Verwaltungsrecht

Gewährung einer Beihilfe für die zahnärztliche Behandlung der Tochter

Aktenzeichen  B 5 K 17.378

Datum:
6.2.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 15619
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BBhV § 6, § 18
GOZ Nr. 1010, Nr. 1020

 

Leitsatz

Für den Fristbeginn und damit für die Berechnung des Jahreszeitraums nach GOZ Nr. 1010 und 1020 ist maßgebend auf den Zeitpunkt der Kontrolle des Übungserfolgs (Nr. 1010 der GOZ) bzw. auf die erstmalige Leistung, d.h. die Applikation von fluoridhaltigen Medikamenten in Form von Lacken oder Gelen auf die Zahnoberfläche (Nr. 1020 der GOZ), abzustellen. (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

1. Über die Klage konnte gem. § 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, weil die Beteiligten insoweit ihr Einverständnis erklärt haben.
2. Das Gericht legt den Antrag des anwaltschaftlich nicht vertretenen Klägers in dessen Interesse dahingehend aus, dass der Kläger die Gewährung von Beihilfeleistungen im Hinblick auf einen Teilbetrag von 19,41 Euro und insoweit auch die (Teil-)Aufhebung des Bescheids vom 2. März 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. April 2017 begehrt.
3. Die so verstandene Klage ist zwar zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg. Der Bescheid der Beklagten vom 2. März 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. April 2017 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Beihilfe für die Kosten der gegenüber seiner Tochter am 7. Februar 2017 erbrachten zahnärztlichen Leistungen im Hinblick auf die dort in Ansatz gebrachten Nummern 1010 und 1020 der GOZ (§ 113 Abs. 1 und 5 VwGO). Zur Begründung nimmt das Gericht auf die zutreffenden Gründe des Widerspruchsbescheids Bezug und macht sie zum Gegenstand seiner Entscheidung (§ 117 Abs. 5 VwGO). Ergänzend sei auf Folgendes hingewiesen:
Zunächst ist grundsätzlich davon auszugehen, dass sowohl die Nr. 1010 der GOZ als auch die Nr. 1020 der GOZ – beide Abrechnungsnummern sind im Abschnitt B „Prophylaktische Leistungen“ enthalten – „innerhalb eines Jahres“ nur dreimal (Nr. 1010 der GOZ) bzw. viermal (Nr. 1020 der GOZ) berechnungsfähig sind. Darüber hinaus ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass die Beklagte in Bezug auf die beihilfeberechtigte Tochter des Klägers die Abrechnungsnummer 1010 GOZ für die Behandlungstage 10. Mai 2016, 18. Mai 2016 und 9. August 2016 als beihilfefähig anerkannt hatte (Bescheide vom 1.7.2016 und 26.9.2016). Gleiches gilt für die Abrechnungsnummer 1020 GOZ, die die Beklagte – ebenfalls unstreitig – für die zahnärztlichen Behandlungen am 29. März 2016, 18. Mai 2016, 9. August 2016 und 15. November 2016 als beihilfefähig anerkannt hatte (Bescheide vom 1.7.2016, 26.9.2016 und 12.12.2016).
Zutreffend geht die Beklagte davon aus, dass für den Fristbeginn und damit für die Berechnung dieses Jahreszeitraums maßgebend auf den Zeitpunkt der Kontrolle des Übungserfolgs (Nr. 1010 der GOZ) bzw. auf die erstmalige Leistung, d.h. die Applikation von fluoridhaltigen Medikamenten in Form von Lacken oder Gelen auf die Zahnoberfläche (Nr. 1020 der GOZ) abzustellen ist, so dass in Bezug auf die Abrechnung der Nr. 1010 der GOZ eine erneute beihilfefähige Behandlung frühestens am 10. Mai 2017 und hinsichtlich der Nr. 1020 der GOZ frühestens am 29. März 2017 hätte erfolgen können. Soweit der Kläger meint, für die Veranschlagung der streitgegenständlichen Abrechnungsnummern der GOZ sei auf den Beginn des Kalenderjahrs abzustellen, vermag er damit nicht durchzudringen.
