Verwaltungsrecht

Herkunftsland: Georgien, Offensichtlichkeitsentscheidung

Aktenzeichen  M 16 S 21.32562

Datum:
22.12.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 42486
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 30
AsylG § 36
VwGO § 80 Abs. 5

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.

Gründe

I.
Der im Jahr 1992 geborene Antragsteller ist georgischer Staatsangehöriger und reiste seinen Angaben zufolge im Januar 2020 auf dem Luftweg von Georgien kommend in die Bundesrepublik Deutschland ein. Am 22. Juni 2021 stellte der Antragsteller einen Asylantrag beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt).
Bei seiner Anhörung beim Bundesamt am 19. Oktober 2021 gab der Antragsteller zu seinen Ausreisegründen befragt an, er sei nach Deutschland gereist, weil er hier für sich eine Perspektive gesehen habe. In Georgien habe er kein Geld und keine eigene Wohnung gehabt und deshalb keine Zukunft gesehen. In Deutschland habe er einen Arbeitgeber gefunden, der ihm einen Arbeitsvertrag gegeben habe. In Georgien sei der Antragsteller nicht politisch aktiv gewesen und habe keine Probleme mit der Polizei oder anderen staatlichen Organisationen gehabt. Probleme habe der Antragsteller zuletzt etwa 5-6 Monate vor seiner Ausreise mit Kriminellen gehabt, die versucht hätten auf ihn Einfluss zu nehmen. Er habe sich aber von denen ferngehalten.
Mit Bescheid vom 9. November 2021 lehnte das Bundesamt die Anträge des Antragstellers auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Nr. 1), auf Asylanerkennung (Nr. 2) und auf subsidiären Schutz (Nr. 3) als offensichtlich unbegründet ab, stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 4) und drohte dem Antragsteller mit einer Ausreisefrist von einer Woche nach Bekanntgabe des Bescheids die Abschiebung nach Georgien oder einen anderen aufnahmebereiten oder aufnahmeverpflichteten Staat an. Die Vollziehung der Abschiebungsandrohung und der Lauf der Ausreisefrist wurden bis zum Ablauf der einwöchigen Klagefrist und, im Falle einer fristgerechten Stellung eines Antrags auf aufschiebende Wirkung der Klage, bis zur Bekanntgabe der Ablehnung des Eilantrags durch das Verwaltungsgericht ausgesetzt (Nr. 5). Das Bundesamt ordnete das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG an und befristete dieses auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung (Nr. 6). Dieser Bescheid wurde mit an den Bevollmächtigten des Antragstellers adressiertem Schreiben am 17. November 2021 als Einschreiben zur Post gegeben.
Mit am 26. November 2021 eingegangenem Schreiben ließ der Antragsteller Klage gegen die Ablehnung seines Asylantrags erheben (Az. M 16 K 21.32560). Gleichzeitig wurde beantragt,
die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.
Eine Begründung von Klage oder Antrag erfolgte bislang nicht.
Die Antragsgegnerin beantragt unter Bezugnahme auf die angefochtene Entscheidung, den Antrag abzulehnen.
Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten im Eil- und Hauptsacheverfahren und der hierzu vorgelegten Behördenakten verwiesen.
II.
Der Antrag hat keinen Erfolg.
Der Antrag, die gemäß § 75 Abs. 1 AsylG ausgeschlossene aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsandrohung in Nr. 5 des Bescheids des Bundesamts vom 9. November 2021 nach § 80 Abs. 5 VwGO anzuordnen, hat keinen Erfolg. Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung (§ 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG).
Das Gericht folgt vollumfänglich den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Bundesamtsbescheids vom 9. November 2021 (§ 77 Abs. 2 AsylG).
1. Nach § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG darf die Aussetzung der Abschiebung in den Fällen der Ablehnung eines Asylantrags als offensichtlich unbegründet nur angeordnet werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen. Tatsachen und Beweismittel, die von den Beteiligten nicht angegeben worden sind, bleiben unberücksichtigt, es sei denn, sie sind gerichtsbekannt oder offenkundig (§ 36 Abs. 4 Satz 2 AsylG). Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist der Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 AsylG).
Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes liegen vor, wenn erhebliche Gründe dafürsprechen, dass die Abschiebungsandrohung (§ 36 Abs. 3 Satz 1 AsylG) einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhält. Anknüpfungspunkt der gerichtlichen Prüfung ist daher, ob das Bundesamt den Antrag zu Recht als offensichtlich unbegründet abgelehnt hat und ob diese Ablehnung auch weiterhin Bestand haben kann (vgl. BVerfG, U.v. 14.5.1996 – 2 BvR 1516/93 – juris Rn. 93 bis 99). Danach hat das Verwaltungsgericht aufgrund einer eigenständigen Beurteilung insbesondere zu prüfen, ob das Offensichtlichkeitsurteil des Bundesamts auch weiterhin Bestand haben kann. Das Verwaltungsgericht darf sich dabei nicht mit einer bloßen Prognose zur voraussichtlichen Richtigkeit des Offensichtlichkeitsurteils begnügen, sondern muss die Frage der Offensichtlichkeit – will es sie bejahen – erschöpfend, wenngleich mit Verbindlichkeit allein für das Eilverfahren klären und insoweit über eine lediglich summarische Prüfung hinausgehen. Dabei muss das Verwaltungsgericht überprüfen, ob das Bundesamt aufgrund einer umfassenden Würdigung der ihm vorgetragenen oder sonst erkennbaren maßgeblichen Umstände unter Ausschöpfung aller ihm vorliegenden oder zugänglichen Erkenntnismittel entschieden und in der Entscheidung klar zu erkennen gegeben hat, weshalb der Antrag nicht als schlicht unbegründet, sondern als offensichtlich unbegründet abgelehnt worden ist, ferner, ob die Ablehnung als offensichtlich unbegründet auch weiterhin Bestand haben kann (vgl. BVerfG, B.v. 25.2.2019 – 2 BvR 1193/18 – juris Rn. 21 m.w.N.). Offensichtlichkeit in diesem Sinn liegt vor, wenn im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichts (§ 77 Abs. 1 AsylG) an der Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen vernünftigerweise keine Zweifel bestehen können und sich bei einem solchen Sachverhalt nach allgemein anerkannter Rechtsauffassung in Rechtsprechung und Lehre die Abweisung der Klage dem Verwaltungsgericht geradezu aufdrängt (BVerfG, B.v. 25.2.2019 a.a.O. Rn. 18 m.w.N.).
Das Gericht hat im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes auch die Einschätzung des Bundesamtes, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (§ 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AsylG), zum Gegenstand der Prüfung zu machen. Dies ist zwar der gesetzlichen Regelung des § 36 AsylG nicht ausdrücklich zu entnehmen, folgt jedoch aus § 34 Abs. 1 Nr. 3 AsylG (vgl. BeckOK Ausländerrecht, Stand: 1.4.2021, § 36 AsylG Rn. 42 ff.; ebs. Bergmann in Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 13. Auflage 2020, § 36 AsylG Rn. 21; vgl. zur vergleichbaren Rechtslage nach § 51 Ausländergesetz 1990 auch BVerfG, U.v. 14.5.1996 – 2 BvR 1516/93 – juris Rn. 172).
