Verwaltungsrecht

Hochschulzulassungsrecht, Bachelorstudiengang „Architektur“, Technische Universität, München, Wintersemester 2021/2022, Eignungsfeststellungsverfahren

Aktenzeichen  M 4 E 21.5361

Datum:
13.12.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 40187
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 123
BayHSchG Art. 44 Abs. 4
GG Art. 12 Abs. 1
GG Art. 3

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert beträgt 2.500 Euro.

Gründe

I.
Die Antragstellerin begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes ihre vorläufige Zulassung zum Bachelorstudiengang „Architektur“ an der Technischen Universität München (TUM) zum Wintersemester 2021/2022.
Am … … 2021 führte die Antragstellerin ein Online-Auswahlgespräch über die Plattform „Zoom“ im Rahmen der zweiten Stufe des Eignungsfeststellungsverfahren der TUM.
Mit Bescheid vom 20. September 2021 lehnte der Antragsgegner den Antrag auf Zulassung zum Studiengang ab, weil die Antragstellerin im Eignungsverfahren nicht die erforderliche Mindestanzahl von 75 Punkten erzielt habe.
Hiergegen erhob die Antragstellerin durch ihren Prozessbevollmächtigten mit Schriftsatz vom 4. Oktober 2021, eingegangen beim Bayerischen Verwaltungsgericht München am selben Tag, Klage (Az.: M 4 K …*), die noch anhängig ist.
Am 5. Oktober 2021 versicherte die Antragstellerin eidesstattlich, dass sie das Auswahlgespräch nur mit dem Prüfer Herrn Prof. Dr. B. geführt habe. Der zweite Prüfer sei weder vorgestellt worden noch sichtbar oder namentlich bekannt gewesen.
Mit Schriftsatz vom 6. Oktober 2021, eingegangen beim Bayerischen Verwaltungsgericht München am selben Tag, beantragte die Antragstellerin durch ihren Prozessbevollmächtigten,
1.den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO zu verpflichten, die Antragstellerin vorläufig zum Bachelorstudiengang Architektur zum Wintersemester 2021/22 an der Technischen Universität München 1. Fachsemester zuzulassen,
2.hilfsweise den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO zu verpflichten, die Antragstellerin erneut zum Eignungsfeststellungsverfahren, erste Stufe, des Bachelorstudiengangs Architektur für das Wintersemester 2021/22 an der Technischen Universität München gem. §§ 4 ff. der Satzung über die Eignungsfeststellung für den Bachelorstudiengang Architektur vom 8.6.2017 zuzulassen,
3.wiederum hilfsweise den Antragsgegner zu verpflichten, die Klägerin erneut zum Eignungsfeststellungsverfahren, zweite Stufe, des Bachelorstudiengangs Architektur zum Wintersemester 2021/22 an der Technischen Universität München gem. §§ 4 ff. der Satzung über die Eignungsfeststellung für den Bachelorstudiengang Architektur vom 8.6.2017 zuzulassen.
Zur Begründung führte der Prozessbevollmächtigte im Wesentlichen aus, dass die Satzung über die Eignungsfeststellung für den Bachelorstudiengang Architektur an der Technischen Universität München (im Folgenden: EFS) vom 8. Juni 2017 insoweit rechtswidrig und damit nichtig sei, als dass nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 EFS nur solche Bewerber das an sich wesentlich objektivere Eignungsfeststellungsverfahren durchlaufen und sich eine Direktzulassung erhoffen könnten, welche sich in der zehnten Klasse für eine Belegung des Fachs Kunst in der Kollegstufe entschieden hätten. Weiter habe die Klägerin entgegen § 5 Abs. 3 EFS kein nachprüfbares Ergebnis erhalten. Ein solches Ergebnis sei jedenfalls feststellbar gewesen, denn bei Fehlen einer fachspezifischen Einzelnote sei der Teiler gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 Halbs. 3 EFS um die entsprechende Anzahl zu verringern. Darüber hinaus sei der den Bewerbern, die in der Kollegstufe nicht das Fach Kunst belegt hätten, auferlegte Zwang, ein Auswahlgespräch nach § 6 EFS führen zu müssen nicht im Einklang mit Art. 12 Abs. 1 GG. Im Sinne der Dreistufentheorie betrachte das Bundesverfassungsgericht objektive Zulassungsvoraussetzungen als schwerste Form eines Eingriffs in die Berufsfreiheit, die nur zur Abwehr nachweisbar oder höchstwahrscheinlich schwerwiegender Gefahren für ein überragend wichtiges Gemeinschaftsgut gerechtfertigt seien. Es sei nicht nachvollziehbar, dass eine Direktzulassung auf erster Stufe bereits dann ausscheide, wenn der Bewerber keine Kunstnote vorweisen könne. Nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 Halbs. 3 EFS ginge es jedoch ausnahmslos um die Kunstnote, da die Fächer Englisch, Mathe und Deutsch im G8-System gar nicht abgewählt werden könnten. Bei der Beurteilung der besonderen qualitativen Anforderungen an den Studiengang Architektur dürfe auch angesichts der Eignungsfeststellungssatzung nicht bereits Bewerbern, die nicht schon aufgrund ihrer Schulnoten als offensichtlich ungeeignet ausgeschieden werden könnten, nicht die Möglichkeit verwehrt werden, ihre Eignung auch durch außerhalb der Schule erworbene einschlägige Fähigkeiten in einem wie auch immer im einzelnen ausgestalteten Eignungsfeststellungsverfahren nachzuweisen (Grundsatz der Chancenoffenheit). Die Hochschule müsse jedoch bei der Festlegung der Auswahlkriterien sicherstellen, dass es sich bei den besonderen qualitativen Anforderungen an den jeweiligen Studiengang um solche handele, die über die durch die allgemeine Hochschulreife nachgewiesenen Fähigkeiten hinausgingen. Dies sei bei der satzungsgemäßen Bewertung der Kunstnote nicht der Fall. Darüber hinaus widerspreche die Regelung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 Halbs. 