Verwaltungsrecht

Kein Anspruch auf Erhöhung der Curricularanteile entsprechend des tatsächlichen Ausbildungsaufwandes

Aktenzeichen  7 CE 16.10286, 7 CE 16.10287

Datum:
17.11.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 55758
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GG Art. 12 Abs. 1
HZV § 50
VwGO § 122 Abs. 2 S. 3, § 146 Abs. 4 S. 6

 

Leitsatz

Das u.a. aus Art. 12 Abs. 1 GG abgeleitete Kapazitätserschöpfungsgebot vermittelt Studienbewerbern keinen Anspruch darauf, dass (ausschließlich) durch eine anteilige Kürzung die (notwendige) Einhaltung des Curricularnormwerts gewährleistet wird, sofern dies der Universität auch auf andere Weise gelingt. (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

RO 1 E Z 16.10050 2016-07-01 VGREGENSBURG VG Regensburg

Tenor

I.
Die Beschwerden werden zurückgewiesen.
II.
Die Antragstellerinnen tragen jeweils die Kosten ihres Beschwerdeverfahrens.
III.
Der Streitwert für die Beschwerdeverfahren wird auf jeweils 2.500,– Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerinnen begehren im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die vorläufige Zulassung zum Studium der Zahnmedizin im 1. bzw. 2. Fachsemester an der Universität Regensburg (UR) gemäß der Sach- und Rechtslage des Sommersemesters 2016. Das Bayerische Verwaltungsgericht Regensburg hat ihre Anträge mit Beschluss vom 1. Juli 2016 abgelehnt, weil die Antragstellerinnen keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht hätten.
Mit der vorliegenden Beschwerde verfolgen die Antragstellerinnen ihr Rechtsschutzziel weiter. Sie halten die Kapazität der UR in der Lehreinheit Zahnmedizin für nicht ausgeschöpft. Weder die angegebene Belegung, noch die angesetzte (verringerte) Zahl von 5,5 SWS für Lehraufträge/Titellehre seien ausreichend glaubhaft gemacht. Im Übrigen habe das Verwaltungsgericht die von der UR vorgenommene Curricularwertberechnung ohne eigene Begründung lediglich unter Verweis auf die Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs gebilligt und sich damit seiner Aufgabe auf die „bequemst-mögliche Weise“ entledigt. Dies sei vor allem deshalb zu beanstanden, weil die Antragstellerinnen bereits in erster Instanz darauf hingewiesen hätten, dass diese obergerichtliche Rechtsprechung verfassungs-, rechts- und kapazitätswidrig sei.
Der Antragsgegner widersetzt sich den Beschwerden und verteidigt den erstinstanzlichen Beschluss.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten Bezug genommen.
II.
Die Beschwerden haben keinen Erfolg. Das Beschwerdevorbringen, auf das sich die Prüfung des Senats beschränkt (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), begründet den geltend gemachten Anordnungsanspruch der Antragstellerinnen nicht. Das Verwaltungsgericht geht zu Recht davon aus, dass die Universität ihre Ausbildungskapazität im Studiengang Zahnmedizin ausgeschöpft hat und die Kapazitätsberechnung nicht zu beanstanden ist. Der Senat folgt den Gründen des streitgegenständlichen Beschlusses des Verwaltungsgerichts und nimmt darauf Bezug (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Ergänzend bleibt anzumerken:
1. Die UR hat glaubhaft erläutert und im Einzelnen aufgeschlüsselt, dass in der Lehreinheit Zahnmedizin insgesamt 386 Studierende abzüglich zweier mehrfach Beurlaubter, mithin 384 Studentinnen und Studenten kapazitätsrelevant eingeschrieben sind und die festgesetzte Gesamtzulassungszahl von 383 damit überschritten ist. Einer Überprüfung dieser Angaben anhand einer detaillierten „anonymisierten Studierendenliste“, wie sie die Antragstellerinnen fordern, bedarf es angesichts dessen, wie der Senat bereits wiederholt festgestellt hat (z. B. B. v. 12.4.2016 – 7 CE 16.10023 m. w. N.), nicht.
2. Eventuell bestehende Unklarheiten im Hinblick auf die angesetzten Lehraufträge/Titellehre sind nach der beantragten Vorlage des Schreibens des Antragsgegners vom 3. August 2015 und dessen Angaben, die Anzahl der SWS sei insoweit von 6 auf 5,5 gesunken, weil der Lehrauftrag „Berufskunde für Zahnmedizin“ im Umfang von 1 SWS nur noch im Wintersemester angeboten werde, aus Sicht des Senats ebenfalls ausgeräumt.
3. Schließlich ist die Curricularwertberechnung – entgegen der Auffassung der Antragstellerinnen – nicht zu beanstanden. Der Umstand, dass die UR bei der Ermittlung der Lehrnachfrage bzw. der Berechnung der Curricularanteile mehrere, nach der Studienordnung vorgesehene Lehrveranstaltungen nicht oder nicht vollständig berücksichtigt hat, dient allein der Einhaltung des vorgeschriebenen Curricularnormwerts, wirkt sich letztlich kapazitätserhöhend und damit zugunsten der Studienbewerber und -bewerberinnen aus und führt nicht dazu, dass die Berechnung insgesamt fehlerhaft wäre. Im Übrigen gibt es keinen Anspruch der Antragstellerinnen auf Anwendung einer anderen, von ihnen gewünschten Berechnungsmethode. Das hier allein maßgebliche, u. a. aus Art. 12 Abs. 1 GG abgeleitete Kapazitätserschöpfungsgebot vermittelt Studienbewerbern bzw. -bewerberinnen keinen Anspruch darauf, dass (ausschließlich) durch eine anteilige Kürzung die (notwendige) Einhaltung des Curricularnormwerts gewährleistet wird, sofern dies der Universität – wie hier – auch auf andere Weise gelingt (so auch OVG NRW, B. v. 3.9.2013 – 13 C 52/13 – juris). Zutreffend weist das Verwaltungsgericht in diesem Zusammenhang darauf hin, dass sich der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit dieser Frage bereits beschäftigt hat (zuletzt B. v. 11.5.2016 – 7 CE 16.10025) und verweist auf diese Rechtsprechung. Dagegen ist aus rechtlicher Sicht nichts einzuwenden. Der Vortrag der Antragstellerinnen, das Rechenmodell der UR sei abzulehnen, wiederholt im Kern lediglich das Vorbringen in diesem Verfahren und gibt keinen Anlass, von dieser Rechtsprechung abzuweichen.
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 2 GKG i. V. m. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der 2013 aktualisierten Fassung (abgedruckt bei Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014).
5. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben