Verwaltungsrecht

Iranischer Staatsangehöriger, Einreise mit Schengen-Visum, Versagung Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug zu einem deutschen Sohn, Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO nicht statthaft, Keine Fiktionswirkung, Keine Umdeutung in Antrag nach § 123 VwGO

Aktenzeichen  M 10 S 21.6366

Datum:
18.1.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 1214
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80 Abs. 5
AufenthG § 81 Abs. 3, Abs. 4
AufenthG § 6 Abs. 1 Nr. 1
VwGO § 123

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 2.500 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller wendet sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen die Versagung einer Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug.
Der Antragsteller ist iranischer Staatsangehöriger. Er ist seit August 2014 (erneut) mit einer iranischen Frau verheiratet, die in … wohnhaft ist und über eine Niederlassungserlaubnis verfügt. Er hat mit seiner Ehefrau zusammen einen Sohn, …, der am … August 2006 geboren ist und die deutsche Staatsangehörigkeit hat.
Der Antragsteller lebte bis zuletzt im Iran und arbeitete dort als Rechtsanwalt. Ein im Jahr 2014 beantragtes Visum zum Familiennachzug wurde abgelehnt, insbesondere da der Lebensunterhalt der Familie nicht gesichert war und die dauerhafte Verlegung des Lebensmittelpunkts des Antragstellers nach Deutschland nicht nachgewiesen war.
Der Antragsteller reiste (zuletzt) am 21. Juli 2021 zum Zweck des Besuchs seiner Familie mit einem Schengen-Visum in die Bundesrepublik Deutschland ein; über ein nationales Visum zur Familienzusammenführung verfügte er nicht.
Am 11. Oktober 2021 beantragte der Antragsteller über seine Bevollmächtigte die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) zum Familiennachzug zu seinem deutschen Sohn. Bisher sei die familiäre Lebensgemeinschaft durch temporäre Besuche im Bundesgebiet gepflegt worden; ferner habe täglich Kontakt über soziale Netzwerke bestanden. Nunmehr wolle der Antragsteller mit seiner Familie im Bundesgebiet Wohnsitz nehmen und die vollumfängliche Personenfürsorge für sein Kind ausüben. Hintergrund sei unter anderem, dass der Sohn nunmehr in die Pubertät komme und auch die Fürsorge durch seinen Vater benötige. Aufgrund des rasanten Anstiegs der Coronafälle im Iran sei davon auszugehen, dass ein Visum über die deutsche Botschaft in Teheran nicht zeitnah erlangt werden könne. Zuletzt sei über ein Jahr kein Visum ausgestellt worden; der Antragsteller habe deswegen seine Familie ein Jahr lang nicht sehen können. Derartig lange Trennungen seien dem Kindeswohl abträglich.
Im Zuge der Anhörung zur beabsichtigten Antragsablehnung trug die Bevollmächtigte des Antragstellers mit Schriftsatz vom 10. November 2021 vor, dass der Antragsteller einen gesetzlichen Anspruch auf die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG habe. Hierbei sei auch das Kindeswohl zu berücksichtigen. Das Interesse des Kindes sei nicht, dass der Vater wieder ausreise, um jahrelang auf ein Visum zum Zweck des Familiennachzugs zu warten. Im vorliegenden Fall greife § 39 Satz 1 Nr. 3 Aufenthaltsverordnung (AufenthV) ein, der vom Erfordernis eines Visums befreie. Diese Regelung gelte für jeden Inhaber eines Schengen-Visums und der Rechtsanspruch sei erst nach der Einreise entstanden. Denn die familiäre Lebensgemeinschaft sei nach der Einreise begründet worden; auch der Entschluss der Eltern, dass die Personenfürsorge auch durch den Vater ausgeübt werden solle, sei erst zu diesem Zeitpunkt gefasst worden.
Mit Bescheid vom 6. Dezember 2021, zugestellt am gleichen Tag, lehnte die Antragsgegnerin den Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis vom 11. Oktober 2021 ab (Nr. 1) und verpflichtete den Antragsteller, das Bundesgebiet innerhalb von einem Monat nach Zustellung des Bescheids zu verlassen (Nr. 2). Ferner kann nach Nummer 3 des Bescheids ein Einreise- und Aufenthaltsverbot für die Dauer von bis zu einem Jahr für die Bundesrepublik Deutschland sowie die Schengenstaaten angeordnet werden, sollte der Antragsteller die Ausreisefrist schuldhaft und erheblich überschreiten. Im Übrigen wird dem Antragsteller für den Fall der nicht fristgerechten Ausreise die Abschiebung in den Iran angedroht (Nr. 4).
Ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG bestehe nicht, da die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen des § 5 AufenthG nicht vorlägen. Der Antragsteller sei nicht mit dem nach § 6 Abs. 3 Satz 1 AufenthG erforderlichen nationalen Visum zur Familienzusammenführung eingereist, § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG. Der Antragsteller sei auch nicht von der Nachholung des Visumsverfahrens nach §§ 39 ff. AufenthV befreit. Insbesondere greife weder § 39 Satz 1 Nr. 3 noch Nr. 6 AufenthV ein. Es könne auch nicht gemäß § 5 Abs. 2 Satz 2 Alt. 1 AufenthG von der Durchführung eines Visumsverfahrens abgesehen werden. Der Antragsteller habe keinen Anspruch auf die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, da vom Erfordernis der Einreise mit einem Visum nach § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG nur nach Ermessen abgesehen werden könne. Selbst wenn ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis bestehe, werde das Ermessen dahingehend ausgeübt, dass von der Nachholung eines Visumsverfahrens nicht abgesehen werden könne. Das vor der Einreise durchzuführende Visumsverfahren sei ein wesentliches Steuerungsinstrument der Zuwanderung. Es liege im öffentlichen Interesse. Die persönlichen Interessen des Antragstellers müssten dahinter zurücktreten. Geltend gemacht sei allein ein gewöhnliches Bedürfnis eines pubertierenden Kindes. Es sei nicht dargelegt worden, dass durch die Nachholung des Visumsverfahrens eine erhebliche Beeinträchtigung für das Kind eintrete. Im Übrigen könne auch nicht von der Einhaltung der Visumsbestimmungen nach § 5 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 AufenthG abgesehen werden. Die Nachholung des Visumsverfahrens sei nicht aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalls unzumutbar. Die vorübergehende Rückkehr zur Durchführung eines Visumsverfahrens sei dem Antragsteller trotz Art. 6 Grundgesetz (GG) möglich. Angesichts der relativ kurzen Aufenthaltszeit des Antragstellers im Bundesgebiet sei der Familie eine vorübergehende räumliche Trennung zumutbar. Es liege im Verantwortungsbereich des Antragstellers, die Ausreisemodalitäten so familienverträglich wie möglich zu gestalten.
Der Antragsteller hat mit Schriftsatz seiner Verfahrensbevollmächtigten vom 9. Dezember 2021, eingegangen bei dem Verwaltungsgericht München am gleichen Tag, Klage auf Aufhebung dieses Bescheids sowie auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug erhoben (Az. M 10 K 21.6365), über die noch nicht entschieden ist. Zugleich wird gemäß § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) beantragt,
die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.
Zur Begründung wird auf den bereits erfolgten Schriftverkehr mit der Antragsgegnerin verwiesen. Aufgrund der gesetzten Ausreisefrist sei Eilbedürftigkeit gegeben.
Mit Schriftsatz vom 17. Dezember 2021 beantragt die Antragsgegnerin,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung wird auf den angefochtenen Bescheid Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakten, auch im Verfahren M 10 K 21.6365, sowie die vorgelegte Behördenakte verwiesen.
II.
Der Antrag hat keinen Erfolg, da er im Hinblick auf Nummern 1 und 3 des Bescheids vom 6. Dezember 2021 bereits unzulässig ist. Im Übrigen ist er zwar zulässig, aber unbegründet.
1. Im Hinblick auf die Ablehnung der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis in Nummer 1 des streitgegenständlichen Bescheids ist der gestellte Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO nicht zulässig, da er nicht statthaft ist.
a) Zwar ist in Fällen der Versagung einer Aufenthaltserlaubnis ein Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO grundsätzlich statthaft (vgl. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 84 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG). Dies setzt allerdings voraus, dass der Antrag auf Erteilung oder Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis zuvor eine gesetzliche Fiktion nach § 81 Abs. 3 oder Abs. 4 AufenthG ausgelöst hat. Nur dann kann eine Rechtsposition – nämlich die Fiktionswirkung – im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes über § 80 Abs. 5 VwGO gesichert werden. Ansonsten wäre allenfalls ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO denkbar (s. BayVGH, B.v. 31.8.2006 – 24 C 06.954 – juris Rn. 11; B.v. 12.10.2006 – 24 CS 06.2576 – juris Rn. 8; B.v. 17.7.2019 – 10 CS 19.1212 – juris Rn. 8).
Aber im konkreten Fall ist der Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO nicht statthaft, da der am 11. Oktober 2021 gestellte Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis keine Fiktionswirkung ausgelöst hat.
aa) Eine Fiktionswirkung ergibt sich nicht aus § 81 Abs. 3 AufenthG.
