Verwaltungsrecht

Haftanordnung ist nicht wegen Verstoßes gegen Art. 9 RL 2013/33/EU aufzuheben

Aktenzeichen  4 T 4350/15

Datum:
22.1.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 15908
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Traunstein
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
AufenthG § 2 Abs. 14, § 62 Abs. 1, Abs. 3, § 62a Abs. 1
FamFG § 23 Abs. 2, § 58 Abs. 1, § 63 Abs. 1, § 84, § 417 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 – 5, § 432
RL 2013/33/EU Art. 9

 

Leitsatz

1 Eine unterbliebene schriftliche Mitteilung der Haftgründe und der Belehrung über die Rechtsmittel führen nicht zur Rechtswidrigkeit der Haftanordnung nach Art. 9 RL 2013/33/EU. (redaktioneller Leitsatz)
2 Eine über drei Monate hinausgehende Haftanordnung ist zulässig, wenn ein Ausländer seinen Pass wegwirft und damit aus von ihm zu vertretenden Gründen die Abschiebung erst nach mehr als drei Monaten durchgeführt werden kann (§ 62 Abs. 3 S. 4 AufenthG). (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

XIV 44/15 2015-12-04 Bes AGLAUFEN AG Laufen

Tenor

1. Die Beschwerde des Betroffenen vom 04.12.2015 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Laufen vom 04.12.2015 wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Betroffene.
3. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I.
Der Betroffene wurde bereits nach unerlaubter Einreise am 30.11.2015 nach Österreich zurückgewiesen (vgl. Einreiseverweigerung Bl. 29). Erneut reiste er in der Folgezeit zu Fuß von Österreich aus kommend nach Deutschland ein. Bei einer polizeilichen Kontrolle am 03.12.2015 gegen 23.15 Uhr im Bereich der Stadt Laufen konnte sich der Betroffene mit keinen aufenthaltslegitimierenden Dokumenten ausweisen (vgl. Aufgriffsbericht Bl. 8). Der Betroffene wurde am 04.12.2015 wegen des Verdachts der unerlaubten Einreise polizeilich vernommen (Protokoll Bl. 10/13). Am 04.12.2015 wurde ihm die Abschiebung schriftlich angedroht.
Mit Schreiben vom 04.12.2015 beantragte die beteiligte Behörde beim Amtsgericht Laufen die Anordnung der Haft zur Sicherung der Abschiebung bis 04.06.2016. Der Betroffene sei nach dem Rücknahmeabkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Marokko dorthin abzuschieben. Es liege der Haftgrund des § 62 Abs. 3 Nr. 5, § 2 Abs. 14 Nr. 3, 4, 5 AufenthG vor. Der Betroffene habe durch das Wegwerfen seines Reisepasses seine gesetzliche Mitwirkungspflicht zur Feststellung der Identität verletzt (§ 2 Abs. 14 Nr. 3 AufenthG). Er habe für den Weg nach Europa einen erheblichen Geldbetrag aufgewendet (§ 2 Abs. 14 Nr. 4 AufenthG). Aufgrund seiner Aussage bestehe der Verdacht, dass der Betroffene untertaucht und sich der Zurückschiebung entziehen wolle (§ 2 Abs. 14 Nr. 5 AufenthG).
Am 04.12.2015 hörte der Ermittlungsrichter des Amtsgerichts Laufen den Betroffenen an (Protokoll Bl. 16/17). Mit Beschluss vom 04.12.2015 (Bl. 14/15) ordnete das Amtsgericht Laufen gegen den Betroffenen Haft zur Sicherung der Abschiebung bis längstens 03.06.2016 an. Das Amtsgericht nahm Fluchtgefahr an, da der Betroffene ausdrücklich erklärt habe, dass er die Absicht habe unterzutauchen. Der Betroffene legte zu Protokoll des Amtsgerichts Laufen am 04.12.2015 und mit Schriftsatz des Verfahrensbevollmächtigten vom 13.12.2015 (Bl. 39) Beschwerde ein, der das Amtsgericht Laufen mit Beschluss vom 04.12.2015 nicht abhalf. Der Verfahrensbevollmächtigte des Betroffenen beantragte die Rechtswidrigkeit der Haft festzustellen und stellte Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe (Bl. 35/36).
