Aktenzeichen 6 ZB 21.295
VwGO § 58, § 60
Leitsatz
1. Es besteht nur ausnahmsweise dann ein Anspruch auf Rücknahme eines bestandskräftigen Verwaltungsakts, wenn dessen Aufrechterhaltung „schlechthin unerträglich“ ist, was von den Umständen des Einzelfalls und einer Gewichtung der einschlägigen Gesichtspunkte abhängt. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ein Festhalten an dem Verwaltungsakt ist insbesondere dann „schlechthin unerträglich“, wenn die Behörde durch unterschiedliche Ausübung der Rücknahmebefugnis in gleichen oder ähnlich gelagerten Fällen gegen den allgemeinen Gleichheitssatz verstößt oder wenn Umstände gegeben sind, die die Berufung der Behörde auf die Unanfechtbarkeit als einen Verstoß gegen die guten Sitten oder gegen Treu und Glauben erscheinen lassen. (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
W 8 K 18.1284 2020-11-16 Urt VGWUERZBURG VG Würzburg
Tenor
I. Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 16. November 2020 – W 8 K 18.1284 – wird abgelehnt.
II. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 4.740 € festgesetzt.
Gründe
Der Antrag des Klägers, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zuzulassen, bleibt ohne Erfolg.
1. Der Kläger, ein eingetragener Kulturverein, begehrt eine um 4.740 € höhere Förderung für eine Veranstaltungsreihe im Jahr 2016 aus dem Kulturfonds Bayern Kunst.
Vom 19. Juni bis zum 13. November 2016 veranstaltete er die Konzertreihe „Aufbruch und Wandel – Unterfranken 1816 – 2016“ zum 200. Jahrestag des Münchner Vertrages. Im Rahmen dieser Veranstaltungsreihe fanden u.a. folgende Einzelveranstaltungen statt:
Nr. I Eröffnungskonzert Aufbruch und Wandel „200 Jahre Münchner Vertrag“
Nr. II „West-Eastern Sound“
Nr. III 1800-2000, 200 Jahre Blasmusik
Nr. IV Europatag der Musik 2016
Nr. V Romeo und Julia in Franken
Nr. VIII „Von Herzen – Möge es wieder – Zu Herzen gehen!“
Für die gesamte Konzertreihe hatte der Kläger am 30. Oktober 2015 bei der Regierung von Unterfranken einen Zuschuss aus dem Kulturfonds Bayern Kunst beantragt. Mit Bescheid vom 11. Juli 2016 wurde dem Kläger ein Zuschuss in Höhe von 30% der zuwendungsfähigen Ausgaben (vorläufig bis zu 70.100 €) im Wege der Anteilsfinanzierung für die Veranstaltungen Nrn. I bis V und VIII bewilligt. Hierbei wurden zuwendungsfähige Kosten in Höhe von 233.578 € anerkannt. Nach Nr. 1 des Bescheids vom 11. Juli 2016 wurde der Kulturfondszuschuss vorbehaltlich etwaiger Änderungen in der Projekt- und Finanzierungsplanung festgesetzt und in Nr. 6 auf die Allgemeinen Nebenbestimmungen zur Projektförderung (ANBest-P) Bezug genommen. Nach Nr. 5 des Bescheides musste der Kläger bis spätestens 31. August 2017 einen Verwendungsnachweis nach Maßgabe der Nr. 6 ANBest-P vorlegen. In diesem setzte der Kläger Gesamtausgaben in Höhe von 186.757 € an.