2. Nach diesen Maßstäben begegnet die ausführlich und zutreffend begründete Entscheidung des Bundesamts auch mit Blick auf die Offensichtlichkeitsentscheidung nach § 30 Abs. 1 und Abs. 2 AsylG keinen ernstlichen Zweifeln. Der Antragsteller ist erkennbar aus wirtschaftlichen Gründen in die Bundesrepublik Deutschland eingereist. Dies ergibt sich zweifelsfrei aus den Angaben des Antragstellers beim Bundesamt, wonach er Georgien aufgrund persönlicher wirtschaftlicher Probleme verlassen habe und in Deutschland für sich eine Perspektive sehe. Der seit Anfang 2020 in Deutschland aufhältige Antragsteller hat selbst zugestanden, dass er gezwungen gewesen sei, im Juni 2021 einen Asylantrag zu stellen, weil er andernfalls, nach seiner Entlassung aus der deutschen Untersuchungshaft, kein Geld und keine Wohnung gehabt hätte und praktisch obdachlos gewesen wäre. Der Antragsteller hat auch sonst weder eine Furcht vor Verfolgung noch eine konkrete Bedrohungslage geltend gemacht. Seine Ausführungen zu Problemen mit Kriminellen, die zuletzt 5-6 Monate vor der Ausreise des Antragstellers aus Georgien versucht hätten, Einfluss auf ihn zu nehmen, erachtet der Antragsteller selbst nicht für asylrelevant („Wir hatten ein paar Schlägereien. Mir ist aber nichts Ernsthaftes passiert“). Davon abgesehen könnte sich der Antragsteller auf eine etwaige Bedrohung durch nichtstaatliche Akteure von vornherein nicht berufen, weil ihm Schutz i.S.d. § 3d Abs. 1 Nr. 1 und 2 Satz 2 i.V.m. § 4 Abs. 3 AsylG in Georgien geboten wird und er sich nicht im Weg der Erstattung einer Anzeige um die Erlangung dieses staatlichen Schutzes bemüht hat.
Sonstige – auch allgemeine – Gründe, die dem Antragsteller einen Anspruch auf Anerkennung als Flüchtling (§ 3 Abs. 1 und 4 AsylG) oder einen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigten (Art. 16a GG AsylG) oder einen Anspruch auf Gewährung des subsidiären Schutzes (§ 4 AsylG) vermitteln könnten, wurden nicht geltend gemacht und liegen offenkundig auch nicht vor. Der Antragsteller hatte seinen Angaben zufolge weder Probleme mit der Polizei noch sonst mit staatlichen Organisationen, er hat seinen Wehrdienst abgeleistet und hatte eine entlohnte Beschäftigung. Auch insoweit folgt das Gericht den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Bundesamtsbescheids vom 9. November 2021.
3. Der Antragsteller hat auch keinen Anspruch auf die Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 oder § 60 Abs. 7 AufenthG.
Da das Bundesamt nach § 34 AsylG eine Abschiebungsandrohung (zu) erlassen hat, hat es wegen § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, § 24 Abs. 2 AsylG auch in Entscheidungen über offensichtlich unbegründete Asylanträge – wie hier – festzustellen, ob die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG vorliegen.
a) Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention – EMRK) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist. Dies umfasst auch das hier einschlägige Verbot der Abschiebung in einen Zielstaat, in dem dem Ausländer unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung im Sinne von Art. 3 EMRK droht (vgl. BVerwG, U.v. 4.7.2019 – 1 C 45.18 – juris Rn. 11 m.w.N.). Die einem Ausländer im Zielstaat drohenden Gefahren müssen einen Mindestgrad an Schwere (minimum level of severity) erreichen, um den Anwendungsbereich des Art. 3 EMRK zu eröffnen; die Beurteilung des Schweregrads bemisst sich nach den Umständen des Einzelfalls (vgl. EGMR, U.v. 6.3.2001 – 45276/99 – Hilal/Großbritannien Rn. 60; U.v. 13.12.2016 – 41738/10 – Paposhvili/Belgien Rn. 174; BVerwG, U.v. 4.7.2019 – 1 C 45.18 – juris Rn. 12, jeweils m.w.N.).
aa) Eine irgendwie geartete Bedrohung durch Dritte i.S.v. § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK hat der Antragsteller nicht geltend gemacht. Auch sonst droht dem Antragsteller keine dem Art. 3 EMRK widersprechende Behandlung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit.
bb) Lediglich ergänzend zu den Feststellungen sowie zur überzeugenden Begründung des angefochtenen Bescheids wird ausgeführt, dass mit Blick auf die humanitären Bedingungen in Georgien im Fall der Rückkehr des Antragstellers keine Gefahr von sehr hohem Niveau dafür besteht, dass elementarste Bedürfnisse nicht befriedigt werden könnten. Der Abschiebung stehen deshalb keine zwingenden humanitären Gründe nach Art. 3 EMRK entgegen (vgl. BVerwG, U.v. 31.1.2013 – 10 C 15.12 – juris Rn 25 ff.; BayVGH, U.v. 21.11.2018 – 13a B 18.30632 – juris Rn. 27 ff.; BVerwG, U.v. 4.7.2019 – 1 C 45.18 – juris Rn. 16 ff., jeweils m.w.N.).