3 EFS der ihr zugrundeliegenden Rechtsgrundlage des Art. 44 BayHSchG. Art. 44 BayHSchG regele nicht den Fall, wenn fachspezifische Einzelnoten nicht vorlägen. Ein Ignorieren der übrigen nach § 5 Abs. 1 EFS geforderten Nachweise mitsamt Verweisung auf die „zweite Stufe“ sei nicht im Sinne des Art. 44 BayHSchG. Es sei nicht einleuchtend, weshalb ein regulärer Grundkurs im Fach Kunst, in welchem auch „gebastelt und getöpfert“ werde, das in § 1 EFS geforderte Grundverständnis hinsichtlich der räumlichen und visuellen Vorstellungsvermögens und bautechnischer sowie formgebender Fragestellungen weiter prägen solle. Es fehle auch eine Regelung für den Fall, dass Bewerber trotz Verringerung des Teilers und entsprechender Bewertung der übrigen Leistungen die erforderliche Anzahl nach § 5 Abs. 3 EFS erreichten. Die Reglung verstoße auch gegen Art. 3 GG, da sämtliche Bewerber, denen das Fach Kunst in der Oberstufe nicht angeboten worden sei, ebenso keine Direktzulassung erhalten könnten, sondern sich der zweiten Stufe unterziehen müssten. Wer folglich das Schulfach Kunst nicht belegt habe, habe niemals eine Chance auf eine Direktzulassung, jedoch ausweislich der Eignungsfeststellungssatzung gleichzeitig einen Anspruch auf Direktzulassung, wenn er mehr als 74 Punkte in der Bewertung auf erster Stufe erziele, gleichzeitig auch wiederum nicht, da dennoch das Auswahlgespräch auf zweiter Stufe anstehe, was angesichts der mathematischen Berechnungsmethode bereits gegen Art. 3 GG verstoße. Die Rechtswidrigkeit der Eignungsfeststellungssatzung sei auch daran festzumachen, dass das Erfordernis einer Arbeitsmappe nach §§ 1 Abs. 4 Nr. 3, 5 Abs. 1 Nr. 3 EFS nicht von Art. 44 Abs. 4 Satz 3 BayHSchG gedeckt sei. Darüber hinaus gehende Voraussetzungen seien von der gesetzlichen Grundlage nicht gedeckt; Art. 44 Abs. 4 Satz 3 BayHSchG sei bereits ausweislich seines Wortlauts abschließenden Charakters. Hilfsweise sei die Klägerin unter Beachtung der bisherigen Ausführungen erneut zum Eignungsfeststellungsverfahren auf erster Stufe zuzulassen, da eine Bekanntgabe der ihrerseits erreichten Punkte nach § 5 Abs. 3 EFS ausgeblieben sei. Wiederum hilfsweise sei die Klägerin erneut zum Eignungsfeststellungsverfahren auf zweiter Stufe zuzulassen, da das mit ihr am … … 2021 geführte Auswahlgespräch nicht den Anforderungen des § 6 Abs. 2 EFS entsprochen habe. Faktisch sei die Antragstellerin nur einem einzelnen Prüfer „ausgesetzt“ gewesen. Der unbekannte und nicht aktiv an einem Prüfungsgespräch teilnehmende Dritte in einem nicht physisch einsehbaren virtuellen Prüfungsraum erfülle die Prüfereigenschaften nach § 6 Abs. 2 Satz 2 EFS nicht. Letztlich sei auch der Ablehnungsbescheid vom 20. September 2021 rechtswidrig, da er nicht den Anforderungen des § 7 Abs. 3 EFS entspreche. Demgemäß seien Ablehnungsbescheide gemäß den Vorgaben des Art. 39 Abs. 1 BayVwVfG zu begründen. Eine mit der vorläufigen Zulassung verbundene Vorwegnahme der Hauptsache sei rechtlich unbedenklich, da ein Unterbleiben der Anordnung zu unerträglichen Konsequenzen für die Antragstellerin führen würde.
Am 27. Oktober 2021 nahmen die beiden Prüfer Prof. Dr. B. und Herr F. einzeln gegenüber dem Antragsgegner schriftlich zum Auswahlgespräch Stellung. Beide gaben übereinstimmend an, dass Herr F. als zweiter Prüfer vorgestellt worden sei und aktiv am Gespräch teilgenommen habe. Herr F. habe auch Fragen zu den Themen „Istanbul“ und zum Berufswunsch der Antragstellerin gestellt.
Mit Schriftsatz vom 29. Oktober 2021 legte der Antragsgegner die Behördenakten vor und beantragte,
den Antrag abzulehnen.
Gemäß Art. 44 Abs. 4 Satz 1 BayHSchG könnten die Hochschulen für Studiengänge, die zu einem ersten berufsqualifizierenden Hochschulabschluss führten, den Nachweis der Eignung in einem Eignungsfeststellungsverfahren verlangen, wenn das betreffende Studium besondere qualitative Anforderungen stelle, die jeweils zu begründen seien. Für die Eignungsfeststellung könnten folgende Kriterien gemäß Art. 44 Abs. 4 Satz 3 Nr. 1 bis 5 BayHSchG festgelegt werden: Durchschnittsnote der Hochschulzugangsberechtigung (HZB), fachspezifische Einzelnoten der Hochschulzugangsberechtigung, Auswahlgespräch, Test (Leistungserhebung in schriftlicher Form), einschlägige Berufsausbildung oder andere berufspraktische Tätigkeiten. Die TUM habe von der Ermächtigung des § 34 QualV i.V.m. Art. 44 Abs. 6, Abs. 4 Satz 7 BayHSchG durch den Erlass der Satzung über die Eignungsfeststellung für den Bachelorstudiengang Architektur an der TUM vom 8. Juni 2017 in der Fassung der 2. Änderungssatzung vom 30. Juli 2020 (EFS) Gebrauch gemacht und die Einzelheiten des Eignungsfeststellungsverfahrens für den Bachelorstudiengang geregelt. Die Aufnahme des Bachelorstudiengangs „Architektur“ setze eine besondere Qualifikation voraus, da der Studiengang über ein besonderes Profil verfüge, welches in der Anlage 1 der EFS beschrieben werde (§ 1 Abs. 1 EFS). Es sei für den erfolgreichen Abschluss insbesondere ein grundsätzliches Verständnis für technische und ästhetische bzw. formgebende Fragen sowie eine Befähigung im entwerferisch-gestalterischen Bereich erforderlich. Im Rahmen der ersten Stufe des Eignungsfeststellungsverfahrens werde eine Bewertung durchgeführt aus den Kriterien Durchschnittsnote der HZB, fachspezifische Einzelnoten und einer Mappe mit Arbeitsproben, durch die eine Neigung bzw. Begabung für handwerkliche und künstlerische Arbeiten gezeigt werde bzw. anstelle der Mappe ein Nachweis über eine einschlägige abgeschlossene Berufsausbildung (§ 5 Abs. 1 EFS). Die Gewichtung der Einzelnoten umfasse die in der HZB aufgeführten Noten in den Fächern Mathematik (zweifach), Deutsch (einfach), Englisch (einfach) und Kunst (dreifach), die in den letzten vier Halbjahren vor Erwerb der HZB erworben worden seien, ggf. einschließlich der in der HZB aufgeführten Noten der Abschlussprüfungen in diesen Fächern (§ 5 Abs. 1 Ziff. 2 EFS). Auf der ersten Stufe im Eignungsverfahren seien zwischen 0 und 100 Punkten zu erreichen (§ 5 Abs. 2 Ziff. 1 EFS). Wer in der ersten Stufe 75 Punkte und mehr erreicht