Der beauftragte Richter der 4. Zivilkammer des Landgerichts Traunstein hörte den Betroffenen am 17.12.2015 persönlich an (Protokoll Bl. 24/27). Mit Schriftsätzen vom 11.01.2016 (Bl. 42/45) und 17.01.2016 (Bl. 56) begründete der Verfahrensbevollmächtigte des Betroffenen die Beschwerde und teilte mit, dass der Betroffene Asylantrag gestellt habe und zwar am 09.12.2015 per Post und am 11.01.2016 per Fax. Die beteiligte Behörde teilte mit Schreiben vom 12.01.2016 mit, dass nach Auskunft des BAMF vom 04.01.2016 dort kein Asylantrag eingegangen sei, mit E-mail vom 22.01.2016 teilte sie mit, dass der Asylantrag nach Auskunft des BAMF dort am 11.01.2016 einging.
Mit Beschluss vom 12.01.2016 wurde dem Betroffenen Verfahrenskostenhilfe gewährt und der Verfahrensbevollmächtigte beigeordnet.
II.
1. Gegen die Anordnung der Haft zur Sicherung der Zurückschiebung durch Beschluss des Amtsgerichts Laufen vom 04.12.2015 ist gemäß § 106 Abs. 2 AufenthG i. V. m. § 58 Abs. 1 FamFG das Rechtsmittel der Beschwerde gegeben. Diese wurde fristgerecht innerhalb der einmonatigen Beschwerdefrist (§ 63 Abs. 1 FamFG) eingelegt und ist zulässig.
2. Die Beschwerde des Betroffenen gegen den Beschluss des Amtsgerichts Laufen vom 04.12.2015 ist unbegründet. Der Betroffene ist aufgrund einer unerlaubten Einreise vollziehbar ausreisepflichtig (§ 58 Abs. 2 Satz 1 Nr.1 AufenthG). Seine Einreise war unerlaubt, da er den erforderlichen Pass nach § 3 AufenthG oder Aufenthaltstitel nach § 4 AufenthG nicht besaß (§ 14 Abs. 1 AufenthG). Die vollziehbare Ausreisepflicht besteht darüber hinaus gemäß § 58 Abs. 2 Nr. 3 AufenthG.
a) Die Haftanordnung ist nicht wegen möglicher Unzuständigkeit des erkennenden Richters des Amtsgerichts Laufen aufzuheben. Soweit der Beschwerdeführer die Zuständigkeit des Richters am Amtsgericht nach der Geschäftsverteilung rügt, ist dies unerheblich, da selbst die Entscheidung eines unzuständigen Richters den Beschluss nicht rechtswidrig machen würde (§ 22d GVG).
b) Der Anordnung der Zurückschiebehaft lag ein zulässiger und ausreichend begründeter Haftantrag der beteiligten Ausländerbehörde vom 04.12.2015 zugrunde. Für Zurückschiebehaftanträge werden insbesondere Darlegungen zu der zweifelsfreien Ausreisepflicht, zu den Zurückschiebungsvoraussetzungen, zu der Erforderlichkeit der Haft, zu der Durchführbarkeit der Zurückschiebung und zu der notwendigen Haftdauer verlangt (vgl. § 417 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 – 5 FamFG). Inhalt und Umfang der erforderlichen Darlegung bestimmen sich nach dem Zweck des Begründungserfordernisses. Es soll gewährleisten, dass das Gericht die Grundlagen erkennt, auf welche die Behörde ihren Antrag stützt, und dass das rechtliche Gehör des Betroffenen durch die Übermittlung des Haftantrags nach § 23 Abs. 2 FamFG gewahrt wird (BGH vom 22. Juli 2010, V ZB 28/10, NVwZ 2010, 1511). Die Darlegungen dürfen knapp gehalten sein, müssen aber die für die richterliche Prüfung wesentlichen Punkte des Falles ansprechen (BGH vom 15.09.2011, FGPrax 2011, 317).
(1) Aus dem Haftantrag der beteiligten Behörde vom 04.12.2015 geht hervor, dass der Betroffene nach dem Rücknahmeabkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Marokko nach Marokko abgeschoben werden soll.