Mit „Schreiben“ vom 22. September 2017 (sog. „Schlussbescheid“), das keine Rechtsbehelfsbelehrung:enthielt, erkannte die Regierung von Unterfranken nach Prüfung des Verwendungsnachweises Kosten in Höhe von 178.584,99 € als zuwendungsfähig an. Nicht zuwendungsfähig seien hingegen u.a. Kosten in Höhe von insgesamt 4.740 €. Das betreffe Kosten in Höhe von 800 € (hiervon 30%-Anteil = 240 €) für einen Kompositionsauftrag; außerdem habe es zusätzliche Projekteinnahmen aufgrund einer Kostenbeteiligung des Süddeutschen Kammerchores in Höhe von 15.000 € gegeben, die anteilig in Höhe von 30% (entspricht 4.500 €) als anrechenbare Mehreinnahmen berücksichtigt worden seien. Nach dem Ergebnis der Verwendungsnachweisprüfung ermäßige sich der Kulturfonds-Zuschuss auf 49.075,50 €. Mit Schreiben vom 12. Oktober 2017 bat der Kläger darum, nochmals die Punkte Komponistenvergütung und Anrechnung der Spende des Süddeutschen Kammerchores zu überprüfen.
Mit Bescheid vom 3. September 2018 nahm der Beklagte den Bewilligungsbescheid vom 11. Juli 2016 mit Wirkung für die Vergangenheit insoweit zurück, als eine Überförderung hinsichtlich des Zuschusses in Höhe von 59.966,62 € eingetreten sei, reduzierte den bewilligten Kulturfonds-Zuschuss auf 10.133,38 € und forderte den überzahlten Zuschuss in Höhe von 38.835,30 € zurück. Am 12. Oktober 2018 erhob der Kläger gegen den Bescheid vom 3. September 2018 Klage zum Verwaltungsgericht. Mit Bescheid vom 13. Januar 2020 hat der Beklagte den Bescheid vom 3. September 2018 wieder aufgehoben. In der mündlichen Verhandlung vom 13. Juli 2020 wurde das Verfahren insoweit abgetrennt und nach übereinstimmender Hauptsacheerledigungserklärung auf Kosten des Beklagten eingestellt (W 8 K 20.904).
Im noch verbliebenen Klageverfahren beantragte der Kläger zuletzt, den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger weitere 4.740 € zuzüglich Prozesszinsen seit dem 12. Oktober 2018 zu zahlen, hilfsweise, den Beklagten zu verpflichten, den Bescheid über die Verwendungsnachweisprüfung vom 22. September 2017 insoweit zurückzunehmen, als ein Betrag in Höhe von 4.740 € vom festgesetzten Kulturfonds-Zuschuss abgezogen wurde, den Kulturfonds-Zuschuss auf insgesamt 53.815,50 € festzusetzen und den zusätzlichen Förderbetrag in Höhe von 4.740 € zuzüglich Prozesszinsen an den Kläger auszuzahlen.
Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 16. November 2020 die Klage im Hauptantrag wegen Nichteinhaltung der Klagefrist als unzulässig und im Hilfsantrag als unbegründet abgewiesen.
2. Die vom Kläger gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts geltend gemachten Berufungszulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 bis Nr. 5 VwGO liegen nicht vor (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO) oder wurden nicht den Anforderungen entsprechend dargelegt (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO).
a) An der Richtigkeit des angefochtenen Urteils bestehen keine ernstlichen Zweifel im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.
Solche Zweifel wären begründet, wenn vom Rechtsmittelführer ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt würde (vgl. BVerfG, B.v. 23.6.2000 – 1 BvR 830/00 – NVwZ 2000, 1163/1164; B.v. 23.3.2007 – 1 BvR 2228/02 – BayVBl 2007, 624). Das ist nicht der Fall.
Der Zulassungsantrag stellt die Richtigkeit der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts nicht mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage. Die vorgebrachten Einwände des Klägers ergeben unter sämtlichen vorgetragenen Gesichtspunkten weder in rechtlicher noch in tatsächlicher Hinsicht Zweifel, denen in einem Berufungsverfahren weiter nachzugehen wäre.
aa) Das Verwaltungsgericht hat zu Recht entschieden, dass die Klage im Hauptantrag unzulässig ist, weil dem Zahlungsbegehren die Bestandskraft des im Streit stehenden „Schlussbescheids“ des Beklagten vom 22. September 2017 entgegensteht. Der Kläger hat gegen diesen Bescheid nicht fristgerecht Klage erhoben; eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kommt nicht in Betracht.
Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, stellt das „Schreiben“ der Regierung von Unterfranken vom 22. September 2017 nach seinem objektiven Erklärungsgehalt (vgl. § 133, § 157 BGB) einen Verwaltungsakt im Sinn des Art. 35 Satz 1 BayVwVfG dar, weil erst hierdurch – nach Prüfung des vom Kläger eingereichten Verwendungsnachweises – die Höhe des Zuschusses aus dem Kulturfonds Bayern Kunst abschließend festgestellt wurde. Der (vorläufige) Zuwendungsbescheid vom 11. Juli 2016, der vorbehaltlich etwaiger Änderungen in der Projekt- und Finanzierungsplanung ergangen war, wurde insoweit ersetzt.
Die Erhebung einer Verpflichtungsklage in Form der Versagungsgegenklage gegen den (Schluss-)Bescheid vom 22. September 2017 ist nach § 74 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 VwGO an die Einhaltung einer Klagefrist gebunden. Nach § 58 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist bei unterbliebener oder unrichtiger Rechtsbehelfsbelehrung:die Einlegung des Rechtsbehelfs nur innerhalb eines Jahres seit Zustellung, Eröffnung oder Verkündung zulässig, außer wenn die Einlegung vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war oder eine schriftliche oder elektronische Belehrung dahin erfolgt ist, dass ein Rechtsbehelf nicht gegeben sei (vgl. hierzu auch Hoppe in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 58 Rn. 28 m.w.N.). Letzteres war hier nicht der Fall. Da der Bescheid nach den unbestrittenen Angaben des Beklagten am 26. September 2017 als einfaches Schreiben zur Post gegeben worden war, gilt er gemäß Art. 41 Abs. 2 BayVwVfG am 29. September 2017 als zugestellt. Die zunächst gegen den (mittlerweile zurückgenommenen) Bescheid vom 3. September 2018 und erst im Laufe des Klageverfahrens gegen den Bescheid vom 22. September 2017 gerichtete Klage ging hingegen (frühestens) am 12. Oktober 2018 und damit nach Ablauf der Jahresfrist ein. Das Schreiben des Klägers vom 12. Oktober 2017 an den Beklagten mit der Bitte um nochmalige Prüfung ersetzte nicht das einzuleitende Klageverfahren (vgl. Art. 15 AGVwGO).
Die vom Kläger zu diesem Problemkreis vorgetragenen umfangreichen Einwendungen bleiben unter allen Gesichtspunkten ohne Erfolg. Mit der dem Bescheid vom 3. September 2018 beigefügten Rechtsbehelfsbelehrung:, wonach gegen „diesen“ Bescheid Klage erhoben werden kann, ist entgegen der Auffassung des Klägers nicht gleichzeitig zum Ausdruck gebracht worden, dass ein Rechtsbehelf gegen den Bescheid über die Verwendungsnachweisprüfung vom 22. September 2017 nicht gegeben sei. Die dem Rücknahmebescheid vom 3. September 2018 angefügte Rechtsbehelfsbelehrung:bezieht sich nämlich zweifelsfrei ausschließlich auf „diesen“ Bescheid und nicht auf den vorher erlassenen Bescheid vom 22. September 2017. Entgegen der Ansicht des Klägers bestand im Rahmen des Rücknahmebescheids vom 3. September 2018 auch keine Belehrungspflicht dahingehend, dass gegen den (anderen) Bescheid über die Verwendungsnachweisprüfung vom 22. September 2017 (nur) noch bis zum 29. September 2018 Klage erhoben werden konnte. Die Rechtsbehelfsbelehrung:des Bescheides vom 3. September 2018, wonach gegen „diesen“ Bescheid innerhalb eines Monats nach seiner Bekanntgabe Klage beim Verwaltungsgericht erhoben werden konnte, war schließlich auch korrekt und nicht unrichtig, wie der Kläger meint. Abgesehen davon hat der Beklagte den Bescheid vom 3. September 2018 mit Bescheid vom 13. Januar 2020 zurückgenommen, so dass für Angriffe hiergegen kein Rechtsschutzbedürfnis mehr besteht. Damit gehen sämtliche in diesem Zusammenhang erhobenen Rügen der Klägerseite fehl.