habe, werde nach § 5 Abs. 3 Ziff. 1 Satz 1 EFS zugelassen. Werde für ein Fach in der HZB keine Note ausgewiesen, so sei der Teiler um die entsprechende Anzahl zu verringern; das Grundverständnis in den in § 1 EFS genannten Bereichen sei in diesem Fall durch Teilnahme an der zweiten Stufe des Verfahrens nachzuweisen (§ 5 Abs. 1 Ziff. 2 EFS). Eine Zulassung der Antragstellerin in der ersten Stufe sei somit nicht möglich gewesen, da in der HZB der Antragstellerin keine fachspezifischen Einzelnoten im Fach Kunst ausgewiesen worden seien (§ 5 Abs. 1 Ziff. 2 EFS). Nach diesen zwingenden Vorgaben sei somit die zweite Stufe des Eignungsfeststellungsverfahrens durchzuführen gewesen. Im Ergebnis komme es deshalb nicht auf die auf der ersten Stufe erlangten Punkte der Antragstellerin an, da selbst bei einer Punktzahl von 75 Punkten oder mehr die fachspezifische Eignung durch Ablegung der zweiten Stufe des Verfahrens nachzuweisen wäre (§ 5 Abs. 3 Ziff. 1 Satz 1, 2 EFS). § 5 Abs. 3 Ziff. 1 EFS enthalte genau die Regelung für den Fall, dass die Antragstellerin mehr als 75 Punkte erhalten hätte. In diesen Fällen müsse das erforderliche Grundverständnis individuell auf zweiter Stufe nachgewiesen werden. Es würde in diesen Fällen daher durch die Kommission keine gesonderte Bewertung vorgenommen werden, weshalb im Bewerber-Account in TUM online in der ersten Stufe der Passus „im vorliegenden Fall nicht relevant“ verbucht worden sei. Im Rahmen der zweiten Stufe des Eignungsfeststellungsverfahrens werde zu einem Einzelgespräch eingeladen (§ 5 Abs. 4 Satz 2 EFS), und die Durchschnittsnote der HZB und das Ergebnis des Auswahlgesprächs würden bewertet werden, wobei die Durchschnittsnote der HZB mindestens gleichrangig zu bewerten sei (§ 6 Abs. 1 EFS). Das Auswahlgespräch sei nicht öffentlich und werde als Einzelgespräch mit zwei Mitgliedern der Kommission bzw. von gemäß § 3 Satz 7 EFS benannten Prüfenden durchgeführt, wovon ein Mitglied Hochschullehrer oder Hochschullehrerin im Sinne von Art. 2 Abs. 3 Satz 1 BayHSchPG sein müsse (§ 6 Abs. 2 Satz 2 EFS). Das Gespräch habe vorliegend als Einzelgespräch mit den zwei Kommissionsmitgliedern Prof. Dr. B. und Herrn F. stattgefunden. Herr F. sei zu Beginn der Videokonferenz namentlich und unter Nennung seiner Funktion vorgestellt worden und sei für die Antragstellerin mit Bild sichtbar gewesen. Er habe sich aktiv am Gespräch beteiligt und selbst Fragen gestellt. Das Gespräch sei nicht aufgezeichnet worden, lediglich ein Screenshot sei angefertigt worden. Auf diesem sei eindeutig erkennbar, dass sich neben Prof. Dr. B. ein weiterer Prüfer, Herr F., in der Videokonferenz befunden habe. Das Auswahlgespräch sei von den teilnehmenden Kommissionsmitgliedern jeweils selbständig bewertet worden. Von Prof. Dr. B. habe die Antragstellerin insgesamt 54 Punkte erhalten, von Herrn F. 41 Punkte. Insgesamt habe die Antragstellerin eine Gesamtbewertung von aufgerundet 48 Punkten erhalten (§ 6 Abs. 2 Satz 12 EFS). Die Bewertungsbegründungen seien schlüssig, nachvollziehbar und ließen keine Willkür, keine sachfremden Erwägungen und keine sonstige Überschreitung des den Kommissionsmitgliedern zukommenden Bewertungsspielraums erkennen. Unter Berücksichtigung der Durchschnittsnote der HZB von 2,1 habe die Antragstellerin eine Gesamtpunktzahl von 63 Punkten auf Stufe 2 erhalten und damit nicht die Mindestpunktzahl von 70 Punkten erreicht. Die Satzung sei auch formell und materiell rechtmäßig. Die geforderte Arbeitsmappe stelle eine Leistungserhebung in schriftlicher Form und somit einen Test im Sinne von Art. 44 Abs. 4 Satz 3 Ziff. 4 BayHSchG dar. Die Satzung verstoße zudem auch nicht gegen höherrangiges Recht. Den Hochschulen stehe nach Art. 5 Abs. 3 GG das Recht zu, ihren Studiengang nach eigenen wissenschaftlichen Kriterien zu prägen und dabei eigene Schwerpunkte zu setzen. Der grundrechtliche Teilnahmeanspruch aus Art. 12 Abs. 1 GG erfordere bei der Bewerberauswahl im Rahmen der Studienplatzvergabe allein die zwingende Berücksichtigung der Eignung für das Studium und – sofern prognostizierbar – den Beruf, zu deren möglichst vollständiger Erfassung die für die Auswahlentscheidung herangezogenen Kriterien geeignet sein müssten. Die zusätzlichen Qualifikationsvoraussetzungen dienten dabei unter anderem der Funktionsfähigkeit der Universitäten bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben in Forschung, Lehre und Studium, da die mit dem Bachelorabschluss verfolgten Ausbildungsziele sich nur dann mit angemessenem zeitlichen und sachlichen Aufwand erreichen ließen, wenn die Studierenden eine bestimmte Qualifikation mitbrächten. Dieses Anliegen verkörpere ein gewichtiges Gemeinschaftsgut, sodass qualitative Zugangsvoraussetzungen mit Art. 12 GG vereinbar seien, ohne dass damit die Freiheit der Wahl der Berufsausbildung unzulässig beschränkt werden würde. Den Bewerbern, die nicht alle fachspezifischen Einzelnoten nachweisen könnten, sei der Zugang zum Bachelorstudium keinesfalls verwehrt. Es komme auch nicht nur auf die Kunstnote an sich an, da sich auch Bewerber aus anderen Schulsystemen/Ländern auf den Bachelorstudiengang Architektur bewerben könnten. Es fehle auch nicht an einer Begründung für die Ablehnung. Jedenfalls bei schriftlichen Prüfungsleistungen könne eine fehlende Bewertungsbegründung bekanntlich bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz nachgeholt werden. Ein etwaiger formeller Fehler sei entsprechend Art. 45 Abs. 1 Ziff. 2 und Abs. 2 BayVwVfG geheilt. Im Übrigen liege eine hinreichende Dokumentation des Eignungsfeststellungsverfahrens durch die Kommission im Sinne von § 8 EFS vor. Ungeachtet dessen könne ein Begründungsmangel in der vorliegenden Verpflichtungssituation nicht zu einem Bestehen des Eignungsfeststellungsverfahrens führen.
