Verwaltungsrecht

Kein Anspruch auf Einführung eines neuen Unterrichtsfachs

Aktenzeichen  AN 2 K 17.01963

Datum:
4.7.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 18512
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GG Art. 3 Abs. 1, Art. 4, Art. 7 Abs. 3, Art. 140
WRV Art. 137
BV Art. 136
BayEUG Art. 46

 

Leitsatz

1. Fachschulen und Fachakademien sind keine “öffentlichen Schulen” iSd Art. 7 Abs. 3 S. 1 GG, weil sie zum postsekundären Bereich gehören. (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)
2. Eine Weltanschauungsgemeinschaft kann keine Gleichstellung mit einer Religionsgemeinschaft beanspruchen, soweit es um den in Art. 7 Abs. 3 GG enthaltenen Anspruch auf Einführung eines ordentlichen Lehrfachs geht. (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1.    Die Klage wird abgewiesen. 
2.    Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. 

Gründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet. Es besteht kein Anspruch der Klägerin, das Fach „Humanistische Lebenskunde/Humanistische Erziehung“ als ordentliches Lehrfach in die Richtlinien und den Lehrplan für die Fachakademien für Sozialpädagogik im Freistaat Bayern mit einer Gesamtjahresstundenzahl von 120 aufzunehmen.
I.
Der von der Klägerin behauptete Anspruch stützt sich im Grunde auf die Norm des Art. 7 Abs. 3 Grundgesetz (GG) bzw. die im Wesentlichen inhaltsgleichen Art. 136 Verfassung des Freistaates Bayern (BV) sowie Art. 46 Bayerisches Gesetz über das Erziehungs- und Unterrichtswesen (BayEUG). Art. 7 Abs. 3 Satz 1 GG regelt, dass der Religionsunterricht in den öffentlichen Schulen mit Ausnahme der bekenntnisfreien Schulen ordentliches Lehrfach ist. Gemäß Satz 2 wird er unbeschadet des staatlichen Aufsichtsrechtes in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Religionsgemeinschaften erteilt.
Ein Anspruch aus Art. 7 Abs. 3 Satz 1 GG scheitert jedoch bereits daran, dass die Fachakademien für Sozialpädagogik nicht unter den Anwendungsbereich der Norm fallen. Aus diesem Grund existiert an den Fachakademien für Sozialpädagogik auch kein Religionsunterricht als ordentliches Lehrfach. Das an den Fachakademien für Sozialpädagogik unterrichtete Fach „Theologie / Religionspädagogik“ ist nicht als „Religionsunterricht“ im Sinne des Art. 7 Abs. 3 GG zu qualifizieren.
1. Die öffentliche Schule im Sinne des Art. 7 Abs. 3 GG ist durch das organisatorische Kriterium gekennzeichnet, dass der Staat, eine Kommune oder eine sonstige öffentlich-rechtliche Verwaltungseinheit durch schulisch geplanten und geordneten Unterricht von Kindern und Jugendlichen den öffentlichen Erziehungs-, Bildungs- und Ausbildungsauftrag erfüllt. Damit sind die Primarstufe und Sekundarstufen I und II, also Volksschulen (Grund- und Mittelschulen), die mittleren und höheren Lehranstalten (Realschulen, Gymnasien) des gegenwärtigen dreigliedrigen Schulsystems, die Gesamtschulen sowie die Berufsschulen erfasst (Maunz/Dürig, GG, 86. EL, Januar 2019, Art. 7 Rn. 73). Die Fachakademien in Bayern sind jedoch dem postsekundären Bereich – wie Hochschulen – zuzurechnen. Wie sich aus Art. 18 Abs. 1 BayEUG ergibt, handelt es sich bei der Fachakademie um ein schulisches Weiterbildungsangebot, denn diese Schulart bereitet durch eine vertiefte berufliche und allgemeine Bildung auf den „Eintritt in eine angehobene Berufslaufbahn“ vor. Die Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. September 2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen unterscheidet in ihrem Art. 11 zwischen einer Sekundarausbildung und einer postsekundären Ausbildung. Fachschulen und Fachakademien gehören zum postsekundären Bereich, da sie immer den Abschluss einer Sekundarschulbildung voraussetzen (PdK Bayern, BayEUG, Stand Juni 2015, G-1, Zweiter Teil Abschnitt 2 b, Art. 18 Rn. 1 ff.). Dementsprechend regelt Art. 46 BayEUG, dass der Religionsunterricht an den Grundschulen, Mittelschulen, Realschulen, Gymnasien, Förderschulen, Berufsschulen, Wirtschaftsschulen, Fachoberschulen, Berufsoberschulen, an sonstigen Schulen nach Maßgabe der Schulordnung, ordentliches Lehrfach (Pflichtfach) ist. Die Fachakademien als postsekundäre Ausbildung bleiben folglich unerwähnt.