Gemäß § 81 Abs. 3 Satz 1 AufenthG gilt, wenn ein Ausländer, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, ohne einen Aufenthaltstitel zu besitzen, die Erteilung eines Aufenthaltstitels beantragt, sein Aufenthalt bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als erlaubt. Wird der Antrag verspätet gestellt, gilt nach § 81 Abs. 3 Satz 2 AufenthG ab dem Zeitpunkt der Antragstellung bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde die Abschiebung als ausgesetzt.
Die Voraussetzungen des § 81 Abs. 3 AufenthG liegen hier nicht vor, da der Antragsteller im Zeitpunkt der Antragstellung im Besitz eines gültigen Aufenthaltstitels war. Denn Aufenthaltstitel ist nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AufenthG auch das Schengen-Visum nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG (s. hierzu explizit: BVerwG, U.v. 19.11.2019 – 1 C 22/18 – juris Rn. 17).
bb) Auch aus § 81 Abs. 4 AufenthG lässt sich im konkreten Fall keine Fiktionswirkung ableiten.
Nach § 81 Abs. 4 Satz 1 AufenthG gilt der bisherige Aufenthaltstitel vom Zeitpunkt seines Ablaufs bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als fortbestehend, wenn der Ausländer vor Ablauf seines Aufenthaltstitels dessen Verlängerung oder die Erteilung eines anderen Aufenthaltstitels beantragt hat. Gemäß § 81 Abs. 4 Satz 2 AufenthG gilt dies nicht für ein Visum nach § 6 Abs. 1 AufenthG. Wurde der Antrag auf Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels verspätet gestellt, kann die Ausländerbehörde nach § 81 Abs. 4 Satz 3 AufenthG zur Vermeidung einer unbilligen Härte die Fortgeltungswirkung anordnen.
Nach der eindeutigen Regelung in § 81 Abs. 4 Satz 2 AufenthG tritt eine Fiktionswirkung nach § 81 Abs. 4 AufenthG im Fall eines Visums gemäß § 6 Abs. 1 AufenthG, also insbesondere eines hier vorliegenden Schengen-Visums nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG, nicht ein (s. hierzu auch: BVerwG, U.v. 19.11.2019, a.a.O.; Zimmerer in Decker/Bader/Kothe, BeckOK Migrations- und Integrationsrecht, 9. Ed. 15.10.2021, § 81 AufenthG Rn. 27).
b) Eine Umdeutung des ausdrücklich gestellten Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO in einen Antrag gemäß § 123 VwGO kommt im konkreten Fall nicht in Betracht, da der Antragsteller von einer rechtskundigen Bevollmächtigten vertreten ist (so: BayVGH, B.v. 12.10.2006, a.a.O., Rn. 9; VG München, B.v. 10.11.2021 – M 10 S 21.5765 – juris Rn. 32; Puttler in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 80 Rn. 122; in diese Richtung auch: BayVGH, B.v. 31.8.2006, a.a.O.; BayVGH, B.v. 17.7.2019, a.a.O., Rn. 9; Rennert in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 88 Rn. 9).
aa) Im Übrigen wäre eine Umdeutung in einen Antrag nach § 123 VwGO, gerichtet auf (vorläufige) Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, nicht zielführend. Ein solcher Antrag wäre bereits unzulässig, da im Fall der Versagung einer Aufenthaltserlaubnis ein Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO i.V.m. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 84 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG systematisch vorrangig ist, vgl. § 123 Abs. 5 VwGO. Bei Unzulässigkeit des Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO ist ein Rückgriff auf einen Antrag nach § 123 VwGO damit verwehrt (vgl.: BayVGH, B.v. 31.8.2006, a.a.O.; BayVGH, B.v. 17.7.2019, a.a.O., Rn. 9, die bei der Frage der Umdeutung in einen Antrag nach § 123 VwGO lediglich die Erteilung einer Duldung in den Blick nehmen).
bb) Daneben kommt eine Umdeutung in einen Antrag nach § 123 VwGO, gerichtet auf die Erteilung einer Duldung, nicht in Betracht, weil ein solcher bereits unzulässig wäre. Nach Aktenlage hat der Antragsteller bisher keinen Antrag auf Aussetzung der Abschiebung nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG bei der Antragsgegnerin gestellt (zu dieser Argumentation s.: BayVGH, B.v. 17.7.2019, a.a.O., Rn. 9). Jedenfalls ist – unabhängig von der Frage des Anordnungsgrundes – ein Anordnungsanspruch weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht. Insbesondere ergibt sich nach summarischer Prüfung wegen des minderjährigen Sohnes aus Art. 6 Abs. 1 GG kein Anspruch auf die Erteilung einer Duldung nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG. Der Antragsteller lebte bis Juli 2021 immer im Iran und hielt sich lediglich zu Besuchszwecken bei seinem inzwischen 15-jährigen Sohn auf. Es ist weder substantiiert vorgetragen noch ersichtlich, dass vor dem Hintergrund des bisherigen 15-jährigen Getrenntlebens eine (vorübergehende) Ausreise des Antragstellers in den Iran zur Durchführung eines nach summarischer Prüfung erforderlichen Visumsverfahrens für den Sohn des Antragstellers unzumutbar wäre. Der bloße Umstand, dass sich der Sohn des Antragstellers in der Pubertät befindet, reicht hierfür nicht aus. Insoweit sei im Übrigen auf die ausführlichen und zutreffenden Ausführungen im streitgegenständlichen Bescheid zur Frage der Zumutbarkeit der Rückkehr in den Iran zur Durchführung eines Visumsverfahrens verwiesen (S. 5 ff.).