Mit Schriftsatz vom 11. November 2021 nahm der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin erneut Stellung. Es werde bestritten, dass die Aufnahme des Bachelorstudiengangs „Architektur“ eine besondere Qualifikation voraussetze. Insbesondere werde bestritten, dass sich aus der Durchführung des Eignungsfeststellungsverfahrens das Vorliegen der nach § 1 Abs. 2 Satz 2 EFS aufgeführten studiengangspezifischen Kompetenzen ergebe. Es werde bestritten, dass sich aus einem 22-minütigen Gespräch zwischen drei Personen zweifelsfrei feststellen lassen, ob die studiengangspezifischen Kompetenzen nach § 1 Abs. 2 Satz 2 EFS bei dem Bewerber vorlägen. Es werde bestritten, wonach Kunstnoten eine besondere Relevanz für den Studiengang „Architektur“ haben sollten. Die objektiv nachprüfbare und objektiv feststellbare Beurteilung des Vorliegens eines räumlichen und technischen Grundverständnisses, zeichnerischer und darstellerischer Fähigkeiten und der Fähigkeit, eine Synthese von räumlich und entwerferischen Aspekten einer Problemstellung zu finden und Aussagen zu den in § 1 Abs. 2 EFS geforderten studiengangspezifischen Kompetenzen durch Argumente und sinnvolle Beispiele überzeugend darzustellen, sei nicht ansatzweise gegeben oder in irgendeiner Art und Weise möglich. Der Gesetzgeber habe mit der Formulierung des Art. 44 BayHSchG klar zum Ausdruck gebracht, wonach ein allfähiges Eignungsfeststellungsverfahren objektiven Kriterien zu unterliegen habe, wenn dieses seitens der Hochschule neben oder anstelle der üblichen Voraussetzungen nach Abs. 1 gestellt werden solle. Es werde bestritten, dass „ein Herr F.“ an dem genannten Gespräch teilgenommen habe und dass dieser die hierfür notwendige Qualifikation besitze. Er sei für die Antragstellerin für die Dauer des Gesprächs nicht sichtbar gewesen. Das Prüfungsgespräch weise zahlreiche Verfahrensfehler auf, unter anderem sei der einzige Prüfer ständig abgelenkt gewesen, habe dauernd auf die Computertastatur getippt und offenkundig andere Angelegenheiten erledigt. Es sei insoweit nicht erstaunlich, dass die Prüfer der Antragstellerin derart wenige Punkte in starker Divergenz zueinander gegeben hätten. Sie hätten sich nicht ansatzweise mit der zu erwartenden Ernsthaftigkeit an einem solchen zukunftsentscheidenden Prüfungsgespräch beteiligt oder gar Interesse gezeigt, ein solches ernsthaftes Prüfungsgespräch zu führen. Das konkrete Prüfungsgespräch habe sich durch eine „vergleichbare“ Willkür ausgezeichnet. Die Bewertungsbegründungen seien weder schlüssig, noch nachvollziehbar. Sie bestätigten vielmehr, dass keine der EFS entsprechende Auseinandersetzung mit der Antragstellerin stattgefunden habe, da sie im Wesentlichen übereinstimmten, eine Teilnahme des angeblichen zweiten Prüfers jedoch nicht gegeben gewesen sei. Die Prüfer stützten ihre Bewertungen auf Tatsachen und Feststellungen, die einer sachlichen Überprüfung nicht ansatzweise standhielten. Sie hätten darüber hinaus den Stellenwert der Prüfung völlig verkannt.