Eine Verletzung des Art. 3 EMRK aufgrund prekärer Lebensbedingungen kommt nur in Betracht, wenn die humanitären Gründe gegen eine Ausweisung zwingend sind mit Blick auf die allgemeine wirtschaftliche Lage und die Versorgungslage betreffend Nahrung, Wohnraum und Gesundheitsversorgung. Die einem Ausländer im Zielstaat drohenden Gefahren müssen hierfür jedenfalls ein Mindestmaß an Schwere aufweisen; es kann erreicht sein, wenn er seinen existenziellen Lebensunterhalt nicht sichern kann, kein Obdach findet oder keinen Zugang zu einer medizinischen Basisbehandlung erhält (vgl. BVerwG, U.v. 4.7.2019 – 1 C 45.18 – juris Rn. 12 m.w.N.). Allerdings können Ausländer kein Recht aus der Konvention auf Verbleib in einem Konventionsstaat geltend machen, um dort weiter medizinische, soziale oder andere Hilfe und Unterstützung zu erhalten. Der Umstand, dass im Fall einer Aufenthaltsbeendigung die Lage des Betroffenen einschließlich seiner Lebenserwartung erheblich beeinträchtigt würde, reicht allein nicht aus, einen Verstoß gegen Art. 3 EMRK anzunehmen (vgl. BVerwG, U.v. 31.1.2013 – 10 C 15.12 – juris Rn. 23 m.w.N.). Daran gemessen stehen die humanitären Verhältnisse in Georgien der Abschiebung des Antragstellers nicht entgegen.
Die wirtschaftliche Situation in Georgien ist derzeit zwar schlecht, etwa 20% der Georgier leben in Armut. Die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln ist aber ebenso gewährleistet wie eine staatlich finanzierte medizinische Grundversorgung. Das Sozialsystem Georgiens umfasst für Menschen unterhalb der Armutsgrenze eine Unterstützung durch finanzielle Zuschüsse sowie soziale Sachleistungen; eine Arbeitslosenunterstützung gibt es hingegen nicht. Georgische Rückkehrer können die allgemeinen, wenn auch in der Regel insgesamt unzureichenden Sozialleistungen in Anspruch nehmen, darunter die kostenlose medizinische Grundversorgung. Das Ministerium für Binnenvertriebene, Arbeit, Gesundheit und Soziales koordiniert das staatliche Reintegrationsprogramm. Hier wird Beratung und auch finanzielle Hilfe zur Reintegration in den Arbeitsmarkt (auch Hilfe zur Selbständigkeit) und bei Bedarf auch Erst- bzw. Zwischenunterkunft zur Verfügung gestellt. Auch internationale Organisationen, einschließlich der Internationalen Organisation für Migration (IOM), bieten für Rückkehrer Programme zur Reintegration und finanzielle Unterstützung an (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien, Stand 17.11.2020, S. 16 f. – im Folgenden: Lagebericht; Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformation der Staatendokumentation Georgien – Version 5 – Stand 15.10.2021, S. 47 ff. – im Folgenden: Länderinformation).