Das Vorbringen des Klägers zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (vgl. § 60 VwGO) vermag schon deshalb nicht zu überzeugen, weil nach § 60 Abs. 3 VwGO nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand unzulässig ist. Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts und seinen eigenen Angaben (S. 6 der Zulassungsschrift) hat der Kläger jedoch erstmals mit Schriftsatz vom 15. Oktober 2019 Ausführungen zum Schlussbescheid vom 22. September 2017 gemacht und damit die Jahresfrist bei weitem überschritten. „Höhere Gewalt“ im Sinn dieser Vorschrift liegt offenkundig nicht vor.
Die Ausführungen auf Seite 11 bis 25 der Zulassungsschrift hinsichtlich der Spende des Süddeutschen Kammerchores und der Aufwendungen für die Kompositionsvergütung lassen außer Acht, dass es infolge der Bestandskraft des Schlussbescheids vom 22. September 2017 in diesem Zusammenhang einer materiell-rechtlichen Prüfung der Sach- und Rechtslage nicht mehr bedarf.
bb) Das Verwaltungsgericht hat auch zu Recht entschieden, dass die Klage im Hilfsantrag zulässig, aber unbegründet ist, weil der Kläger keinen Anspruch auf (teilweise) Rücknahme des bestandskräftigen Schlussbescheids vom 22. September 2017 und Zahlung einer weiteren Förderung aus dem Kulturfonds in Höhe von 4.740 € hat.
Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, besteht für den Betroffenen hinsichtlich der in Art. 51 Abs. 5 i.V.m. Art. 48 BayVwVfG normierten Rechtsgrundlage für ein Wiederaufgreifen des Verfahrens zur Korrektur bestandskräftig gewordener inhaltlich unrichtiger Entscheidungen ein Anspruch auf fehlerfreie Ermessensausübung (BVerwG, B.v. 12.11.2020 – 2 B 2.20 – juris Rn. 8; U.v. 20.11.2018 – 1 C 23.17 – juris Rn. 25; U.v. 21.6.2017 – 6 C 43.16 – juris Rn. 9). Der Gesetzgeber räumt bei der Aufhebung bestandskräftiger belastender Verwaltungsakte weder dem Vorrang des Gesetzes noch der Rechtssicherheit als Ausprägung des Rechtsstaatsprinzips einen generellen Vorrang ein. Die Prinzipien der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung und der Bestandskraft von Verwaltungsakten stehen vielmehr gleichberechtigt nebeneinander. Mit Blick auf das Gebot der materiellen Gerechtigkeit besteht nur ausnahmsweise dann ein Anspruch auf Rücknahme eines bestandskräftigen Verwaltungsakts, wenn dessen Aufrechterhaltung „schlechthin unerträglich“ ist, was von den Umständen des Einzelfalls und einer Gewichtung der einschlägigen Gesichtspunkte abhängt (ständige Rechtsprechung, u.a. BVerwG, B.v. 12.11.2020 – 2 B. 2.20 – juris Rn. 8; U.v. 20.11.2018 – 1 C 23.17 – juris Rn. 26; U.v. 17.1.2007 – 6 C 32.06 juris Rn. 13; BayVGH, B.v. 19.9.2019 – 6 ZB 19.767 – juris Rn. 14).