Mit Schriftsatz vom 29. November 2021 wies der Antragsgegner darauf hin, dass der Bachelorstudiengang „Architektur“ eine besondere Qualifikation voraussetze. Der Studiengang umfasse ein weites Themenspektrum, das von technischen naturwissenschaftlichen Disziplinen wie der Tragwerkslehre oder der Bauphysik über die Erörterung der baulichen Mittel und ihrer Nutzungsmöglichkeiten bis zu den generellen Absichten und Aussichten derzeitigen und künftigen Planens reiche. Die Hälfte des Studienaufwands nehme dabei das entwurfsorientierte Projektstudium ein. Der Studiengang erfordere qualifizierte interdisziplinäre Kompetenzen im Sinne von spezifischen Vorfertigkeiten, die aus methodisch grundunterschiedlichen Fächerkulturen kombiniert werden würden. Insbesondere seien sowohl künstlerische als auch mathematische und sprachliche Kompetenzen von Erfordernis. Diese Fächer hätten signifikante Bedeutung für den Studiengang und ohne „Mitbringen“ der verschiedenen Fähigkeiten könne zwangsläufig nicht erfolgreich studiert werden. Die zentrale Aufgabe eines Architekten sei das Planen und Entwerfen. Ohne künstlerische Neigung bzw. Begabung für handwerkliche und künstlerische Arbeiten sowie räumliches und visuelles Vorstellungsvermögen und ein Grundverständnis für Formgebung könne diese zentrale Aufgabe nicht zufriedenstellend erfüllt werden. Dabei würden vor allem künstlerische Neigung und Begabung, räumliches und visuelles Vorstellungsvermögen und ein Grundverständnis für Formgebung im Kunstunterricht der Schule erlernt und geschult werden, weshalb gerade Kunstnoten für den Bachelorstudiengang von großer Bedeutung seien. In Anbetracht dieses Studiengangprofils müsse bei den Bewerbern ein grundsätzliches Interesse und Verständnis für technische und ästhetische Fragen sowie für die besondere Art der weitgreifenden interdisziplinären Problemstellung, mit der sich Architektur und Planung befassten, bestehen. Der Studiengang setze zudem eine ausgeprägte soziale Kompetenz und eine Befähigung in technisch-naturwissenschaftlichen Disziplinen voraus. Durch die Hochschulzugangsberechtigung werde jedoch nur ein Teil der für das Studium erforderlichen Qualifikationen abgebildet. Daher müsse die Eignung zum Studium insbesondere im Hinblick auf die Befähigung im entwerferisch-gestalterischen Bereich (und hierin insbesondere im architekturspezifischen Bereich) in einem gesonderten Verfahren festgestellt werden. Ohne das Vorliegen der besonderen qualitativen Anforderungen könne das Architekturstudium an der TUM nicht erfolgreich sein und die Funktionsfähigkeit der Universität wäre beeinträchtigt, da das Ausbildungsziel nicht mit einem angemessenen zeitlichen Aufwand erreicht werden könne, wenn die erforderlichen Grundvoraussetzungen nicht schon zu Beginn des Studiums vorlägen. Zudem werde darauf hingewiesen, dass Eignungsfeststellungsgespräche an der TUM grundsätzlich in Präsenz stattfänden. Es sei an der TUM allgemein nicht üblich, derartige Gespräche aufzuzeichnen. Die gemäß § 8 EFS angefertigte Niederschrift über das Gespräch sei ausreichend, um das Eignungsfeststellungsverfahren und das Gespräch im erforderlichen Maße zu rekonstruieren. Überdies werde darauf hingewiesen, dass eine Aufzeichnung datenschutzrechtlich bedenklich sei. Schließlich begründe sich das Zweiprüferprinzip dadurch, dass nicht allein die subjektive Einschätzung eines einzelnen Prüfers zu der Bewertung führen solle. Maßgeblich sei mithin die Mitwirkung des Zweitprüfers im wertenden Akt. Voraussetzung dafür sei, dass der Zweitprüfer das Gespräch vernommen habe, was vorliegend auch der Fall sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte, sowie die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
II.
Der Antrag bleibt ohne Erfolg.
I. Die Antragstellerin hat weder einen Anspruch auf vorläufige Zulassung zum Bachelorstudiengang „Architektur“ an der TUM (1.) noch auf erneute Zulassung zur ersten bzw. zweiten Stufe des Eignungsfeststellungsverfahrens (2.).
Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis erlassen, wenn diese Regelung nötig erscheint, um wesentliche Nachteile abzuwenden, drohende Gewalt zu verhindern oder wenn andere Gründe vorliegen. Voraussetzung ist, dass der Antragsteller das von ihm behauptete Recht (Anordnungsanspruch) und die drohende Gefahr seiner Beeinträchtigung (Anordnungsgrund) glaubhaft macht (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO).
1. Die Antragstellerin hat keinen Anordnungsanspruch auf vorläufige Zulassung zum Bachelorstudiengang „Architektur“ an der TUM.
Die Antragstellerin hat den erforderlichen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. Vielmehr erweist sich der ablehnende Bescheid des Antragsgegners vom 20. September 2021 bei der im Rahmen des vorliegenden Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes nur möglichen summarischen Prüfung als rechtmäßig. Insbesondere verstößt die zugrundeliegende Satzung selbst weder gegen die Ermächtigungsgrundlage des Art. 44 BayHSchG (1.1.) noch gegen die höherrangigen Rechtsnormen des Art. 12 Abs. 1 GG (1.2.) oder des Art. 3 Abs. 1 GG (1.3.).
Grundsätzlich wird die Qualifikation für ein Studium an einer Universität, das zu einem ersten berufsqualifizierenden Abschluss führt, durch die Hochschulreife nachgewiesen (Art. 43 Abs. 1 BayHSchG). Allerdings können die Hochschulen für solche Studiengänge neben den allgemeinen Qualifikationsvoraussetzungen den Nachweis der Eignung in einem Eignungsfeststellungsverfahren verlangen, wenn das betreffende Studium besondere qualitative Anforderungen stellt, die jeweils zu begründen sind, Art. 44 Abs. 1, Abs. 4 BayHSchG.
Die hierzu gemäß Art. 44 Abs. 4 Satz 7, Abs. 6 BayHSchG i.V.m. § 34 QualV erlassene Satzung über die Eignungsfeststellung für den Bachelorstudiengang „Architektur“ an der TUM vom 8. Juni 2017 in der Fassung der 2. Änderungssatzung vom 30. Juli 2020 (EFS) sieht ein zweistufiges Eignungsfeststellungsverfahren vor. Im Rahmen der ersten Stufe wird eine Bewertung durchgeführt aus den Kriterien der Abiturdurchschnittsnote, den ein- bis dreifach gewichteten Einzelnoten der Fächer Mathematik, Deutsch, Englisch und Kunst aus den letzten vier Halbjahren sowie (außer in den Fällen § 5 Abs. 1 Nr. 3 und 4 EFS) einer Mappe mit Arbeitsproben (§ 5 EFS). Bewerber, die hier eine nach Maßgabe der Satzung zu errechnende Mindestpunktzahl von 75 Punkten erreichen, werden direkt zum Studium zugelassen. Bewerber mit einem Punktwert von unter 55 Punkten gelten als nicht geeignet. Bewerber, deren Hochschulzugangsberechtigung eine der vier geforderten fachspezifischen Einzelnoten nicht vorweist, sowie die übrigen Bewerber mit über 55 Punkten kommen in die zweite Stufe des Eignungsfeststellungsverfahrens. Im Rahmen der zweiten Stufe wird mit den Bewerbern ein Auswahlgespräch mit zwei Prüfern durchgeführt. Das Ergebnis dieses Auswahlgesprächs und die Abiturdurchschnittsnote fließen zu jeweils 50% in die Gesamtbewertung der zweiten Stufe ein. Bewerber, die danach mindestens 70 Punkte erreichen, erhalten einen Zulassungsbescheid; Bewerber mit einer Gesamtbewertung von 69 Punkten oder weniger werden als ungeeignet abgelehnt (§ 6 EFS).