2. Auch dem Inhalt des Lehrplans nach zu urteilen, handelt es sich beim Fach „Theologie / Religionspädagogik“ nicht um Religionsunterricht im Sinne des Art. 7 Abs. 3 Satz 1 GG.
Während es Ziel des Religionsunterrichts ist, in die Glaubensinhalte, Geschichte und Wertesysteme einer oder auch verschiedener Religionen einzuführen, zielt das Fach „Theologie / Religionspädagogik“ darauf ab, die Studierenden in die Lage zu versetzen, im Rahmen ihrer künftigen beruflichen Tätigkeit fachlich in der Lage zu sein, entsprechende Inhalte zu vermitteln. Die Studierenden sollen später pädagogische Aufgaben in ihrem Beruf verantwortungsvoll wahrnehmen. Dies lässt auch der Lehrplan erkennen, der eindeutig auf pädagogische Inhalte abzielt. So enthält er beispielsweise Inhalte wie den „religionspädagogischen Bildungsauftrag“, „konfessionelle bzw. weltanschauliche Ausrichtung sozialpädagogischer Einrichtungen“, „Möglichkeiten der Integration und Inklusion“, „positive und negative Religionsfreiheit – das Recht des Kindes auf Religion“, „Gestaltung von Lernumgebungen und Wahrnehmung von Bildungsanlässen für unterschiedliche Adressaten“ und „Begleitung in Übergangssituationen und Grenzerfahrungen“.
II.
Darüber hinaus lässt sich auch grundsätzlich kein Anspruch der Klägerin auf Einführung des Lehrfachs „Humanistische Lebenskunde/Humanistische Erziehung“ als ordentliches Lehrfach aus Art. 7 Abs. 3 Satz 1 GG oder aus anderen Normen ableiten.
1. Art. 7 Abs. 3 GG nennt lediglich die Religionsgemeinschaften, nicht jedoch die Weltanschauungsgemeinschaften. Weltanschauungsgemeinschaften werden zwar in Art. 4 Abs. 1 GG und Art. 137 Abs. 7 Weimarer Reichsverfassung (WRV) ausdrücklich erwähnt. Auch in Art. 7 Abs. 5 GG werden die Weltanschauungen genannt. Im Rahmen des Art. 7 Abs. 3 GG hingegen wurden nur Regelungen betreffend die Religionsgemeinschaften getroffen. Dies zeigt deutlich, dass die Beschränkung des Art. 7 Abs. 3 GG auf Religionsunterricht bewusst so erfolgt ist und es sich auch nicht um eine redaktionelle Unschärfe des Verfassungsgebers handelt.