(2) Der Antrag enthält eine Begründung, dass die beteiligte Behörde voraussichtlich sechs Monate für die beabsichtigte Abschiebung benötigt. Da der Betroffene nicht im Besitz eines Reisepasses ist, muss über das marokkanische Konsulat in Berlin ein Passersatzpapier beschafft werden, was nach Auskunft der marokkanischen Botschaft vier bis sechs Monate dauert. Anschließend muss noch der Flug nach Marokko organisiert werden. Es ist nicht zu beanstanden, dass die beteiligte Behörde die Prognose der Dauer der Haft auf der Grundlage der Auskunft der marokkanischen Botschaft getroffen hat. Nach Auffassung der Kammer stellt diese Auskunft eine hinreichende Tatsachengrundlage dar. Die Kammer kann entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers keine Verpflichtung erkennen, Vergleichsfälle für Abschiebungen nach Marokko zu benennen.
(3) Im Haftantrag ist ausgeführt, dass dem Betroffenen nach § 59 Abs. 1 AufenthG die Abschiebung angedroht wurde.
c) Der Haftantrag enthält das Einvernehmen der Staatsanwaltschaft Traunstein für die geplante Zurückschiebung. Im Übrigen ist das Einvernehmen nach der seit 24.10.2015 gültigen Fassung des § 72 Abs. 4 AufenthG nicht mehr erforderlich.
d) Es besteht der Haftgrund der Fluchtgefahr im Sinne von § 62 Abs. 3 Satz 1 Ziffer 5, § 2 Abs. 14 Ziffer 4, 5 AufenthG. Nach § 2 Abs. 14 Ziffer 4 AufenthG kann ein konkreter Anhaltspunkt für eine Fluchtgefahr sein, wenn der Ausländer zu seiner unerlaubten Einreise erhebliche Geldbeträge an einen Dritten für dessen Handlung nach § 96 AufenthG aufgewandt hat, die für ihn nach den Umständen derart maßgeblich sind, dass daraus geschlossen werden kann, dass er die Abschiebung verhindern wird, damit die Aufwendungen nicht vergeblich waren. Der mittellose Betroffene hat für die Überfahrt von der Türkei nach Griechenland nach seinen Angaben bei der richterlichen Anhörung am 17.12.2015 € 720,00 an einen Schleuser gezahlt, was für ihn einen erheblichen Betrag darstellt, der im Falle einer Abschiebung nach Marokko vergeblich aufgewendet worden wäre.
Es besteht auch der Haftgrund der Fluchtgefahr im Sinne von § 62 Abs. 3 Satz 1 Ziffer. 5, § 2 Abs. 14 Ziffer 5 AufenthG. Danach kann ein konkreter Anhaltspunkt für eine erhebliche Fluchtgefahr sein, wenn der Ausländer ausdrücklich erklärt hat, dass er sich der Abschiebung entziehen will. Diese Voraussetzung liegt hier vor. Der Betroffene hatte bereits anlässlich der polizeilichen Vernehmung am 03.12.2015 auf die Frage, ob er sich einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme zur Verfügung halten würde, angegeben, dass er für den Fall, dass er nach Marokko abgeschoben würde, nach Frankreich weiterreisen würde. Bei der richterlichen Anhörung vor dem beauftragten Richter der 4. Zivilkammer des Landgerichts Traunstein am 17.12.2015 hat er ebenfalls betont, dass er nicht in ein Flugzeug nach Marokko steigen würde. Die Kammer hat daher keine Zweifel, dass der Betroffene sich einer Zurückschiebung nicht stellen und untertauchen würde, um sich in ein anderes Land abzusetzen.
Da die beteiligte Behörde die Abschiebung in sein Heimatland betreibt, ist unerheblich, ob der Betroffene der Überstellung in ein anderes (evtl. EU-Land) zustimmen würde.
Die Ausführungen in der Beschwerdebegründung zu den Haftgründen nach der Verordnung [EG] Nr. 604/2013 (Dublin-III-Verordnung) insbesondere unter Ziffer II.2, II.4 sind unerheblich, da die beteiligte Behörde keine Überstellung nach der Dublin – III – Verordnung, sondern eine Abschiebung in das Heimatland des Betroffenen betreibt. Auch ist für die Abschiebehaft hier keine „erhebliche“ Fluchtgefahr im Sinne von Art. 28 Abs. 2 Dublin – III – Verordnung erforderlich, sondern eine „einfache“ Fluchtgefahr nach §§ 62 Abs. 3 Ziffer 5, 2 Abs. 14 AufenthG.