Tragfähige Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller im Fall seiner Abschiebung nach Georgien mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit seinen existenziellen Lebensunterhalt nicht sichern könnte, bestehen schon angesichts der unterstützenden Basisleistungen des georgischen Staats nicht. Das Bundesamt hat überdies zu Recht ausgeführt, dass es dem Antragsteller möglich und zumutbar ist, in Georgien wieder eine Arbeit aufzunehmen. Insbesondere ist der Antragsteller gesund und erwerbsfähig. Auch angesichts seiner Ausbildung zum Malermeister sind keine Gründe zu sehen, weshalb er dieser Tätigkeit oder der zuletzt ausgeübten Arbeit auf Baustellen nicht auch in Zukunft wird nachgehen können. Zu den zumutbaren Arbeiten gehören schließlich auch Tätigkeiten, für die es keine Nachfrage auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt gibt, die nicht überkommenen Berufsbildern entsprechen, etwa weil sie keinerlei besondere Fähigkeiten erfordern, und die nur zeitweise, etwa zur Deckung eines kurzfristigen Bedarfs ausgeübt werden können, auch soweit diese Arbeiten als Tätigkeiten im Bereich einer „Schatten- oder Nischenwirtschaft“ bezeichnet werden (vgl. BVerwG, B.v. 17.5.2006 – 1 B 100.05 – juris Rn. 11 m.w.N.). Eine Unterkunft hatte der Antragsteller seinen Angaben zufolge in der elterlichen Wohnung in der Stadt … Es ist nicht ersichtlich, weshalb dies nicht auch künftig der Fall sein sollte. … liegt in keiner der Konfliktregionen Georgiens (Südossetien und Abchasien).
Mit Blick auf die anhaltende Covid-19-Pandemie ergibt sich, worauf das Bundesamt zu Recht hinweist, im Ergebnis keine andere Bewertung. Für den Antragsteller wurden keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen geltend gemacht. Es bestehen deshalb keine Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller aufgrund einer schweren Erkrankung zu einer Risikogruppe gehört. Auch in Georgien ist Covid-19 weit verbreitet und in allen Regionen präsent. Dies hatte sich deutlich negativ auf die Wirtschaft ausgewirkt (vgl. Länderinformation, S. 1 f., 47). Allerdings hat wirtschaftliche Entwicklung zuletzt wieder an Dynamik gewonnen. Hinsichtlich der pandemiebedingten Einschränkungen wird ergänzend zu den Ausführungen des Bundesamts auf die im Internet abrufbaren aktuellen Reise- und Sicherheitshinweise des Auswärtigen Amts Bezug genommen. Danach ist Georgien von Covid-19 weiterhin stark betroffen und – seit dem 25. Juli 2021 – als Hochrisikogebiet eingestuft (z.B. 7-Tagesinzidenz über 100; aktuell: 475,8 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner). In Georgien gilt eine allgemeine Maskenpflicht sowohl in geschlossenen Räumen als auch im Freien, im ÖPNV, in Taxis und sonstigen Personentransportmitteln. Bei Verstößen droht ein Bußgeld. Bei Betreten öffentlicher Räumlichkeiten wird die Temperatur gemessen; Hände müssen desinfiziert oder zur Verfügung stehende Einmalhandschuhe getragen werden. Ein Abstand von 1,5 Meter ist einzuhalten. Die nächtliche Ausgangssperre ist inzwischen aufgehoben. (vgl. Auswärtiges Amt, Georgien: Reise- und Sicherheitshinweis, Stand 22.12.2021). Auf die Ausführungen des Bundesamts im Bescheid vom 9. November 2021 wird im Übrigen verwiesen.
b) Für den Antragsteller ergibt sich auch kein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 AufenthG.
aa) Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für den Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden (§ 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG), wenn also die Gefahr einer wesentlichen Verschlimmerung der Erkrankung aufgrund zielstaatsbezogener Umstände alsbald nach der Rückkehr des Ausländers droht, die zu einer erheblichen und konkreten Gefahr für dessen Leib oder Leben führt (vgl. BVerwG, B.v. 12.7.2016 – 1 B 84.16 – juris Rn. 4 m.w.N.). Es ist aber nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist (§ 60 Abs. 7 Satz 4 AufenthG). Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch dann vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist (§ 60 Abs. 7 Satz 4 AufenthG).