1.1. Die Satzung über die Eignungsfeststellung für den Bachelorstudiengang „Architektur“ an der TUM vom 8. Juni 2017 in der Fassung der 2. Änderungssatzung vom 30. Juli 2020 (EFS) ist von der Ermächtigungsgrundlage des Art. 44 Abs. 4 Satz 7, Abs. 6 BayHSchG i.V.m. § 34 QualV gedeckt.
1.1.1. Der Bachelorstudiengang „Architektur“ stellt besondere qualitative Anforderungen im Sinne des Art. 44 Abs. 4 Satz 1 BayHSchG, sodass der Nachweis der Eignung in einem Eignungsfeststellungsverfahren verlangt werden kann. Aus der Durchführung des Verfahrens ergibt sich, ob die Bewerber die geforderten studiengangsspezifischen Kompetenzen vorweisen können.
Die Kammer folgt insoweit den überzeugenden, schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen des Antragsgegners vom 29. November 2021 zu den besonderen qualitativen Anforderungen des Bachelorstudiengangs „Architektur“, zur Tauglichkeit des Eignungsfeststellungsverfahrens und zu den herangezogenen Kriterien, § 117 Abs. 5 VwGO analog.
1.1.2. Die Antragstellerin dringt auch insoweit nicht durch, als sie geltend macht, die Verweisung der Bewerber auf die zweite Stufe der EFS bei Fehlen von fachspezifischen Einzelnoten in der Hochschulzugangsberechtigung sei nicht von der Ermächtigungsgrundlage Art. 44 BayHSchG gedeckt, denn ein Überschreiten der Grenzen der Ermächtigungsgrundlage liegt ersichtlich nicht vor.
Art. 44 Abs. 4 Satz 3 BayHSchG trifft keine Aussage zum genauen Ablauf des Verfahrens, sondern gibt nur die möglichen Kriterien für das Eignungsverfahren abschließend vor (vgl. BayVGH, B.v. 22.12.2009 – 7 CE 09.2466 – juris Rn. 18). Gemäß Art. 44 Abs. 4 Satz 7, Abs. 6 BayHSchG i.V.m. § 34 QualV legen die Hochschulen die Einzelheiten des Verfahrens durch Satzung fest. Der Antragsgegner hat die Satzung vorliegend unter Beachtung der möglichen Kriterien aus Art. 44 Abs. 4 BayHSchG erlassen und die gemäß § 34 QualV zu regelnden Einzelheiten in die Satzung aufgenommen. Die genaue Ausgestaltung in Form des zweistufigen Verfahrens bleibt dem Antragsgegner als Ausfluss der durch Art. 5 Abs. 3 GG geschützten Freiheit von Lehre und Forschung vorbehalten.
1.1.3. Bei der inzidenten Prüfung der Rechtmäßigkeit der Satzung kommt es nicht darauf an, ob der Antragsgegner das Kriterium einer Mappe mit Arbeitsproben (§ 5 Abs. 1 Nr. 3 EFS) auf § 44 Abs. 4 Nr. 4 BayHSchG stützen durfte. Die Antragstellerin ist dadurch schon nicht in ihren Rechten verletzt, da sie mangels Ausweis der fachspezifischen Einzelnoten auf der ersten Stufe der EFS ohnehin nicht zugelassen werden konnte (§ 5 Abs. 3 Nr. 2 Satz 3 EFS).
Unabhängig davon und ohne, dass es darauf ankommt, handelt es sich bei dem Erfordernis einer Mappe mit Arbeitsproben jedoch um einen Test im Sinne des Art. 44 Abs. 4 Nr. 4 BayHSchG. Die Bewerber müssen gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 3 EFS eine Mappe mit Arbeitsproben einreichen, durch die eine Neigung bzw. Begabung für handwerkliche und künstlerische Arbeiten gezeigt wird. Dadurch kann die Hochschule anhand gängiger Maßstäbe beurteilen, ob die Bewerber in der Lage sind, den Anforderungen entsprechende Arbeitsergebnisse zu erzielen. Nach Auffassung der Kammer stellt dies eine Leistungserhebung in schriftlicher Form, also einen Test gemäß Art. 44 Abs. 4 Nr. 4 BayHSchG dar.
1.2. Die Satzung greift nicht unverhältnismäßig in die Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG ein. Der gemäß § 1 EFS erforderliche Nachweis der Qualifikation durch Bestehen des Eignungsfeststellungsverfahren (gemäß der EFS) beschränkt Art. 12 Abs. 1 GG in zulässiger und verhältnismäßiger Weise.
1.2.1. Der Zugang zum Studium wird als Teil der Ausbildungsfreiheit durch Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG gewährleistet. Die auf einen berufsqualifizierenden Abschluss zielende Lehre ist eine den Universitäten und Fakultäten einfachgesetzlich übertragene Aufgabe (vgl. BVerfG, B. v. 7.8.2007 – 1 BvR 2667/05 – juris Rn. 26). Innerhalb vorhandener und mit öffentlichen Mitteln geschaffener Kapazitäten hat der Einzelne daher bei entsprechender Qualifikation Anspruch auf Teilhabe und Zugang zum Hochschulstudium (vgl. BayVGH, B.v. 22.12.2009 – 7 CE 09.2466 – juris Rn. 16). Grundsätzlich berechtigt die Hochschulreife nach wie vor zur Aufnahme eines Studiums an einer Universität (Art. 43 Abs. 1 BayHSchG) und vermittelt einen subjektiven Anspruch auf Hochschulzugang. Deshalb muss sich die Schaffung zusätzlicher Eignungsvoraussetzungen (etwa zur Stärkung der Autonomie der Hochschulen oder zur Senkung der Studienabbruchquote oder der Studienzeiten) an Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG und am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit messen lassen (BayVGH, B.v. 22.12.2009 – 7 CE 09.2466 – juris Rn. 17).
Grundsätzlich darf Bewerbern, die nicht schon aufgrund ihrer Schulnoten als ungeeignet ausgeschieden werden können, nicht die Möglichkeit verwehrt werden, ihre Eignung auch durch außerhalb der Schule erworbene einschlägige Fähigkeiten in einem wie auch immer im Einzelnen ausgestalteten Eignungsfeststellungsverfahren nachzuweisen (Grundsatz der Chancenoffenheit) (vgl. BayVGH, B.v. 22.12.2009 – 7 CE 09.2466 – juris Rn. 18).