Ein Festhalten an dem Verwaltungsakt ist danach insbesondere dann „schlechthin unerträglich“, wenn die Behörde durch unterschiedliche Ausübung der Rücknahmebefugnis in gleichen oder ähnlich gelagerten Fällen gegen den allgemeinen Gleichheitssatz verstößt oder wenn Umstände gegeben sind, die die Berufung der Behörde auf die Unanfechtbarkeit als einen Verstoß gegen die guten Sitten oder gegen Treu und Glauben erscheinen lassen. Die offensichtliche Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts, dessen Rücknahme beansprucht wird, kann ebenfalls die Annahme rechtfertigen, seine Aufrechterhaltung sei „schlechthin unerträglich“ (BVerwG, B.v. 12.11.2020 – 2 B 2.20 – juris Rn. 9; U.v. 20.11.2018 – 1 C 23.17 – juris Rn. 26; U.v. 17.1.2007 – 6 C 32.06 – juris Rn. 13; BayVGH, B.v. 19.9.2019 – 6 ZB 19.767 – juris Rn. 14).
Solche oder vergleichbare Umstände werden im Fall des Klägers nicht überzeugend dargelegt. Das Verwaltungsgericht ist vielmehr rechtsfehlerfrei zu dem Ergebnis gelangt, dass der Schlussbescheid, soweit er die jeweils anteilige Vergütung für die Auftragskomposition und die Anrechnung der Kostenbeteiligung des Süddeutschen Kammerchores betrifft, nicht als „offensichtlich“ rechtswidrig und damit „schlechthin unerträglich“ zu beurteilen ist.
Hinsichtlich der strittigen Vergütung für die Auftragskomposition ergibt sich dies schon daraus, dass diese nicht Gegenstand des Förderantrags war, weil ein derartiges Honorar im Finanzierungsplan des Klägers nicht aufgeschlüsselt und damit konkret angegeben worden ist. Abgesehen davon entspricht es nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts der maßgeblichen ständigen Verwaltungspraxis des Beklagten, Kosten für Kompositionsaufträge nicht als förderfähig im Rahmen der Förderung nach dem Kulturfonds Bayern Kunst anzuerkennen. Der vom Kläger geltend gemachte „Referenzfall“ aus dem Jahr 2011 (vgl. Bayerischer Landtag, Drs. 17/7828) ist schon deshalb nicht geeignet, eine abweichende Förderpraxis darzulegen, weil auch in diesem Fall eine Förderung für eine Auftragskomposition abgelehnt worden war. Die Zulassungsschrift beschränkt sich auf ins Einzelne gehende Einwendungen, die allenfalls eine „einfache“, die Bestandskraft des Bescheides unberührt lassende Rechtswidrigkeit“ begründen könnten, den hier anzulegenden Maßstab der Prüfung einer „offensichtlichen“, im Sinn einer auf der Hand liegenden greifbaren Rechtswidrigkeit aber verfehlen.
Das gleiche gilt für die Darlegungen des Klägers hinsichtlich der anteiligen Kürzung der Förderung aufgrund der Spende des Süddeutschen Kammerchores. Das Verwaltungsgericht hat hierzu ohne Rechtsfehler begründet, dass es sich bei der Kostenbeteiligung durch den Süddeutschen Kammerchor in Höhe von 15.000 € für die defizitäre Veranstaltung Nr. VIII um ein neu hinzugetretenes Deckungsmittel im Sinn der Nr. 2.1 ANBest-P handelt, welches anteilig (in Höhe von 30%) bei der Höhe der Einnahmen anzurechnen ist und damit förderungsreduzierend wirkt. Auch in diesem Zusammenhang macht der Kläger lediglich Einwände geltend, die allenfalls eine „einfache“ Rechtswidrigkeit begründen könnten, nicht aber eine „offensichtliche“ Rechtswidrigkeit, die geeignet wäre, die Bestandskraft des Schlussbescheids vom 22. September 2017 zu überwinden.
b) Die Rechtssache weist aus den oben ausgeführten Gründen keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO auf.