Denn für die Sichtweise der Beklagten spricht bereits der Wortlaut der Regelung. Der Normgeber der GOZ verwendet in den Abrechnungsnummern 1010 und 1020 ausdrücklich den Begriff „Jahr“ nicht dagegen den Begriff „Kalenderjahr“. Dass der Normgeber insoweit sprachlich differenziert, ergibt sich beispielsweise aus dem parallelen Regelwerk, d.h. der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ), in der beide Begriffe nebeneinander Verwendung finden. So wird beispielsweise in der Anlage zur GOÄ in Abschnitt B Kapitel I Nr. 15 und Kapitel III Nr. 26 ausdrücklich auf das „Kalenderjahr“ abgestellt. Demgegenüber wird in der Anlage zur GOÄ in Abschnitt B Kapitel III Nrn. 21 und 30 ausdrücklich auf das „Jahr“ abgestellt, und als Fristbeginn z.B. der „Beginn des Beratungsfalls“ definiert.
Für ein solches Verständnis sprechen im übrigen auch Sinn und Zweck der Regelungen, die im Abschnitt B „Prophylaktische Leistungen“ der Anlage zur GOZ geregelt und insoweit – als „individualprophylaktische Maßnahmen“ (so: Liebold/Raff/Wissing, Onlinekommentar zur GOZ, Stand Dezember 2017, GOZ-Nr. 1010, Anm. 2) – auch in einem engen Regelungszusammenhang zu sehen sind.
So ist die Leistung in Nr. 1010 der GOZ eine Ergänzungsleistung zu Nr. 1000 der GOZ (Erstellung eines Mundhygienestatus und eingehende Unterweisung zur Vorbeugung gegen Karies und parodontale Erkrankungen) und folgt dieser nach. Die Leistung nach der Nr. 1010 der GOZ (Kontrolle des Übungserfolgs) schließt sich inhaltlich an die Leistung nach der Nr. 1000 der GOZ an und wird den individuellen Erfordernissen angepasst (so: Bundeszahnärztekammer, GOZ-Kommentar, Stand: Dezember 2017, S. 52; Liebold/Raff/Wissing, Onlinekommentar zur GOZ, GOZ-Nr. 1010, Anm. 1.1). Insoweit entspricht es dem (medizinischen) Sinn und Zweck für die Bestimmung des Jahreszeitraums nicht auf den Beginn eines Kalenderjahres – der vom Kläger erwähnte Begriff des „Abrechnungsjahres“ ist der GOZ ohnehin fremd – sondern auf den Beginn der erstmaligen Erbringung der ärztlichen Leistung – also auf die Kontrolle des Übungserfolgs – abzustellen (so auch: Liebold/Raff/Wissing, Onlinekommentar zur GOZ, GOZ-Nr. 1010, Anm. 2.3).
Gleiches gilt für die Leistung in Nr. 1020 der GOZ, so dass es auch insoweit für die Berechnung der Jahresfrist auf die erstmalige Leistung – die Applikation von fluoridhaltigen Medikamenten in Form von Lacken oder Gelen auf die Zahnoberfläche – ankommt (so: Bundeszahnärztekammer, GOZ-Kommentar, S. 54; Liebold/Raff/Wissing, Onlinekommentar zur GOZ, GOZ-Nr. 1020, Anm. 2.3).
Die Auffassung des Klägers, die von der Beklagten vertretene Sichtweise hätte bereits bei der Behandlung einer einzigen Person bezüglich einzelner zahnärztlicher Leistungen verschiedene Abrechnungszeiträume zur Folge und führe bei Familien mit mehreren Beihilfeberechtigten zu Problemen, führt zu keiner anderen Einschätzung. Sie mag zwar – insbesondere auch wie im Falle des Klägers bei mehreren beihilfeberechtigten Familienangehörigen – zu Erschwernissen führen, denen aber der Beihilfeberechtigte durch eigene, zumutbare organisatorische Maßnahmen entgegenwirken kann.
Gemessen daran unterliegt weder die Sichtweise der Beklagten, für den Beginn der Jahresfrist sei auf die erstmalige Kontrolle des Übungserfolgs (Nr. 1010 der GOZ) bzw. auf die erstmalige lokale Fluoridierung (Nr. 1020 der GOZ) abzustellen, noch die eigentliche, auf § 187 Abs. 1 i.V.m. § 188 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) gestützte und vom Kläger auch nicht in Zweifel gezogene Fristberechnung durchgreifenden Zweifeln.
4. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO. Der Einräumung einer Abwendungsbefugnis nach § 711 ZPO bedurfte es angesichts der – wenn überhaupt anfallenden – dann allenfalls geringen, vorläufig vollstreckbaren Aufwendungen der Beklagten nicht, zumal diese auch die Rückzahlung garantieren kann, sollte in der Sache eventuell eine Entscheidung mit anderer Kostentragungspflicht ergehen.
5. Gründe für eine Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht nach § 124 Abs. 1, § 124a Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 124 Abs. 2 Nrn. 3 und 4 VwGO liegen nicht vor.


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