1.2.2. Gemessen daran erweist sich die von der TUM erlassene Regelung als mit der durch Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG gewährleisteten Berufsausbildungsfreiheit vereinbar.
Bei dem Verfahren der Eignungsfeststellung handelt es sich um eine subjektive Berufswahlregelung, da das Verfahren an die Noten der Hochschulzugangsberechtigung und an andere Kriterien anknüpft, die in der Person des Einzelnen liegen (vgl. dazu Sachs/Mann, GG Art. 12 Rn. 130). Die Eignungsfeststellung dient dem Zweck der Wahrung der Qualitätssicherung und damit der Funktionsfähigkeit der Universitäten.
Die konkrete Ausgestaltung der Qualifikationsanforderungen ist Ausfluss der Lehr- und Forschungsfreiheit der Hochschule (Art. 5 Abs. 3 GG). Die vorliegenden zugangsbeschränkenden Qualifikationsanforderungen sind verhältnismäßig, da sie zum Zweck der Qualitätssicherung geeignet sind, weil sie einen inhaltlichen Bezug zu den Ausbildungsinhalten aufweisen. Sie sind erforderlich, weil bei objektiver Betrachtung die Annahme berechtigt ist, dass Bewerber, die nicht im Besitz der Nachweise sind, den Anforderungen der Ausbildung voraussichtlich nicht gewachsen sein werden. Schließlich stehen die Nachweispflichten in einem angemessenen Verhältnis zu den Anforderungen der Ausbildung, sie sind nicht überzogen. Unverhältnismäßig wären insbesondere Zugangsbeschränkungen, die darauf angelegt sind, dass sie nur überdurchschnittlich befähigte Bewerber erfüllen können (vgl. BVerwG, U.v. 14.12.2016 – 6 C 19.15 – juris Rn. 10; BayVGH, B.v. 2.2.2012 – 7 CE 11.3019 – juris Rn. 23).
Bewerbern, wie der Antragstellerin, die nicht alle geforderten fachspezifischen Einzelnoten vorweisen können, ist eine Direktzulassung auf der ersten Stufe verwehrt. Ihnen bleibt aber, wie allen anderen Bewerbern, die nicht 75 Punkte erreicht haben, die Möglichkeit, auf der zweiten Stufe ihre Eignung in einem Auswahlgespräch nachzuweisen. Art. 44 Abs. 4 Satz 3 Nr. 4 BayHSchG sieht ein solches Auswahlgespräch in Kombination mit der Durchschnittsnote der Hochschulzugangsberechtigung auch als mögliches Kriterium vor. Ein Verstoß der Regelung gegen höherrangige Normen des Grundgesetzes ist nicht ersichtlich und wurde von der Antragstellerin auch nicht geltend gemacht. Unabhängig davon handelt es sich bei einem Auswahlgespräch auch um ein geeignetes Kriterium, um eine Eignung für das angestrebte Studium festzustellen (vgl. BayVGH, B.v. 22.12.2009 – 7 CE 09.2466 – juris Rn. 18).
Die Argumentation des Prozessbevollmächtigten, es gehe nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 Halbs. 3 EFS ausnahmslos um das Kriterium der Kunstnote, bei deren Nichtvorliegen eine Direktzulassung ausscheide, da die anderen Fächer im G8-Schulsystem nicht abgewählt werden könnten, geht im Übrigen fehl. Der Studiengang „Architektur“ an der TUM richtet sich nicht nur an Absolventen des bayerischen G8-Schulystems, sondern steht auch Bewerbern aus anderen Bundesländern, aus der gesamten Europäischen Union sowie aus Drittstaaten offen. Ferner steht der Studiengang auch früheren (bayerischen) Schulabsolventen offen.
1.3. Die EFS verstößt auch nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG, da tragfähige Gründe für eine Ungleichbehandlung gegeben sind.
1.3.1 Der Gleichheitssatz ist dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten oder Normbetroffenen im Vergleich zu einer anderen anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen können. Dabei gilt ein stufenloser, am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab, dessen Inhalt und Grenzen sich nicht abstrakt, sondern nur nach den jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereichen bestimmen lassen. Eine strengere Bindung des Gesetzgebers kann sich dabei aus den jeweils betroffenen Freiheitsrechten ergeben. Im Übrigen hängt das Maß der Bindung unter anderem davon ab, inwieweit die Betroffenen in der Lage sind, durch ihr Verhalten die Verwirklichung der Kriterien zu beeinflussen, nach denen unterschieden wird (BVerfG, B.v. 21.6.2011 − 1 BvR 2035/07 – juris Rn. 65).
1.3.2. Nach diesen Grundsätzen liegen tragfähige Gründe vor, Bewerber ohne fachspezifische Einzelnoten im Gegensatz zu den übrigen Bewerbern – selbst mit der geforderten Punktzahl – nicht auf der ersten Stufe der EFS zum Studium zuzulassen, sondern sie einem Auswahlgespräch auf der zweiten Stufe zu unterziehen. Ausgehend von den besonderen qualitativen Anforderungen an den Bachelorstudiengang „Architektur“, die der Antragsgegner überzeugend dargelegt hat und die gemäß Art. 44 Abs. 4 Satz 1 BayHSchG Voraussetzung für ein Eignungsfeststellungsverfahren sind, ist es gerechtfertigt, Bewerber ohne ausgewiesene fachspezifische Einzelnoten zu verpflichten, ihre Eignung für den Studiengang in einem Auswahlgespräch nachzuweisen. Zum Nachweis der Eignung für den Studiengang ist es ausweislich der schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen des Antragsgegners notwendig, die fachspezifischen Einzelnoten vorzuweisen. Ansonsten kann der Nachweis der Eignung nicht erbracht werden. Die EFS benachteiligt diese Bewerber im Vergleich zu den übrigen nicht ungerechtfertigt, denn es ist gerade Sinn und Zweck der Eignungsprüfung festzustellen, ob die Bewerber die besonderen qualitativen Anforderungen des Studiengangs erfüllen. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass es sich aufgrund der fortbestehenden Möglichkeit, auf der zweiten Stufe des Verfahrens zum Studiengang zugelassen zu werden, um einen geringen Eingriff in die Berufsausbildungsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG handelt und die Bewerber ggf. auch im Hinblick auf die Wahl des späteren Studiengangs Einfluss auf die Wahl ihrer Schulfächer und auch ihrer Schule nehmen können.