2. Soweit sich der gestellte Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO gegen Nummer 3 des angefochtenen Bescheids richtet, ist der Antrag unzulässig. Bei Nummer 3 des angegriffenen Bescheids handelt sich nach seinem Wortlaut sowie der diesbezüglichen Begründung auf Seite 9 des Bescheids („Hinweis auf § 11 Abs. 6 AufenthG“) nicht um eine Anordnung, sondern lediglich um einen Hinweis auf die Rechtslage, nach der gemäß § 11 Abs. 6 AufenthG die Möglichkeit einer späteren Anordnung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots besteht. Da insoweit im Bescheid vom 6. Dezember 2021 aber noch keine verbindliche Regelung getroffen werden sollte, handelt es sich bei Nummer 3 des Bescheids nicht um einen Verwaltungsakt im Sinne des Art. 35 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz, der im Wege des Eilrechtsschutzes über § 80 Abs. 5 VwGO angreifbar wäre.
3. Hinsichtlich der Ausreiseaufforderung mit Ausreisefrist und der Abschiebungsandrohung (Nrn. 2 und 4 des streitgegenständlichen Bescheids) ist der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO zwar zulässig, aber unbegründet.
a) Der Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO ist insoweit zulässig. Er ist insbesondere statthaft, da es sich um Maßnahmen der Verwaltungsvollstreckung handelt. Eine dagegen gerichtete Klage hat nach Art. 21a Satz 1 Bayerisches Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz i.V.m. § 80 Abs. 2 Satz 2 VwGO keine aufschiebende Wirkung.
b) Der Antrag ist insoweit jedoch unbegründet, da nach summarischer Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung das Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfes überwiegt.
Im Verfahren gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO trifft das Gericht eine eigenständige Ermessensentscheidung über die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage. Hierbei hat es abzuwägen zwischen dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfes. Dabei sind insbesondere die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen. Ergibt die im Eilverfahren gebotene, aber auch ausreichende summarische Prüfung, dass die Klage voraussichtlich erfolglos sein wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück.
So liegt der Fall hier; nach summarischer Prüfung der Erfolgsaussichten der Hauptsache wird die Klage gegen Nummern 2 und 4 des angefochtenen Bescheids in der Sache voraussichtlich erfolglos bleiben. Der angegriffene Bescheid ist insoweit rechtmäßig und verletzt den Antragsteller daher nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
aa) Die Verpflichtung zur Ausreise in Nummer 2 des streitgegenständlichen Bescheids beruht auf § 50 Abs. 1, Abs. 2 AufenthG. Die gesetzte Ausreisefrist von einem Monat nach Zustellung des Bescheids begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Es wirkt sich zugunsten des Antragstellers aus, dass die Ausreisefrist, die grundsätzlich nach § 59 Abs. 1 Satz 1 AufenthG zwischen 7 und 30 Tagen betragen darf, im Bescheid vom 6. Dezember 2021 gemäß § 59 Abs. 1 Satz 4 AufenthG auf einen Monat verlängert worden ist. Bei der Bestimmung der Länge der Frist hat die Antragsgegnerin auf der einen Seite das öffentliche Interesse an der unverzüglichen Ausreise des Antragstellers und auf der anderen Seite die persönlichen Umstände des Antragstellers (insbesondere bisherige Aufenthaltsdauer) berücksichtigt. Auch unter Berücksichtigung der bestehenden familiären Bindungen ist die Fristdauer nicht unangemessen kurz; sie erlaubt es dem Antragsteller, sich auf seine Ausreise vorzubereiten und von seiner Familie zu verabschieden.
bb) Die Abschiebungsandrohung in den Iran in Nummer 4 des Bescheids ist rechtlich nicht zu beanstanden; sie findet ihre Rechtsgrundlage in § 59 Abs. 1 Satz 1 AufenthG.
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 2 GKG in Verbindung mit Nummern 1.5 und 8.1 Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit von 2013.


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