e) Die Haft war nicht wegen des gestellten Asylantrages aufzuheben. Wie sich aus der Mitteilung der beteiligten Behörde ergibt, ist der schriftliche Asylantrag (§ 14 Abs. 2 Satz 1 Ziffer 2 AsylG) am 11.01.2016 beim BAMF eingegangen. Da gegen den Betroffenen gemäß § 62 Abs. 3 Ziffer 5 AufenthG Sicherungshaft verhängt wurde, steht die Asylantragstellung der Aufrechterhaltung der Haft nicht entgegen (§ 14 Abs. 3 Satz 1 Ziffer 4 AsylG). Es obliegt der zuständigen Behörde zu überwachen, dass seit Eingang des Asylantrages bis zur Entscheidung des BAMF nicht mehr als vier Wochen vergehen (§ 14 Abs. 3 Satz 34 AsylG).
f) Die Haftanordnung ist auch nicht wegen Verstoßes gegen Art. 9 der Richtlinie 2013/33/EU (künftig: Aufnahmerichtlinie) aufzuheben. Die Richtlinie ist zunächst durch den nationalen Gesetzgeber umzusetzen. Auch wenn davon ausgegangen wird, dass eine Umsetzung in nationales Recht innerhalb der gesetzten Frist gemäß Art. 31 der Richtlinie nicht erfolgte und deren Art. 9 daher unmittelbare Anwendung findet, ist die Kammer der Auffassung, dass die unterbliebene schriftliche Mitteilung der Haftgründe und der Belehrung über die Rechtsmittel nicht zur Rechtswidrigkeit der Haftanordnung führen. Art. 9 der Aufnahmerichtlinie verlangt keine mündliche Anhörung des Betroffenen. Vielmehr könnte nach dieser Richtlinie die Haftanordnung durch eine Verwaltungs- oder Justizbehörde auch in einem schriftlichen Verfahren ergehen. Das nationale deutsche Recht geht über diese Verfahrensgarantien hinaus, da nach § 420 Abs. 1 Satz 1 FamFG eine persönliche Anhörung des Betroffenen erforderlich ist. Wie sich aus dem vorliegenden Protokoll des Amtsgerichts Laufen ergibt, wurde dem Betroffenen – entsprechend der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs – der fertige Beschluss mündlich vom anwesenden Dolmetscher übersetzt. Der Betroffene kannte aufgrund dessen die Gründe, die zu seiner Inhaftierung geführt haben. Da der Beschluss des Amtsgerichts eine Rechtsmittelbelehrung enthält (§ 39 FamFG), die auch übersetzt wurde, war dem Betroffenen die Möglichkeit der Einlegung eines Rechtsmittels bekannt.
Der Beschluss des Amtsgerichts betreffend die Anordnung von Sicherungshaft ist auch nicht deshalb rechtswidrig, als der Betroffene nicht schriftlich über die Möglichkeit der unentgeltlichen Rechtsberatung und -vertretung belehrt wurde. Die Verletzung von Verteidigungsrechten des Betroffenen, insbesondere des Anspruchs auf rechtliches Gehör, hat nicht ohne weiteres die Rechtswidrigkeit einer angeordneten Abschiebungshaft zur Folge; ein solcher Verfahrensfehler führt nur dann zu einer Aufhebung der Haftanordnung, wenn das Verfahren ohne diesen Fehler zu einem anderen Ergebnis hätte führen können (vgl. BGH, 12.03.2015, V ZB 187/14). Dies ist vorliegend bereits deshalb nicht der Fall, da der Betroffene von der Möglichkeit der unentgeltlichen Rechtsberatung und -vertretung Gebrauch gemacht hat.
g) Der Haftgrund ist auch unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit (§ 62 Abs. 1 AufenthG) zu bejahen, da ein milderes Mittel als die Inhaftierung des Betroffenen zur Sicherung der Zurückschiebung nicht gegeben ist. Meldeauflagen, die Verwahrung des Passes oder die Verfügung, sich an einem bestimmten Ort aufzuhalten sind entweder nicht möglich, da der Betroffene keine Ausweisdokumente hat, oder nicht geeignet, um seine Zurückschiebung sicherzustellen. Der Betroffene hat nicht glaubhaft dargetan, dass er sich einer Zurückschiebung nicht entziehen will, § 62 Abs. 3 Satz 3 AufenthG.