c) Der Kläger legt keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO dar. Er wirft folgende Rechtsfrage auf: „Steht eine Situation, in der der Adressat zunächst einen (teilweise) belastenden Verwaltungsakt ohne Rechtsbehelfsbelehrung:und sodann einen weiteren noch stärker belastenden, aber in Bezug auf den ersten Verwaltungsakt regelungsidentischen Verwaltungsakt erhält, der eine Rechtsbehelfsbelehrung:dergestalt enthält, dass gegen diesen Bescheid (und damit gegen alle in diesem Bescheid geregelten Punkte) Rechtsmittel gegeben sind, den bereits von der Rechtsprechung entschiedenen Fällen der fehlerhaften Angabe eines in Wirklichkeit nicht gegebenen Rechtsmittels gleich, sodass für den ersten Verwaltungsakt keine Rechtsmittelfrist gegeben ist?“. Die Zulassungsbegründung legt jedoch nicht dar, weshalb die aufgeworfene Rechtsfrage für den Rechtsstreit eine entscheidungserhebliche Bedeutung haben soll. Dies gilt umso mehr, als der dem Schlussbescheid vom 22. September 2017 nachfolgende Bescheid vom 3. September 2018 nicht „regelungsidentisch“ und zudem mittlerweile aufgehoben worden ist. Außerdem wird nicht dargelegt, weshalb der als grundsätzlich bedeutsam erachteten Frage eine über die einzelfallbezogene Rechtsanwendung hinausgehende Bedeutung zukommt.
d) Die Berufung ist nicht wegen der geltend gemachten Divergenz nach § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO zuzulassen.
Dieser Zulassungsgrund ist nur dann hinreichend bezeichnet, wenn der Rechtsmittelführer einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden Rechts- oder Tatsachensatz benennt, mit dem das Verwaltungsgericht einem in der Rechtsprechung eines der in § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO genannten Divergenzgerichte aufgestellten ebensolchen Rechts- oder Tatsachensatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat. Die nach Auffassung des Klägers divergierenden Rechtsoder Tatsachensätze müssen einander gegenübergestellt und die entscheidungstragende Abweichung muss darauf bezogen konkret herausgearbeitet werden. Das Aufzeigen einer fehlerhaften oder unterbliebenen Anwendung von Rechtssätzen, die das Bundesverwaltungsgericht oder eines der anderen Divergenzgerichte aufgestellt haben, genügt den Zulässigkeitsanforderungen einer Divergenzrüge hingegen nicht (vgl. BVerwG, B.v. 24.4.2017 – 1 B 22.17 – juris Rn. 19; BVerwG, B.v. 26.7.2016 – 10 B 15.15 – juris Rn. 5; BayVGH, B.v. 18.12.2017 – 6 ZB 17.31910 – Rn. 3).
Diesen Darlegungsanforderungen genügt die Zulassungsbegründung nicht. Sie zitiert zwar u.a. Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs. Die sich angeblich widersprechenden, die Entscheidung tragenden Rechts- oder Tatsachensätze werden jedoch nicht konkret herausgearbeitet und einander gegenübergestellt, was für die Darlegung einer Divergenz unverzichtbar ist (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 124a Rn. 73).
e) Ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO, auf dem die Entscheidung beruhen kann, wird nicht dargelegt.
Die mit der Zulassungsbegründung gerügte Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht gemäß § 86 Abs. 1 VwGO greift unter keinem der vorgetragenen Gesichtspunkte durch. Die Aufklärungsrüge scheitert nämlich schon daran, dass der anwaltlich vertretene Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht keinen förmlichen Beweisantrag im Sinn des § 86 Abs. 2 VwGO gestellt hat. In Schriftsätzen außerhalb der mündlichen Verhandlung formulierte Beweisanträge stellen bloße Beweisanregungen und keine Beweisanträge gemäß § 86 Abs. 2 VwGO dar. Die Aufklärungsrüge ist nach ständiger Rechtsprechung kein Mittel, um Versäumnisse eines anwaltlich vertretenen Beteiligten in der Tatsacheninstanz zu kompensieren (u.a. BVerwG, B.v. 10.12.2020 – 2 B 6.20 – juris Rn. 8; B.v. 19.8.1997 – 7 B 261.97 – juris Rn. 7).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 47‚ § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit ihm wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).