2. Die Antragstellerin hat auch keinen Anspruch auf erneute Zulassung zur ersten bzw. zweiten Stufe des Eignungsverfahrens. Das Eignungsverfahren der Antragstellerin wurde rechtmäßig durchgeführt. Verfahrensfehler sind nicht ersichtlich.
Die Antragstellerin wurde auf der ersten Stufe zurecht nicht zugelassen. Auf der zweiten Stufe des Eignungsverfahren hat sie mit 63 Punkten nicht die nötige Anzahl von 70 Punkten erreicht. Weder aus der fehlenden Begründung des ablehnenden Bescheids (2.1.) noch aus der unterbliebenen Bekanntgabe der Punktzahl der Antragstellerin auf der ersten Stufe (2.2.) ergibt sich ein Verfahrensmangel. Auch die Bewertung des Auswahlgesprächs mit der Antragstellerin auf der zweiten Stufe des Verfahrens ist rechtlich nicht zu beanstanden, insbesondere wurden keine Verfahrensfehler glaubhaft gemacht (2.3.).
2.1. Soweit die Antragstellerin geltend macht, der Ablehnungsbescheid müsse detailliert begründet werden, wurde der Mangel jedenfalls im gerichtlichen Verfahren ausweislich der umfassenden Ausführungen des Antragsgegners geheilt (Art. 45 Abs. 1 Nr. 2 BayVwVfG). Abgesehen davon, ist dies im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes für die Entscheidung nicht von Belang, weil die Antragstellerin das Vorliegen eines Anspruchs auf Zulassung glaubhaft machen muss.
2.2. Entgegen der Ausführungen des Prozessbevollmächtigten ergibt sich aus § 5 Abs. 3 EFS kein Anspruch der Antragstellerin auf Bekanntgabe ihrer auf der ersten Stufe des Verfahrens erreichten Punkte. Genauso wenig hat sie damit einen Anspruch auf erneute Zulassung zur ersten Stufe des Verfahrens glaubhaft gemacht.
2.3. Ungeachtet dessen ist auch weder ersichtlich noch glaubhaft gemacht, dass das mit der Antragstellerin am … … 2021 geführte Auswahlgespräch nicht den Anforderungen des § 6 Abs. 2 EFS entsprochen hat.
2.3.1. Die Antragstellerin hat nicht glaubhaft gemacht, dass an dem mit ihr geführten Auswahlgespräch am … … 2021 entgegen § 6 Abs. 2 EFS nur ein Prüfer namentlich und aktiv am Gespräch teilnahm. Dies ergibt sich auch nicht aus der von ihr vorgelegten eidesstattlichen Versicherung. Die Prüfer Prof. Dr. B und Herr F. legten beide mit Schreiben vom 27. Oktober 2021 detailliert die Einzelheiten des online über die Plattform „Zoom“ durchgeführten Auswahlgesprächs mit der Antragstellerin dar. Beide gaben übereinstimmend – entgegen der Angaben der Antragstellerin – an, dass Herr Prof. Dr. B angesichts anfänglicher Verbindungsprobleme bei der ersten Vorstellung sich und den zweiten Prüfer Herrn F. mit ihren jeweiligen Funktionen an der TUM vor Beginn des Gesprächs erneut vorstellte. Daraufhin beteiligte sich Herr F. nach Angaben beider Prüfer aktiv am Gespräch und stellte Fragen zu den Themen „Istanbul“ und zum Berufswunsch der Antragstellerin. Laut eigenen Angaben und in Übereinstimmung mit dem Gesprächsprotokoll befragte er die Antragstellerin auch zur Thematik der Einfamilienhäuser. Unabhängig davon zeigt auch der vorgelegte Screenshot aus dem Auswahlgespräch, dass beide Prüfer per Videoübertragung erkennbar an dem Gespräch teilnahmen und ihre Namen am oberensowie am rechten Bildschirmrand sichtbar waren. Vor diesem Hintergrund ist für das Gericht die eidesstattliche Versicherung der Antragstellerin nicht nachvollziehbar.
2.3.2. Ein Überschreiten des den Prüfern zukommenden Bewertungsspielraums ist weder ersichtlich noch hat die Antragstellerin dies glaubhaft gemacht. Herr F. legte dar, dass ein räumlich-technisches Vorstellungsvermögen bei der Antragstellerin vorhanden sei, die Zeichnung sei aber eindimensional und ohne große Aussage. Die nicht sehr reflektierte Bewerberin habe insgesamt im Gespräch nicht überzeugen können, da keine Vorbereitung stattgefunden habe. Prof. Dr. B. sah ein räumlich-technisches Grundverständnis ebenfalls als vorhanden an. Kritische Anwendungen bzw. Ansätze einer eigenständigen Weiterentwicklung seien aber nicht erkennbar. Die zeichnerischen Fähigkeiten seien gut, aber nicht sehr divers. Es sei keine wirkliche Kenntnis über den Studiengang „Architektur“ an der TUM vorhanden. Architektur selbst werde nicht im Kontext ihrer ökologischen und sozialen Bedeutung reflektiert. Die Bewertungen der Prüfer sind schlüssig, nachvollziehbar und lassen keine sachfremden Erwägungen erkennen. Insoweit als der Prozessbevollmächtigte die Bewertungsbegründung aufgrund der unterbliebenen Teilnahme eines Prüfers als weder schlüssig noch nachvollziehbar rügt, geht der Vortrag fehl, da die Abwesenheit des Prüfers Herr F. bereits nicht glaubhaft dargelegt wurde. Im Übrigen reicht das unsubstantiierte Bestreiten der Bewertungen durch die Prüfer im Verfahren des Eilrechtschutz nicht aus, um daraus einen Anspruch glaubhaft zu machen.
Die Antragstellerin hat somit weder einen Anordnungsanspruch auf Zulassung zum Bachelorstudiengang „Architektur“ noch auf erneute Zulassung zur ersten bzw. zweiten Stufe der Eignungsfeststellungsprüfung glaubhaft gemacht, weshalb der Antrag abzulehnen ist.
II. Die Kostenfolge ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.
III. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 53 Abs. 1 Nr. 1, 52 Abs. 1 GKG in Verbindung mit dem Streitwertkatalog.


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