h) Das Verfahren wird von der beteiligten Behörde mit der nötigen Beschleunigung betrieben. Der erforderliche Antrag für die Beschaffung von Passersatzpapieren samt Fingerabdruckblätter wurden sofort der marokkanischen Botschaft übersandt (vgl. Bl. 23). Auf die weitere Dauer des Verfahrens bei den marokkanischen Behörden hat die beteiligte deutsche Ausländerbehörde keinen Einfluss.
i) Die Zurückschiebehaft wird in der zentralen Abschiebehafteinrichtung in Mühldorf am Inn vollzogen (§ 62a Abs. 1 AufenthG).
j) Die Abschiebung kann voraussichtlich aufgrund der Dauer der Beschaffung der Passersatzpapiere nicht innerhalb der nächsten drei Monate durchgeführt werden. Eine über drei Monate hinausgehende Haftanordnung ist aber nur dann zulässig, wenn aus von dem Ausländer zu vertretenden Gründen die Abschiebung erst nach mehr als drei Monaten durchgeführt werden kann (§ 62 Abs. 3 Satz 4 AufenthG). Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Der Betroffene hat die voraussichtlich über drei Monate hinausgehende Dauer bis zur Abschiebung und eine damit entsprechend lange Haft selbst zu vertreten. Ausweislich seiner Aussage bei der polizeilichen Vernehmung hat der Schleuser ihm gesagt, dass er den Pass wegwerfen soll, um bessere Chancen zu haben. Darauf hat er den Pass dem Schleuser gegeben. Soweit er bei seiner Anhörung vor dem beauftragten Richter der 4. Zivilkammer des Landgerichts Traunstein am 17.12.2015 angab, dass er den Pass dem Schleuser nur aufgrund von dessen Drohungen gab, steht dies im Widerspruch zu seiner ersten Aussage und wird von der Kammer als unglaubwürdige Schutzbehauptung gewertet.
k) Die Haft ist nicht wegen Verstoßes der Benachrichtigung einer Vertrauensperson (§ 432 FamFG) aufzuheben. Auf die Frage des Richters betreffend die Benachrichtigung von Vertrauenspersonen ist keine Antwort protokolliert, weshalb davon auszugehen ist, dass er keine benannt hat.
l) Die Haftanordnung ist nicht wegen Verstoßes gegen Art. 36 WÜK aufzuheben. Zwar ist der Akte nicht zu entnehmen, dass der Wunsch des Betroffenen nach Benachrichtigung des Konsulats ausgeführt wurde. Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass – falls eine Benachrichtigung des Konsulats nicht erfolgte – ein pflichtgemäßes Vorgehen zu einem anderen Ergebnis geführt hätte (vgl. BGH vom 22.10.2015, V ZB 79/15).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG.
4. Die Festsetzung des Geschäftswerts der Beschwerde beruht auf §§ 61 Abs. 1 Satz 1, 36 Abs. 3 GNotKG.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Beschluss ist das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde gegeben. Über die Rechtsbeschwerde entscheidet der Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45a, 76133 Karlsruhe. Die Rechtsbeschwerde muss binnen einer Frist von einem Monat eingelegt werden. Die Frist beginnt mit der Zustellung dieses Beschlusses Die Rechtsbeschwerde ist beim Rechtsbeschwerdegericht einzulegen. Wirksam eingelegt werden kann die Rechtsbeschwerde nur durch eine von einem beim Rechtsbeschwerdegericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnete Schrift. Im Einzelfall können weitere Zulässigkeitserfordernisse bestehen oder die Beschwerde ausgeschlossen sein.


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