Art. 7 Abs. 3 GG schließt die Lücke zwischen dem auf Art. 7 Abs. 1 GG gestützten umfassenden Erziehungsanspruch des Staates und seiner Verpflichtung zu religiöser und weltanschaulicher Neutralität. Die ihm auferlegte religiöse und weltanschauliche Neutralität verwehrt es dem Staat, religiös und weltanschaulich bestimmte Unterrichtsinhalte zu entwickeln und sich zu eigen zu machen. Art. 7 Abs. 3 GG bringt diese eigentlich gegensätzlichen Rechtspositionen in Einklang. Der Religionsunterricht ist als ordentliches Lehrfach in den Erziehungsauftrag des Staates integriert. Art. 7 Abs. 3 GG wahrt das Prinzip der Nichtidentifikation des Staates, indem er seine inhaltliche Bestimmung von den Religionsgemeinschaften erhält. Die Freiwilligkeit der Teilnahme und Erteilung stellt ihn unter den Vorbehalt der individuellen Religions- und Weltanschauungsfreiheit. Mit dieser Konstruktion ist Art. 7 Abs. 3 GG keine Ausnahme von der religiösen und weltanschaulichen Neutralität des Staates, sondern ein Mittel zu ihrer Verwirklichung in der öffentlichen Schule. Der Religionsunterricht nach Art. 7 Abs. 3 GG ist demgemäß ein Mittel zur Entfaltung positiver Religionsfreiheit nach Art. 4 Abs. 1 und Abs. 2 GG und zugleich zur Erfüllung des staatlichen Bildungs- und Erziehungsauftrags (BeckOK, GG, Epping/Hillgruber, 41. Edition, Stand: 15.05.2019, Art. 7 Rn. 43 f). Als „ordentliches Lehrfach“ wird der Religionsunterricht dem Staat als seinem Veranstalter zugerechnet. Der Staat trägt deshalb auch die Kosten. Der Staat setzt für den Unterricht entweder staatliche Lehrkräfte oder religionsgemeinschaftliche, mittels Gestellungsverträgen für den Unterricht in den staatlichen Schulen herangezogene Lehrkräfte ein. Die Unterrichtsrichtlinien, Lehrpläne, Prüfungsordnungen, Entscheidungen über die Zulassung von Lehrmitteln etc. werden vom Staat erlassen (BeckOK GG, Epping/Hillgruber, 41. Edition, Stand: 15.5.2019, Art. 7 Rn. 48). Um Ziele und Inhalte des Unterrichts nach ihren Grundsätzen auszurichten, haben die Religionsgemeinschaften maßgeblich an den Lehrplänen für den Religionsunterricht ihrer Konfession mitzugestalten und an der Auswahl der Lehrmittel mitzuwirken (BeckOK GG, Epping/Hillgruber, 41. Edition, Stand: 15.5.2019, Art. 7 Rn. 58).
Die Klägerin vertritt den Standpunkt, als Weltanschauungsgemeinschaft den Religionsgemeinschaften umfassend – und somit auch im Rahmen des Art. 7 Abs. 3 GG – gleichgestellt zu sein. Sie leitet dieses Verständnis aus Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 WRV ab. Art. 137 WRV hat über Art. 140 GG weiterhin Geltung und regelt die Rechtsstellung der Religionsgesellschaften. So wird in Absatz 5 bestimmt, dass Religionsgesellschaften Körperschaften des öffentlichen Rechts bleiben, soweit sie solche bisher waren. Anderen Religionsgesellschaften sind auf ihren Antrag gleiche Rechte zu gewähren, wenn sie durch ihre Verfassung und die Zahl ihrer Mitglieder die Gewähr der Dauer bieten. Schließen sich mehrere derartige öffentlich-rechtliche Religionsgesellschaften zu einem Verband zusammen, so ist auch dieser Verband eine öffentlich-rechtliche Körperschaft. Absatz 6 sieht vor, dass die Religionsgesellschaften, welche Körperschaften des öffentlichen Rechtes sind, berechtigt sind, auf Grund der bürgerlichen Steuerlisten nach Maßgabe der landesrechtlichen Bestimmungen Steuern zu erheben. Absatz 7 regelt schließlich, dass den Religionsgesellschaften die Vereinigungen gleichgestellt werden, die sich die gemeinschaftliche Pflege einer Weltanschauung zur Aufgabe machen.
Nach Ansicht des Gerichts ist Art. 137 Abs. 7 WRV jedoch nicht derart umfassend zu verstehen, dass sich die Gleichstellung auf jegliche Normen (auch die des Grundgesetzes) bezieht, die Religionsgesellschaften zum Regelungsgegenstand haben. Dies wird zwar teilweise so vertreten (siehe VerfGBbg, U.v. 15.12.2005 – VfGBbg 287/03 – NVwZ 2006, 1052, 1054; vgl. Maunz/Dü-rig, GG, Werkstand: 86. EL, Januar 2019, Art. 137 WRV Rn. 103); überzeugender scheint jedoch, dass sich die Gleichstellung in Absatz 7 nur auf Art. 137 Abs. 1 bis 6 WRV und somit nur auf die Rechtsstellung der Gemeinschaften bezieht (vgl. von Münch/Kunig, GG, 6. Aufl. 2012, Art. 140 Rn. 67) oder dass sich die Gleichstellung auf die Gesamtheit der Normen der Weimarer Reichsverfassung bezieht (vgl. Hömig/Wolff, GG, 12. Aufl. 2018, Art. 140 Rn. 20). Gegen eine umfassende Gleichstellung spricht auch die ausdrückliche Erwähnung von Weltanschauungsgemeinschaften in Art. 4 Abs. 1 GG sowie Art. 33 Abs. 3 Satz 2 GG, die sonst überflüssig wäre.
