade nicht ausgesprochen worden ist. Die entsprechende Anwendung von §§ 34 ff. AsylG in Fällen wie dem vorliegenden ist aber gleichwohl im Hinblick auf § 36 Abs. 4 AsylG insoweit von Bedeutung, als der Gesetzgeber dort den Maßstab der gerichtlichen Prüfung im einstweiligen Rechtsschutz spezialgesetzlich geregelt hat. Dieser Maßstab ist daher grundsätzlich auch im Rahmen eines Verfahrens nach § 123 VwGO entsprechend anzulegen (BVerfG, B.v. 16.3.1999 – 2 BvR 2131.95 – juris Rn. 22). Vor diesem Hintergrund darf nach § 71 Abs. 4 Satz 1 Halbsatz 1 i.V.m. § 36 Abs. 4 AsylG im Falle der Ablehnung der Durchführung eines weiteren Asylverfahrens und der dadurch bedingten Ablehnung des Asylfolgeantrags als unzulässig im Sinne von § 29 Abs. 1 Nr. 5 Alt. 1 AsylG das Verwaltungsgericht auch einstweiligen Rechtsschutz nach § 123 Abs. 1 VwGO nur gewähren, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen. Ernstliche Zweifel in diesem Sinn liegen dann vor, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die Maßnahme einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhält (BVerfG, U.v. 14.5.1996 – 2 BvR 1516.93 – juris Rn. 99).
Im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 AsylG) bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des streitgegenständlichen Bescheids und daher kein Anordnungsanspruch.
Nach § 71 Abs. 1 Satz 1 AsylG ist im Falle eines erneuten Asylantrags nach unanfechtbarer Ablehnung eines früheren Asylantrags (Folgeantrag) ein weiteres Asylverfahren nur durchzuführen, wenn die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis Abs. 3 VwVfG vorliegen. Gemäß § 51 Abs. 1 VwVfG hat die Behörde auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn sich die Sach- und Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat (Nr. 1) oder neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden (Nr. 2) oder Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 ZPO gegeben sind (Nr. 3). Nach § 51 Abs. 2 VwVfG muss der Betroffene zudem ohne grobes Verschulden außerstande gewesen sein, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen. Zudem muss der Wiederaufgreifens- bzw. Folgeantrag gemäß § 51 Abs. 3 VwVfG binnen drei Monaten ab dem Tag, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat, gestellt werden. § 71 Abs. 3 Satz 1 AsylG verpflichtet den Ausländer zu Angaben über seine Anschrift sowie zu Tatsachen und Beweismitteln, aus denen sich das Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG ergibt.
Vorliegend ist nicht ersichtlich, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG im Hinblick auf den erneuten Asylantrag des Antragstellers und damit Gründe für ein Wiederaufgreifen des Verfahrens im Hinblick auf seine Anerkennung als Asylberechtigter oder die Zuerkennung internationalen Schutzes (§ 13 Abs. 2, § 1 Abs. 1, §§ 3 ff. AsylG) gegeben sind.
Insoweit wird vollumfänglich auf die Ausführungen im angegriffenen Bescheid Bezug genommen (§ 77 Abs. 2 AsylG). Ergänzend wird auf Folgendes hingewiesen:
Der vom Antragsteller vorgetragene Krankenhausaufenthalt aufgrund seiner chronischen Hepatitis-B Erkrankung vermag die Entscheidung über seinen Asylantrag im Sinne von § 13 Abs. 2 AsylG jedenfalls nicht nachträglich zu seinen Gunsten im Sinne von § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG zu verändern. Denn dieser Sachverhalt kann weder einen Anspruch auf Asylanerkennung noch auf Zuerkennung internationalen Schutzes im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 2 AsylG begründen, so dass bereits aus diesem Grund die Voraussetzungen der insoweit allenfalls gegebenen Wiederaufgreifengründe gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 VwVfG nicht vorliegen.
Im Übrigen wäre der vorgetragene Krankenhausaufenthalt nicht als Änderung der dem Bescheid vom 28. Juni 2017 zugrunde liegenden Sachlage im Sinne von § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG anzusehen. Die chronische Hepatitis-B Erkrankung des Antragstellers mit der ärztlichen Empfehlung einer antiviralen Therapie, die mit der täglichen Einnahme eines Medikaments einhergeht, lag bereits seiner Anhörung vor dem Bundesamt am 14. Dezember 2016 zum Erlass des Erstbescheides vor, so dass sie während des in den Erlass des Bescheids vom 28. Juni 2017 mündenden asylrechtlichen Verwaltungsverfahrens sowie erst Recht während des dagegen gerichteten gerichtlichen Verfahrens bereits bestanden hat und daher nicht als nachträgliche Änderung der Sachlage zugunsten des Antragstellers im Sinne von § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG anzusehen ist. Dass der Antragsteller diese Therapie abgebrochen hat, liegt allein in seiner Verantwortung und stellt keine Änderung der Sachlage im Sinne von § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG dar.