Daran gemessen bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass dem Antragsteller im Fall seiner Rückkehr nach Georgien die Gefahr einer wesentlichen Verschlimmerung einer Erkrankung droht, die zu einer erheblichen und konkreten Gefahr für dessen Leib oder Leben führen würde. Denn aktuelle Erkrankungen hat der Antragsteller nicht geltend gemacht. Nichts anderes ergibt sich mit Blick auf die Covid-19-Pandemie. Den pandemiebedingten gesundheitlichen Risiken ist die gesamte georgische Bevölkerung ausgesetzt. In solchen Fällen ist eine Abschiebung nur dann ausgeschlossen, wenn landesweit eine extrem zugespitzte Gefahr wegen einer notwendigen, aber nicht erlangbaren medizinischen Versorgung zu erwarten ist (BVerwG, Urteil vom 17. Oktober 2006 – 1 C 18.05 – juris Rn. 16 m.w.N.). Auch hierfür bestehen in Georgien keine tragfähigen Anhaltspunkte (vgl. Länderinformation, S 1 f. zur Covid-19-Situation).
Von Vorstehendem abgesehen kann der Antragsteller auf die grundsätzlich kostenfrei in Georgien erhältliche medizinische Grundversorgung verwiesen werden (vgl. auch Lagebericht S. 16 f.; Länderinformationsblatt, S. 50 ff.), auch wenn diese hinter der Versorgung in Deutschland zurückstehen mag. Wie sich aus § 60 Abs. 7 Satz 4 AufenthG ergibt, verpflichtet auch § 60 Abs. 7 AufenthG nicht dazu, Fortschritte in der Medizin sowie Unterschiede in den sozialen und wirtschaftlichen Standards durch freie und unbegrenzte Versorgung von Ausländern ohne Bleiberecht zu beseitigen (vgl. BVerwG, U.v. 31.1.2013 – 10 C 15.12 – juris Rn. 23 unter Hinweis auf die Rechtsprechung des EGMR).
bb) Da § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG unter dem Gesichtspunkt der extremen Gefahrenlage aufgrund allgemeiner schlechter Lebensverhältnisse jedenfalls keinen weitergehenden Schutz gewährt als § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK, kann im Übrigen auf die vorstehenden Ausführungen verwiesen werden. Der Antragsteller wird nach Überzeugung des Gerichts nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit alsbald nach seiner Rückkehr in eine von § 60 Abs. 7 AufenthG in verfassungskonformer Anwendung erfasste extreme Gefahrenlage geraten (vgl. BVerwG, B.v. 8.8.2018 – 1 B 25.18 – juris Rn. 13; BayVGH, U.v. 8.11.2018 – 13a B 17.31918 – juris Rn. 39 ff., jeweils m.w.N.).
4. Die auf der Ablehnung des Asylantrags als offensichtlich unbegründet beruhende Abschiebungsandrohung verbunden mit der einwöchigen Ausreisefrist nach §§ 34, 36 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 59 AufenthG ist nicht zu beanstanden.
Das Bundesamt hat in Nr. 5 Satz 4 des Bescheids vom 9. November 2021 die Vollziehung der Abschiebungsandrohung und den Lauf der Ausreisefrist bis zum Ablauf der Klagefrist und, im Fall der fristgerechten Stellung eines Antrags auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage, bis zur Bekanntgabe der Ablehnung des Eilantrags durch das Verwaltungsgericht ausgesetzt.
Damit hat das Bundesamt den Beginn des Laufs der Ausreisefrist an die Ablehnung des Antrags auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung geknüpft, um die Wirkungen der mit der ablehnenden Asylentscheidung verbundenen Abschiebungsandrohung zeitlich begrenzt bis zum Abschluss des gerichtlichen Eilverfahrens auszusetzen. Hiergegen ist nichts zu erinnern (vgl. BVerwG, U.v. 20.2.2020 – 1 C 19.19 – juris Rn. 37 ff., 54, 62 ff. m.w.N.).
5. Das hier nach § 11 Abs. 1 und 2 AufenthG angeordnete Einreise- und Aufenthaltsverbot ist nicht zu beanstanden. Die Entscheidung des Bundesamts, die Befristung auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung festzulegen und damit auf die Hälfte des von § 11 Abs. 3 Satz 2 AufenthG für den Regelfall aufgezeigten Rahmens von fünf Jahren, lässt keine Ermessensfehler erkennen.
Nach Vorstehendem war der Antrag mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).


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