Eine Gleichstellung der Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften – die sich auch auf Art. 7 Abs. 3 GG beziehen würde – kann nach Ansicht der Kammer nicht aus Art. 137 Abs. 7 WRV abgeleitet werden.
Der Wortlaut des Art. 7 Abs. 3 Satz 1 GG lässt es nicht zu, Weltanschauungsgemeinschaften im Wege der Auslegung in den Anwendungsbereich miteinzubeziehen. Dem Ansatz des Klägervertreters, dass die verschiedenen Religionen auch nur Weltanschauungen seien und Art. 7 Abs. 3 GG deshalb auch auf die Weltanschauungsgemeinschaft der Klägerin anwendbar sein müsse, kann nicht gefolgt werden. Zunächst ist unter Religion und Weltanschauung eine mit der Person des Menschen verbundene Gewissheit über bestimmte Aussagen zum Weltganzen sowie zur Herkunft und zum Ziel des menschlichen Lebens zu verstehen. Die Religion legt jedoch eine den Menschen überschreitende und umgreifende („transzendente“) Wirklichkeit zugrunde. Die Weltanschauung begrenzt sich im Gegensatz zur Religion auf innerweltliche („immanente“) Bezüge (BVerwG, U.v. 27.3.1992 – 7 C 21/90 – NJW 1992, 2496). Gemeint sind damit gedankliche Systeme, die das Weltgeschehen in großen Zusammenhängen werten, ohne dabei auf Gott, das Jenseits, überhaupt auf Transzendenz zu verweisen (BeckOK BGB, Bamberger/Roth/Hau/ Poseck, 50. Edition, Stand: 1.5.2019, § 1 AGG Rn. 38). Somit kann nicht argumentiert werden, dass die Religionen nur Ausprägungen von Weltanschauungen seien, da den Weltanschauungen gerade das transzendentale Element fehlt, welches den Religionen ureigen ist. Eine Weltanschauung kann deshalb nicht vom Begriff der Religion mitumfasst sein. Ein Anspruch aus Art. 7 Abs. 3 Satz 1 GG kann sich auch auf diese Weise nicht herleiten lassen.
Auch das von der Klägerin zitierte Urteil des Verfassungsgerichts des Landes Brandenburg (VerfGBbg, U.v. 15.12.2005 – VfGBbg 287/03 – NVwZ 2006, 1052, 1054) – welches in seinem dritten Leitsatz besagt, dass Art. 7 Abs. 3 Satz 1 GG den Staat, wenn er Religionsunterricht einfachgesetzlich zulässt, nicht dazu berechtigt, Weltanschauungsgemeinschaften die Erteilung von Weltanschauungsunterricht aufgrund ihrer Eigenschaft als Weltanschauungsgemeinschaft zu versagen – trifft bezüglich Art. 7 Abs. 3 Satz 1 GG keine auf dieses Verfahren übertragbaren Feststellungen. Das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg stellt vielmehr ausdrücklich klar, dass es nicht den Fall der Einrichtung eines ordentlichen Lehrfaches zu beurteilen hatte. Im oben genannten Urteil wird unter B. II. 2. b) hierzu ausgeführt:
„Demgegenüber ist Art. 7 Abs. 3 Satz 1 GG eine Sonderregel und nicht Ausdruck der grundlegenden Wertentscheidung des Grundgesetzes. Art. 7 Abs. 3 Satz 1 GG setzt sich nur für die durch diese Norm abschließend geregelte Materie gegenüber der Grundsatzentscheidung des Art. 4 Abs. 1 und 2 GG durch. Hier geht es jedoch nicht um die Einrichtung von Weltanschauungsunterricht als ordentliches Lehrfach.“
Da im dortigen Fall Weltanschauungsunterricht nicht als ordentliches Lehrfach eingeführt werden sollte und Religionsunterricht einfachgesetzlich geregelt wurde, kann aus den vom Verfassungsgericht des Landes Brandenburg getroffenen Schlussfolgerungen keine Lösung des hier streitgegenständlichen Falles abgeleitet werden. Vielmehr handelt es sich hier um die Einführung von Weltanschauungsunterricht als ordentliches Lehrfach. Auch wurde im Freistaat Bayern der Religionsunterricht nicht bloß einfachgesetzlich, sondern nach Art. 136 Abs. 2 Satz 1 BV auch landesverfassungsrechtlich geregelt.