Ebenso wenig wurden Tatsachen glaubhaft gemacht, aus denen sich ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Ablehnung der Abänderung des Bescheids vom 28. Juni 2017 bezüglich der Feststellung zu § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG ergäben.
Hat das Bundesamt im ersten Asylverfahren unanfechtbar festgestellt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG nicht bestehen, so ist eine erneute Prüfung der Entscheidung über Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG nur unter den Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG zulässig (BVerwG, U.v. 21.3.2000 – 9 C 41/99 – juris Rn. 9; B.v. 15.1.2001 – 9 B 475.00 – juris Rn. 5). Sind die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG nicht erfüllt, hat das Bundesamt gemäß § 51 Abs. 5 i.V.m. §§ 48 f. VwVfG nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden, ob die bestandskräftige Entscheidung zurückgenommen oder widerrufen wird; insoweit besteht ein Anspruch auf fehlerfreie Ermessensausübung (BVerwG, B.v. 15.1.2001 – 9 B 475.00 – juris Rn. 5).
Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG sind hier nicht ersichtlich, so dass die Voraussetzungen für ein Wiederaufgreifen und eine Abänderung des Bescheids vom 28. Juni 2017 bezüglich der Feststellung zu § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG von der Antragsgegnerin zu Recht verneint wurden.
Der vorgelegte Arztbrief vom 27. August 2018 und das Attest vom 19. September 2018 begründen aller Voraussicht nach keinen Anspruch des Antragstellers auf ein Wiederaufgreifen des unanfechtbar abgeschlossenen Verfahrens über die Feststellung von Abschiebungsverboten und eine neue Entscheidung in der Sache gemäß § 51 Abs. 1 VwVfG. Das neu vorgelegten Attest bzw. der Arztbrief sind insbesondere keine neuen Beweismittel im Sinne von § 51 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG, die eine dem Antragsteller günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden.
Die chronische Hepatitis-B Erkrankung des Antragstellers kann kein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG begründen. Zum einen hat er diese bereits in dem den Bescheid vom 28. Juni 2017 betreffenden gerichtlichen Verfahren – insbesondere auch mit der ärztlichen Empfehlung der antiviralen Therapie – vorgebracht und das Gericht hat kein Abschiebungsverbot festgestellt. Zum anderen ist eine wesentliche Verschlechterung des Gesundheitszustands des Antragstellers alsbald nach seiner Rückkehr nach Mali und damit eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib oder Leben im Sinne der genannten Vorschrift nicht ersichtlich.
Bei der chronischen Hepatitis-B handelt es sich nicht per se um eine lebensbedrohliche oder schwerwiegende Erkrankung, die sich im Falle einer etwaigen Nichtbehandlung alsbald nach der Ankunft im Zielland der Abschiebung wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtern würde. Zwar hat sich beim Antragsteller durch die eigenmächtige Absetzung der Medikamente eine Verschlechterung seines Gesundheitszustands gezeigt; mit Wiederaufnahme der antiviralen Therapie mit Tenofovir zeigte sich aber wiederum eine Verbesserung. Wie bereits im angegriffenen Bescheid ausgeführt, ist nach der Auskunft der Deutschen Botschaft in Bamako von 9. September 2009 eine antiretrovirale Therapie zur Reduzierung der Viruslast in allen Regionen Malis ohne Beschränkungen gegeben. Die darauf bezogene Anfrage des Bundesamts vom 10. März 2008 bezog sich auf eine Person, die aufgrund einer HIV-Infektion eine antiretrovirale Medikation bestehend aus einer Vierfachkombination, die unter anderem aus Tenofovir bestand, erhielt. Der Antragsteller benötigt für seine antivirale Therapie lediglich Tenofovir, also weniger Medikamente als ein Patient mit einer HIV-Infektion (vgl. dazu etwa den Ratgeber des Robert Koch Instituts zu Hepatitis B und D vom 20.05.2016, veröffentlicht auf www.rki.de unter Infektionsschutz/RKI-Ratgeber für Ärzte/Hepatitis B und D). Eine Behandlung seiner chronischen Hepatitis-B Erkrankung ist in Mali daher kostenlos möglich. Da die genannte Auskunft schon vor elf Jahren erfolgte, ist davon auszugehen, dass mittlerweile eine standardisierte Versorgung mit retroviralen Medikamenten im Mali gegeben ist. Es liegt dabei am Antragsteller selbst, sich in seinem Heimatland in entsprechende ärztliche Versorgung zu begeben.
Auch nach dem aktuellen Lagebericht (Stand: Juni 2018) des Auswärtigen Amtes existieren in Mali Krankenhäuser und andere medizinische Einrichtungen, in denen überlebensnotwendige Maßnahmen durchgeführt werden können und die auch für chronische Krankheiten Behandlungsmöglichkeiten bieten (siehe S. 15).
3. Der Antrag ist daher mit der Kostenfolge gemäß § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Gerichtskosten werden nicht erhoben, § 83b AsylG.
Dieser Beschluss ist gemäß § 80 AsylG unanfechtbar.


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