2. Art. 4 GG garantiert in Absatz 1 die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses, in Absatz 2 das Recht der ungestörten Religionsausübung. Beide Absätze des Art. 4 GG enthalten ein umfassend zu verstehendes einheitliches Grundrecht. Es erstreckt sich nicht nur auf die innere Freiheit, zu glauben oder nicht zu glauben, sondern auch auf die äußere Freiheit, den Glauben zu bekunden und zu verbreiten. Dazu gehört auch das Recht des Einzelnen, sein gesamtes Verhalten an den Lehren seines Glaubens auszurichten und seiner inneren Glaubensüberzeugung gemäß zu handeln (BVerfG, U.v. 24.9. 2003 – 2 BvR 1436/02 – NJW 2003, 3111). Im vorliegenden Fall jedoch sind weder die innere Überzeugung (forum internum) noch deren Äußerung (forum externum) streitgegenständlich, da die Klägerin bzw. deren Mitglieder nicht daran gehindert werden, eine innere Überzeugung zu haben oder diese zu äußern.
Unter den Schutzbereich fallen auch die Vornahme aller denkbaren kultischen Handlungen sowie die Beachtung und Ausübung religiöser Gebräuche. Hierher gehören u.a. Gottesdienst, Gebete, Opfer, Sakramente und sakramentsähnliche Handlungen, aber auch kirchliche Kollekten, Prozessionen und Umzüge, das Zeigen von Kirchenfahnen, Glockengeläute und nicht zuletzt auch alle mit religiöser Erziehung zusammenhängenden Handlungen, sofern sie nicht unter die Spezialvorschrift des Art. 7Abs. 3 GG fallen (Maunz/Dürig, GG, Werkstand: 86. EL Januar 2019, Art. 4 Rn. 101). Bezüglich des Schulunterrichts ist hier jedoch der speziellere Art. 7 Abs. 3 GG einschlägig.
3. Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG liegt nicht vor, da die Bestimmung, dass nur Religionsunterricht ordentliches Lehrfach an Öffentlichen Schulen ist, auf einer dem Art. 3 Abs. 1 GG ranggleichen Ebene in Art. 7 Abs. 3 Satz 1 GG geregelt ist.
4. Aus den Normen der Verfassung des Freistaates Bayern lässt sich ebenfalls kein Anspruch auf Einführung des Unterrichtsfachs „Humanistische Lebenskunde/Humanistische Erziehung“ als ordentliches Lehrfach ableiten. Im Verhältnis der Bundes- und Landesgrundrechte gilt zunächst der Grundsatz des Art. 31 GG, dass Bundesrecht das Landesrecht bricht. Ebenfalls zu beachten ist Art. 142 GG, der besagt, dass die Bestimmungen der Landesverfassung insoweit in Kraft bleiben, als sie in Übereinstimmung mit den Art. 1 – 18 GG Grundrechte gewährleisten. Es muss immer der Standard der Bundesgrundrechte gewährleistet werden, ein „Mehr“ ist jedoch auch möglich. Gemäß Art. 136 Abs. 2 Satz 1 BV ist Religionsunterricht ordentliches Lehrfach. Gemäß Art. 133 Abs. 1 Satz 3 BV sind auch die weltanschaulichen Gemeinschaften Bildungsträger. Aus Art. 133 BV kann jedoch nach Ansicht der Kammer nicht hergeleitet werden, dass für einen Bildungsträger auch der Anspruch besteht, ein ordentliches Lehrfach an öffentlichen Schulen einrichten zu dürfen. Dies ergibt sich auch aus der Zusammenschau mit Art. 136 BV, der inhaltlich (wenn auch mit leicht abgeändertem Wortlaut) dem Art. 7 Abs. 3 GG entspricht. Dies zeigt, dass bezüglich des Religionsunterrichts auf landesverfassungsrechtlicher Ebene derselbe Standard wie auf bundesverfassungsrechtlicher Ebene gelten soll.
Die Kostenentscheidung der damit abzuweisenden Klage beruht auf §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 1 VwGO.


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